BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Konrad von Megenberg

1309 - 1374

 

 

Buch der Natur

 

III. HIR HEBT AN DAZ DRITT

STÜCK DES PUOCHS

VON DEN TIERN

IN AINER GEMAIN

 

A. UND DES ÊRSTEN VON DEN DIU

DA GÊNT AUF ERDEN.

 

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15.

Von dem hirz.

 

Cervus haizt ain hirz. von dem spricht Aristotiles, daz kain tier seineu hörner werf ân den hirz. alliu hörner sint inwendig hol ân des hirzen hörner. der hirz dunket sich seiner hörner gar gemait. Plinius der spricht, wenne der hirz enpfinde, daz er beswært ist von siehtum oder von alter, sô zeuht er mit seinen naslöchern slangen auz den hölrn und izzet die, und wenn er si gezzen hât, sô wirt in dürstend von der vergift, dar umb lauft er zehant zuo einem prunn und trinket. dâ von jüngt er sich und pringt sein kraft wider. man spricht, daz der hirz verr smeck den rauch ainer gepranten pfâwenfedern oder sust ainer federn und daz er kainen kraiz übergê, der umbfüert sei mit ainer angezünten pfâwenfedern. Solînus spricht, daz nie ervarn sei, daz der hirz gefebriert hab oder sühtig sei gewesen. dar umb waz man salben macht auz seinem mark, diu sänftigt der siechen hitz. diu hinden schaident sich von den hirzen, sô diu zeit irs zuovâhens ist komen. si fürbent sich mit ainem kraut vor der gepurt, daz si dester leihticleicher mügen gepern. Solînus spricht, daz die hinden gepern kälbel, der hüetent si gar vleizicleichen und verpergent si in die stauden und maisternt si mit den klâen, daz si dar under beleiben unz si zeitig werden. des kälbleins flaisch, daz in der muoter leib getœt ist, ist guot für vergift und hailt der slangen piz an dem menschen. wenne si die hund jagent, sô wundert si der hund lautlaufen, und dar umb rihtent si sich nâch dem wind, daz der hund stimm mit in lauf. wer tägleichs ir flaisch izzt des morgens gar fruo, der ist behuot vor haizen sühten, die ze latein febres haizent. wenn si ir hörner habent geworfen und in jungeu hörner her wider wahsent, sô stênt si an die sunnen, sam Aristotiles und Plinius sprechent, dar umb, daz iriu hörner trücken und zeitigen und starken von der sunnen hitz. dar nâch gênt si zuo den paumen und reibent diu hörner dar an und versuochent si. sô si dann starch sint, sô gênt si sicherleich, wan si habent wâpen, dâ mit si sich wernt. des getorsten si vor niht vor den wolfen, wan dô muosten si sich verpergen und des nahts ir waid suochen. si werfent iriu hörner in den wazzern, dar umb, daz si den läuten iht ze nutz werden, wann si wizzent von nâtûr wol, daz si den läuten gar nütz sint, und allermaist daz reht horn ist guot für die slangen. sô der smack von seiner prünst gêt, sô vliehent die natern, ez sei daz lenk oder daz reht. Platearius spricht, daz in des hirzen herz ain pain sei, reht sam des herzen gruntvest; sô man daz her auz gezeuht und ez hert læzt werden und ez danne pulvert und gibt ez dem siechen, daz ist guot für den herzriten und für daz swindeln. man spricht auch, daz etleich hirz gallen haben in dem sterz und etleich in den ôrn, alsô spricht Aristotiles. der hirz ingewaid stinkt gar sêr, und wænt Plinius, daz ez dâ von sei, daz si gallen habent in dem ingewaid und dar umb ezzent ez die hund niht, si sein denn gar hungerig. in des hirzs haupt ist ain wurm, der in oft müet; aber ain iegleich tier und auch der mensch hât ainen wurm under der zungen, und spricht unser puoch ze latein, daz an der stat, dâ diu runstâdern gesellet werdent des rucksdorn, dâ er sich veraint mit dem haupt, sein zwainzig würm. wærleich daz dunket mich gar wunderleich und gelaub sein niht, man sprech dann, daz die würmel mäusel wæren, als wir in dem êrsten stuck von den mäuslein haben gesagt; dannoch wær dâ zweivel. die hirz fürhtent des fuchss stimm. die hirz streitent under anander und welher gesigt under den andern, der ist ir aller herr und die andern sint im gehôrsam und habent vrid gegen enander under dem ainen herren. des hirzs kälbel, sô daz gevangen wirt von ainem menschen und wirt ain klain gefüert in panden, sô volgt ez dâ nâch dem menschen ungepunden. des hirzes flaisch ist melancolischer nâtûr und ist hart ze kochen in dem magen. hinnulus ze latein ist des hirzs sünl. des kälbleins flaisch ist pezzer wan des hirzes, und wirt ez gekappaunt, sô ist ez noch pezzer, wan sô ist sein hitz und auch sein fäuht sänftiger dann ê. den hirzen liebet süez gedœn alsô sêr, daz si wider zuo den lautlaufenden hunden koment in selber ze schaden, sô si in vor verr entloffen sint.