BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Ulrich von Liechtenstein

ca. 1200 -1275

 

Vrowen dienst

 

1255

 

Venusfahrt. Als Pilger in Venedig. Als Venus

verkleidet bestreitet er viele Turniere. Ende der

Venusfahrt in Böhmen. Rückkehr nach Wien.

Ulrichs Zurückweisung durch die Burgfrau.

Prosabrief (B) der Venus,

Prosabrief (d) der edlen Dame,

Reimbrief (e) der Unbekannten,

Walthers Lied (f)

(Strophe 470 - 985)

 

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470

Dô ich die botschaft vernam,

mîn lîp was frô, daz herze sam;

daz ir mîn vart geviele wol:

des wart ich aller freuden vol.

5

alzehant bereit ich dô

mich und was von herzen vrô,

daz mîn gevertẹ si dûhte guot:

dâ von was ich vil hôchgemuot.

 

471

Mîn lîp bereitet palde wart

ûf die vil ritterlîchen vart;

ich huob mich als ein bilgerîn

sâ von dem lande: daz muost sîn.

5

durch heln ich taschen und stap

sâ nam (ein priester mir daz gap),

als ich ze Rôme wolde varn.

ich bat mich sêre got bewarn.

 

472

Ze Venedigẹ ich vil palde quam.

ein herberge mîn lîp dâ nam

vil verre von den leuten hin.

daz tet ich wan ûf sölhen sin,

5

daz niemen mich erkande dâ:

daz bẹhuot ich dâ und anderswâ.

den winder allen ich dâ lac,

nu hœret, wes mîn lîp dâ pflac!

 

473

Ich hiez mir snîden vrowen cleit:

zwelf röckel wurden mir bereit

und drîzic vrowen ermel guot

an kleiniu hemdẹ, daz was mîn muot.

5

dar zuo ich willeclîch gewan

zwên schœne zöpfe wol getân,

die ich mit perlîn wol bewant,

der ich dâ wunder veile vant.

 

474

Man sneit mir sâ an der zît

drî wîze capen von samît.

die setel wâren silberwîz,

dar an der meister grôzen vlîz

5

mit sîner meisterschefte leit.

von wîzzem tuochẹ man drüber sneit

lanc und wît vil meisterlîch.

die zeume wâren kosterîch.

 

475

Zwelf knappen sneit man sâ zehant

von wîzem tuoche guot gewant.

man machẹt mir ouch wol hundert sper

von silber wîz nach mîner ger.

5

ich dâ von wil niht sprechen mê.

ez was ouch wîz alsam ein snê,

swaz al die mîne fuorten an:

daz was gar wîz alsam ein swan.

 

476

Mîn helm was wîz, mîn schilt alsam.

fünf wîze samît ich dô nam,

dar ûz man mir drî decke sneit

ûf mîniu orssẹ ze wâppencleit.

5

mîn wâppenroc der muoste sîn

ein wol gevalden röckelîn

von kleinem wîzen tuoche guot:

daz fuort ich an durch hôhen muot.

 

477

Man brâht mir mîniu ros zehant

vil gar verholne durch diu lant:

des muosten ouch die knehte mîn

von vremden landen alle sîn.

5

di vlizen willeclîchen sich

mîn vart ze helen, des bat ich.

mîn nam vil wol verswigen wart

von in für wâr gar al die vart.

 

478

Ich und die mîne wol bereit

wâren: des was ich gemeit.

dô sant ich einen brief zehant

bî einem boten in diu lant,

5

dâ ich dúrch wólde varn.

ich bat den boten daz bewarn,

daz er dâ iemen nande mich.

er sprach: «zewâre, daz tuon ich.»

 

479

Sâ an den brief geschriben wart

vil meisterlîch gar al mîn vart,

al die hérbérge mîn,

swâ ich des nahtes wolde sîn.

5

an den brief man allez schreip.

nâch dem boten ich beleip

volleclîch wol drîzic tage.

nu hœret mich! den brief ich sage:
 

 

Prosabrief B

(Bechstein I,181)

Diu werde küneginne Vênus, gotinne über die minne, Enbiutet al den rittern, die ze Langparten und ze Friûl und ze Kernden und ze Stîr und ze Œsterrîch und ze Bêheim gesezzen sint, ir hulde und ir gruoz und tuot in kunt, daz si durch ir liebe zuo in varn wil, und wil si lêren mit wiegetânen dingen si werder vrowen minne verdienen oder erwerben suln. Si tuot in kunt, daz si sich hebet des næhsten tages nâch sande Georjen tage ûz dem mer ze Meisters, und wil varn unz hin ze Bêheim mit sôgetânen dingen. Swelch ritter gegen ir kumt und ein sper wider si enzwei gestichet, dem gibt si ze miet ein guldîn vingerlîn: daz sol er senden dem wîbe, diu im diu liebest ist. Daz vingerlîn hât di kraft, swelher vrowen man ez sendet, diu muoz immer deste schœner sîn und muoz in sunder valsch minnen, den der irz hât gesant. Stichet mîn vrowe Vênus deheinen ritter nider, der sol envier enden in die werlt nîgen einem wîbe ze êren. Stichet aber sî dehein ritter nider, der sol elliu diu örsse haben, diu si mit ir füeret. Si vert des êrsten tages ze Tervîs, des andern tages an den Plât, des dritten tages ze Schetschîn, des vierden tages ze sande Uolrîch, des fünften tages ze Clemûn, des sehsten tages zer Clûse, des sibenden tages ze dem Tor, des ahten tages ze Villach. Dâ lît si den neunten tac stille. Des zehenden tages ze Veltkirchen, des einleften tages ze sante Vîte, des zwelften tages ze Vrisach, des drîzehenden tages ze Scheuflich, des vierzehenden tages ze Judenburc, des fiinfzehenden tages ze Knütelvelde, des sehzehenden tages ze Liuben, des sibenzehenden tages ze Kapfenberc, des ahzehenden tages ze Murzuslage, des niunzehenden tages ze Glokenz. An dem zweinzigestem tage ist si dâ über tac, an dem ein und zweinzigestem tage ist si ze Niünkirchen; an dem zwein und zweinzigestem tage ist si ze der Niwenstat; an dem drî und zweinzigestem tage ist si ze Dreskirchen; an dem vier und zweinzigestem tage ist si ze Wiene; an dem fünf und zweinzigestem tage ist si dâ über tac; an dem sehs und zweinzigestem tage ist si ze Niuwenburc; an dem siben und zweinzigestem tage ist si ze Mistelbach; an dem aht und zweinzigestem tage ist si ze Velsperc; an dem neun und zweinzigestem tage ist si enhalp der Tye ze Bêheim: dâ hât ir vart ein ende. Sie wil ûf der vart ir antlütze noch ir hende niemen lâzen sehen, si wil ouch wider niemen ein wort sprechen. Si gebiutet, von dem tage und ir vart ein ende hât, an dem ahten tage einen turnei ze Niuwenburc: swelch ritter ir vart vernimet und gegen ir niht enkumt, den tuot si in der minne æhte und in aller guoten wîbe æhte. Si hât ir herberge dar umbe alle an geschriben, daz ein ieslîch ritter wize, wâ oder wenne er gegen si komen sül, dâ ez sich im aller beste füege.

 

480

Swa der brief kom in diu lant

und mîne vart dâ tet bekant,

des wâren alle die ritter vrô.

wan tiutschiu lant die stuonden sô,

5

daz niemen was dâ êren rîch,

er müeste varen ritterlîch

und wesen durch vrowen hôchgemuot.

des was dô site und wær noch guot.

 

481

Die ritter gar bereiten sich.

dô het ouch ich bereitet mich,

ich huop mich nâch sendẹ Georjen tage

des næhsten tages, als ich iu sage,

5

eines morgens harte fruo.

diu liute sêre zogten zuo,

umb mich wart ein vil grôz gedranc,

ûf ritterschaft stuont mîn gedanc.

 

482

Mîn marschalc und mîn koch für reit

selbẹ fünftẹ, von dem wart mir bereit

vil guot ritterlîch gemach.

nach dem man sâ dô füeren sach

5

ein banir wîz alsam ein swan:

bî der sô riten zwêne man,

der busûnen lût erschal.

ze Meisters wart vil grôzer schal.

 

483

Man zôch dar mîn soumer drî.

den liefen drî garzûne bî:

den was ouch louffen wol geslaht.

man zôch dar nâch driu örse bedaht,

5

der ieglîches ein knappe pflac.

ûf ịr einem ie ein satel lac:

der was starc und silberwîz:

dar an lac guotes meisters vlîz.

 

484

Man fuort ouch bî dem rosse hie

mînẹn wîzen schilt,daz ich nie

sô wol gemachten hab gesehen:

des muoz ich von der wârheit jehen,

5

dâ bî fuort man den helm mîn:

der moht ouch liehter niht gesîn.

er was gekrœnet meisterlîch:

diu krône diu was kosterîch.

 

485

Dar nâch ein holrblâser sluoc

einẹn sumber meisterlîch genuoc,

dar nâch vier knehte schône riten

vil wol gecleit nach knehte siten:

5

der ieslîcher fuorte her

in sîner hant driu groziu sper,

gebunden zuo einander wol.

die knehte wâren zühte vol.

 

486

Dar nâch zwô magde wolgetân

riten; swaz die fuorten an,

daz was von wîzer varbe gar;

si wâren selbe wol gevar.

5

dar nâch zwêne fideler guot

riten, die mich hôch gemuot

machten: wan si fidelten hô

ein reisenot: diu tet mich vrô.

 

487

Dar nâch ich selbe kom geriten,

in einer kappen wol gesniten,

diu was von wîzem samît gar.

einẹn huot ich fuorte, der was clâr,

5

wîz mit perlîn wol bestreut.

mîn minne gernde herze freut

sich, daz ich der vrowen mîn

mit rittẹrschaft solde dienẹnde sîn.

 

488

Zwên zöpfe brûn, grôz und lanc

ich fuorte, daz ir lenge swanc

vil vaste über den gürtel mîn:

die muosten ouch mit berlîn sîn

5

bewunden meisterlîche wol.

mîn herzẹ was hôhes muotes vol.

ein röckelin daz fuort ich an,

daz vrowe bezzers nie gewan.

 

489

Ich fuort ein hemde, daz was planc,

ze mâzzen als daz röckel lanc,

dar an zwêne vrowenermel guot,

ich was vil ritterlîch gemuot.

5

hantschuohe von sîden wol gewohrt

ich fuort, mîn lîp der was unervorht;

sus huob ich mich dâ von dem mer,

bî mir was liute wol ein her.

 

490

Si waren dar durch schowen komen,

dô hiez ich vragen des die frumen,

ob iemen wære ritter dâ;

si sprachen: «liebiu vrowe, jâ,

5

ir ist hie tûsent oder baz,

die vil ungerne mîdent daz,

daz si mit iu niht stechent hie,

wan daz der potestat si niht lie.

 

491

Der von Tervîs der ist sô gemuot,

er giht, er muoz im geben guot

fünf tûsent pfunt und dannoch mer,

swer mit iu versteche ein sper,

5

er hât vil leide uns dran getân.

er ist ein sô zorniger man,

daz er ûf freude ahtet niht,

vil selten man in lachen siht. »

 

[ . . . ]

 

642

Ze Frisach was manịc ritter guot,

di mîn dâ piten. durch hôhen muot

und durch diu reinen süezen wîp

was dâ der hôch gemuoten lîp.

5

ich wart von in enpfangen sâ

dêswâr vil minneclîchen dâ:

si riten gegen mir ûz der stat,

als sî ir grôziu zuht des bat.

 

643

Ir gruoz und ouch daz danken mîn

sach man mit zuht gemenget sîn.

ir was vil maniger muotes rîch:

si vrâgten mich vil zühteclîch

5

ob ich des tages woldẹ stechen dâ.

ich sprach ûz hôhem muote: «jâ!»

si bâten mich gemeine duo,

daz ich pitẹ unz des morgens fruo.

 

644

«Swaz ir gebietet, daz sol sîn»,

sprach ich. in die herberge mîn

fuor ich mit hôhem muote dô.

man sach mich sîn mit zühten vrô:

5

ûf minnen lôn stuont mîn gedanc.

vor mîner herberge was gedranc:

sich huop ein buhurt, der was grôz:

mit schilden wart dâ stôzâ stôz.

 

645

Dâ wart vil ritterlîch geriten

mit kunst nâch ritterlîchen siten:

man sach dâ schilde bresten vil.

daz ritterlîche ritters spil

5

wart unz an den âbent gar:

diu orssẹ dâ wurden scheumevar.

der tac was vil nâch zergân:

dô muosten sî ir buhurt lân.

 

646

Diu naht gemechlîch ende nam.

sâ dô der ander tac bequam,

di hôchgemuoten sach man sich

wâpen: alsô tet ich mich.

5

ûf daz velt wir zogten dô.

ich was vil hertzenlîchen vrô,

daz ich der lieben vrowen mîn

des tages soldẹ aber dienẹnde sîn.

 

647

Ûf dem velde vor der stat

hielt von Nîdekke her Kuonrât,

gezimirt als ein biderbe man.

er rant mich ritterlîchen an:

5

sîn buneiz der wart schœne und lanc.

nâch vrowen lôn stuont sîn gedanc.

sîn orssẹ mit sporn er vaste treip:

daz mîn ouch des niht sust beleip.

 

648

Ich sage iu, wie diu tyost geschach:

sîn sper er ritterlîch verstach,

daz ichs an mînem halse enpfant.

ich wunte in in sîn zeswen hant:

5

daz was mir inneclîche leit

durch sîne hôhe werdicheit,

er was dêswâr ein ritter guot,

vil ritterlîch, manlîch gemuot.

 

649

Von Buhsẹ her Otte und her Dietrîch

mîn vælte dâ, doch ritterlîch.

daz was den biderben beiden zorn,

daz sî diu vingerlîn verlorn

5

heten. alsô stuont ir muot:

man sach si werben mêr umb guot

dannẹ umb der werden minne solt,

si wâren breiten huoben holt.

 

650

Mit siben rittern stach ich dâ

und zogt ouch dô von danne sâ.

fünf vingerlîn gab hin dâ ich.

dar nâch sach man dannẹ rîten mich

5

gegen Scheuflich sâ zehant

in daz werde Stîrelant.

niunzehen ritter mit mir riten:

nimêr wan fünfe mîn dâ biten.

 

651

Si riten gegen mir ritterlîch

und gruozten mich vil minneclîch:

«Vênus, vil edeliu künegîn,

ir sült got willekomen sîn

5

ze freuden her in ditze lant.»

des neig ich zuhteclîch zehant.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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652

Ze Scheuflich ich di naht beleip.

sâ dô di naht der tac vertreip,

ich wâpent ritterliche mich:

als tâten ouch di ritter sich,

5

die tyostirens wolden pflegen.

di heten sich ouch des bewegen,

daz mans gezimirt schône vant.

dô zogtęn wir ûf daz velt zehant.

 

[ . . . ]