B  I  B  L  I  O  T  H  E  C  A    A  U  G  U  S  T  A  N  A
           
  Ludwig Christoph Heinrich Hölty
1748 - 1776
     
   


G e d i c h t e   d e s   J a h r e s   1 7 7 3

Textgrundlage:
Ludwig Christoph Heinrich Hölty
Sämtliche Werke.
Herausgegeben von Wilhelm Michel
Weimar 1914


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Der Trost (1773, nach W. Hettches Ausgabe, Göttingen 1998)
Minneglück (1773)
Minnelied (1773)
Der Anger (1773)
Maylied (1773)
Minnelied (1773)
Winterlied (1773)
Frauenlob (1773)
Maylied (1773)
Minnelied (1773)
[Die Gräber] (1773)
An J. M. Miller (1773)
Minnehuldigung (1773)
An den Mond (1773)
Minnelied (1773)
Maylied (1773)
Maylied (1773)
Vaterlandslied (1773)
Die Nachtigall (1773)
Die Nonne (1773)
An meine Freunde (1773)
An Voß (1773)
Die Laube (1773)
Die Liebe (1773)
An ein catholisches Mädchen, das am Frohnleichnamsfest ein Marienbild trug (1773)
Schnitterlied (1773)
Erndtelied (1773)
An einen schönen Busen (publ. 1773)
Der Traum (publ. 1773)
An Minnas Geist (publ. 1773)
Maylied (publ. 1773)
Maylied (publ. 1773)
Sehnsucht nach Liebe (publ. 1773)
Der Misogyn (publ. 1773)


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        Der Trost.

      Werde heller mein trüber Geist,
Gleich dem Wintergewölk, wann sich der junge Lenz,
      Ein Verkünder der Freude, naht.
Werde heller mein Geist! Kurzer, ach, kurzer Daur
5       Ist das Leben, der Fiebertraum.
Eine Blase, die quillt, tanzet, mit Farben prunkt,
      Und dann plötzlich in Nichts zerplatzt,
Leicht zerfliegende Spreu, welche der Sommersturm
      Rauschend wirbelt, und dann verweht.
10 Wo die Palme des Ziels winket dem Wanderer,
      Steht ein Engel, sein Name Tod,
Ach, er führet mich bald zu den Unsterblichen,
      Wo die Martern der Jünglingsbrust
Wonne werden und Ruh, trocknet die Thränen mir,
15       Die mein Auge noch wölken, ab.
Fröhlich folg' ich dir nach, Bothe des Friedens, dir,
      Schaue weinend die Lieben an,
Die der Himmel mir gab, drücke die treue Hand,
      Die mein Auge bald schließen wird,
20 Male, Laura, dein Bild, ach, und umarme dich
      In Gedanken das letztemahl,
Röchle, stehe vor Gott. Komm, du Gesegneter,
      Wird er lächeln, das saget mir
Dieses Himmelsgefühl, komm, du Gesegneter,
25       Und empfahe den Siegerkranz.
Werde heller mein Geist! Laura bewohnet dann
      Eine beßere Welt mit mir,
Auen Gottes, wo kein Wimmern der Liebenden
      Deinen Tritten entgegenweint,
30 Menschentröster, o Tod, Auen wo Engel mich
      Bruder grüßen, und Schwester sie.
Gott ist unser Gespräch, Jesus ist unser Lied,
      Ewig preisen wir unsern Gott,
Und den blutenden Sohn, wandeln an eurer Hand,
35       Ihr Verklärten, und sehen kaum
Jenen flimmernden Stern, wo wir entschlummerten. 


      Minneglück.

Wie war ich doch so seldenreich,
Dem Kayser und dem König gleich,
In meinen Minnejahren,
Als Julie, das schönste Kind,
5 Schön, wie die lieben Engel sind,
Und ich beysammen waren.

Ich sah sie, wann die Vögellein
Dem Morgen trillerten im Hayn,
Ach Gott, mit welcher Freude,
10 Bald vor dem offnen Fenster stehn,
Bald durch den bunten Anger gehn,
Ach Gott, mit welcher Freude!

Ich sah sie, wann die Sonne floh,
Der linden Maienkühle froh,
15 In ihrem Blumengarten,
Gleich Even, vor dem Sündenfall,
Begrüßet von der Nachtigall,
Der jungen Blümchen warten.

Sie gab mir manchen Minneblick,
20 Zog niemahls ihre Hand zurück,
Wann ich die Hand ihr drückte,
Sah immer aus wie Milch und Blut,
War immer froh und wohlgemuth,
So oft ich sie erblickte.

25 Wie war ich doch so seldenreich,
Dem Kayser und dem König gleich,
In meinen Minnejahren,
Als Julie, das schönste Kind,
Schön, wie die lieben Engel sind,
30 Und ich beysammen waren! 


      Minnelied.

Es ist ein halbes Himmelreich,
Wenn Paradiesesblumen gleich,
      Aus Klee die Blumen dringen,
Und wenn die kleinen Vögellein,
5 Im Garten hier, und dort im Hayn,
      Auf grünen Bäumen singen.

Doch das ist noch ein reines Weib,
Von Seele gut, und schön von Leib,
      In ihrer Jugendblüthe.
10 Wir laßen alle Blumen stehn,
Das liebe Weibchen anzusehn,
      Und freun uns ihrer Güte. 


      Der Anger.

Mein Anger, welchen früh und spat
Ein allerliebstes Mädchen trat,
      Mit ihren weißen Füßen,
Mit Zitterklang,
5 Und mit Gesang,
      Werd' ich dich oft begrüßen.

Ich werd' oft, um das Abendkühl,
Mit meinem kleinen Minnespiel
      In deine Blumen kommen,
10 Und singen dann,
So gut ich kann,
      Der Reinen, und der Frommen.

Mit deinen Blümchen, roth und weiß,
Will ich, erhebend ihren Preiß,
15       Die kleine Zitter krönen,
Und weinen naß
Das grüne Gras,
      Gedenk' ich meiner Schönen.

Gieb doch, o lieber grüner Plan,
20 Am Ende meiner Lebensbahn,
      Bey dieser Murmelquelle,
Wo Vögellein
Des Buschs sich freun,
      Mir meine Ruhestelle. 


      Maylied.

Willkommen liebe Sommerzeit,
      Willkommen schöner May,
Der Blumen auf den Anger streut,
      Und alles machet neu.

5 Die Vögel höhen ihren Sang,
      Der ganze Buchenhayn
Wird süßer, süßer Silberklang,
      Und Bäche murmeln drein.

Roth stehn die Blumen, weiß und blau,
10       Und Mädchen pflücken sie,
Bald auf der Flur, bald auf der Au,
      Ahi, Herr May, Ahi!

Ihr Busen ist von Blümchen bunt,
      Ich sah ihn schöner nie,
15 Es lacht ihr rosenrother Mund,
      Ahi, Herr May, Ahi! 


      Minnelied.

Süßer klingt der Vogelsang,
      Wann die gute, reine,
Die mein Jünglingsherz bezwang,
      Wandelt durch die Haine.

5 Röther blühet Thal und Au,
      Grüner wird der Wasen,
Wo die Finger meiner Frau
      Mayenblumen lasen.

Freude fließt aus ihrem Blick
10       Auf die bunte Weide,
Aber fliehet sie zurück,
      Ach, so flieht die Freude.

Alles ist dann für mich todt,
      Welk sind alle Kräuter,
15 Und kein Sommerabendroth
      Dünkt mir schön und heiter.

Liebe, minnigliche Frau,
      Wollest nimmer fliehen,
Daß mein Herz, gleich dieser Au,
20       Immer möge blühen. 


      Winterlied.

Keine Blumen blühn,
Nur das Wintergrün
Blickt durch Silberhüllen,
Nur das Fenster füllen
5 Blümchen, roth und weiß,
Aufgeblüht aus Eis.

Ach, kein Vögelsang
Tönet süßen Klang,
Als die Winterweise
10 Mancher kleinen Meise,
Die am Fenster schwirrt,
Und ihr Liedchen girrt.

Minne flieht den Hain,
Wo die Vögellein,
15 Finken, Nachtigallen
Ihr so wohl gefallen,
Minne flieht den Hain,
Kehrt ins Zimmer ein.

Alles Kummers bar,
20 Werden wir fürwahr,
Unter Minnespielen,
Deinen Frost nicht fühlen,
Kalter Januar;
Walte immerdar. 


      Frauenlob.

Lobt' ich tausend Jahr,
Reine Weiberschaar,
Eurer Schönheit Blüthe,
Eures Herzens Güte,
5 Wäre doch mein Sang
Nur ein schwacher Klang.

Jedem ist bekannt,
Was die Schöpferhand
Gottes euch gegeben.
10 Wahrlich, unser Leben
Wäre, sonder euch,
Keiner Freuden reich.

Keine Sorge wacht,
Wann ein Weibchen lacht,
15 Wie ein Engel, grüßet,
Auf den Mund uns küßet,
Alles Unmuths frey,
Sehn wir lauter May.

Gehren keines Glücks,
20 Als des Minneblicks,
Als des keuschen Leibes
Unsers lieben Weibes,
Leben, sonder Harm,
In der Guten Arm. 


      Maylied.

Grün wird Wies' und Au,
Und der Himmel blau;
Schwalben kehren wieder,
Und die Erstlingslieder
5 Kleiner Vögelein
Zwitschern durch den Hain!

Seit der Winter wich,
Freuet Liebe sich;
Lebt und webt im Grünen,
10 Seit der May erschienen;
Malt die Blumen bunt,
Roth des Mädchens Mund.

Weht, wie Mädchenhauch,
Aus dem Blüthenstrauch,
15 Durch des Jünglings Seele;
Gießt, o Philomele,
Deine Zaubereyn
Durch den Abendhain!

Jeder Wipfel girrt!
20 Seht! der Tauber schwirrt
Um sein liebes Täubchen!
Wählt euch auch ein Weibchen,
Wie der Tauber thut,
Und seyd wohlgemuth! 


      Minnelied.

Freuden sonder Zahl
Sind im Himmelssaal,
Wie man uns erzählet,
Keine Wonne fehlet,
5 Ach, da möcht' ich, rein
Alles Wandels, seyn!

Unter Engeln gehn,
Ihre Spiele seyn,
Küßen sie, als Brüder,
10 Lernen ihre Lieder,
Ach, da möcht' ich, rein
Alles Wandels, seyn!

Lieber blieb' ich hier,
Gäbe Julchen mir
15 Einen Blick voll Minne,
Wann ich den gewinne,
Bleib' ich lieber hier,
Freue mich mit ihr. 


      [Die Gräber]

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Früher knie vor ihr, als ich vor dir mein Knie
      Beuge, falte die Beterhand!
Winke Winke der Held, wie sie ein Vater winkt,
      Daß die Boten des Himmels uns
5 In dein ewiges Reich führen, Allgütiger! 


      An J. M. Miller.

      Denk' ich, Bester, des Trennungstags,
Ach, dann bricht mir das Herz, Tage der Zukunft, ach,
      Einer traurigen Zukunft, nahn,
Mit umdüsterter Stirn, jeder den Wermuthkelch
5       In den Händen, und dräuen mir.
Ach, sie kommen zu bald, schütten den ganzen Kelch
      Ueber deinen Getreuen aus,
Wann er ferne von dir weinet, von eurem Kuß,
      Bundesbrüder, von eurem Sang,
10 An der Leine Gestad weinet, und keinen Trost
      Auf der Erde mehr finden kan.
Rosen schließen sich zu, nahet dein Traurer sich,
      Wo sie brannten in ihrem Thau,
Als noch Lauren der Hain kühlte, das Abendroth
15       Um die Locken des Mädchens floß,
Und mein Erstlingsgesang säuselte durch die Flur.
      Ach, die Seelen der Abende,
Die wir Brüder verkos't, werden oft vor mir stehn,
      Schön und lächelnd wie Seraphim,
20 Und die Seelen des Sangs, welcher dem Harfengriff
      Meiner Lieben entstürmete.
Deines Herzensgesprächs, Trauter, und Freundesblicks
      Werd ich gehren, und, ach, umsonst!
Deines Minnegesangs, welcher so lieblich scholl
25       Guten Frauen, und, ach, umsonst!
Angeduftet vom May, flimmert der Abendstern
      Durch die Blüthen, der Schauer war
Unsrer lenzlichen Lust, werd ich dich spähn, den Arm
      Nach dir strecken, und, ach, umsonst!
30 Keine Thräne, kein Flehn sehnet an diese Brust
      Dich herüber, an diese Brust,
Wo mit Lauren dein Bild lebet, und leben wird,
      Bis mich hüllet die Rasengruft.
Und die hüllet mich bald. Flüstert das Rebengrün,
35       Wo du sitzest, im Mondenglanz,
Flimmert eine Gestalt, Traurigkeit im Gesicht,
      Melancholisch vor dir vorbey,
Winkt und lächelt dir zu, Bester, es ist dein Freund.
      Er begegnet, der fromme Geist,
40 Einen Engel am Arm, sinket dein Todesloos,
      Dir am Ufer der Ewigkeit,
Bleibet ewig dein Freund. Freundschaft und Liebe wohnt
      Unter Palmen Jehovahs, setzt
Himmelskronen uns auf, welche kein Schicksal welkt. 


      Minnehuldigung.

Allbereits im Flügelkleide
      Waren minnigliche Fraun
Miene liebste Augenweide,
      Konnte nimmer satt mich schaun.

5 Ich vergaß der Vogelnester,
      Warf mein Steckenpferd ins Gras,
Wann bey meiner lieben Schwester
      Eine schöne Dirne saß.

Freute mich der schönen Dirne,
10       Ihres rothen Wangenpaars,
Ihres Mundes, ihrer Stirne,
      Ihres blonden Lockenhaars.

Ließ Virgilen, ließ Oviden,
      Gieng ein Mädchen auf dem Plan,
15 Ruhen, traun, in gutem Frieden,
      Mich der preißlichen zu nahn.

Was ich weiland that als Knabe,
      Werd ich wahrlich immer thun,
Bis ich werd', im kühlen Grabe,
20       Neben meinen Vätern ruhn.

Immer meine besten Weisen
      Minniglichen Frauen weihn,
Immer Minn' und Weiber preisen,
      Und mich ihrer Schöne freun. 


      An den Mond.

Dein Silber schien
Durch Eichengrün,
Das Kühlung gab,
Auf mich herab,
5 O Mond, und lachte Ruh
Mir frohen Knaben zu.

Wann itzt dein Licht
Durchs Fenster bricht,
Lachts keine Ruh
10 Mir Jüngling zu,
Siehts meine Wange blaß,
Mein Aug von Thränen naß.

Wann, lieber Freund,
Ach, wann bescheint
15 Dein Silberschein
Den Leichenstein,
Der meine Asche birgt,
Wenn Minneharm mich würgt? 


      Minnelied.

Euch, ihr Schönen,
Will ich krönen,
Bis an meinen Tod,
Mit Gesangesweisen;
5 Bis an meinen Tod
Eure Tugend preisen.

Ihr, o Guten,
Wohlgemuthen,
Macht das Leben süß,
10 Macht den Mann zum Engel,
Und zum Paradies
Eine Welt voll Mängel.

Wer die Süße
Treuer Küße
15 Nicht gekostet hat,
Irret, wie verloren,
Auf dem Lebenspfad,
Ist noch ungebohren.

Wer die Süße
20 Treuer Küße
Schon gekostet hat,
Tritt auf lauter Rosen,
Wo sein Fuß sich naht,
Blühen lauter Rosen. 


      Maylied.

Der Schnee zerrinnt,
Der May beginnt,
Die Blüthen keimen
Den Gartenbäumen,
5 Und Vogelschall
Tönt überall.

Pflückt einen Kranz,
Und haltet Tanz
Auf grünen Auen,
10 Ihr schönen Frauen,
Pflückt einen Kranz,
Und haltet Tanz.

Wer weiß, wie bald
Die Glocke schallt,
15 Da wir des Mayen
Uns nicht mehr freuen,
Wer weiß, wie bald
Sie, leider, schallt.

Drum werdet froh,
20 Gott will es so,
Der uns das Leben
Zur Luft gegeben,
Genießt der Zeit,
Die Gott verleyht. 


      Maylied.

Der Anger steht so grün, so grün,
Die blauen Veilchenglocken blühn,
Und Schlüßelblumen drunter,
Der Wiesengrund
5 Ist schon so bunt,
Und färbt sich täglich bunter.

Drum komme, wem der May gefällt,
Und freue sich der schönen Welt,
Und Gottes Vatergüte,
10 Die diese Pracht
Hervorgebracht,
Den Baum und seine Blüthe. 


      Vaterlandslied.

Gesegnet mir, mein Vaterland,
Wo ich so viele Tugend fand,
Gesegnet mir, mein Vaterland!

Die Männer haben Heldenmuth,
5 Verströmen Patriotenblut,
Sind edel auch dabey, und gut.

Die Weiber sind den Engeln gleich,
Es ist, fürwahr, ein Himmelreich,
Ihr preißlichen, zu schauen euch.

10 Sie lieben Zucht, und Biedersinn,
O selig Land, worin ich bin,
O möcht ich lange leben drinn! 


      Die Nachtigall.

Die Nachtigall
Singt überall,
Auf grünen Reisen,
Die besten Weisen,
5 Tönt süße Ruh
Den Leuten zu.

Der grüne Wald
Und Busch erschallt
Von ihrer Minne.
10 Mit frohen Sinne
Hört jederman
Den Vogel an.

Ich, leider, nicht,
Es bricht, es bricht,
15 Trotz allen Fugen,
So Vögel schlugen,
Vor Minneschmerz,
Mein armes Herz. 


      Die Nonne.

Es liebt' in Welschland irgendwo
      Ein schöner junger Ritter
Ein Mädchen, das der Welt entfloh,
      Troz Klosterthor und Gitter;
5 Sprach viel von seiner Liebespein,
      Und schwur, auf seinen Knien,
Sie aus dem Kerker zu befreyn,
      Und stets für sie zu glühen.

«Bey diesem Muttergottesbild,
10       Bey diesem Jesuskinde,
Das ihre Mutterarme füllt,
      Schwör' ich's dir, o Belinde!
Dir ist mein ganzes Herz geweiht,
      So lang ich Odem habe,
15 Bey meiner Seelen Seligkeit!
      Dich lieb' ich bis zum Grabe.»

Was glaubt ein armes Mädchen nicht,
      Zumal in einer Celle?
Ach! sie vergaß der Nonnenpflicht,
20       Des Himmels und der Hölle.
Die, von den Engeln angeschaut,
      Sich ihrem Jesu weihte,
Die reine schöne Gottesbraut,
      Ward eines Frevlers Beute.

25 Drauf wurde, wie die Männer sind,
      Sein Herz von Stund' an lauer,
Er überließ das arme Kind
      Auf ewig ihrer Trauer.
Vergaß der alten Zärtligkeit,
30       Und aller seiner Eide,
Und flog, im bunten Gallakleid,
      Nach neuer Augenweide.

Begann mit andern Weibern Reihn,
      Im kerzenhellen Sale,
35 Gab andern Weibern Schmeicheleyn,
      Beym lauten Traubenmahle.
Und rühmte sich des Minneglücks
      Bey seiner schönen Nonne,
Und jedes Kußes, jedes Blicks,
40       Und jeder andern Wonne.

Die Nonne, voll von welscher Wuth,
      Entglüht' in ihrem Muthe,
Und sann auf nichts als Dolch und Blut,
      Und schwamm in lauter Blute.
45 Sie dingte plötzlich eine Schaar
      Von wilden Meuchelmördern,
Den Mann, der treulos worden war,
      Ins Todtenreich zu fördern.

Die bohren manches Mörderschwert
50       In seine schwarze Seele.
Sein schwarzer, falscher Geist entfährt,
      Wie Schwefeldampf der Höhle.
Er wimmert durch die Luft, wo sein
      Ein Krallenteufel harret.
55 Drauf ward sein blutendes Gebein
      In eine Gruft verscharret.

Die Nonne flog, wie Nacht begann,
      Zur kleinen Dorfcapelle,
Und riß den wunden Rittersmann
60       Aus seiner Ruhestelle.
Riß ihm das Bubenherz heraus,
      Recht ihren Zorn zu büßen,
Und trat es, daß das Gotteshaus
      Erschallte, mit den Füßen.

65 Ihr Geist soll, wie die Sagen gehn,
      In dieser Kirche weilen,
Und, bis im Dorf die Hahnen krähn,
      Bald wimmern, und bald heulen.
Sobald der Seiger zwölfe schlägt,
70       Rauscht sie, an Grabsteinwänden,
Aus einer Gruft empor, und trägt
      Ein blutend Herz in Händen.

Die tiefen, hohlen Augen sprühn
      Ein düsterrothes Feuer,
75 Und glühn, wie Schwefelflammen glühn,
      Durch ihren weißen Schleyer.
Sie gafft auf das zerrißne Herz,
      Mit wilder Rachgeberde,
Und hebt es dreymal himmelwärts,
80       Und wirft es auf die Erde.

Und rollt die Augen, voller Wuth,
      Die eine Hölle blicken,
Und schüttelt aus dem Schleyer Blut,
      Und stampft das Herz in Stücken.
85 Ein dunkler Todtenflimmer macht
      Indeß die Fenster helle.
Der Wächter, der das Dorf bewacht,
      Sah's in der Landcapelle. 


      An meine Freunde.

Mangelnd jedes Gefühls, welches die Freundschaft giebt,
War mein Leben entflohn, als ich die Treuen fand,
      Eurem offenen Arme,
            Bundesbrüder, entgegenflog.

5 Jeder kommende Tag knüpfte das Seelenband
Unauflöslicher fest, geudete für und für,
      Aus der goldenen Schaale,
            Neue Freuden auf uns herab.

Selig wären wir, traun, selig wie keiner ist,
10 Näm ein friedliches Thal uns in die Blumen auf,
      Frohe Schäfer, ach fiele
            Nie das eiserne Trennungsloos. 


      An Voß.

Klimme muthig den Pfad, Bester, den Dornenpfad,
Durch die Wolken hinauf, bis du den Strahlenkranz,
      Der nur weiseren Dichtern,
            Funkelt, dir um die Schläfe schlingst.

5 Heißer liebe durch dich Enkel und Enkelin
Gott und seine Natur, herzliche Brudertreu,
      Einfalt, Freiheit und Unschuld,
            Deutsche Tugend und Redlichkeit.

Stilles Trittes, o Voß, wandelt indeß dein Freund
10 Durch Gefilde der Ruh, lauschet der Nachtigall
      Und der Stimme des leisen
            Mondbeschimmerten Wiesenborns;

Singt den duftenden Hain, welchen das Morgenroth
Ueberflimmert mit Gold, oder den Frühlingsstrauß,
15       Der am Busen des Mädchens,
            Mildgeröthet vom Abend, bebt.

Mir auch weinet, auch mir, Wonne! das Mädchen Dank,
Küßt mein zärtliches Lied, drückt es an ihre Brust,
      Seufzt: Du redlicher Jüngling,
20             Warum barg dich die Gruft so früh! 


      Die Laube.

Nimmer, nimmer werd ich dein vergeßen,
      Laub', in deren Einsamkeit
Meine Laura, weiland, oft geseßen,
      Und des Frühlings sich gefreut.

5 Schauer wird durch meine Nerven beben,
      Werd ich deine Blüthen sehn,
Und ihr Bildniß mir entgegenschweben,
      Ihre Gottheit mich umwehn.

Thränenvoll, werd ich, beym Mondenlichte,
10       In der Geisterstunde Graun,
Dir entgegenzittern, und Gesichte
      Auf Gesichte werd ich schaun.

Mich in manchen Göttertraum verirren,
      Bis Entzückung mich durchbebt,
15 Und nach meinem süßen Täubchen girren,
      Deßen Abbild vor mir schwebt.

Wenn ich auf der Bahn der Tugend wanke,
      Erdvergnügen mich bestrickt;
Dann durchschaure flugs mich der Gedanke,
20       Was in dir ich einst erblickt.

Und ich werde deiner Taumelschalen,
      Wollust, fluchen, und das Bild
Feuriger in meine Seele mahlen,
      So den Himmel mir enthüllt. 


      Die Liebe.

Eine Schale des Harms, eine der Freuden wog
Gott dem Menschengeschlecht; aber der lastende
      Kummer senket die Schale,
            Immer hebet die andre sich.

5 Irren, traurigen Tritts wanken wir unsern Weg
Durch das Leben hinab, bis sich die Liebe naht,
      Eine Fülle der Freuden
            In die steigende Schale streut.

Wie dem Pilger der Quell silbern entgegenrinnt,
10 Wie der Regen des Mays über die Blüthen träuft,
      Naht die Liebe; des Jünglings
            Seele zittert, und huldigt ihr!

Nähm' er Kronen und Gold, mißte der Liebe? Gold
Ist ihm fliegende Spreu; Kronen ein Flittertand;
5       Alle Hoheit der Erde,
            Sonder herzliche Liebe, Staub.

Loos der Engel! Kein Sturm düstert die Seelenruh
Des Beglückten! Der Tag hüllt sich in lichters Blau,
      Kuß, und Flüstern und Lächeln
20             Flügelt Stunden an Stunden fort.

Herrscher neideten ihn, kosteten sie des Glücks,
Das dem liebenden ward; würfen den Königsstab
      Aus den Händen, und suchten
            Sich ein friedliches Hüttendach.

25 Unter Rosengesträuch spielet ein Quell, und mischt
Dem begegnenden Bach Silber. So strömen flugs
      Seel' und Seele zusammen,
            Wenn allmächtige Liebe naht. 


      An ein catholisches Mädchen,
      das am Frohnleichnamsfest ein Marienbild trug.


Denk' ich meiner frohen Knabenzeiten,
      Denk' ich, Mädchen, auch an dich,
Und die hellen Sehnsuchtsthränen gleiten,
      Und die Seele wölket sich.

5 Sittsam war dein Aug, voll Mädchenmilde,
      Der die Andacht Reize lieh,
Wich vom schönen Muttergottesbilde,
      Wich vom Christuskinde nie.

Manche Zähre floß von deinen Wangen,
10       Wie der Thau von Rosen rinnt,
Blieb itzt am Marienbilde hangen,
      Rann itzt auf das Christuskind.

Eine junge, morgenrothbestreute
      Silberblum' im Paradies
15 Warst du, hehr, wie die Gebenedeyte,
      Die dein Arm dem Volke wies.

Süßes Zittern, leises Seelenklopfen
      Ueberströmte meinen Geist.
Kostet' ich des Stromes einen Tropfen,
20       Der am Throne Gottes fleußt?

Trunken kniet' ich, wann der Reigen kniete,
      Betend, himmelan geführt,
Küßte manche Knosp' und manche Blüthe,
      Die dein wallend Kleid berührt.

25 Lebe, lebe deine Pilgertage,
      Gutes Mädchen, flitterlos,
Und dann komm' ein Himmelsboth', und trage
      Deine Seel' in Gottes Schoos.

Und der Heiland lächl' auf seinem Throne,
30       Wenn du dich dem Throne nahst,
Und Maria bringe dir die Krone,
      Die du oft in Träumen sahst.

Gebe dir ein Lichtgewand! Vom Throne,
      Wo der Menschenrichter thront,
35 Weh's herüber: frommes Mädchen wohne,
      Wo die fromme Laura wohnt. 


      Schnitterlied.

Es zirpten Grillen und Heimen,
Von grünen Sträuchen und Bäumen,
Floß Abendkühle herab,
Als, hinter Garben von Weitzen,
5 Ein wahrer Engel an Reizen
Dies Pfand der Liebe mir gab.

Sie sprach, mit fröhlichem Muthe,
Trag diese Blumen am Hute,
Und dieses goldene Band,
10 Und gab die Blumen und Flittern,
An meinem Hute zu zittern,
In meine wartende Hand.

Die Blumen hab' ich getragen,
Seit vierzehn glücklichen Tagen,
15 Und diese schwanden so schnell.
Ihr Bänder, sah ich euch schweben,
Begann das Herz mir zu beben,
Ward meine Seele so hell.

Ha! Morgen bringen wir Leute,
20 Geschmückt wie Freyer und Bräute,
Der Erndte flitternden Kranz.
Dann tönen helle Schalmeyen
Durch unsre ländlichen Reihen,
Dann schwing ich Liebchen im Tanz! 


      Erndtelied.

Sicheln schallen,
Aehren fallen
Unter Sichelschall;
Auf den Mädchenhüthen
5 Zittern blaue Blüthen,
Wonn' ist überall.

Sicheln klingen,
Mädchen singen
Unter Sichelklang,
10 Bis das Mondlicht schimmert,
Auf den Stoppeln flimmert,
Frohen Erndtesang.

Alles springet,
Alles singet,
15 Was nur lallen kann.
Bey dem Erndtemahle
Ißt aus einer Schale
Knecht und Bauersmann.

Hanns und Michel
20 Schärft die Sichel,
Pfeift ein Lied dazu.
Mähet; dann beginnen
Schnell die Binderinnen,
Binden sonder Ruh.

25 Jeder scherzet,
Jeder herzet
Dann sein Liebelein.
Nach geleerten Kannen,
Gehen sie von dannen,
Singen und juchheyn! 


      An einen schönen Busen.

Weiße, blendende Brust, welche den Einsiedler,
Den die Klause verschleußt, mit der verhaßten Welt
      Auszusöhnen vermöchte,
      Stets berauschest du meinen Blick.

5 Stets, o Himmel von Reiz, wenn du das Busentuch
Und die Bänder daran, hebest und niedersenkst,
      Oder hinter der lichten
      Silberwolke des Schleiers wallst.

Dir, o blendende Brust, will ich den Erstling weyhn,
10 Den der Blüthenmond zollt, will ich, im Blumentopf,
      Junge Rosen erziehen,
      Wenn der Winter die Flur durchheult.

Trotz der Beete voll Eis lächelt der Rosenstraus
Dann am Mieder, ah dann sinket mein trunknes Haupt
15       An den offenen Busen,
      Deßen Farbe der Straus erhöht. 


      Der Traum.

Steh mir immer am Haupt, wenn mich des Morgenschlafs
Leiser Fittig umweht, lächelnder Wonnetraum,
      Der mich in die Gefilde,
      Wo die Seligen wohnen, rief.

5 Eine Wolke von Gold, wo ein bepalmeter
Bote Gottes, im Klang schmelzender Lieder, stand,
      Trug mich, schnell wie Gedanken,
      In ein blumiges Eden hin.

Rosenblütengeruch wehte vom Ufer her,
10 Wo der Wechselgesang wirbelnder Harfen scholl,
      Und die Seelen und Engel
      Ihre Jubel verschwisterten.

Singer, Laura, Petrarch, saßen im Kreis umher,
Ihre Lauten am Arm, Vögelgetön erscholl
15       In die Lauten, und Wohlklang
      Floß vom Flügel der Abendluft.

Wonnethränen im Aug, Thränen der Seeligkeit,
Wallte Meta daher, Engel enttrockneten
      Ihr die Thränen, und meine
20       Minna folgte der Wallerin.

Sie entwand sich dem Arm ihrer Gespielin, flog
Mir entgegen, und goß, unter der grünen Nacht
      Einer flüsternden Myrthe,
      Sich urplötzlich an meine Brust.

25 Wand den liebenden Arm mir um die Brust herum,
Blickte zärtlich mich an, küßte mit Engelskuß
      Meine Lippen. Die Myrthe
      Rauschte Silbergelispel drein.

Geister folgeten uns, Laurens verklärter Geist,
30 Hand in Hand mit Petrarch, lagerten sich mit uns
      In die Kühle der Blumen,
      Und begannen mit uns Gespräch.

Plötzlich tönte der Hahn dreymal den Feyerhall
Seines Morgengesangs, plötzlich entschwanden mir
35       Alle goldenen Scenen
      Mit der Schwinge des Morgentraums. 


      An Minnas Geist.

Im leichten Tanz, mit Flügeln der Minute,
      Entfloh mir jeder Tag,
Als Minna noch mit mir im Schatten ruhte,
      Mit mir von Liebe sprach.

5 Es folgeten, in lauten Harfenchören,
      Mir Engel durch den Hain,
Ich hörte die Musik der Himmelsphären,
      Und sang ein Lied darein.

Und fühlte das Koncert der Abendhaine,
10       Wie ichs noch nie gefühlt,
Wenn Minna mich, am Ufer meiner Leine,
      Sanft in den Armen hielt.

Sie starb: - Stets bleibt im Innern meiner Seele
      Des Mädchens Bild zurück! -
15 Nun reizt mein Ohr kein Lied der Philomele,
      Kein Blümchen meinen Blick.

Nun irr' ich durch verschränkte Tannenhaine,
      Sink' auf verdorrtes Moos,
Und klage stets den Himmel an, und weine
20       Mein Leid in meinen Schoos.

Stets seh ich noch die Rosen ihrer Wangen,
      Den zauberischen Gang,
Seh ihr Gelock', ein Spiel der Lüftgen, hangen,
      Hör' ihrer Stimme Klang.

25 O schöner Geist! Durch Wiesen, durch Alleen,
      Seh ich dich, bald im Kranz
Von Rosmarin und Tausendschönchen gehen,
      Bald tanzen Geistertanz.

Du sitzest oft, erhöht zum Engelrange,
30       An meines Lagers Rand,
Und streichelst mir die bleichgehärmte Wange
      Mit deiner weißen Hand;

Enttrocknest mit dem Schleyer mir die Thräne,
      Die meine Seele weint,
35 Wenn deines Todes trauervolle Scene
      Im Traume mir erscheint.

O warum wall ich noch im Erdenstaube?
      O wohnt' ich schon mit dir,
Du schöner Geist, in deiner Himmelslaube!
40       Was weil' ich länger hier? 


      Maylied.

Heil dir lächelnder May,
Blumenschöpfer,
Herzenfeßler,
Wecker des Vergnügens,
5 Heil dir lächelnder Blüthenmond!

Er beschwebet die Flur,
Streuet Veilchen,
Schlüßelblumen,
Weiße Mayenglocken,
10 Streut sein goldenes Füllhorn leer.

Löst die Haare des Hains,
Hüllt den Schlehstrauch,
Hüllt den Hagdorn,
Der den Garten zäunet,
15 Hüllt den Kirschbaum in Blüthenschnee.

Schaut, er tanzet heran,
Schaut, des Kirschbaums
Wipfel säuseln
Ein Gewölk von Silber
20 Um sein wehendes Lockenhaar.

Wie der Apfelbaum nickt!
Roth und weiße
Blüthen purpern
Seinen grünen Wipfel,
25 Purpern alles Gezweig' umher.

Bien' auf Biene durchsummt
Bald die Blümchen
Unterm Baume,
Bald die Wipfelblüthen,
30 Die der Morgen mit Gold bemalt.

Tief im bunten Gewölk,
Das die rothen
Apfelblüthen
Um die Wipfel wölken,
35 Tönt die Kehle der Nachtigall.

Strömt in Liedern dahin,
Tönt den Jüngling,
Der am Busen
Seiner Gattin schlummert,
40 Aus den Armen des Morgenschlafs.

Seht, er wandelt mit ihr
Durch den Garten,
Wo die Sonne,
Wo der blaue Himmel
45 Durch die röthlichten Blüthen bebt.

Helle Morgenmusik
Strömt vom Wipfel.
Ihre Herzen
Tanzen nach den Fugen,
50 Die der schmelzende Vogel tönt.

Nachtigallenmusik
Wirbelt Schlummer,
Süßen Schlummer
Ueber ihre Häupter,
55 Wenn die Stunde der Ruhe kommt.

Hespers lächelndes Aug
Blicket neidisch
Durch die Fenster,
Und die Nachtigallen
60 Tönen fröhlichen Brautgesang. 


      Maylied.

Tanzt dem schönen May entgegen,
      Der des Waldes Haar verneut,
Roth und weiße Farbenbögen
      Auf des Fruchtbaums Wipfel streut,
5 Mit dem goldverbrämten Schleier,
      Wartende Gefilde deckt!
Singt ihm Hymnen in die Leyer,
      Der den Schlaf der Freude weckt!

Tanzt daher, am Arm der Schöne,
10       Der ein treuer Busen fröhnt,
Menget Lieder ins Getöne,
      Das die Morgenglocke tönt,
Ins Geschwirr der Espenblätter,
      Und erweckt den Wiederklang!
15 Er, der Freund der Liebesgötter,
      Heischet Opfer und Gesang.

Bringet ihm in grünen Schatten,
      Eure Frühlingsopfer dar,
Junge neuvermählte Gatten,
20       Auf der Liebe Festaltar:
Küße, wenn des Hahns Drommete
      Das umbüschte Dörfchen weckt,
Küße, wenn die Abendröthe
      Jeden Baum mit Purpur deckt.

25 Flieht, ihr schönen Städterinnen,
      Eurer Städte goldne Kluft,
Eurer Kerker hohe Zinnen,
      Trinket frische Mayenluft!
Irrt, mit eurem Sonnenhütgen,
30       Auf die Frühlingsflur hinaus!
Singt ein frölich Mayenliedgen,
      Pflücket einen Busenstraus!

Schmückt mit Kirschenblüthenzweigen
      Euren grünen Sonnenhut,
35 Schürzt das Röckchen, tanzet Reigen,
      Wie die Schäferjugend thut!
Gaukelt in der Kirschenblüthe,
      Zephyrn, eure Flügel matt,
Haucht auf ihre Sonnenhüte
40       Manches weiße Blüthenblatt. 


      Sehnsucht nach Liebe.

Süße Kehle des Hains, welche mir sonst, im May,
Ganz den Himmel ins Herz flötete, Nachtigall,
      Warum flötet dein Lied mir
      Keine Wonne mehr in die Brust?

5 Liebe lächelt dir nicht! seufzet die Nachtigall,
Die den Blumen des Mays hellere Röthe giebt,
      Und den Kehlen des Waldes
      Einen helleren Wonneklang.

Liebe lächelt dir nicht! rauschet mir jedes Blatt -
10 Quillt die Thräne mir schon? Flattert mir das Phantom
      Todter Freuden schon wieder
      Vor den Augen der Phantasie?

Rosicht schwebt es herauf. - - Laura, die Grazie,
Laura hüpfet daher, die mir den ersten Rausch
15       Ueberirrdischer Wonne
      Durch die bebende Seele goß.

Flieh hinweg, o Phantom! Laura, die Grazie,
Liebt das Dörfchen nicht mehr, gaukelt von Ball zu Ball,
      Fleugt, im zirkelnden Reigen,
20       Durch den schallenden Kerzensaal.

Sie miskennet mein Herz, wähnet mich kalt und dumm,
Weil kein goldener Prunk mir vom Gewande blitzt,
      Und mein Fuß die Talente,
      Die Lutetien lehrt, nicht hat.

25 Soll denn nie das Gefühl, welches ein Feuerkuß
An der klopfenden Brust einer Geliebten giebt,
      Meine Seele durchströmen,
      Bis die Blume der Jugend welkt?

Geuß mir Lieb' in die Brust, wenn du des Sonnensaals
30 Zinnen wieder entsinkst, lächelnder Mayenmond,
      Oder wecke, mit lindem
      Odem, Blumen auf meiner Gruft. 


      Der Misogyn.

Kein Mädchen kann mein Herz bestricken;
      Kein Augenpaar,
Aus welchem tausend Engel blicken;
      Kein blondes Haar;
5 Kein Mund, um den das Lächeln schwebet,
      Und keine Brust,
Mit dünnem Silberflor umwebet,
      Füllt mich mit Luft.

Ein Wuchs, den Venus selber neidet,
10       Und eine Hand,
Die Persien in Perlen kleidet,
      Ist Kindertand.
Ich sollte mich darinn vergaffen?
      Ey, großen Dank!
15 Ich werde nicht, wie junge Laffen,
      Vor Liebe krank.

Mir ward ein Herz von Eis beschieden,
      Ein Felsensinn,
Drum wandl' ich auch, in süßem Frieden,
20       Durchs Leben hin;
Geh' immer, in der Brust den Himmel,
      Geraden Pfad;
Durchtaumle niemals das Gewimmel
      Der goldnen Stadt.

25 Und trink', in meiner Weinblattlaube,
      Den Göttersaft
Der röthelnden Burgundertraube,
      Die Wonne schafft.
Sollt' ich dafür, in Gallaröcken,
30       Vor Liebe krank,
Des Fräuleins gnädge Hände lecken?
      Ey, großen Dank!

Sollt' ich den Rosenkelch verlaßen?
      Die Nachtigall?
35 Auf eines Mädchens Winke paßen,
      Bey Tanz und Ball?
Ich würde, kämen ganze Gruppen
      Von Mädchen, traun!
Nicht aus der Laube gehn, die Puppen
40       Nur anzuschaun.