BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Martin Opitz

1597 - 1639

 

Buch von der Deutschen Poeterey

 

1624

 

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Das VI. Capitel.

Von der zuebereitung vnd

ziehr der worte.

 

NAch dem wir von den dingen gehandelt haben/ folgen jetzund die worte; wie es der natur auch gemeße ist. Denn es muß ein Mensch jhm erstlich etwas in seinem gemüte fassen/ hernach das was er gefast hat außreden. Die worte bestehen in dreyerley; inn der elegantz oder ziehrligkeit/ in der composition oder zuesammensetzung/ vnd in der dignitet vnd ansehen.

Die ziehrligkeit erfodert das die worte reine vnd deutlich sein. Damit wir aber reine reden mögen/ sollen wir vns befleissen deme welches wir Hochdeutsch nennen besten vermögens nach zue kommen/ vnd nicht derer örter sprache/ wo fallsch geredet wird/ in vnsere schrifften vermischen: als da sind/ es geschach/ für/ es geschahe/ er sach/ für/ er sahe; sie han/ für sie haben vnd anderes mehr: welches dem reine auch bißweilen außhelffen sol; als:

 

Der darff nicht sorgen für den spot/

Der einen schaden krieget hot.

 

So stehet es auch zum hefftigsten vnsauber/ wenn allerley Lateinische/ Frantzösische/ Spanische vnnd Welsche wörter in den text vnserer rede geflickt werden; als wenn ich wolte sagen:

 

Nemt an die courtoisie, vnd die deuotion,

Die euch ein cheualier, madonna/ thut erzeigen;

Ein handvol von fauor petirt er nur zue lohn/

Vnd bleibet ewer Knecht vnd seruiteur gantz eige{n}.

 

Wie seltzam dieses nun klinget/ so ist nichts desto weniger die thorheit innerhalb kurtzen Jharen so eingeriessen/ das ein jeder/ [E1b] der nur drey oder vier außländische wörter/ die er zum offtern nicht verstehet/ erwuscht hat/ bey aller gelegenheit sich bemühet dieselben herauß zue werffen/ Da doch die Lateiner eine solche abschew vor dergleichen getragen/ das in jhren versen auch fast kein griechisch wort gefunden wird/ das zwar gantz griechisch ist. Dann Juuenalis setzet inn einem orte ζωὴ καὶ ψυχή, eben dieselben auß zue lachen/ die sich in jhren buhlereyen mit griechischen wörtern behelffen: in dem andern orte aber thut er es darumb/ das er die schändliche sünde/ daran Christen auch nicht gedencken sollen/ lateinisch auß zuesprechen abschew treget: wiewol er sonsten kein blat für das maul nimpt. Was aber die nomina propria oder eigentlichen namen der Götter/ Männer vnd Weiber vnd dergleichen betrifft/ dürffen wir nach art der Lateiner vnd Griechen jhre casus nicht in acht nemen/ sondern sollen sie so viel möglich auff vnsere endung bringen. Als/ ich mag künlich nach der Deutschen gebrauche sagen:

Der schnelle plitz/ des Jupiters geschoß/ vnd nicht/ des Jouis. Jtem/ der Venus pfeile/ nicht veneris. Wie es denn auch die Römer mit den griechischen wörtern machen. Die Frantzosen gleichfals. Bartaß in seinem Buche/ dem er den titel die Herrligkeit gegeben:

 

Vn grand Gymnosophiste, vn Druyde, vn Brachman.

 

Jtem die Hollender. Als Heinsius:

 

van daer is zij gegaen

By Thetis haer vrindin/ en sprack Neptunus aen.

 

Doch können wir anfanges/ weil es in vieler ohren noch etwas harte lautet/ etliche lateinische endungen noch gebrauchen/ biß wir in die gewonheit kommen sind. Als wenn ich der Erinnen/ die Stobeus anzeucht/ verß geben wolte.

Χαῖρέ μοι Ῥώμα θυγάτηρ Ἄρηος,

mag ich wol setzen: [E2a]

O Rom/ des Martis kind/ sey sehr gegrüßt von mir den im fall ich spreche/ O Rom/ du kind des Mars/ möchte es vielen zue anfange seltzam vorkommen.

Die diphthongi oder doppeltlautenden Buchstaben/ weil sie bey vns nicht vblich/ dürffen nur mit dem selblautenden buchstaben geschrieben werden/ dessen thon sie haben; als

Enéas/ Eschylus/ Mecenas &c.

Newe wörter/ welches gemeiniglich epitheta, derer wir bald gedencken werden/ vnd von andern wörtern zuesammen gesetzt sindt/ zue erdencken/ ist Poeten nicht allein erlaubet/ sondern macht auch den getichten/ wenn es mässig geschiehet/ eine sonderliche anmutigkeit. Als wenn ich die nacht oder die Music eine arbeittrösterinn/ eine kummerwenderinn/ die Bellona mit einem dreyfachen worte kriegs-blut-dürstig/ vnd so fortan nenne. Jtem den Nortwind einen wolckentreiber/ einen felssen stürmer vnd meerauffreitzer: wie jhn Ronsardt (denn die Frantzosen nechst den Griechen hierinnen meister sindt) im 202. Sonnet seines andern buches der Buhlersachen heisset:

 

Fier Aquilon horreur de la Scythie,

Le chasse-nue, & l'esbransle-rocher,

L'irrite-mer.

 

Welches auß dem Ouidio genommen ist.

 

Apta mihi vis est, hac tristia nubila pello,

Hac freta concutio, nodosaque robora verto.

 

Solches stehet auch an seinem orte bey den Lateinern nicht vbel; als da Catullus saget in seinem vberauß schönen getichte vom Atys:

 

Vbi cerua syluicultrix, vbi aper nemoriuagus Vnd Publius Syrus von dem storche:

 

Pietaticultrix, gracilipes, crotalistria,

Auis exulhiemis. [E2b]

 

Jn welchen erfindungen Joseph Scaliger zue vnserer zeit meines bedünckens alle andere/ auch die alten selber/ vbertroffen.

Darbey aber vns Deutschen diß zue mercken ist/ das das nomen verbale, als treiber/ stürmer/ auffreitzer/ &c. allzeit/ wie bey den Lateinern/ muß hinten gesetzt werden; wieder der Frantzosen gebrauch/ derer sprache es nicht anders mit sich bringt. So Heinsius in dem Lobgetichte des Weingottes/ welches er auch zum theil von dem Ronsardt entlehnet:

 

Nacht-looper/ Heupe-soon/ Hooch-schreeuwer/ Groote-springer/

Goet-geuer/ Minne-vrient/ Hooft-breker/ Leeuwen-dwinger/

Hert-vanger/ Herßen-dief/ Tong-binder/ Schudde-dol/

Geest-roerder/ Waggel-voet/ Staet-kruijßer/ Altijet-vol.

 

Vnd nach meiner verdolmetschung:

 

Nacht-leuffer/ Hüffte-sohn/ Hoch-schreyer/ Lüfftenspringer/

Guet-geber/ Liebesfreundt/ Haupt-brecher/ Löwen-zwinger/

Hertz-fänger/ Hertzen-dieb/ Mund-binder/ Sinnen-toll/

Geist-rhürer/ wackel-fuß/ Stadt-kreischer/ Allzeit-voll.

 

Wie denn auch sonsten die epitheta bey vns gar ein vbel außsehen haben/ wenn sie hinter jhr substantiuum gesetzet werden/ als: Das mündlein roht/ der Weltkreiß rund/ die hände fein; für: das rothe mündlein/ der [E3a] runde Weltkreiß/ die feinen hände/ &c. wiewol bey vnsern reimenmachern nichts gemeiner ist.

So bringen auch die Frantzosen newe Verba herfür/ welche/ wenn sie mit bescheidenheit gesetzet werden/ nicht vnartig sind. Als Ronsardt brauchet in einer Elegie an die Caßandra/ das wort Petrarquiser, das ist/ wie Petrarcha buhlerische reden brauchen:

 

Apprendre l'art de bien Petrarquiser.

 

Vnd ich habe es jhm mit einem anderen worte nachgethan/ da ich die Leyer anrede:

 

Jetzt solt du billich mehr als wol/

O meine lust/ Pindarisiren.

 

Jch darff aber darumb nicht bald auß dem Frantzösischen sagen: approchiren, marchiren; oder auß dem Lateine: dubitiren, seruiren; gaudiren, wie zwar die zue thun pflegen/ die eher jhre Muttersprache verterben/ als das sie nicht wollen sehen laßen/ das sie auch was frembdes gelernet haben.

Wie nun wegen reinligkeit der reden frembde wörter vnnd dergleichen mußen vermieden werden; so muß man auch der deutligkeit halben sich für alle dem hüten/ was vnsere worte tunckel vnd vnverstendtlich macht. Als wann ich sagen wollte: Das weib das thier ergrieff. Hier were zue zweiffeln/ ob das weib vom thiere/ oder das thier vom weibe were ergrieffen worden: welches die Griechen eine ἀμφιβολίαν nennen.

Der πλεονασμὸς da etwas vbriges gesaget wird/ verstellet auch die rede zue weilen nicht wenig. Als wann ich spreche: Ein schwartzes Kind das nicht war weiß; weil es sich wol ohne diß verstehet. So wie Pansa sagete: Das Kind were von der Mutter zehen monat im leibe getragen worden: fragete Cicero: ob andere weiber die kinder im rocke trüge{n}. Doch hilfft bißweilen das was vbrig hinzue gesetzet wird auch zu [E3b] auffmutzung der rede. So saget Virgilius:

 

Vocemque his auribus hausi.

Mit meinen ohren hab ich es vernommen;

 

zue mehrer bestetigung deßen das er erzehlet.

Die ἀναστροφὴ oder verkehrung der worte stehet bey vns sehr garstig/ als: Den sieg die Venus kriegt; für Die Venus kriegt den sieg. Jtem: Sich selig dieser schätzen mag; für: Dieser mag sich selig schätzen. Vnnd se offte dergleichen gefunden wird/ ist es eine gewiße anzeigung/ das die worte in den verß gezwungen vnd gedrungen sein.

Auff die außlesung der worte/ sagen wir nun billich auch von jhrer zuesammensetzung; wie wir nemlich die buchstaben/ syllaben vnd wörter aneinander fügen sollen.

Weil ein buchstabe einen andern klang von sich giebet als der andere/ soll man sehen/ das man diese zum offteren gebrauche/ die sich zue der sache welche wir für vns haben am besten schicken. Als wie Virgilius von dem berge Etna redet/ brauchet er alles harte vnd gleichsam knallende buchstaben:

 

Vidimus vndantem ruptis fornacibus Aetnam

Flammarumque globos, liquefactaque voluere saxa

 

wie Etna/ wenn er strewet

Die flam{m}en in die lufft/ vnd siedend, hartz außspeyet/

Vnd durch den holen schlund bald schwartze wolcken bläßt/

Bald gantze klüfften stein vnd kugeln fliegen lest.

 

Heinsius saget:

 

Gelyck als Etna schiet vyt haere diepe kolcken

Een grondeloose zee van vlammen in de wolcken.

 

So/ weil das L vnd R fließende buchstaben sein kan ich mir [E4a] sie in beschreibung der bäche vnd wäßer wol nütze machen/ als: Der klare brunnen quilt mitt lieblichem gerausche &c.

Wie nun bißweilen eine solche zuesammenstoßung der buchstaben recht vnd guet ist; soll man sie doch sonsten mitt einander so wißen zue vermengen/ das nicht die rede dadurch gar zue raw oder zue linde werde. Eben dieses ist es auch/ wann eine syllabe oder wort zue offte wiederholet wird, als Die die dir diese dinge sagen.

Jtem/ Es siehet nicht wol auß/ wenn ein Verß in lauter eynsylbigen wörtern bestehet. Deßen exempel Ronsard giebet:

 

Ie vy le ciel si beau, si pur et net.

 

Wiewol wir deutschen/ wegen der menge der einsylbigen wörter die wir haben/ es zuezeiten kaum vermeiden können.

Hergegen sollen die verß/ sonderlich die Masculini (wie wir sie im folgenden Capitel nennen werden) sich nicht mit viel sylbigen wörtern enden.

 

Jch wil euch williglich mit vnterthänigkeit

Zue dienste sein/ Hertzlieb/ bey der gelegenheit.

 

Dann die verß gar zue grob vnd harte dadurch gemacht werden.

Das ansehen vnd die dignitet der Poetischen rede anlangt/ bestehet dieselbe in den tropis vnnd schematibus, wenn wir nemblich ein wort von seiner eigentlichen bedeutung auff eine andere ziehen. Dieser figuren abtheilung/ eigenschafft vnd zuegehör allhier zue beschreiben/ achte ich darumb vnvonnöthen/ weil wir im deutschen hiervon mehr nicht als was die Lateiner zue mercken haben/ vnd also genungsamen vnterricht hiervon neben den exempeln aus Scaligers vnnd anderer gelehrten leute büchern nemen können. Dessen wil ich nur erinnern/ das für allen dingen nötig sey/ höchste mögligkeit zue versuchen/ wie man die epitheta; an denen bißher bey vns grosser mangel gewesen/ [E4b] sonderlich von den Griechen vnd Lateinischen abstehen/ vnd vns zue nutze machen mögen: Dann sie den Poetischen sachen einen solchen glantz geben/ das Stesichorus für den anmutigsten Poeten ist gehalten worden/ weil er desselbigen zum füglichsten sich gebraucht hat.

Sie mussen aber so gemachtwerden/ das sie entweder die dinge von denen wir reden von andern vnterscheiden; als da der Poet spricht: nigra hirundo, die schwartze Schwalbe/ oder sie vermehren/ als: frigida bello Dextera, eine handt die im kriege nicht viel außrichtet.

Sie mussen auch warhafftig sein/ vnd etwas nicht anders beschreiben als es ist. Zum exempel: florida Hybla; weil viel Blumen darauff wachsen sollen: Parnasia laurus, aestuosa Calabria, vnd dergleichen Strabo rhümet den Homerus/ das er die eigenschafft eines/ etwedern dinges sehr genaw in acht genommen/ vnd jhm vnfehlbar sein gehöriges epitheton allzeit gegeben habe. Die Poeten/ denen mehr freyheit als den Oratoren eingeräumet ist/ können auch wol den schnee weiß/ vnnd den wein feuchte nennen: wie Aristoteles im dritten buche der Rhetoric/ vnnd Quintilianus im sechsten Capitel des achten buches saget. Wiewol Virgilius nicht ohne vrsache setzet:

 

caeduntque securibus humida vina;

 

Denn in dem er spricht/ das man in den Mitternächtischen Ländern den gefrorenen Wein/ der doch von natur sonst naß ist/ mit äxten zuehawen muß/ macht er das man desto mehr der vngewöhnlichen kälte nachdenckt.

Letzlich haben wir in vnserer sprache dieses auch zue mercken/ das wir nicht vier oder fünff epitheta zu einem worte setzen/ wie die Jtaliener thun/ die wol sagen dürffen:

 

Alma, bella, angelica, et fortunata donna;

Du schönes/ weisses/ englisches/ glückhafftes/ edles bildt; [F1a]

 

Denn solches bloß zue außfüllung des verses dienet.

Dieses sey nun von der allgemeinen zuegehör der Poetischen rede: weil aber die dinge von denen wir schreiben vnterschieden sind/ als gehöret sich auch zue einem jeglichen ein eigener vnnd von den andern vnterschiedener Character oder merckzeichen der worte. Denn wie ein anderer habit einem könige/ ein anderer einer priuatperson gebühret/ vnd ein Kriegesman so/ ein Bawer anders/ ein Kauffmann wieder anders hergehen soll: so muß man auch nicht von allen dingen auff einerley weise reden; sondern zue niedrigen sachen schlechte/ zue hohen ansehliche/ zue mittelmässigen auch mässige vnd weder zue grosse noch zue gemeine worte brauchen.

Jn den niedrigen Poetischen sachen werden schlechte vnnd gemeine leute eingeführet; wie in Comedien vnd Hirtengesprechen. Darumb tichtet man jhnen auch einfaltige vnnd schlechte reden an/ die jhnen gemässe sein: So Tityrus bey dem Poeten/ wenn er seines Gottes erwehnet/ redet er nicht von seinem plitze vnd donner/ sondern

 

Ille meas, sagt er/ errare boues, vt cernis, & ipsu{m}

Ludere quae vellem calamo permisit agresti.

 

Du siehst/ er leßt mein Vieh herumb gehn ohne ziehl/

Vnn mich auff meiner flöt' auch spielen was ich wil.

 

Wie Theocritus sonsten inn dem paß wol jederman vberlegen/ so weiß ich doch nicht wie sein Aites mir sonderlich behaget: inmassen ich denn auch halte/ das Heinsius gleichfals grossen gefallen daran treget/ der dieses Jdyllion Lateinisch vnnd Hollendisch gegeben. Weil ich jhm aber im deutschen nachgefolget/ vnd den niedrigen Character/ von dem wir jetzo reden/ nicht besser vorzuestellen weiß/ wil ich meine übersetzung hierneben fügen. [F1b]

 

Theocriti Aites.

Bist du gekommen dann/ nach dem ich nun gewacht

Nach dir/ mein liebstes Kind/ den dritten tag vnnd Nacht?

Du bist gekommen/ ja. doch wer nicht kan noch mag.

Sein lieb sehn wann er wil/ wird alt auff einen tag.

So viel der Früling wird dem Winter vorgesetzt/

Vor wilden pflaumen vns ein Apffel auch ergetzt/

Das Schaff mit dicker woll ein Lamb beschämen kan/

Die Jungfraw süsser ist als die den dritten Man

Bereit hat fort geschickt; so viel als besser springt

Ein rehbock als ein Kalb/ vnd wann sie lieblich singt

Die leichte Nachtigall den Vogeln abgewint/

So ist dein beysein mir das liebste das man findt.

Jch habe mich gesetzt bey diesen Buchbawm hin/

Gleich wie ein Wandersman thut im fürüber ziehn/

Jn dem die Sonne sticht. ach/ das die liebe doch

Vns wolte beyderseits auch fügen an jhr ioch/

An jhr gewündtschtes Joch/ vnd das die nach vns sein

Von vns mit stettem rhum erzehlten vberein:

Es ist ein liebes par gewesen vor der zeit/

Das eine freyte selbst/ das ander ward gefreyt:

Sie liebten beyde gleich. ward nicht das volck ergetzt

Wie liebe wiederumb mit liebe ward ersetzt!

Ach Jupiter/ vnd jhr/ jhr Götter/ gebt mir zue/ [F2a]

Wann ich nach langer zeit schon lieg in meiner rhue/

Das ich erfahren mag/ das dem der mich jtzt liebt

Vnd meiner trewen gunst ein jeder zeugniß giebt;

Doch mehr das junge volck. nun diß muß nur ergehn/

Jhr Götter/ wie jhr wolt. es pflegt bey euch zue stehn

Doch lob' ich dich zwar hoch/ so hoff' ich dennoch nicht

Das jrrgend jemand ist der etwas anders spricht.

Dann ob dein grimm mir schon offt' etwas vbels thut

So machst du es hernach doch doppelt wieder gut

O volck von Megara/ jhr schiffer weit bekandt/

Jch wündsche das jhr wol bewohnt das reiche landt

Vnd vfer bey Athen/ weil jhr so höchlich liebt

Dioclem der sich auch im lieben sehr geübt:

Weil allzeit vmb sein grab sehr viel liebhaber stehn/

Die lernen einig nur mit küssen vmb recht gehn/

Vnd streiten gleich darumb/ vnd wer dann Mundt an mundt

Am aller besten legt/ dem wird der krantz vergunt/

Den er nach hause dann zue seiner Mutter bringt.

Ach/ ach/ wie glücklich ist dem es so wolgelingt

Das er mag richter sein. wie offte rufft er wol

Das Ganymedes jhm den Mund so machen sol

Als einen Stein durch den der goldschmiedt vrtheil spricht

Ob auch gewiß das Goldt recht gut sey oder nicht. [F2b]

 

Hergegen in wichtigen sachen/ da von Göttern/ Helden/ Königen/ Fürsten/ Städten vnd dergleichen gehandelt wird/ muß man ansehliche/ volle vnd hefftige reden vorbringen/ vnd ein ding nicht nur bloß nennen/ sondern mit prächtigen hohen worten vmbschreiben. Virgilius sagt nicht: die oder luce sequenti; sondern:

 

vbi primos crastinus ortus

Extulerit Titan, radiisque retexerit orbem.

 

Wann Titan morgen wird sein helles liecht auffstecken/

Vnn durch der stralen glantz die grosse welt entdecken.

 

Die mittele oder gleiche art zue reden ist/ welche zwar mit ihrer ziehr vber die niedrige steiget/ vnd dennoch zue der hohen an pracht vnd grossen worten noch nicht gelanget. Jn dieser gestalt hat Catullus seine Argonautica geschrieben; welche wegen jhrer vnvergleichlichen schönheit allen der Poesie liebhabern bekandt sein/ oder ja sein sollen. Bißhieher auch dieses: nun ist noch vbrig das wir von den reimen vnd vnterschiedenen art der getichte reden.