B  I  B  L  I  O  T  H  E  C  A    A  U  G  U  S  T  A  N  A
           
  Ludwig Christoph Heinrich Hölty
1748 - 1776
     
   



C h r i s t i a n   u n d  
F r i e d r i c h   L e o p o l d  
G r a f e n   z u   S t o l b e r g  
a n   d e n   H a i n b u n d


Textgrundlage:
Ludwig Heinrich Christoph Hölty,
Gesammelte Werke und Briefe.
Herausgegeben von Walter Hettche.
Wallstein Verlag, Göttingen 1998


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Christian Graf zu Stolberg
an den Göttinger Hainbund
(20. April 1773)

      An den Bund.
      Lieben Männer, und Brüder!

      Ich habe nicht eher geschrieben, meine Geliebtesten, weil erst Gestern der glückliche Tag war, da ich unsern Klopstok wiedersahe. Welche Freude war das für mich den göttlichen Mann wieder zu umarmen, und ihn gesund zu finden. Eine sehr große, warlich eine sehr große Freude, hatte Er über unsern Brief und Buch. Nie hab' ich ihn so vergnügt gesehen, er laß den Brief gleich ganz durch, laß ihn wieder, und denn laß er die Nahmen noch sehr oft. Genauer betrachtete ich ihn als Alexander den Arzt, als er den Brief laß, und keine Miene der Freude und des Dankes [entging] mir. Wir musten ihm sehr viel von unsern [...] Freunden erzählen, und er wiederhohlte uns sehr [oft, da]ß er sehr froh, sehr gerührt, und sehr dankbar sey. Er blätterte das Buch Blatt für Blatt durch, und versprach, uns sehr bald Anmerkungen mitzutheilen. Ihren Nahmen, mein Liebster Hölty, kannte er sehr wohl, Ihre Oden im Almanach haben ihm sehr gefallen; und mit vielem Intereße erkundigte er sich nach den Verfaßern der Sehnsucht, Noch log im Bieder-stamm[e] Teuts, und Ihres Bauer Liedes mein Liebster Miller. Ob Sie sich gleich nicht genannt haben, mein Liebster Voß, so wüste er Ihren Nahmen doch.
      Zum Beweise, meine Lieben Männer, und Brüder! wie sehr er mit Ihren Oden zufrieden seyn wird, seyn muß, will ich Ihnen nur das sagen, daß er unsre Oden, die wir ihm diesen Winter schickten in der Lese Gesellschaft vorgelesen hat. -
      O wie freue ich mich darauf Euch allen recht viel zu erzählen und Euch wieder mit meiner ganzen Bruder Liebe zu umarmen.
      Mein Bruder küßt euch alle zärtlich, er wird als denn schreiben, wenn wir Klopstok wieder gesehen haben. Ebert haben wir in Braunschweig einen Tag gesehen. O des treflichen Mannes. Nur er liebt Klopstok wie wir ihn lieben.
      Was sagt ihr zu der Ode die ich Boye und Euch geschickt habe. O der göttliche Mann! Außer dieser hat er noch 3 andre neue Oden gemacht, doch davon mündlich. Lebt wohl, sehr zärtlich, und feurig lieb ich Euch!
      Altona
      d: 20 April 1773.

Christian Stolberg.

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Friedrich Leopold Graf zu Stolberg
an den Göttinger Hainbund
(30. April 1773)

      Altona d: 30sten April 1773.

      Seid stolz, lieben Männer u: Brüder! stolz als reichten euch aus Idunens Gold die Götter! Klopstock ehrt und liebt euch alle, und entbeut jedem ins besondre seinen herzlichen Gruß. Ihnen ins besondre, Hahn! Ihnen, Hölty! Ihnen, Martin Miller! Ihnen, Gottfried Miller. Ihnen Voß! Jedes mal daß wir bey ihm gewesen sind hat er uns mit vieler Freude vom Buche gesprochen, ich sagte ihm heute daß ich Ihnen schreiben würde, er bat mich (mit einer Miene die ganz Freundlichkeit ist) Ihnen zu sagen daß ihm die Verse eines jeden unter Ihnen sehr, sehr gefielen u: freuten, und daß ihm die Idee das Buch ihm zu schicken außerordentlich angenehm wäre. Er wird selbst schreiben. Anmerckungen wird er machen, ofne, freye Anmerckungen, Wir haben kein Schonen zu befürchten, denn er liebt uns alle! Einzelne mündliche Urtheile könte ich anfuhren, aber ich will nicht vorgreiffen; genug, (geben Sie sich zufrieden Hahn!) genug daß auch Tadel unter diesen Urtheilen war. Einen Brief von Klopstock an den Bund werden wir, hoffe ich, mitbringen, seine kritischen Anmerkungen aber will er uns nach und nach schicken wenn wir wieder in Göttingen sind. Er will sich Zeit nehmen um Musse zu haben u: desto specieller urtheilen zu können. Wie vieles könte ich nicht noch von diesem Manne sagen! Vieles erzehlen! aber ich würde nicht aufhören können, und verspare es alles auf das mündliche. Aber nein, das kann ich nicht! noch etwas muß ich sagen. Sie erinnern sich daß er in einem Briefe derer Gesetze der gelehrten Republick erwehnte, und von einer vermehrten Ausgabe etwas schrieb; sehr vermehrt wird sie sein, u: bald hinaus kommen unter dem Titel: Einrichtung u: Gesetze der gelehrten Republick, nebst der Geschichte ihres lezten Land Tages, heraus gege[be]n, auf Befehl der Alder Männer, von Klopstock. Er hat uns vortrefliche Stellen daraus vorgelesen. Welche Laune! welch ein Salz! der Mann ist in allen Stücken der größte quo nihil viget simile aut secundum. Das Wieländchen möchte auch wohl so im vorbey gehen eine Nase auf diesem Landtage bekommen. Desto besser! Da einmal von Nasen und dergl: die Rede ist so fällt mir Wehrs ein, das mag eine Nase der ersten Grösse gewesen sein, die ihm sein schweres Verständniß öfnete. Wie froh bin ich daß wir von dem Nachsprecher sind befreit worden! Unsre Versamlungen werden freyer u: also noch süßer sein als vorhin. Wie freue ich mich auf die erste! da werden wir vortreflich Sachen hören! denn diese schönen Frühlings Ferien werden Sie gewiß genuzt haben. Möchten Sie doch eine schöne, einsame, begeisternde Städte auf dem Lande gefunden haben!
      Lebt wohl, lieben Männer und Brüder! Clauswitz u: mein Bruder grüssen euch zärtlich, ich umarme einen jeden in Gedancken mit warmem Herzen.

F. L. Graf zu Stolberg.