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 T e f k i r    N a m e h.   

 B u c h    d e r    B e t r a c h t u n g e n.   
 

 
 
     

04,1
 
     
   

   Höre den Rath den die Leyer tönt;
Doch er nutzet nur wenn du fähig bist;
Das glücklichste Wort es wird verhöhnt
Wenn der Hörer ein Schiefohr ist.
 
 5   ,,Was tönt denn die Leyer?" sie tönet laut:
Die schönste das ist nicht die beste Braut,
Doch wenn wir dich unter uns zählen sollen,
So mußt du das Schönste, das Beste wollen.
 

     
04,1

04,2
Fünf Dinge.
 
     
 F ü n f    D i n g e.   

   Fünf Dinge bringen fünfe nicht hervor,
Du, dieser Lehre öffne du dein Ohr:
Der stolzen Brust wird Freundschaft nicht entsprossen.
Unhöflich sind der Niedrigkeit Genossen;
 5Ein Bösewicht gelangt zu keiner Größe;
Der Neidische erbarmt sich nicht der Blöße;
Der Lügner hofft vergeblich Treu' und Glauben;
Das halte fest und niemand laß dir's rauben.
 

     
04,2
Fünf Dinge.

04,3
Fünf andere.
 
     
 F ü n f    a n d e r e.   

Was verkürzt mir die Zeit?
   Thätigkeit!
Was macht sie unerträglich lang?
   Müssiggang!
 5Was bringt in Schulden?
   Harren und Dulden!
Was macht Gewinnen?
   Nicht lange besinnen!
Was bringt zu Ehren?
10   Sich wehren!
 

     
04,3
Fünf andere.

04,4
 
     
   

   Lieblich ist des Mädchens Blick der winket,
Trinkers Blick ist lieblich eh er trinket,
Gruß des Herren der befehlen konnte,
Sonnenschein im Herbst der dich besonnte.
 5Lieblicher als alles dieses habe
Stets vor Augen, wie sich kleiner Gabe
Dürft'ge Hand so hübsch entgegen dränget,
Zierlich dankbar was du reichst empfänget.
Welch ein Blick! ein Gruß! ein sprechend Streben!
10Schau es recht und du wirst immer geben.
 

     
04,4

04,5
 
     
   

   Und was im Pend-Nameh steht
Ist dir aus der Brust geschrieben:
Jeden dem du selber giebst
Wirst du wie dich selber lieben.
 5Reiche froh den Pfennig hin,
Häufe nicht ein Gold-Vermächtniß,
Eile freudig vorzuziehn
Gegenwart vor dem Gedächtniß.
 

     
04,5

04,6
 
     
   

   Reitest du bey e'nem Schmied vorbey,
Weißt nicht wann er dein Pferd beschlägt;
Siehst du eine Hütte im Felde frey,
Weißt nicht ob sie dir ein Liebchen hegt;
 5Einem Jüngling begegnest du schön und kühn,
Er überwindet dich künftig oder du ihn.
Am sichersten kannst du vom Rebstock sagen
Er werde für dich was Gutes tragen.
So bist du denn der Welt empfohlen,
10Das Uebrige will ich nicht wiederholen.
 

     
04,6

04,14
 
     
   

   Behandelt die Frauen mit Nachsicht!
Aus krummer Rippe ward sie erschaffen,
Gott konnte sie nicht ganz grade machen.
Willst du sie biegen, sie bricht.
 5Läßt du sie ruhig, sie wird noch krümmer,
Du guter Adam, was ist denn schlimmer? -
Behandelt die Frauen mit Nachsicht:
Es ist nicht gut daß euch eine Rippe bricht.
 

     
04,14

04,16
 
     
   

   Das Leben ist ein Gänsespiel:
Je mehr man vorwärts gehet,
Je früher kommt man an das Ziel,
Wo niemand gerne stehet.
 
 5   Man sagt die Gänse wären dumm,
O! glaubt mir nicht den Leuten:
Denn eine sieht einmal sich rum
Mich rückwärts zu bedeuten.
 
   Ganz anders ist's in dieser Welt
10Wo alles vorwärts drücket,
Wenn einer stolpert oder fällt
Keine Seele rückwärts blicket.
 

     
04,16

04,19
 
     
   

   Freygebiger wird betrogen,
Geizhafter ausgesogen,
Verständiger irrgeleitet,
Vernünftiger leer geweitet,
 5Der Harte wird umgangen,
Der Gimpel wird gefangen.
Beherrsche diese Lüge,
Betrogener betrüge!
 

     
04,19

04,20
 
     
   

   Wer befehlen kann wird loben
Und er wird auch wieder schelten,
Und das muß dir, treuer Diener,
Eines wie das andre gelten.
 
 5   Denn er lobt wohl das Geringe,
Schilt auch, wo er sollte loben,
Aber bleibst du guter Dinge
Wird er dich zuletzt erproben.
 
   Und so haltet's auch ihr Hohen
10Gegen Gott wie der Geringe,
Thut und leidet, wie sich's findet,
Bleibt nur immer guter Dinge.

An
Schach Sedschan
und
seines Gleichen.
 

     
04,20

04,21
 
     
   

   Durch allen Schall und Klang
Der Transoxanen
Erkühnt sich unser Sang
Auf deine Bahnen!
 5Uns ist für gar nichts bang,
In dir lebendig,
Dein Leben daure lang
Dein Reich beständig.
 

     
04,21

04,22
Höchste Gunst.
 
     
 H ö c h s t e    G u n s t.   

   Ungezähmt so wie ich war
Hab' ich einen Herrn gefunden,
Und gezähmt nach manchem Jahr
Eine Herrin auch gefunden.
 5Da sie Prüfung nicht gespart
Haben sie mich treu gefunden,
Und mit Sorgfalt mich bewahrt
Als den Schatz den sie gefunden.
Niemand diente zweyen Herrn
10Der dabey sein Glück gefunden;
Herr und Herrin sehn es gern
Daß sie beyde mich gefunden,
Und mir leuchtet Glück und Stern
Da ich beyde Sie gefunden.

Ferdusi
spricht.
 

     
04,22
Höchste Gunst.

04,23
 
     
   

   O Welt! wie schamlos und boshaft bist du!
Du nährst und erziehest und tödtest zugleich.

   Nur wer von Allah begünstiget ist,
Der nährt sich, erzieht sich, lebendig und reich.

 5   Was heißt denn Reichthum? - Eine wärmende Sonne,
Genießt sie der Bettler, wie wir sie genießen!
Es möge doch keinen der Reichen verdrießen
Des Bettlers, im Eigensinn, selige Wonne.
 

     
04,23

04,24
Dschelâl-eddîn Rumi
 
     
 D s c h e l â l - e d d î n    R u m i   

 s p r i c h t     

   Verweilst du in der Welt, sie flieht als Traum,
Du reisest, ein Geschick bestimmt den Raum,
Nicht Hitze, Kälte nicht vermagst du fest zu halten,
Und was dir blüht, sogleich wird es veralten.
 

     
04,24
Dschelâl-eddîn Rumi

04,25
Suleika
 
     
  S  u  l  e  i  k  a   

 s p r i c h t.     

   Der Spiegel sagt mir ich bin schön!
Ihr sagt: zu altern sey auch mein Geschick.
Vor Gott muß alles ewig stehn,
In mir liebt Ihn, für diesen Augenblick.
 

     
04,25
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