B  I  B  L  I  O  T  H  E  C  A    A  U  G  U  S  T  A  N  A
           
  Meister Ingold
um 1380 - 1440/50
     
   


D a s   p ü c h l i n
v o n   d e m   g u l d i n   s p i l .


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DAS ERST IST
SCHAFFZAWELSPIL.


     [2a] Ego pauper ludo dum tu dives mediteris. Ita scribit Alexander de Villa Dei in secunda parte libelli puerorum, ich armer spile, so du reicher betrachtest. Ich han gedacht got dem almächtigen herren ze eren, und allen den die es lessend zů bessrung, und zů ainem gaystlichen trost allen müssigen menschen dis büchlin ze machen von dem spil, und dar zů han ich gedacht fier sach. Die erst was da bey die materlich sach des spils, das ist armůt, armůt an gůt und an gnaden und an tugenden. Dar umb ist geschriben: ich armer, wan sunder on zweifel aller spil materi ist armůt und nit reichtum, das merkt man da bey: was ainer hat darumb spilt er nit, er spilt aber dar umb das er nit hat und es geren gewünn, und ist nieman so reich er spil dar umb das er noch reicher werd. Wann es spricht Seneca: der ist nit arm der wenig hat, aber der vil begert dem geprist. Das er hat das getar er nit prauchen noch den eren gotz, und im gepristet auch das er nit hat, und dar umb so spilt er. Die andern sach ist die bewegung werklicher sach, das ist die person der speler, der muotwiller. Dar umb stat geschriben: ich, als ob er sprech: ich pin meines rechtens, als der verloren sun sprach: vater, gib mir mein gůt, und das verspilt er mit frawen. Also spricht auch der spiler: ich verspil mein gůt, dar zů ich recht han, es ist mein und han taylt mit meim vatter. Die drit sach ist ain endsach war umb allü spil erdacht sind, das ist umb dreyer lay sach, als Aristoteles erzelt. Es ist umb gewin leiplichs gelusts, als essen und trinken und kürtzweil ze treiben, oder zeitlich er, und umb überwinden und ertzaygung der sterk. Die fiert sach ist ain formlichü sach des spils, wie das spil geschaffen sey. Und also ist ze wisen das ich sagen wil von siben spilen, da alle spil in begriffen sind: das erst ist schaffzawelspil, das ander pretspil mit den scheiblachen umb die ürten, das drit kartenspil, das fiert ist würfelspil auf dem pret, das fünft ist walgen mit den kuglen, oder durch den ring [2b] küglen, schiessen und des geleich was mit dem klotz zů gat, das sechst ist lauffen und sterk erzaygen und tantzen, das sibent ist saytenspil. Nun sprich ich in dem ersten wort: ich armer spil, so du reicher betrachtost. Der arm ist der besunder mit dem spil vil verlürt tugend, der sel gůt und der edlen zeit, umb die üppigen wort die da gesprochen werdent, umb ergerung die da beschehent, umb gůtü werck die man versaumpt und verlürt. Der ist billich arm der vil schuldig ist und wenig hat, aber der ist reich in tugenden und in gnaden der da betrachtet den schaden des spils, und hüt sich da vor und legt sein zeit bas an. Und dar umb so wil ich sagen wie die untugend spilend, die tugend betrachtend, was dem spil nach volget, des spils armůt und schaden. Zů dem ersten so spilt hoffart die erst haubtsünd schachzawelspil, und ir sicht zů und betrachtet die reich tugend der demütikayt. Zů dem andern mal so spilt die arm fraußhayt pretspil umb die ürten in essen und trinken, so sy zert und zechet on noturft, und sicht ir zů und betrachtet die reich tugend der mässikayt. Zů dem driten mal so spilt die armůt der unküsch mit den karten, und sicht ir zů und betrachtet die reich küschhayt. Zů dem fierten mal so spilt die arm geitikayt das würfelspil auf dem pret, und sicht ir zů und betrachtet die reich miltikayt oder die reich armůt Cristi. Zů dem fünfften mal so spilt die arm neidikayt und hass das saytenspil, und sicht ir zů und betrachtet die reich minn und lieb gotz und des menschen. Zů dem sechsten mal so spilt die arm zornikayt des schiessens, stechens, prechens, türnierens, und das betrachtet die reich senfftmütikayt. Zů dem sibenden mal so spilt die arm faul traukayt das spil des tantz, und das betrachtot reichü andacht und heilikayt und süssikayt Jhesu Cristi.
     Nun von dem ersten das ist schachzawelspil ist ze wissen das es vor der stat ze Troye erfunden ward [3a] von ainem mayster der hies Xerses, von ains küngs willen den nieman torst straffen umb sein hoffart und umb sein groß unrecht, weder sein fraw noch sein gesind; und der mayster strafft in gar redlichen mit dem spil, und erbot im so vil schach und mat und tet im schmachayt und nam im alles sein gestain, wann er was unwissend und unbehůt auff dem spil. Das markt der küng vil wol und bessert sich gar fast. Als vil nun ain ieglich spil zů gůten siten geordnet wirt, so ist es ain tugend und hayßt eutropolya von Aristotiles, als vil aber ain ieglich spil weist auff untugend, so ist es sünd und verpoten. Nun ist das erst spil dar umb erdacht das der mensch gestraufft werd umb sein hoffart, und ist das schachzawelspil also geordnet das zů dem spil gehörend XVI stain von der ainen partey und XVI von der andern, das alles sind XXXII stain; der bedütet acht stain den adel und acht sein dienstlüt. Der erst ist der küng, der ander die küngin, der drit die alten, und der sind zwen, an ietweder seiten ainer, und der fiert sind ritter, auch an ietweder seiten einer, der fünfft sind die roch. Also bedüt der küng die vernunft in dem reich der sel, die küngin den willen, die alten gedächtnüß die rät wol gedenkend, die riter sind die vechter, die roch sind die richter; der küng die vernunft in der sel das gůt erwelen, die küngin den freyen willen, die alten die rät der vernunft, die riter die krafft ze streiten wider das pös zů dem gůten, die roch die richter oder die vögt, das sind die krefft die da volgend dem rechten urtayl der sel. Also sind der gestain VIII: der küng, die küngin, zwen alten, zwen riter und zway roch.