B  I  B  L  I  O  T  H  E  C  A    A  U  G  U  S  T  A  N  A
           
  Georg Wickram
um 1505 - vor 1562
     
   



D a s   R o l l w a g e n b ü c h l i n .

C I I .
Aus der Ausgabe E (um 1560)


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[190] ‹Aiijr = S.1›

      Von einem Schärer der
      einer Dorfffrauwen einen
      dorn auß einem fûß zohe.


      ES begab sich auff ein zeyt zû Basel in der kleinen statt / da kame ein beürin zû einem Schärer / die hett an einen grossen dorn geträtten / die bath den Schärer mit weinenden augenn / unnd sprach: «Ach mein lieber meister / ich bitt euch durch Gotts und des gelts willen / kommet mir zehülff.» Do sprach der Schärer: «Liebe frauw / wie ist euch geschehen?» Do sprach die Beürin: «Ach mein lieber meister / ich gieng gestern mit meinem Hansen in den wald / und hab im helffen scheyter laden / und mich also übel geletzt an einem dorn.» Do sprach der Schärer: «Ach liebe frauw sitzet da nider auff das küssen / so wil ich euch gschwind geholffen haben.» Und in dem wie er ir zehülff wil kommen mit einem Instrument / so laßt die gut frauw ein grossen mächtigen furtz von angst und not. Do sprach der Meister: «Oho / der ist härauß.» Do meint die gût frauw / er hette den dorn gmeint. Geschwind sprach die Beürin: «Ach keüwet in / und bindet ihn darüber / so schwirt es nit.» Do sprach der Schärer: «Keüwe in der Teüfel an meiner statt.» Do meinet aber die Beürin / er hette den dorn gemeint / so meint er den furtz.