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B  I  B  L  I  O  T  H  E  C  A    A  U  G  U  S  T  A  N  A

 

 

 

 
Die verwüstete vnd verödete Schäferey
1642

 


 






 




Die verwüstete vnd verödete Schäferey/
mit Beschreibung deß betrogenen Schäfers
   Leorianders,
Von seiner vngetrewen Schäferin
   Perelina.



   JN denen Adelphischen Provintzien / ist vnter andern nicht die geringste / sondern viel berühmbte Landschafft die / welche längst den berümbten Fluß Lasalee vnd daran stossenden Gefilde / beneben den in aller Welt bekandten Libanischen Gebirgen vnd Wildnussen erstrecken thut / so wegen erquicklicher Situation, gesunder lufft / Fruchtbarkeit deß Bodens vnd Wassers / deß auch vnd vornemlich wegen der so gesunden vnd wolgelegenen Schäferey / welche biß anhero jederzeit in zimliche flor / vngeacht Mars solche Ort zum öfftern berühret / geblieben vnd erhalten / also / daß sie fast von keinem grössern feindlichen Abbruch zu sagen gehabt / als welche jhnen durch der Schafe angebornen Erbfeind zu geschehen pflegte / der aber dannoch gegen anderer leydenten Schaden vor nichts zu rechnen / weil die wachtsame Hertzhafftigkeit der beywohnend- vnd wesenden Schäfer / als auch die jederzeit erhaltende cerberische Zucht keinen schaden leichtlich zulassen / solche reissende Thier / auch jhre Nahrung an den Zarten selbiger Gegend gnugsam findenten Wild / wegen deren bestelten Vffwarter vnfleiß / mehr als sonst zu suchen pflegen vnd wissen / Wie nun die Götter vnd die Natur niemals etwas vnvollkommen oder vergebens gemacht / Also haben sie es dieses Orts auch lobend erwiesen / dann so schön fruchtbar vnnd vermöglich die Landschafft gewesen / also vortrefflich / ja vnvergleichlich waren die jnnwohnenden Besitzer derselben / vornemlich aber das Geschlecht der Schäfer vnd deren Zugethanen / die / ob sie wol dieses Beruhigen vnd nutzbaren Lebens sich gebrauchten / hatten doch darneben andere Vermögen / vnnd deßwegen viel vorneme Correspondentien, waren auch jhren herkommen nach so Edel / als den Personen nach / Tugentreich / vnnd machte die durchgehende Passagie diese Leute desto höfflicher / gastfreyer vnd dienstwilliger / vnter diesen ware ein alter tapfferer Schäffer Cantandro genannt / von guten Tugenden / Erbarn geruhigen Lebens / welches er mit vielen Correspondentien, auch erzehlter massen höfflich / gastfrey vnnd dienstwillig sich befleissende zubrachte / darbey er nicht allein von guter fama vnd gericht / sondern auch also daß er allen andern in selbiger Landschafft vor- vnnd zu deß gemeinen Wesens Nutzen Rath vnnd dessen Ehrenstande auch zu den Geistlichen Emptern gezogen vnd gebraucht wurde / dieser hatte mit seiner lieben alten Gemandalea welche vornemen vnn geistlichen Geschlechts ware / vnnd er Wittibenweiß geheyratet / eine einige Tochter gezeuget Perelina genannt / deren man billich den hohen Titul einer der schönste Creaturen zulegen darff / diese wunder Schönheit vnvermeldet zu lassen ist vnbillich / dieselbe aber nach Gebür vnnd Beschaffenheit zu beschreiben vnmüglich / vnnd endlich besser davon zu schweigen als wenig vnd vnvollkommen Werck zu gedencken.

   An deme ists / daß sie deßwegen billich deß Cupidinis zumal nach verlohrnen seinen geflügel / leibliche Schwester zu nennen were / dann sie inn jhren Kinder Jahren nebenst der vnvergleichlichen Schönheit vnd Gestalt eine sonderbare anmuthige stille vnd höffliche Frömmigkeit hat hervor scheinen lassen / also / daß auch bey jhren vnd deren Nachbarlichen Kinderfesten sie jhrer Tugend halben selbiger Zeit vor die Königin gewehlt vnd geehret / bey jhrer Kinderzucht aber daran die Eltern wie billich durch die Schulen vnd andere Mittel allen Elterlichen fleiß gethan / von hohen StandsPersonen allbereit vnglaublich geliebet / vnd deren hohen Stato gemäß zum Zeichen der Zuneigung vnnd Ehre beschencket worden / darbey vnmüglich zu verschweigen / daß dieses Kind von hochgedachter Person vor Liebe etlichmal vff dero allerholdseeligste den lebhafften Morgenrößlein enliche Wanglein vnd Mündlein in gegenwart vielen vnd vornehmen Volcks vngeschewet geküsset / vnd in diesem jene Jtalianischen vornehmen annoch lebenden Fürsten gleich gehen wollen / dessen verliebte Historia anderwärts zu lesen: Vngedacht wie ferner hie herauß dieses erfolgt / das man wol fragen dörffen / obs Natur- vnd müglich / das die Natur dieser Länder solche Creaturen tragen / oder von dergleichen Vatter wie der jhrige (welcher doch ein tapfferer EhrenMann) solche Kinder gezeuget werden könnten / mehrern Vmbstände zu verschweigen der Feder gebietende: Bey wachsenden jhren Jahren vnd annahenden Mannbarn Alter / befande sie sich subtiler Mittelmässiger Statur / wormit deren Gesicht vnd alle Lineamenta Proportionabell vnd nicht Natürlich sondern über Natürlich Concordirten fallenden schneeweiß war dero Stirn vnd Wanglein / die Bäcklein der süssesten ApffelFrucht zu vergleichen / so wegen Subtilheit / Diametralischer runte / droblebenden Rosinfarbe / als auch wegen von jhr gebenden gantz verzucktmachenden süssen Lieblichkeit vnnd lieblichen Süssigkeit / von welcher geniessung vnser Schäfer mit Warheit reden kan / weil er selbige / aber Ach vnd Leider zu seinem Todte / genossen / daß lebhaffte Mündelein gab eine gleichsam stätwärend lächlende Freundlichkeit von sich / vnn doch sahen darbey die schwartzen Augelein / worüber ich mich offters verwundert / gegen die andern Lineamenten etwas groß / Heroisch vnd ernstlich / welche auß einander scheinende Physiognomia ein solche Anmuth machte / die vnbegreiff- noch vnbeschreiblich / ein jedweder vernünfftiger der jemals nur ein schönes Bild gesehen / ob er gleich nie verliebet gewesen / kan es doch selbst inn etwas erachten / vnd woferrne denen lehren welche die Gelehrten so Physiognomici genennet nachgangen werden will / ist vnschwer zu ermessen / was auß diesem so wol Proportionirten vnd freundlichen als auch Heroischen Gesichte vor ein Gemüt vnd Hertz den Leibes zu Judiciren vnd urtheilen were / jhre Liechtfarben Haare liese sie zum öfftern vngebunden vmb das Haupt fliegen / worinne vnsern Schäfer dasGlück zu zeiten ein wenig zu spielen zu liese / welches obs zwar geschahe als were es von vngefehr / dannoch desto grössere Anmuthigkeit vnd ein kleineres Gesichtlein vervrsachte / wann sie aber mit einen Kräntzlein vnd zu zeiten mit schwartz vnd weißgewürckten Bändern sich zierete / verdunckelte sie bey Gottesdiensten vnd andern Zusammenkünfften aller Anwesenden vnd deren Gespiellinen Angesichter / jhre Brüstlein schienen den Auglein zu compariren, vnd etwas groß vnn rund / solches aber war nicht von vngefehr / sondern gabe neben dero langlichten auffgericht tragenden Schwanen Hälßlein / desto schönere vnn authoritätische Præsentz, von deren Gestalt ich weiter zu reden nicht vermag / dann vnser Schäfer weiter nicht gedacht / als wohin es Jungfräwliche gebür vnd vnverfälschte Liebe veranlasset / jedoch gabe im conversiren vnd gegenwart der helleuchtende schein durch die biß an den Halß aufgezogene selber Landen Schäferischen Tracht gemäse klare Leinengewand so viel / daß sie weisser als der Alabaster seyn müsten / Allein die Farb dero Händ- vnd Armlein waren verenderlich / zu Zeiten blaß / zu Zeiten von der Sonnen biß an die Elnbogen verbrandt so weit sie bloß darmit zu gehen pflegte / vnd nach dem es die Haußarbeit worinne sie embsig vnd fleissig auch zu zeiten auß den Kuchen schwartz vnd berust zu seyn mit sich brachte.

   Vnfern von dieser Schäferwohnung bey zweyen Musquetenschüssen abwarts deß Flusses Zuore welcher in die Lositze fällt / endlich vorbenambten Fluß Lasalee incorporirt wird / vnd die so sonderbare Landschafft der Lustigkeit durchziehen hilfft / an einer lustigen frischen Awen / war wider eine aber etwas ansehenlichere wolerbawete Schäferwohnung mit Zugehörung gelegen / selbige gleich wie sie Außländische EygenthumbsHerren hatte / also wurde sie auch mehrentheils von Außländischen bewohnt / bestellet / vnn daselbst sich der Tugend der Gastfreyheit sonderbar gegen die Reisenden Personen zwar vor diser mehr als jetziger Zeit wegen ruinirten Zustandes gebrauchet / vff selbiger enthielte sich vff eine Zeit ein junger außländischer Schäfer / so wegen seines darbeyhabenden Interesse, als daß er in der nähe an zweyen Orten mehr Güter hatte / vff welchen er sich der Kriegerischen Vnruh halben sicher nicht enthalten kondte / dieser hatte von Kindesbeinen auff in der Frembde / vnd fast gantz nichts bey seinen Eltern vnd Befreunden sich enthalten / darbey etwas in Sprachen vnd freyen Künsten erfahren vnd studiret / viel Lande durchreiset / fast alle Exercitia beliebt / auch in deß Mavortis KriegsSchule / weil solche in seinem Vatterlande lange Jahr in vollem schwang gegangen / sich fleissig gebrauchen lassen / vnd nicht der letzte noch geringste darinnen seyn wollen / dannenhero jhme viel in der Perybologia vnd Geometria ist bekandt worden. Solche Erfahrenheit vnd Wissenschafft / vnn daß er viel Majestätische Höfe bedient vnd practiciret, schärffte nun nicht wenig sein / ohne dem von Natur habend hohes / Heroisches vnd Hertzhafftes Gemüth / darbey er sich doch aller aufirichtigen Realität / löblicher Tugend / vnd gegen jederman / so jhm redlich vnter Augen gienge / Freundlich- vnd Demütigkeit befliesse / ware sonst Adelichen Geschlechts / jungen Mannbaren Alters / länglichter vnd gesunder Statur, allein daß er der Melancholischen Einsamkeit zu Zeiten zugethan schiene / welche aber / ob sie von Natur oder angelegenheit seiner Vorhaben / oder von verliebter Eigenschafft herrühren / in Zweiffel gezogen werden / dannenhero er denen hierauß vnd auß andern Kriegsbelohnenden Verwundungen rührenden Zufällen vnterworffen / Er ward genennet Leoriander.

   Wie nun dergleichen Qualificirte Gemüter den Newerungen vnd Rariteten ergeben / vnd in dem bey aller Welt sich bekannt vnn beliebt zumachen nit das wenigste ist die Auffwartung deß Edlen Frawenzimmers / in erwägender Betrachtung von selbigen empfangender Gutthaten wegen die Natur vns darzu verbindet / so vnsers herkommens vnnd erziehens / so der eingepflantzten Patia vnd Vereinigungen / so der darauß entspringenden Nutzbarkeiten halben / sintemal die tägliche Erfahrung vns lehret / wieviel gutes solches Geschlecht vnter vns vnd den gantzen Mannlichen Stammen würcket / vnd die beste Policey in allen Ständten mit sonderbahrer Anmuthigen Sanfftmütigkeit ohne Betrohung einiger Straffe die doch da solche übertretten / schwerlich empfunden wird / vnnd nach den Hertzentrit / stifftet / denn man stell sich zum all einigen Exempel vor Augen einen oder andern Martialistischen Humoristen welches Tyranney so tieff in seinem Gemüte als die Grausamkeit auß seinem Gesicht vnd Physiognomi scheinet / welche weder durch die Natur noch gute Policey / noch LandesObrigkeit gezwungen auch durch das scharffe Kriegsrecht welches nicht zweymal sündigen lassen will / noch durch die severitet vnnd schärffe deren Officieri kan noch mag geändert oder gemässigt werden / ja auch solche Gemüter welche die Götter selbst nicht mürbe wie man Sprichworts weisse redet / oder züchtig vnnd fromb durch Verhängung vieler vnglücklichen Zufälle machen können / dieselbigen sage ich so bald sie Cupidinis bediente werden / lernen sie sich nach solches jhres Generals Humor gar leichtlich reguliren deß Martis aber hindansetzen / welchs alleinig von Penetrirender Bewegung der geliebten Person in allem müglichst zugefallen herrühret / Exempla dessen werden nicht ermangeln / oder dieses Orts desiderirt, Sintemal einige Person in der gantzen Welt nicht seyn wird / die sey so gering als sie jmmer wolle / auch vnter Taglohnenden vnd Bettlerischen Zünfften / welche darinne nicht Beyfall wird geben oder es an jhr selbst erfahren zu haben nit wird bezeugen müssen / solches aber wird geredet von Adelichen / Ehrlich- vnd Ehrliebenden Frawenzimmer nicht andern verdächtigen offentlich gemeinen SchandWeibern verstanden / welche ohne zweiffel manchen humoristischen Mann zur Desperirenden Verzweifflung fördern / wie es dißfalls abermals an leidigen Exempeln nicht ermangelt.

   Also hatte solches auch vnsern benambten Schäfer Leoriandro betretten / dann darvor gehalten wird / daß wann er nicht von Jugend auff bey Frawenzimmer vnd denenselben bedienet zu sein aufferzogen worden / er nimmermehr zu solchen zwar vnvollkommenen Perfectionen vieler Heroischen Tugenden vnd Erfahrungen gekommen were / darzu jhme die Außländische Peregrinationes sonderbahre Gutthaten gethan / sich auch annoch was zu vffnehmung seiner Tugend vnd Ehre gereichet vnd darzu die wenigste Anleitung gibt befleissiget / in deme nun hatte er bey seiner zwar seltenen vnd wenig tawrenten Anwesenheit vff vorbenambter Schäferey viel Liebes vnd Lobes von vnser Jungen Schäfer Tochter Perelinen vnd deren sonderbahren Schönheit mit Anverleibten Tugenden Frömmigkeit vnd Sitzsamkeit sich vorbringen lassen / welches auch vmb soviel mehr Rumorirte, weil hohe StandsPersonen sich jhrer Schönheit also wie angeregt angenommen / dannenhero jederman vmb dero Gelegenheit wissen wollen / gleichmässige Begierdte bekam vnser Schäfer sie nur einsmals zusehen / aber das Glück war jhm so widerig / daß nicht allein geraume Zeit sondern mehr als Jahr vnd Tag hingiengen ehe er sie zu sehen bekommen konnte / worzu zwar seine offtere Abwesenheit etwas mit Vrsach / vnter deß er dannoch eine sonderbar affectionirte Freundschafft vff sie geworffen / vnd in seinem Gemüth befunden / Sintemal er vor vnmüglich hielte / daß etwas Arges darhinder seyn köndte / nach langverflossener Zeit vnnd großgehabter Gedult / wird er bey dem Gottesdienst einer schönen Dama gewar / sihet darbey etlich jhm von jhr durch andere beschriebene Eigenschafften / so weit er an solchem heiligen Orte vnd vor der Anzahl deß Volcks vnnd ferne es erkennen kondte / schöpffte darbey die Gedancken / daß die es seyn würde / nach welcher er so hertzlich gewündschet / so die vnvergleichliche Schönheit vnd sein gerührtes Hertz jhme vergewissern wolte / wurde aber nach geendeten Ceremonien in der Nachfrage dessen gäntzlich versichert / vnd alles Zweiffels benommen.

   Solch einiges Anschawen hatte bey dem Schäfer dergleichen jämmerliche Bewegungen verursachet / daß er alsbald bey sich bedacht / wie ers dann bald darauff an Tag geben / würde er dieser Dama nicht vffwarten / so handelte er wider die natürliche Schuldigkeit / wider die Gebür / vnd wider seine jederzeit im Sinn tragende Tugend / dannenhero beschlossen / keine Gelegenheit vorbey gehen zu lassen / Jhr seine Schuldigkeit vnd Gebür zu erweissen / keine andere Gelegenheit aber ware zu überkommen Sie zu sehen / vnd dardurch sein Liebes Leiden in etwas zu stillen / als deß Gottesdiensts desto fleissiger als sonst nicht geschahe abzuwarten / daß doch so übel geriethe / daß auch die wenigste mal beyde Personen zugleich gegenwärtig waren / andere Gelegenheiten blieben jhme gantz abgeschnidten / da er doch auff viel hunderterley Manier vnd Wege es versuchte / gleichwol dabey die stille Behutsamkeit beliebte / damit er seiner Liebsten dardurch ja keine Beschwerung machen / vnd durch Importunität mehr Vngnad als Gnade verdienen / zuvor auch gerne / ob sie in jemand anders verliebt / dann es an Auffwartern nicht ermangelte / erfahren / auch da er übel anlauffen solte / durch das gemeine ohne dem selbiger Orten sehr vngezäumbte Volck nicht zu Schimpff vnd Hohn / zumal als ein Außländer / gerahten möchte / es hat auch der gute Schäfer aller dieser Vorsichtigkeit vnd deren noch mehr wol bedürfft / wie nachgehends zu vernehmen seyn wird / Er verbrachte hierüber geraume Zeit seines Lebens / in grosser Gedult / enthielte sich mit hindansetzung anderer seiner Wolfahrt an diesem Orte länger als er sonst gethan / jmmer einsam / vnd erwartete glücklicher Gelegenheit / darzu mehr Vrsach ware / daß die Schäferin fast niemals auß / oder auffs Feld kame / Sondern vnter dem Schutz jhrer Eltern stätig zu Hause seyn pflegte / so der Schäfer vor eine sonderbahre Jungfräwliche Tugend vnd Zucht der Stille vnd Sitsamkeit jhr beymaß vnnd zulegte / Von dieser Zeit fieng er an Jhr fleissig auffzuwarten / vnd bey Tag vnd Nacht Mittel zu suchen seine Liebe Jhr inn etwas zu entdecken / darbey / weil er sich vnd diese gantze Sache einigen Menschen zu vertrawen / sonderbares Bedencken truge / Jhr vnd der Jhrigen Zustand / Haußhaltung / vnd ob etwas verdächtiges mit vnterlauffen wolte / zu erkundigen wenig Mittel hatte / einsmals begab sichs / daß Sie jhm auff offentlicher Strassen gantz vnversehens auffstiesse / woselbst er Jhr nebenst angethaner gebürenden Riuerenza vnnd hertzlichen Gruß / mit wenig zerstümmelten Worten / welche er über sehr vrplötzlich empfangene Frewd vnd Schrecken zusam bringen kondte / im fortgehen seine Lieb vnd Trew auch darob habendes schmertzliches von Tag zu Tag zunehmendes Leiden entdeckte / Welches Sie mit anders nichts / als einem Danckgrusse vnd entfärbten von auffgetrettener Schamhafftigkeit herrührende Angesicht beantwortete. Der Schäfer hierab gute Hoffnung / befleissigte sich der Auffwartung solcher Schäferin mehr als vorhin / darzu das in jhm wachsende LiebesFewer stätige Anregung thäte / kein Tag vnnd keine Nacht kondte vergehen / da er Jhr zu gefallen nicht vielmal gienge / vnd wann er Sie nicht sahe / wie dann gantz selten geschahe / er sich contentirte Jhre Wohnung zu ersehen / vnd seine verliebte Gedancken darbey zu haben / Lächerlich were es / wanns nicht von Lieben herrührete / daß der Schäfer zu letzt erzehlte / wie er offters deß Tages zu oberst seiner Wohnung / welche zimlich hoch / auch in den nächst daran stossenden Garten / der an einer Leiten gelegen / zu höchst auff die Bäume gestiegen / vnd sich gesetzt / dardurch er Jhrer Wohnung gewar werden / vnd sich in etwas beruhigen mögen / was hierbey der getrewe Liebhaber vor jnnerliches nagend vnd verzehrend Leiden gehabt haben muß / kan ein jeder Mensch / zumal welcher nur was wenigs in dergleichen Hospital gelegen / vnschwer in meisten ermessen / darvon diß Orts besser zu schweigen / als wenig Vnvollkommenheit zu gedencken / räthlich seyn will.

   Diesen veränderlichen Zustand nun deß Schäfers ware vnmüglich inn die länge verborgen zu halten / daß es in gemein nit gemerckt oder ruchtbar werden solte / dann die gar zu viele seiner Gewonheit sonst zu wider gepflogene Gemeinschafft der geringern Leute vnd heimbsuchung derselben die Anwesenheit auff den Wochenmarckten / die in Zeiten inn gemeiner Gesellschafft besuchende Wirthshäuser / die darbey vnd sonst verübende Spiel vnd Kurtzweil / die lang aneinander wärende Anwesenheit alda mit hindansetzung wichtiger seiner Verrichtung vnd dergleichen mehr Begebenheiten / welche seinem vorigen Stilo zuwider lieffen / gabe Nachdencken vnd Abmerckung dessen gnug / vnd ohne dem jederman selbiges Ortes ein genawes sonderbahres Auffsehen auff vnsern Schäfer vnd sein Thun / welches jhm zwar nicht zu entgegen / vnd er deßwegen wol den edlen Römischen Drusii durchlochrichtet vnd allenthalben offenes Hauß oder eines dergleichen jhme wüntschen möchte / sein Thun vnd Vorhaben jederman sehen zu lassen / jedoch wolte er die dinge welche Herrndienste vnnd andere Wichtigkeiten betreffen auch welche Ergernuß oder den Mordbüssigen Momi üblen deutung vnterworffen würde / oder worauß was gefährliches vnnd verfängliches entstehen könnte / gerne heimblich gehalten haben / diese action nun verdruckte / läugnete / entäuserte er sich vffs allermüglichste vnd solches vieler Vrsachen halben / darunter nicht die wenigste / daß er die geringste gewogenheit der Schäferin gegen jhme nicht spüren konnte / vnd in befahrung stunde er auff einen Schimpff lauffen möchte / aber die so vnterschiedliche Corrivales vnd Mithuler hatten so genaw achtung drauff / daß er vnter den gemeinen Mann rumorirte, dannenhero nicht wol müglich war es zu hinterziehen / hierauff vnd weil solche jhre anderweite Auffwarter auch vornehme Leute / theils mit Verwandschafft jhr / noch mehr jhren Eltern zugethan / derselben nahe vnnd an der Seiten wohnhafft gesessen / so täglichen ja stündlichen früh vnnd spatten freyen Ab- vnd Zugang / dannenhero jhr vnnd jhren Eltern durch anreitzung deß Eyfergeists er der Schäfer möchte verkleinert verschimpfft vnnd verhast gemacht zu werden nichts erwünden lassen würden / vnschwer erachtete / Resolvirte sich der Schäfer annoch durch stumme Dienste vnd durch solche Mittel als die andern nicht konnten bey der Dama sich beliebt zu machen / vnd dermal eines das zu Exerciren was bey jüngern Jahren er Experimentirt, welches jhme die andern so wegen Vnwissenheit als mangel der Spesen nachzuthun vnterlassen musten / dardurch sich an solchen Corrivalen vnd jhrer momischen verübungen / jedoch auffs vnvermerckteste zu rächen vnd sich beliebt zu machen / Fieng derwegen allerhand offentliche Exercitia an / mit Reitten / Fechten / Tantzen / Schiessen / Fannenschwingen / Picq werffen / ja auch seine Tapfferkeit durch offentliche scharffe Duell zu erweisen / vnter andern ein Costbar mit eygner Hand verfertigt Peribologisch FewerwerckSpieln / dardurch seine Gegenpart / doch vnvermerckt blöd zu machen / andere Exercitia, worunter der Ballon vnd Ball mit der Racquett blieben jhme wegen mangelnder Gesellschafft vnn Gelegenheit verbotten / darbey übte er sich in freyen Künsten / suchte seine Studenticosische Bücher wider mit zur Hand / fieng an sich auff der lange Jahr an der Wand gehängten Lauten wider zu üben / hielt vnterschiedliche Panquet vnd Conversationes, Exercirte sich darbey in Trinciren, trug sich Politt vnd Nett / hielte sich vntadelichen Politischen Wandels vnd Lebens an seiner Person / gesinde vnd Hofhaltung / vnd in Summa / er thäte alles das / was einem Cavalier wol anstehet / vnd deme zur Vollkommenheit fördern vnd bey aller Welt beliebt machen solte / Hiemit verhofft er einen guten Grund zu legen / vnd andern vorzukommen / Solche Einbildung wirckte so viel / daß er dardurch vnn durch seine darbey leidende passiones sich persuadirte, seine obtragende action auff ein andere Manier zu tractiren anzugehen / nemlich der Dama sich offentlich zu ergeben / sein schweres Anligen Jhr zu entdecken / vor Jhren getrewesten Knecht sich bestellen zu lassen / vnd der hülfflichen darreichung zu gewarten / jhrer Eltern vnd nächster Anverwandten / Freundschafft vnd Huld auffs fleissigste zu ersuchen / nach möglichkeit bedient seyn / vnd also einen deß Schäfers Natur gantz widerwärtigen Weg anzugehen: Wie er sichs vorgenommen / so setzt er es vnverzüglichen / jedoch mit etwas vorsorglicher Bescheidenheit / weil es einer vermessenen Thumbkünheit sehr ehnlich / vnn der erfolgente Außgang gantz vngewiß / ins Werck / aber leider wolgemeynt / vnd übel gerahten / Dann nicht allein keine audienza vorhanden / sondern auch das / so der Schäfer zu Lieb zu thun vermeynete / ward alles in einen bittern Haß / vnd vielmehr zur Verstoß: als Auffnehmung / vnd tödtlichen Neidt bey der Dama gewendet vnd gedeutet / da sie sich noch vorhin zu Zeiten sehen lassen / vnd freundlich gestellet / da ward jetzo anders nichts als ein vnfreundlich Gemüth / verspüret auch / daß Sie sich / so viel jmmer müglich / vor dem Schäfer verborgen hielte / ja er hatte noch Zeit seiner gäntzlichen Lebetage nit zehen Worte insgesampt mit Jhr geredet / darbey aller Behutsamkeit also sich befliessen / daß Sie mit recht über jhn nicht zu klagen gehabt hätte / wanns nicht jhre vest gefasste Resolution jhme zuwider vnd feind zu seyn / verursacht / mit was für Andacht er Jhr dienete / vnd wie er Jhr vnd allen den Jhrigen dienstlich vnd gefallen zu seyn / sich bearbeitete / ist nicht zu beschreiben / den hierob empfindenten Schmertzen eines getrewen Gemüts / zumal solcher Condition, wie die seinige / ist bey jedermänniglich leicht zu ermessen.

   Solche widerwertige Anstosse achtete er seiner Ehren sehr nachtheilig / bey Jederman verächtlich vnd in Warheit empfindlicher als den Todt / jhm vervrsachts tausendfältige Gedancken vnd Vrsachen vnter andern / ob sie von jhm vnwissend beleidigt / seine Qualitäten vnd Person jhr zu verächtlich / ob sie von andern zu sehr eingenommen vnd demselben zu innbrünstig Liebe / ob sie vor jhren Eltern vnnd damals an der Seiten gesessenen Verwandten sich nichts mercken lassen dörffte / ob sie vor jhme sich schewete / oder es von andern Corrivaln also künstlich angestellet vnd diese Com&brkbar;dia oder vielmehr Trag&brkbar;dia mit dem Armen verliebten so wol gespielet würde / mit was vor Bestörtzung Hertzens Angst vnnd Trawrigkeit er umbfangen / hat der betrübte Außgang erwiesen / denn er in solche Schwermütigkeit drüber geriethe / daß er zum öfftern sich resolvirte mit gewapneter Hand hinzu lauffen vnd mit gewalt die Vrsach seiner Verstossung zu erfahren / bald vermaß er sich bey Verlust seines Lebens solchen Schimpff zu vindiciren vnd zu rechnen / deßwegen durch seine eygene Hand die verhinderer vnd die vnzeitigen Corrivaln vnd Mitbuler ingesampt auß den weg zu räumen / bald darauff gerieth er in eine schwere Kranckheit / die dazu gebrauchten Medici / Apothecker vnd Feldscherer erkandten bey Anwendung jhres fleisses / vnd das jhnen von seinen bedienten was darvon gesagt / oder sie sonst von dem gemeinen Mann wissend worden / gar bald von was vor Melancholi solcher Zufall käme / vnd in dem sie sich sehr befleissigten den Patienten zur Gesundheit zu restituiren, erachteten sie das vornembste Mittel zu seyn / die Wurtzel solcher tragenden gefährlichen Frucht entweder gantz zu Extirpiren vnd auszurotten / oder doch also zu behawen vnd zu verstocken / daß sie so leichtlich keine Begrünung geschweigende so tödtliche Frucht überkommen vnd tragen könne / solches nun ins Werck zu setzen / adplicirten sie den sehr Krancken Patienten dienliche vnnd köstliche Medicamenta, weil aber das vornembste vnter solchen ware / der Melancholischen Gedancken zumal wegen seiner liebsten sich zu entschlagen / könnte noch wolte er sich darein gantz nicht finden / vielweniger darzu auch mit auffsetzung seines Lebenslauffs verstehen oder drein willigen. Jndessen kamen viel seiner Bekannten vnnd Benachtbarten jhm heimbzusuchen / welche alle jhr Gutduncken wie zu geschehen pflegt einer diesen der andere einen andern Rath vnnd jeder fast absonderlich jhme adhibirten, die doch alle dahin zielten / mit fassung eines frischen Hertzens vnd Hervorsuchung jederzeit getragenen Heroischen Gemüts die Weibliche vnd doch verzweifflente Kleinmütigkeit hindanzusetzen / ob jhm nun wol diesen Zweck zu ergreiffen vnmüglich dauchte / vnnd er lieber in verliebter Trew sterben / als in verächtlicher Schandbarkeit (wie er darvor hielte) leben solle / so giengen jhme doch tieff zu Hertzen die Reden so er über seine Liebste von fast jederman außgiesend wider seinen willen hören muste / ob er wol die anwesenden betrohete es eingestellet zu lassen / mit Anzeigung sie es dadurch nicht besser sondern nur ärger bey jhme vnnd mehrer Nachdencken was darunter müglich vnd nit were verursacht machten / so behielt er doch wie kranckes vnd schwaches Sinnes er auch war meiste bey sich vnnd zohe alles inn scharpffes Nachdencken / er wuste hernach noch dieses zu erzehlen / welcher gestalt einer geringern Geschlechts vorgeben / daß sie die geliebte Schäferin so heimblich sie sich stellete / auch eben so heimbdückisch were / vnd wie der Schäfer selbst sehe würde sie von vielen Jungengesellen bedienet / vnd das von Jugend auff / da sie noch schöner gewesen / als sie jetzt ist / dannenhero auch der Löffeley desto besser gewohnt were vnd selbige zu verbergen wüste.

   Der andere dorffte vorgeben / es were die Löffeley jhre Art vnd sonder zweiffel von den jhrigen vnd jhren verstorbenen Stieffschwestern jhr angeerbet / dann sie gleich wie dieselbigen der Löffeley ergeben / vor diesen hätten sie wackere Jungegesellen zu jhren Knechten vnnd Dienstbotten gehabt / welche in guten Credit gestanden / vor allen dinger weren den Martis Gesellen oder Soldaten sie vnnd die jhrigen hochgeneigt / wer wissen solte was bey hoher Personen Anwesenheit / daß durch jhre bediente vorgangen der würde viel zu sagen haben / nach dem hätten andere Soldaten es zu vnterschiedlichen malen vnd bey jhrer langen Anwesenheit nicht schlimmer gehabt.

   Der dritte wuste zu erzehlen / welcher gestalt bey zu gar kostbarer Gastfreyheit viel Nachdenckens gebe / dann es darbey nicht allemal so ordentlich zugienge / als es sonst wol das Ansehen / weil zumal jhr Beruff gar nicht were Wirthschafft zutreiben / dann da nehme bey erhitzten Leibe der Trunck den Kopff bald ein / hernach legen den Eltern / Tochter vnnd Frembde / auch wol schalckhafftige arge Leute in einer Kammer vnverschlossen / bey solchen vnd andern Wirtschafften vnnd Bierschencken gieng es vppig vnd leichtfertig her / das auch wol andere Gemüter könnten verführet werden / es hiese Gelegenheit machet Diebe / vnd wer bald was erschnapt vnd ertapt auch darüber verschertzt vnnd verlohren / welches leichtlich nicht wider zu bringen.

   Der vierdte wuste zu erzehlen was vor Liebhaber da gewesen so Außländische als Einheimische / darunter etliche zumal der Einheimischen er vor sehr verdächtig hielte jetzo eben weren deren noch / mehr nicht als vier Einheimische verhanden / alles vornehme Gelehrte vnd Druiden Geschlechts / welche sich selbiger Lands Art nach zu verheyrathen pflegen.

   Fünfftens fanden sich zwey Cameraden welche sich sonst viel bey den jetzo krancken Schäfer enthielten / vielmehr aber kurtzweil vertreibenter Zeit vnd Schalckheit als anderer Gemeinschafft halben / die gebrauten sich jhrer mehr / als sonsten gewönlicher Freyheit / wolten dem Krancken also zusprechen: Was nehmet jhr doch dieses dings euch so ängstiglich an / es were gnug wann sie dessen würdig / vnd sonst keine schöne WeibsPerson in der Welt were / geschweigende sonst schöne Jungfrawen / dann was andern an Schönheit vnd Freundligkeit mangelt (so jhr euch doch grosser Freundligkeit diß Orts noch nit zu rühmen) das ersetzt bey selbigen Jhre Jungfräwliche Ehre vor fünft Jahren allbereit waren wir mit Jhr auff einer Hochzeit / damals war Sie lustiger vnd freundlicher gegen Andere / als Sie jetzt gegen euch / wir kamen einmals in Jhre Kammer / da lag Sie nackend im Betthe / wir legten vns zu Jhr / einer hinder- der Ander vorwarts / vnd sagten darbey noch mehr / welches der Feder mit wissendlichem Stillschweigen zu übergehen anbefohlen bleibt.

   Hierauff entrüstete sich der Schäfer über diese zween / inner- vnnd äusserlich so hefftig / daß / wie er es gegen die andern soviel müglich vnvermerckt vnnd jhme vnangehend ja der Schäferin vnd jhme groß vnrecht darbey anthuende entschuldiget / dannoch über diese beyde so erzürnet wurde / daß er lieber zum Rapier gegrieffen vnd sie damit beantwortet / dafern es die Lagerhaffte grosse Mattigkeit zulassen können / er erhobe sich dannoch in Betth / voller Zorn sagende: Wolten die Götter ich solte euch ewern mir jetzt leistenten Dienst belohnen / er solte dessen Werth gemäß seyn / jhr schandbaren Lästermäuler / welche euren ärgerlichen verfluchten Lebenswandel gemäß vnd jhr dardurch ewre verdamliche Nahrung suchet / dann thut jhr das an solchen vnbescholtenen züchtigen EhrenLeuten was wolt jhr mir oder andern WeltKindern thun / ich wolte lieber deß Todtes seyn als daß die Schäferin solches jetzo erfahren solte / ob sie mich gleich gantz nichts als ins gemein alles Frawenzimmer angehet / von welchen ich solches in gemein reden zu hören nimmermehr erleiden kan / ja wanns auch schon were / das doch nicht seyn kan / so soltet jhr es nicht sagen / zumal meines Orts der jhr durch solche Vnbillichkeit meinen Schmertzen vermehret / weiß auch nicht was euch vor Noth oder Liebe angehet / mir solches bey meiner Heimbsuchung vor zu sagen / inn Warheit ich sehe darauß daß jhr Lust meine Beschwerungen zu vermehren / nit aber mich zu beruhigen / vor Mattigkeit vnnd Zorn gab er zu verstehen daß er nicht mehr reden konnte wie er wol gewolt / kehrete derhalben das Gesicht von jhnen / darauff entschlossen sie sich darvon zu gehen vnnd bey wüntschung guter Gesundheit sagten sie doch halb hohnlächlend darbey / sie verhofften der Zeit noch wol zu erleben / daß an Tag kommen würde sie die Warheit gesagt hätten / vnd jhnen diese üble Anlassung vom Schäfer wider abgebeten werden würde.

   Der Krancke sich allein sehende / nam alles tieff vnd wol zu Hertzen / was vnterschiedliche seine Bekandte jhm vorgebracht / mit Erinnerung / was sonst vorgelauffen seyn möchte / das sie nicht wusten / auch andere Leute Wissenschafft hätten / die mit jhme nicht bekandt wären / resolvirte sich darbey / den Sachen besser nachzukundschafften / darzu aber müste ein Muth geschöpfft werden / wordurch die Gesundheit sich bald finden würde / denn gedachte er / verhält sichs also / wie vornehme Leute darvon reden / vnd ich will mich nicht warnen lassen / so wird der Schimpff grösser seyn / als der Schaden / wann er auch gleich mein Leben betreffe / Bald fiel jhm wider ein die Physiognomi, darauß man viel zu judiciren pflegte / vnd dann die Sitsamkeit der Dama, sagte gantz ein anders / das vnmüglich waar zu seyn were / was jhme zu Ohren gebracht worden / Er wolte derowegen Sie standhafftig lieben / vnd hoffte mit der Zeit vnd Gedult gewisser / jedoch ehrlicher vnd Jungfräwlicher reciprocirlichen GegenLiebe / daß Sie sich bißhero nicht darzu bequemen wollen / kan sonder zweiffel seyn / daß Sie jhre Tugend so hoch halte / als ich die meinige / vnd diß falls jhre haltende Reputation observirt, doch fiel jhm darbey im weitern Nachdencken / wider ein / daß bey Jhr nicht die hochhaltung jhrer Tugend vnd Reputation allein Vrsach seiner Verachtung / sondern daß vielmehr ein heimlicher Haß vnd jnnerliche Feindschafft / welche sich blicken liesse / da seyn müste / abnemende / daß sie gantz keine freundliche Ader / geschweigende Anblick erscheinen liesse / sich auch jederzeit vor jhm verbörge / oder aber / da er Sie schon bey dero schönen Hand hielte / dennoch sich loß machte / vnd darvon lieffe / worbey jhme dann einfiele / daß es nichts Newes noch vngehörtes / daß schöne Adeliche Damas von Praven Tugendhafften Cavalliern jnnbrünstig geliebet / auch wol theils zu dem Sacrament der Ehe zu gelangen / ersucht andere geraume Zeit in solchem Stande mit jhrem Cavalier gelebet / dennoch sich resolviret, solche zu deseriren, vnd an andere Vnadeliche übelconditionirte Personen / ja wol Bucklichte Krüppel sich zu hencken / vnd mit denselben / hindangesetzt Ehelicher Pflicht / in vnbekandte Fremmde zu begeben / Also es die Parangonirliche Gleichheit diß Ort zu geben / fast nicht vnehnlich scheinen wolte: Mit solchen vnd andern vielen Gedancken wurde der Schäfer hin vnd wider getrieben / geängstigt vnd zweiffelhafftig gemacht / keinen Schlüssel findente / denn einstheils war seine affection so tieff vnn vest gegründet / daß vnmüglich von einigen der hefftigsten stürmenden Westwinden solchen Baw im wenigsten zu bewegen / geschweigende vmbzustossen / Anders theils kam jhm doch vor die hohe Verachtung / so bey Jedermänniglich von so vergeblicher Auffwartung vnd hohnhafftigen hindansetzung er darvon tragen würde / welches / so seiner Ehre als seinem Gemüthe zu nahe getretten / vnnd dannenhero beschwerlich seyn wolte / Jn deme so kam eine WeibsPerson den Schäfer zu besuchen / welche / weil sie jhm bekandt vnd bedient war / er bald vor sich kommen liesse / vnd vnter andern discoursen Vrsachen nahm / nach der Schäferin Zustand in etwas zu fragen / vnd das vmb so viel mehr / jedoch heimlich / weil sie der Schäferin mit Gevatterlicher Freundschafft in etwas verwandt ware / darbey auch vertrawlich / von jhr zu vernehmen / was sie seiner Liebe halben darvon hielte / vnd ob er sich etwas gutes zu versehen? Darauff selbige WeibsPerson zur Antwort gabe: Sie hielte sich nicht viel bey der Schäferin vnd den jhrigen auff / hätte auch niemals etwas vom Schäfer vernehmen können / weder böses noch gutes / das wüste sie wol / daß viel Andere Jhr auffwarteten / vnd solches nicht heimlich / sondern offentlich vnd vngeschewet bey Jhr ab- vnd zugiengen / die müsten sonder zweiffel bessere genügen darbey haben / als ein anderer / sonst würden sie wol darvon bleiben / köndte demnach darvor halten / daß vor den krancken Schäfer schlechte Hoffnung diß Orts übrig seyn würde: Nach Abscheidung dieses Weibs gienge deß Schäfers lamentirliches Zagen vnd Klagen wider an / mit stättigen Seufftzen / ängstigen / Händewinden / vnd endlich diesen Worten: Jch finde / sagte er / das Sprichwort allzuwaar / vnnd zu mal an mir / Daß Kunst nach Brodte / vnd Tugend nach Verachtung gehe / man sehe doch meinen Zustand / vnd Anderer Vntugend an / noch dennoch muß die prævalliern, auch mit auffopfferung meines Lebens liebe ich / da andere die empfangende Gutthaten von der Geliebten Schönheit wol verächtlich mißbrauchen / denn Gelegenheit macht Diebe / vnn gar zuviel Gemeinschaft macht verachtung / Gerahtet nun die so sie bedienen / bey jhnen in verachtung / Ach worein soll ich armer gerahten / in Waarheit werde ich den Spott zum Schaden haben / Nun patienza, bin ich darzu prædestiniret vnd geboren / so kan ich dem Fato nicht widerstehen / noch das herumblauffende GlücksRad in seinem Lauffe auffhalten / Jch habe nun so schöne Zeit vergebens zugebracht / alle meine Wolfahrt darbey mercklich hindansetzende / Wolan / es muß ein Hertz gefast / vnd die Vernunfft mit zu Rath gezogen werden / die wird mir in reifflichen nachsinnen dieses lehren / daß ich der Gedult in meinem Hertzen noch ferner Raum geben / vnd das übrige der Zeit / als Rächerin aller dinge / vnter den getrewen Schutz der Göttin Veneris heimgeben solle / ists also wie mir vorgebracht / beschaffen / das doch aller Vernunfft gantz zuwider laufft / so vermeynen es die Götter noch trewlich vnd gut mit mir / damit dem Sprichwort nach: Der letzte Betrug nicht ärger werde als der Erste / vnd kan sich solches lange Zeit nicht verborgen halten / Es wird außbrechen / dörffte sodann das eben die Artzney seyn mich zu curiren / welches biß anhero die Vrsach meiner hertzlichen Leiden gewesen / Jch will mir so viel müglich Muth machen / vnd die tieffe Considerationes in etwas auff die Seiten schieben / vnd mit der Zeit der Verenderung erwarten / vnter deme dannoch Sie die Schäferin als meine Alleinige Vergnügenheit trewlich lieben / obs gleich ohne einige Vergeltung / ja auch zu meiner Verachtung / welche doch in solchen Fällen nicht statt hat / geschehen / vnn mir zu Eifern Anlaß gegeben werden wolte / Sintemal der Mantel hertzlicher Liebe mit dem Hut der vernünfftigen Bescheidenheit alles bedecken thut.

   Alsbald deß andern Morgens nam der Krancke Schäfer was von Cordialischen Stärckungen zu sich / legte seinen Habit an vnd fieng an herumb zu spatzieren / liesse jhm vnterschiedliche Kurtzweil zumal mit Musicalischen Jnstrumenten anstellen / wordurch er soviel als jmmermügliche Mittel suchte der Melancholischen Gedancken sich zu entschlagen / vnd die tieff in sich vnd in sinn gesenckte Pensieri zuverliehren. Es ware eben vmb die Paschalische Zeit deß Frülings darinne von Tag zu Tag gleich wie der Erdboden inn lebendigwertender Kraft zunimbt / also auch die Natur an jhr selbst mit denen zugeordneten kostbarn Medicamentis desto stärcker würckete vnd dardurch der Schäfer über verhoffen bald restituirt wurde.

   Bey solchen ergehen fügten sich deß Gottes Martis verzehrende Kriegsstrahlen abermals von zweyen Partheyen vnsern geliebten Vatterlande vnd gelobten Englischen Provintzen sehr nahe ja leiter also / daß in kurtzen Tagen recht in der Schoß dieser vnser Mutter sassen vnnd dardurch aller derselben Glieder sich anfänglich bemächtigten / hernach auch von denenselben also zu zehren anfiengen daß endlich weder Geblüt inn Adern noch Marck in Beinen bliebe / sondern alles verheert vnd verstört wurde / welches nicht gnugsamm zu beweinen were / wofern darauß nicht noch ein der allergrösten vnwiderbringlichen Vnglücks entsprossen / wie in kurtzen zu vernehmen seyn wird.
 
 
 
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