BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Konrad von Megenberg

1309 - 1374

 

 

Buch der Natur

 

III. HIR HEBT AN DAZ DRITT

STÜCK DES PUOCHS

VON DEN TIERN

IN AINER GEMAIN

 

A. UND DES ÊRSTEN VON DEN DIU

DA GÊNT AUF ERDEN.

 

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42.

Von dem wolf.

 

Lupus haizt ain wolf und ist ain ungetrew tier und ain rehter rauber. die wolf zereizent der vischer netz pei dem mer, wenne si die vischer auf rihtent ze trückenne, si lâzen den wolfen denne visch an der selben stat. der wolf nimt vil rauher weiden in daz maul und verpirgt sich dar under, unz die geiz dar über koment: sô væht er si. wenn er auf laub gêt, sô macht er sein klâen naz mit der zungen, daz er iht rausch und in die hund iht hœren. wenne der wolf in den schâfstal gêt, sô genüegt in niht an ainem schâf, daz er daz tœt und den hunger vertreib, er erwürgt si alliu und zeucht si auf ainen haufen. des wolfes woll kreucht voller würm ze stunden. Aristotiles spricht, daz des wolfes pluot und auch sein mist guot sein für den grimmen in dem leib, den man haizt die permuoter und haizt ze latein colica. er hât des tages ain tunkel gesiht und des nahtes ain scharpfez. Plinius spricht, ist daz der wolf sich sicher waiz vor dem menschen, sô læzt er sein grimmichait und eilt niht snell, er trabt gemach über daz velt. Ambrosius spricht, ist daz dich der wolf ê sicht wann dû in, sô benimpt er dir die stimm, und wenne dû bestummest, sô entsleuz deineu kleider, dar umb, daz dû dein stimm entsliezst. ist daz der wolf dich anvehten wil, sô wer dich mit stainen, wan die fleuht er. ist daz er dir nâch volgt, sô gê rüklingen, daz er dich anseh, und leg ain zaichen zwischen im und dir, ez sei ain stain oder ain holz oder waz ez sei, sô wænt er, dû habest im strick gelegt, und kümpt niht für paz. kain tier daz flaisch izt mag kraut ezzen ân smerzen und ân siehtum, ân den menschen und ân den pern. wenne der wolf menschenflaisch versuocht, sô gelust in sein mêr, wann menschenflaisch ist zimleicher und süezer ze ezzend wan kain ander flaisch, und dar umb wagt er dann daz leben nâch dem menschen. die wolf habent die art, daz si daz feur fürhtent. diu selb erznei ist für der wolf piz guot diu für der töbigen hunde piz guot ist, wan vergift gêt auz den wolfen, diu auz den töbigen hunden gêt. wenne der wolf über ainen zaun gêt oder dâ pei und er den schâfen haimleich lâg setzt, ist dann daz im ain fuoz rauscht oder kraspelt an dem zaun, sô peizt er sich selber in den fuoz, sam ob der fuoz dar an schuldig sei. des wolfs hirn nimt auf und ab nâch dem mônn, und wie daz sei in allen tiern, doch ist ez an dem wolf mêr und an den hunden. wenne des wolfs herz verprant ist und gepulvert, geit man ez in trinken den hinvallenden läuten, die epilensiam habent, ez hilft si, ist daz der siech dâ nâch niht unkäuscht. wer daz herz trückent und ez behelt, sô wirt ez gar edelleichen smeckend, alsô sprechent die ez versuocht habent.