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Die verwüstete vnd verödete Schäferey
1642

 


 






 




[Teil 6]



   Also wurden diese Personen getrennet welches sonst fast vor vnmüglich vngeacht verursachter Strittigkeiten gehalten / diese falsche Thränen aber giengen vnserm Schäfer auffs newe wider tieffer zu Hertzen als zu vermuthen / vnter deß warde durch diesen Vnfall erst recht vnsere Schäferey zur verödeten Wüsteney gemachet / denn ob gleich wie zu mehrmaln erzehlt worden solche hiebevor zu zeiten mit Raub zu zeiten mit Brand / zu zeiten mit andern Plünderungen vnd sonst Schändungen vervnehret vnd verödet worden / so war es doch anjetzo erst das aller ärgste vnd dardurch das Haupt verlierend alle Glieder verzagt matt vnd träg worden / daß wirs nicht vnbillich vnsere verödete Schäferey so wol als den allzugetrewen dannoch den betrogenen Schäfer sie aber die vngetrewe Schäferin nennen mögen / vnd können. Hierbey das Vnglück vnnd die Verfolgung so groß war daß der Schäfer in schwerer Gefängnuß lange Zeit gehalten wurde / daß auch die Wintertage wider herbey zu nahen begunten / vnter deß war jhm dannoch vnmüglich seiner Schäferin gäntzlich zu vergessen / sondern er hatte jhrer noch starcke Andencken / sie hingegen ließ jhm die so gar lange Zeit nit ein einigen Gruß zu entbieten geschweigende sonst ein einig Wort jhres Zustandes zu wissen machen / dardurch deß Schäfers billicher Eyfer vnd Meynung über jhre meineydige Trewlosigkeit desto mehr gestercket wurde / gleichwol bliebe er nach als vor darbey jhrer Vntrew oder Trew ferner vngeacht wolte er seine zweyfache bey sich befindente Schuldigkeit jhr in Würckligkeit erweisen vnd darthun. Bey solchen müssigen Tagen wurde das Andencken vnd erinnern deß Verlauffs dieses Handels desto stärcker / daß er sich auch resolvirte solches alles in die Feder zugeben vnd auff Papier zu bringen / daher er mir den Concipisten einen Verlauff nach dem andern erzehlte vnd auffzusetzen begerte / in solchen errinnerenden Nachdencken entschlosse er sich annochmals vest vnn steiff jhr wo müglich nimmermehr zu gedencken / jhres leichtfertigen Thuns sie warten zu lassen / dannoch das zu Effectuiren so er sich freywillig vernehmen lassen vnnd in zweyen Stücken bestehen solte / sintemal er dabey bliebe das Werck der grösten Tugenden an jhme selbst zu erweisen vnd Vntrew mit Trew böses mit guten zu belohnen jhre Trewlosigkeit auch das Gemüt seiner Tugend nit beschmälern noch beflecken solte inn dem er jhr nachahnete vnd durch solch Procediren seine Heroische Beständigkeit maculirte.

   Also bliebe Er so beständig als getrew in seiner redlichen Meynung liesse sich auch davon nichts weder zur Rechten noch Lincken wenden / vnd weil ich jhme gefänglich hinterlassend mich hinweg begeben muste so hatte ich fernere Gelegenheit nicht dieser Zeit jhme Gesellschafft zuleisten / in dem ich aber betewerend versprechen müssen / zum Andencken vnd seiner Ergetzung wie nicht weniger Rach über seiner vermeynten Liebsten Vntrew / daß er mir zu entwerffen an die Hand gegeben in eine Ordnung vnd den Druck zu bringen / so hab ich es hierbey verrichten wollen / mich aber entschuldigente daß ich den Edlen liebhabenden Schäfer vnd seiner guten Intention kein sattsamliches genügen thun können. Alldieweil ich jhre gestalt besser als die grösse vnd vnaußforschlichkeit jhrer verfluchten Vntrew habe beschreiben oder zu erkennen geben noch vor Augen stellen können / es möchte sich zwar begeben wollen daß vom Gegentheil vnser vngetrewen Schäferin vnsern Schäfer Vntrew zugemuthet vnnd er bescholten werden wolte massen den leichten Gemüthern deß Weiblichen Geschlechtes jhrer angebornen requisiten eines zu seyn pfleget sich dardurch zu beschönen / aber der redliche in etwas wenigs beschriebene Zustand vnsers Schäfers gibt viel ein anders zu erkennen / so stelle ich über das zu bedencken anheim / ob auß einem vntrewen Gemüthe vnd da der Person nicht geachtet wird dergleichen / zu verrichten Arbeit auff sich zu nemen vnd alles in so scharffer auffmerckung wie dieses geschehen gehalten werden könnte / herhalben es nicht inn blossen zumal Weiblichen als offtermals betrüglichen Worten sondern in frischer munterer vnn auffrechter That bestehet / ob schon nicht alles auff einmal zugleich würcklich Effectuirt werden kan.

   Hierbey ich nun Vrsach gewinne vnsern getrewen jedoch betrogenen Schäfer Leoriandern in feindlichen Handen vnd Hertzen vmbfangen verwarth vnd eingeschlossen / sitzen vnd der lieben Gedult vnd Andencken der Historischen Verfahrungen darbey vnsere vngetrewe Verrätherische Schäferin Perelina in die straffbare Rach der Götter übergeben vnd befohlen seyn zu lassen / mich aber gegen allermänniglich zu entschuldigen / daß auß einiger Passion oder Zunötigung ich weder denen hieherinne Interressirten Personen noch jemand anders zu nahe geredet oder getretten /sondern den vnpartheyischen Verlauff mir auffgetragener / erzehlter auch selbst bewuster massen zu entdecken gemeynt haben will / deßwegen ich dann bitte der gunsttragende Leser mich vnd meine Kriegsmannische Feder in seine angeborne Discretion anbefohlen seyn lassen wolle vnd werde.

   Zum Beschluß hab ich diesen auff solchen Statum Componirten Canzon nachgesetzt anfügen vnd dardurch die tragende schmertzliche Vntrew vnd Betrübnuß desto ehe vnd mehr zu vernehmen geben wollen.

1.

ACh Madama du vngetrewes Hertz /
   Wie hastu mich betrogen /
Nicht hätte vermeynt ohn allen Schmertz /
   Daß ich solt werden belogen /
Trew bin ich gewesen stäts / das kan ich mit der Waarheit sagen /
Aber weil du mich betrogn hast / so muß ich mich beklagen.

2.

Nunmehr in alle Ewigkeit /
   Ist solchs nicht zu vergessen /
Schimpff Hohn vnd Spott zu jederzeit /
   Hab ich in mich gefressen /
Nun das ichs nicht verschmertzen kan / GOtt wird dich schon drumb finden /
Straffen ohn alle Gnade schon / nach seinem Wort vnd Willen.

3.

Vntrew das gröste Laster ist /
   Welchs auff der Welt mag schweben /
So ich erfahr zu jeder frist /
   Jn meinem Hertzen eben /
letzund schrey ich mit Ach vnd Weh / ruff an die Götter mit Schmertzen /
Daß sie wolln mein groß vngemach / nemen einmal zu Hertzen.

4.

Ihr VenusHertzen allzumal.
   Hört an mein erbärmblich klagen /
Welches ich führe Nacht vnd Tag /
   Mag audh darwider nicht sagen /
Aber statt jhrer schönen Gestalt / muß idh mir lassen gefallen /
Die Trompeten vnd Paucken schall / mit jhren Metallischen klangen.

5.

Jetzunder ich nun küssen muß /
   Die Kugeln hart vnd runde /
Welches mir bringet groß vngemach /
   An statt jhres rothen Munde /
Daran ich muß Contentirt seyn / vnd mir lassen genügen /
Die Krieges Waffen manniefalt / die Gott Mars thut verführen.

6.

Jn meinen marchiren ängstiglich.
   Werd ich an sie gedencken /
Dieweil wir beyde vnser Lieb /
   Confirmirt mit Hertz vnd Händen /
Jetzunder ich sie Cassiren thue / nach jhren Verdienst reformiren,
Vnd jhr meneydige Vntrew / durdh die Liede referiren,

7.

Soll es denn Gottes wille seyn /
   Daß ich also muß sterben /
Vnd in deß Krieges Occasion,
   Auff Soldatisch Art verderben /
So tröst idh mich bins nicht allein / es widerfährt viel Cavalliren.
Wenn sie suchen jhre reputation, müssen sie sich dem Todt Præsentiren.

8.

Wann ich den so geblieben bin /
   Ritterlich vor meinem Feinde /
So kommen der Soldaten soviel /
   Vnd meine gute Freunde /
Richten mir zu ein schöne Ruhstatt / darinnen mein Cörper soll bleiben /
Ruhen biß an den jüngsten Tag / zu den ewigen Frewden.

9.

Nach Martialischer Solennitet,
   Vnd Soldaten Process darneben /
Mit einem praven starcken Troupp
   Wird man mir mein geleid geben /
Da wird man auch Prestiren thun / ein prave Salve darneben.
Vnd nach alter Soldaten Manier mein verdient Testimonium geben.

10.

Hiermit Adiou zu guter Nacht /
   Thue meiner darbey gedencken /
Auß hertzlicher Lieb vnd Courtesi,
   Thue keinen mehr so kräncken /
Wann du nicht weist was Vntrew ist / du wirst es wol erfahren /
Hiermit adiou zu guter Nacht / GOTT wolte dich bewahren.

ENDE.
 
 
 
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