BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Clara Hätzlerin

um 1430 - 1476/77

 

 

Das Liederbuch

 

Bl. 335r (I, 117)

 

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Mein hordt, ich můsz mich schaiden,

Seidt du nit anders wilt;

Das pringt meym hertzn laide!

Des nym ain ebenpilt

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Bei deinem triuen hertzen,

Das du anderswav hin kerst,

Das pringt mir grossen smertzen.

Triu damit du mir werst!

 

Seid mich nit mag gehelffen

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Triu vnd stättikait,

Vnd du ye iagst mit welffen;

So bin ich doch berait,

Ob du mir wöllest ergetzen

Mein senen, das ich trag,

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Mein triu will ich dir setzen,

Ich verdien es, ob ich mag.

 

Ob es nit möcht gewesen,

D‹e›s ich dir nit getraw,

Vnd solt also verwesen,

20

Mein vsserwelte fraw;

So möchtst du wol gedencken,

Das es nit künd gesein,

Das ich mein hertz von wencken

Solt setzen in swäre pein.

 

25

Seid es von unuerschulde

Mir von dir widerfert,

So můsz ich sůchen hulde,

Da es mir ist beschert,

Damit ich müg ergetzen

30

Mein senen, das ich trag,

Seid du mich wilt versetzen,

Das ich nit von dir sag.

 

Doch hoff ich, das verchere

Sich die schön, die rain,

35

Das sy in lieb mit er‹n›

Mich für ain andern main.

Da mir nit ganz an zweifelt,

Das sag ich ecüh fürwavr:

Wie wol ich bin verschweiffet,

40

Doch wunsch ich mich ir zwavr!