BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Der von Kürenberg

um 1150/70

 

 

Lieder

 

Text:

Minnesangs Frühling (MF)

Hrsg.: K. Lachmann/M. Haupt u.a.,

Leipzig/Stuttgart 1875/1959

Digitale Edition: Jean L.C. Putmans

 

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Minnesangs Frühling II.I.1

 

1.1

«Vil lieben vriunt verkiesen,  daz ist schedelîch; [7,1]

1.2

swer sînen vriunt behaltet,  daz ist lobelîch. [7,3]

1.3

die site wil ich minnen. [7,5]

1.4

bite in, daz er mir holt sî,  als er hie bevor was, [7,6]

1.5

und man in, waz wir redeten,  dô ich in ze jungest sach.» [7,8]

 

Minnesangs Frühling II.I.2

 

2.1

Wes manst dû mich leides,  mîn vil liebe liep? [7,10]

2.2

unser zweier scheiden  müeze ich geleben niet. [7,12]

2.3

verliuse ich dîne minne, [7,14]

2.4

sô lâze ich diu liute  harte wol entstân, [7,15]

2.5

daz mîn vröide ist der minnist  und alle ándèr verman. [7,17]

 

 

Minnesangs Frühling II.II.1

 

1.1

«Léit máchet sorge,  vil líebe wünne. [7,19]

1.2

eines hübschen ritters  gewan ich künde: [7,21]

1.3

daz mir den benomen hânt  die merker und ir nît, [7,23]

1.4

des mohte mir mîn herze  níe vrô werden sît.» [7,25]

 

Minnesangs Frühling II.II.2

 

2.1

«Ich stuont mir nehtint spâte  an einer zinne, [8,1]

2.2

dô hôrt ich einen rîter  vil wol singen [8,3]

2.3

in Kürenberges wîse  al ûz der menigîn. [8,5]

2.4

er muoz mir diu lant rûmen,  alder ich geniete mich sîn.» [8,7]

 

Minnesangs Frühling II.II.3

 

3.1

Jô stuont ich nehtint spâte  vor dînem bette, [8,9]

3.2

dô getorste ich dich, vrouwe,  niwet wecken. [8,11]

3.3

«des gehazze got den dînen lîp! [8,13]

3.4

jô enwas ich niht ein eber wilde »,  [. . .] sô sprach daz wîp. [8,15]

 

Minnesangs Frühling II.II.4

 

4.1

«Swenne ich stân aleine  in mînem hemede, [8,17]

4.2

únde ích gedenke an dich,  ritter edele, [8,19]

4.3

sô erblüet sich mîn varwe,  als der rôse an dem dórne tuot, [8,21]

4.4

und gewinnet daz herze  vil manigen trûrìgen muot». [8,23]

 

Minnesangs Frühling II.II.5

 

5.1

«Ez hât mir an dem herzen  vil dicke wê getân, [8,25]

5.2

daz mich des geluste,  des ich niht mohte hân [8,27]

5.3

noch niemer mac gewinnen.  daz ist schedelîch. [8,29]

5.4

jône mein ich golt noch silber:  ez ist den líutèn gelîch.» [8,31]

 

Minnesangs Frühling II.II.6

 

6.1

«Ich zôch mir einen valken  mêre danne ein jâr. [8,33]

6.2

dô ich in gezamete,  als ich in wolte hân, [8,35]

6.3

und ich im sîn gevidere  mit golde wol bewant, [9,1]

6.4

er huop sich ûf vil hôhe  und vlouc in ándèriu lant. [9,3]

 

Minnesangs Frühling II.II.7

 

7.1

Sît sach ich den valken  schône vliegen, [9,5]

7.2

er vuorte an sînem vuoze  sîdîne riemen, [9,7]

7.3

und was im sîn gevidere  alrôt guldîn. [9,9]

7.4

got sende sî zesamene,  die gelíeb wéllen gerne sîn!» [9,11]

 

Minnesangs Frühling II.II.8

 

8.1

«Ez gât mir vonme herzen,  daz ich geweine: [9,13]

8.2

ich und mîn geselle  müezen uns scheiden. [9,15]

8.3

daz machent lügenaere.  got der gebe in leit! [9,17]

8.4

der uns zwei versuonde,  vil wol des waere ich gemeit.» [9,19]

 

Minnesangs Frühling II.II.9

 

9.1

Wîp víl schoene,  nû var dû sam mir. [9,21]

9.2

líeb únde leide  daz teile ich sant dir. [9,23]

9.3

die wîle unz ich daz leben hân,  sô bist du mir vil liep. [9,25]

9.4

wan minnestu einen boesen,  des engán ích dir niet. [9,27]

 

Minnesangs Frühling II.II.10

 

10.1

Nu brinc mir her vil balde  mîn ros, mîn isengewant, [9,29]

10.2

wan ich muoz einer vrouwen  rûmen diu lant, [9,31]

10.3

diu wil mich des betwingen,  daz ich ir holt sî. [9,33]

10.4

si muoz der mîner minne  iemer dárbènde sîn. [9,35]

 

Minnesangs Frühling II.II.11

 

11.1

«Der tunkel sterne  der birget sich, [10,1]

11.2

als tuo dû, vrouwe schoene,  sô du sehest mich, [10,3]

11.3

sô lâ du dîniu ougen gên  an einen andern man.[10,5]

11.4

sôn weiz doch lützel ieman,  wiez under uns zwein ist getân. [10,7]

 

Minnesangs Frühling II.II.12

 

12.1

Aller wîbe wunne  diu gêt noch megetîn. [10,9]

12.2

als ich an sî gesende  den lieben boten mîn, [10,11]

12.3

jô wurbe ichz gerne selbe,  waer ez ir schade niet. [10,13]

12.4

in weiz, wiez ir gevalle:  mír wárt nie wîp als liep. [10,15]

 

Minnesangs Frühling II.II.13

 

13.1

Wîp unde vederspil  diu werdent lîhte zam. [10,17]

13.2

swer sî ze rehte lucket,  sô suochent sî den man. [10,19]

13.3

als warb ein schoene ritter  umbe eine vrouwen guot. [10,21]

13.4

als ich dar an gedenke,  sô stêt wol hôhè mîn muot. [10,23]

 

 

Manessische Liederhandschrift (14. Jahrhundert)