BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Johann Fischart

1546/47 - 1590

 

Affentheurlich Naupengeheurliche

Geschichtklitterung von Thaten und

Rhaten der vor kurtzen Langen und je

weilen vollenwolbeschreiten Helden und

Herren Grandgoschier Gorgellantua

 

1575/1582/1590

 

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Das Sechste Capitel.

 

Von der Gurgelmilta von Honigmunda,

des Grandgosiers Gemal schwangerem Leib,

vnd jhrem Katzenreinen Weibergelüst,

welchen sie mit Würsten,

Kutteln vnd Pletzen

hat gebüßt.

 

 

AVS diesen nun außgeführten des Schilenden Preceptors Sileni Ehelehren bewegt, wolt Kandbusier auch nicht lenger on Blasen schwimen, sondern sahe jhm auch vmb ein Ruckenkrauerin vmb, auff daß so er Puntenvoll wer, eine hett, die der Sau vndem am Bauch kratzte: derwegen beheuratet, freiet vnnd trauet er jm, inn seinem nicht allein Bartfehigem, sondern auch Mannskräfftigem vnnd Haußver­ständigem alter, das Durchlaternige Honiggurgelsame Fräulin Gargal­melle, die Tochter Hupffedopffs des Königs der Parpelloner vnd Butterschützen: warlich ein schönes Truserle Muserle, hüpsches Visiers, die kein Judicium Paridis, noch Formenspectator Gmeiner vnd Dressin hetten verbesseren können, daß man wol das lied von jr singen mocht: vnmöglich ists, das man find, etc. vnd: Auff freud vnd leyd, ist jetz mein bescheid, etc. Dann sie hatte die vier schöne an statt der vier tugenden, ja der siben schöne wol vierzehen, sampt dem löchlin im Backen, wann sie lacht, vnd dem grüblin im kün. Innsumma, sie hett die vier vnnd treissig stuck des Neuizans, im Hochzeitwald.

 

Trei weiß, trei schwartz, trei Rote stück,

Trei lang, trei kurtze vnd trei dick,

Trey weit, trey schwanger vnd trey enge,

Trey klein, vnd sonst recht breit vnd lenge.

Den Kopff von Prag, die Füß vom Rein,

Die Brüst auß Osterrich im schrein,

Auß Franckreich den gewelbten Bauch,

Auß Baierland des Büschlein rauch,

Rucken auß Braband, Händ von Cölln,

Den Arß auß Schwaben, küßt jr Gselln.

 

Jr Leib war recht safftig, weich vnd lind, wie die Nörlingische Bett, der Athem war recht balsam oder Specereikräfftig, wie Alexandri Magni schweiß nach Bisam roch, dann er wußt das recht, «cui os olet, morbosa est», welcher stinckt der Mund, die ist im Leib nicht gsund, vnnd wie das Lied klinget, es fält dir wol vnter dem Nabel: Sie hett lang goldgelb Haar, ja Haargespunnen Gold, nach dem gewicht Absolons, jr Augbroen waren wie ein Gewelb von Ebenholtz, die Augen wie Diane Stern klar, jr Augenblick wie Sonnensträm, kurtz Helffenbeynen Zän, ja weiß Orientalisch Perlinzanlein, wie Zenobia die Königin, darunder offt weiß gifft steckt, sie hat nicht viel Zucker noch heiß Suppen gessen, das Corallenmündlein eng vnnd schön, die Lefftzen Presilgenrot, Honig an statt des Speichels, daher es die Spanier noch so gern lecken: Rosenblüsame Wängelin, die auch den vmbwebenden Lufft mit jhrem gegenschein als ein Regenbogen klärer erleuterten, wie die alten Weiber, wann sie auß dem Bad kommen: Schwanenweiß Schlauchkälchen, dardurch man wie durch ein Mauranisch Glaß den roten Wein sahe schleichen: ein recht Alabastergürgelein: ein Porphyrenhaut, dardurch alle Adern schienen, wie die weissen vnnd schwartzen Steinlein inn eim klaren Bronnwässerlein: Apffelrunde vnd lindharte Marmol Brüstlein, rechte Paradißöpflin, vnnd Alabasterküglein, auff die Prob der Spanischen Filtz, die nach Palmenart vom griff nicht weichen, sonder außspringen wie die Valenzische Rapierklingen, auch fein nahe ans Hertz geschmuckt, vnd inn rechter höhe empor geruckt, nicht zu hoch auff Schweitzerisch vnnd Kölnisch, nicht zu nider auff Niderländisch, die sie zertrucken daß sie Milch geben, sondern auff Frantzösisch, wann sie es nur haben, oder auff gut Engellendisch. Jtem ein rane Weych, gerade volle Aermlin, weiß wie Topas, Lilgenblancke Wollngelinde Händlin wie Künicklinhaar, lange Fingerlin zum Orgeltretten, Kreiden­weiß Nägelin Naselnuß größ, dardurch das Leibfarb heutlin herfür scheinet, wie die Gulden Haarhauben vnter den weissen Schleyern: dar­zu wolgeberig, holdseliger anmassung, vnd anmütiger Redbeschei­denheit, vnd «et cætera, nec non» vnd «plus si velleret».

Wie meynt jr, daß auch bei eim schönen außgehenckten Schilt böser Wein vorhanden sey? meinet jr, daß inn solcher sauberer Herberg könn ein wüster Würt oder Gast Hausen? oder in einer Helffenbeynen Scheiden ein bleien Messer stecken? Ich weiß nicht, nach dem Moses die Schu nicht außzihet: vber schwartz hennig stinckend Fleisch macht man sonst gern ein gelben Pfeffer. Gleichwol sagt man, schöne Glider, bedeuten schöne Gemüter, sonst wers ein Tempel vber ein Laddrin gebaut, vnd ein Altar vber ein Mördergrub. Jedoch, das weyß ich, wann einen die Ros anlechelt, daß ers gern abbrech: Ich brech jmmer hin, auff das alt Liedlin: Die Rößlin sind zubrechen zeit, derhalben brecht sie heut, vnd wer sie nicht im Sommer bricht, der brichts im Winter nicht. So absoluiert einen Peter von der Pfitzen inn der summ super Rachel, wann einer schon eine schöne halben nimpt, doch daß es nicht die Principal, sonder die Inductiff vrsach sey.

Ergo, wer walts außschlagen, zwo Kirssen an eim Stiel, derhalben war es vnserem Großkäligen Grandgusier nur ein Venialsünd ein solches Honigswäffelin jm außzutretten: dann der gut rot Wein, ladet mehr dann der gemalt Schilt ein, «obiecta mouent sensus», was den Sinnen thut vorschweben, demselbigen sie nachstreben: wann der Springhengst das Muterpferd ersicht, so hinnewihelet er: der Parisi­schen Frawen Apoteckerin weisse Beyn bewegen on Rag vnnd Stendelwurtz die Sinn, wann sie auff der Leyter ein Büchsen langet. Darumb gäbe es auch nachmals so fein Kiefferwerck, daß sie einander den Speck dapffer einsaltzten, vnd spielten der faulen Brucken, vnnd des Thiers mit zweyen Rucken: Also daß sie nachgehends anfieng sich gegen dem Mann auffzublähen: vnnd sehr schwermütig vnnd schwer­leibig zu Bauch tragen, mit manigfaltigem schwampelen, schwindelen, Stirnweh, Auggülben, Blumstellen, erbrechen, Antlitzflecken, Brust wachssen, Ruckenweh, Nabelschwachheit, biß zu dem eilfften Monat. Dann also lang vnnd noch wol lenger können die Weiber geschwellen vnnd vom eingenommenem Gifft des Cornelagrippischen Erbsündigen Schlangenschwantz aufflauffen: fürnämlich so es ein außbund von eim Werck sein soll, wie solches des Neptuni Kind erweiset, welchs die Nimpha, deren ers, wie Homer schreibet, noptunisiert, nach einer gantzen Sonnläuffigen Jarzeit, nemlich ein Jar nach der Reuolution vnnd vmb postirung der Sonnen, das ist zwölff Monaten, geboren hat: Dieweil, wie Aul. Gell. im Dritten Buch meldet, kein geringere zeit die maiestat des Mörherrschenden Neptuns thet erheyschen, solt er anders warhafftig inn demselben vergestaltet, dargestellt, angeprisen, gefor­miert vnnd vergegenwertiget werden.

Gleicher massen war nicht dem Cretischen Jupiter die lengst Winternacht zu kurtz, also daß er sie ließ noch auff xlviij Stunden erstrecken, als er die Argmännin beschlieff? dann wie konnt er inn minderer zeit ein solchen Herculischen grossen Betzen zimmeren, der die gantz Welt von scheusalen, Mör vnd Hörwundern vnd Wüterichen erseubert, erläuteret, erlauset, vnd Spinnenweppet.

Meine Herren, die alten Durstallerische Pantagruelisten, haben das jenig, so ich schreib, für warhafft bekrefftiget, es auch nicht allein für möglich erwisen, sonder ein solches Kind, den elfften Monat nach tödlichem abschid des Manns vom Weib an das tagliecht gebracht, für rechtmessig, ehemesig vnd Erbfähig erkannt vnd angenommen.

Als Hipocras im Buch von der Nahrung. Plin: im vij. Buch, am v. Capitel. Plaut inn der Kistellari. Marc Varro im Tractätlin der Satirischen zottensitten, vnnd Schimpffstraffen vom Testament, allda er das ansehen des Aristotel zu dem Handel anziehet, Censorin im Buch vom Natal oder Geburtstag. Aristotel im Sibenden Buch iij. iiij. Capitel von Natur der lebhafften ding. Gell. lib. iij Cap: xvj inn seiner Nachteulen. Servius vber die Hirtengedicht Vergilij: als er den Vers außlegt «Matri Longa decem, &c.» zehen Oepffel, zehen Monat, etc. Egid Hertog prüff, wie man ein todte Frucht auch treizehen Jar tragen kan. Vnd andere tausent Fantastenköpff mehr. Welcher zahl noch baß zuerfüllen, sind die Juristen auch auff der Hebammen Richterstül gesessen, es zuermessen, als in L. intestato P. fin. ff. de suis et legit: vnnd inn der Autentich von «restitut»: vnnd dern die «gebarit» im xj. Monat.

Deßgleichen haben sie auff Duarenisch, Alciatisch, Ochslinisch, Loriotisch, Cumanisch vnnd Zwicheimisch, zum vberfluß mit solchem Göttelbeltz auch jr Robidilardisch vnnd Brockarttrabulisch gesatz Gal­lus. «ff. de liber: & posthum.» Vnd «L. septimo ff.» Vom statt der Men­schen. «ff. de lib. agnosc: ff. de ventre inspiciendo». Von Hebamlicher besichtigung des schwangeren schweren Leibs. «ff: si ventris nomine, &c.» Ja im Geistlichen decretal. lib: iij von purification «post partum», von Kindbettreynigung. Jtem «De natis ex libero ventre», von freiem leib erzeugten. Jtem «de frigid. & maleficiat: & impotentia coeundi». Von kaltgenaturten, vbelgeschafften, böß gestaffierten, gelämten, vernestel­ten, bruchverknipfften, entmannten, verhechßten, vnd vnvermöglichkeit dem Weib bei zuwohnen. Vnnd sonst etlich viel dutzend andere Hebamordnungbüchlin vnnd Frawenzimmer, die ich auff diß mal nit nennen darff.

Mit der weiß, mögen, wie Tiraquell in seinen Brautgesatzen meld, die naschige, nachtseufftzende Witwe, durch mittel solcher vorsehung zwen Monat nach abgang jhrer Ehmänner vnverdechtlich nach allem vortheil vnd zum vberrest arsbosselieren, vnd ein Truckerisch Bosselat verschencken: das heißt, jr Weiber, etwas mehr freyheit als das Velleianisch gesatz, dadurch die Weiber gefreyet sind inn händeln kein traw vnd glauben zuhalten: Weil sie es on diß vom ledigen stand her gewonet seind, jren Bulen Nullen für drey zuverkauffen.

Ha, ha, ich bitt euch, jr mein andere Kuttenhämmel, wa jhr secht, daß sich einer wolt entbruchieren, sitzt darauff vnd reutet mirs zu. Dann wird sie im dritten Monat hernach schwanger, so ist jr Monatmensurlich Leibsfrucht der abgestorbenen Grabschaufel rechtgezehletes Erb: Versteht jhrs, ein jedes Kind ist seins Vatters, da krehet kein Han nach. Nun ha ha ha jr Noppentheurige Hudler, holtzschlegelet den Wecken dapffer drein, es gilt mir auch den mein. Aha lasset die Walee fein mit vollen Segelen daher wagen, so kompt jr bald gen Cuiaco.

Wißt jrs nicht, so will ichs euch sagen, wie Keysers Octauian Tochter Julia sich hielte, die vntergab sich nur den Trabanten, wann sie schweres Leibs gieng: Vnd warumb das? auß disem bedencken, weil das Schiff Galeenrecht vermag, daß man keinen frembden Passagier auff nimpt, es sey dann aller dings geladen, gebodemet, vergurbet, begordet, verden­net, beschnarret, auffgebuselt, geschnaltzelt, berudert, vmbdostet, ver­strupffet, gelaseiet, bepfompffet, gehelmkörbelet, bemastet, verpaters­nosteret, betonnet, erspritet, verbrauet, bebastet, bezackelet, beanckert, berollet, becompasset, beraseylet, besanet, befanet, getopffseylet, bezug­cabebelet, belullet, vnnd endtlich wie die Pechstinckende der trei Heyligen König Melchior Morenschiff von Cöllen, verstopfft, verklopfft, verleimt, verdicht, verbicht vnd verricht, vnnd gantz abzustechen fertig.

Wa sie aber jemands darumb rechtfertigen wolt, daß sie sich also auff jrem Tragbären ertrumzumpumpelen liesse, fürgebend, das solches auch bei dem vnvernünfftigen Viech vnbreuchlich: dem war die Antwort schon fertig, daß jenes Thier, sie aber verstand begabte Weiber seien, die das köstlich kützelig Recht der vberfötation besser verstehn: wie dann dise Antwort etwann Populia (als Mackrob im Andern Saturnalbuch anbringt) soll gegeben haben: Eben wie jener Knecht, da man jn frü weckt, die Vögelcken pipen schon inn die Rörcken. O, lat pipen, sagt er, lat pipen, die Vögelcken hefen kleine Häuptcken, hefen bald vtgeschlapen, aber sein Häubtchen sey gar grot, thu jm mehr Schlapen noht etc. Nun diese Populia war ein guts Bübelisch Bißlin zum Schlafftrunck. Aber das Maul zu, vnnd den Bratspiß weydlich herumb getrehet, was gelts wa sie ein Auffhocker wird ergrossieren, vnnd wie die Ente Christ gebärend Jungfraw zu Eßlingen auffblähiren.