B  I  B  L  I  O  T  H  E  C  A    A  U  G  U  S  T  A  N  A
           
  Anna Louisa Karschin
1722 -1791
     
   



G e d i c h t e

N a c h   d e r   D i c h t e r i n   T o d e
n e b s t   i h r e m   L e b e n s l a u f f
H e r a u s g e g e b e n   v o n   I h r e r   T o c h t e r
C .   L .   v .   K l [ e n k e ]   g e b :   K a r s c h i n ,
B e r l i n   1 7 9 2


A n h a n g   v o n   P r o b e n
i h r e r   a l l e r e r s t e n   D i c h t a r t .


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Neujahrswunsch
an den Rinderhirten.

In ihrem sechszehnten Jahr
1738.

Geliebter Freund! des höchsten Güte
Schenkt abermal ein neues Jahr,
Drum bringt dir mein erfreut Gemüthe
Die Pflicht ergebner Wünsche dar.
5
Wenn Zeiten, Tag und Jahre schwinden,
So grünet die Beständigkeit;
Man wird sie stets im Flore finden,
Sie ändert sich nicht mit der Zeit:
Wenn sich verwechseln Jahr und Wochen,
10
So bleibt sie doch ununterbrochen.
Wo Redlichkeit und Tugend blühen,
Da ist die Falschheit schon verbannt,
Es heißt vergebens ihr Bemühen,
Sie findet einen Gegenstand,
15
Der ihr von lauter Treue saget
Und alle Flatterei verjaget.
Ich kenne schon dein reines Wesen,
Du bist von zarter Kindheit an
Mein tugendhafter Freund gewesen,
20
Drum nimm die treuen Wünsche an,
Die zwar aus schlechter Feder fließen
Und sich in diese Zeilen schließen:
Der Geber aller guten Gaben,
Der Herr, von dessen Gütigkeit
25
Wir Seel- und Leibeswohlfahrt haben,
Der wolle bei erneuter Zeit
Dein Haupt mit Heil und Kraft belegen,
Er kröne dich mit reichen Seegen.
Er wende was dich kann betrüben,
30
Und schenke was dein Wohlseyn mehrt,
Er stürze die dein Unglück lieben;
Und wenn er meinen Wunsch erhört,
Laß er dich bald was Schönes wählen,
Und viel vergnügte Jahre zählen.

 
An das Fräulein von Mose.
1741.

      Hoch- und Wohlgebornes Fräulein!

Die Hoffnung schmeichelt mir, Sie werden permittiren,
Was Dero Dienerin sich itzo unterfängt:
Zwar kann ich meinen Vers mit wenig Anmuth zieren,
Weil kein Virgilius mir seine Silben schenkt;
5
Doch werden Sie darum die Zeilen nicht verachten,
Die meine Dankbarkeit zu Dero Füßen legt.
Kann man dieselben nicht als hoch gelehrt betrachten,
Genug, daß jedes Wort vollkommne Treue hegt.
Ein angenehmer Tag, so Dero Namen führet,
10
Ermuntert mein Gemüth zu der Ergebenheit,
Womit ich Ihnen bin Zeit Lebens obligiret:
Drum observire ich itzt meine Schuldigkeit,
Und will durch dieses Blatt gehorsamst gratuliren,
Weil Sie der Herr der über Erd und Himmel schwebt,
15
Durch seinen Vaterarm so treulich wollen führen,
Daß Sie beglückt und wohl dies Namensfest erlebt.
Es bleibe dieser Herr noch ferner Dero Führer,
Er unterstütze Sie mit seiner Allmachtskraft,
Er sey Ihr Schild und Lohn, Ihr mächtiger Regierer,
20
Er stärke Dero Geist mit süßem Lebenssaft,
Er lasse niemals was so Widriges geschehn,
Daß Ihre Gnaden kränkt und Dero Ruhe stört.
Nein, nein, es müsse Sie auf ewig wohl ergehen:
Es müsse nur geschehn, was Dero Freude mehrt,
25
Es müsse Ihnen nichts an Glück und Wohlseyn fehlen,
Der hohe Himmel sey Sie ewig zugethan,
Er lasse Sie noch viel beglückte Jahre zählen,
Er schenkte Ihnen mehr als ich nur wünschen kann.

 
An ihren ersten Mann.
In ihrem achtzehnten Jahre gemacht
1740.

Erlaube, werther Schatz, daß ich für allen Dingen
Aus ganz besonderm Trieb und dir ergebnen Pflicht,
Darf meine Schuldigkeit durch diese Zeilen bringen,
Weil ein erfreuter Tag erscheint mit seinem Licht,
5
Ein Tag, an welchem du zuerst die Welt erblicket,
Ein Tag, der uns zugleich auch deinen Namen zeigt,
Den hast du abermals erlebet höchst beglücket,
Darum mein Herze sich zugleich mit dir erfreut.
Dein Wohlergehen kann auch meinen Geist ergötzen,
10
Und dein Vergnügen macht daß sich der schwache Kiel
Mit tausend Freuden thut in schwarzer Dinte netzen,
Wenn ich zu diesen Tag dir gratuliren will.
Drum leg ich diesen Wunsch zu deiner Freude bei:
Der Himmel kröne dich mit stetem Wohlergehen,
15
Er mache deinen Geist von aller Unlust frei,
Und lasse lauter Glück an deiner Seite stehen.
Er lasse diesen Tag dich oftmals überleben
Und überschütte dich mit tausend Gütigkeit;
Und endlich wolle dir der Höchste alles geben,
20
Was dir mein Herze wünscht, und dich nur selbst erfreut.
Indessen bitt ich nimm doch dieses gütig an,
Was hier die treue Hand aus Liebe überreicht,
Weil ich für dieses mal nichts Beßres geben kann,
So nimm es gütig hin und bleibe mir geneigt.

 
Eine Satire auf die
Verfassung von Schlesien,

während der Kaiserlichen Regierung
1740.

Als Friedrichs große Macht in Schlesien marschiret,
Da bin ich gleichfalls mit als Volontair passiret:
Mich trieb der Vorwitz und die Neubegierde an,
So daß ich meinen Weg ein wenig seitwärts nahm.
5
Da ich mich von dem Marsch der Preussen abgetrennt,
Kam ich vor eine Stadt, die man Schwibus benennt,
Und als ich im Begriff daselbst hineinzugehn,
Sah ich ein Frauenbild bei einem Baume stehn.
Sie ließ die Traurigkeit aus allen Mienen blicken,
10
Die Hände waren ihr gebunden auf den Rücken,
Die Augen thränenvoll, die Haare ganz zerstreut,
Und als ich näher kam wars die Gerechtigkeit.
Ich fragte ganz bestürzt, was ist euch denn geschehen,
Madame, daß man sie hier so betrübt soll sehen;
15
Wenns nach den Rechten ging, so sollet ihr ja schon
Heut auf dem Rathhaus seyn und bei der Session.
Ach, hub sie seufzend an, dem Himmel seys geklaget,
Man hat mich schon vorlängst aus dieser Stadt verjaget,
Da lebt ein jeder so wie es ihm selbst beliebt:
20
Das ist es, was mir jetzt so Geist als Herz betrübt.
Bemühet euch, mein Freund, ein wenig umzusehn,
Da wird ein neues Haus vor jenem Thore stehen,
Da wohnt ein Herr vom Rath, ein Schalk in seiner Haut,
Der mit Particken hat dies Häuschen aufgebaut.
25
Da geht der krumme Schalk, schaut wie er spekuliret,
Weil er Betrug und List in seinem Schilde führet:
So sieht er unter sich nach Art der falschen Welt,
Er sucht die Schlüssel zu der Bürger Gut und Geld.
Nun wollt ich euch noch mehr von gleicher Gattung zeigen;
30
Doch weil so Zeit als Ort mir itzt befiehlt zu schweigen,
So sag ich nur noch dies: der Consul und der Rath,
Die stimmen überein sowohl in Wort als That.
Der große Carolus, der noch in Schriften lebet,
Und dessen theure Seel itzt bei der Gottheit schwebet,
35
Der gab aus Gütigkeit der Invalidenschaar
Gewisses Gnadengeld zur Unterhaltung dar:
Es theilt sich dieses Volk in unterschiedne Städte,
Das war nun eben recht vor unsre Herren Räthe.
Sie delibrirten bald, und machten diesen Schluß,
40
Daß man bei unsrer Stadt auch welche haben muß.
Indem sie dieses sagt, vergoß sie bittre Thränen:
Ach weh, o Grausamkeit, thät sie an mich erwähnen,
Man hat genommen mir die Wage, welcher Werth!
Die Händ gebunden mir, dazu geraubt das Schwerdt,
45
Die Großen legten an der Bürgerschaft viel Gaben,
Und das zu diesen Zweck, daß sie nichts sollten haben,
Ihr Güter brachten sie an sich mit Listigkeit,
Und die betrieben sie fast stets zu jeder Zeit.
Weil nun die Bürgerschaft die Steur nicht mehr konnt geben,
50
Also empfingen sie dreihundert Mann auch eben,
Mit sie ward bequartirt ein jeder Bürgersmann;
Doch wie es weiter ging hört mich nur ferner an:
Man richt ihm Zimmer zu, indem sie gute Zahler,
Ein jeder geben muß des Jahres Mieth sechs Thaler;
55
Und ob der meisten gleich nicht hier war ihr Bestand,
Indem sie mußten weg heim in ihr Vaterland,
Jedennoch kamen sie ihr Geld hier zu empfangen,
Und mußten auch sobald alda das Miethgeld langen.
Ja diese hatten all die Großen unter sich,
60
Kein einzger ihm zukam. Nun höret ferner mich:
Sie bauten vor das Volk aus Stall und Winkel Häuser
Darein zu setzen sie, die nicht vor sie der Kaiser
Wohl aber dieser Stadt, die in der Bürgerpflicht
Die Gaben rechnen dran und sollten geben nicht.
65
Es konnten viele nicht nicht einen Mann erlangen,
Ob sie gleich oft und viel zum Herren seyn gegangen;
Sie sagten bald zu ihm: geht ihr habt eu'r Bericht
Nicht bei euch schickt es sich, und ihr verstehts auch nicht.
Sie machten sich gar frey, daß sie nichts durften geben,
70
Und also thäten sie bei großen Gütern leben.
Es mußten ihre Werk und Thun stets seyn gerecht,
Auch trotz dem, der nur was wieder das aufbrächt.
Im Gaben mußten sie die Bürger übertragen,
Und dieses konnten sie auch keinem Rechten klagen:
75
So also bin ich hier aus dieser Stadt verbannt,
Daß ich itzt und darin bin nun nicht mehr bekannt.
Ich sprach, sie sey getrost, man wird sie wieder kennen,
Ein jeder Mann wird sie sein Schatz und Freundin nennen:
Dem Könige gehört mit Recht das ganze Land,
80
Der der wird geben ihr ihr Schwerdt in ihre Hand;
Und ob er gleich noch ist in seiner Blüth der Jugend,
So find't man doch an ihm das Muster aller Tugend.
Er liebet Frömmigkeit, die reine Gotteslehr,
Und mit ihr zieht ins Feld Gott selbst sein Engelheer;
85
Ich selber werde ihm auch dieses alles sagen
Das was sie so betrübt und was sie mir thut klagen.
Mit ihr macht ers bald aus, es ist geschehn der Schluß,
Daß sie sich packen soll, daß sie nun weichen muß.
Sie darf nunmehro nicht an keine Macht gedenken,
90
Sonst wird der König sie gewißlich lassen henken.
Ein jeder nehm sich nur vor diesem Weib in acht!
Auf daß er nicht mit ihr werd auf den Bau gebracht.
Sie glaub mir sicherlich, sie wird an ihm den finden,
Der ihre Hände wird auflösen und aufbinden:
95
Sie hoffe nur getrost, indem ich weiter geh,
Sie leb indeß vergnügt, ich sage ein Adieu.

 
Arie.
In Schwiebus
1742.

Vergnügte Einsamkeit! du bist die Ruhe,
So meine stille Brust sich längst erwählet,
Was ich hier unternehm, gedenk und thue,
Das wird der Weltcensur nicht aufgestellt;
5
Bin ich gleich stets allein und ganz verborgen,
So bleibt mein freier Sinn doch ungekränkt:
Ich lebe höchst content und ohne Sorgen,
Weil mir die Einsamkeit Vergnügen schenkt.

Es giebt verschiedene Art von Lustbarkeiten,
10
So die galante Welt höchst schätzbar preist;
Doch wenn mans überlegt sinds Eitelkeiten,
Drum sag ich noch einmal: mein freier Geist
Ehrt mit gelaßnem Muth die stillen Stunden,
So das Verhängniß mir hier zugezählt,
15
Es wird auch in der That sonst nichts gefunden,
Das mehr Vergnügen giebt und mir gefällt.

So magst du denn o Welt, das Eitle loben,
Geh mache dir Pläsir wie dirs beliebt,
Mir ist die größte Lust noch aufgehoben,
20
Die dort das höchste Gut den Seelen giebt.
Ach ich verlache nur das Weltgetümmel,
Indem mein Herze sich die Losung setzt:
Mein bester Theil mein Schatz ist noch im Himmel,
Und hier ist Einsamkeit was mich ergötzt.

 
Ein Fräulein, Namens Evchen,
will ihren Namen nicht hören,
darüber wurde gesungen:

1742.

Englisches Evchen, ach gieb dich zufrieden,
Movire dich doch nicht, wenn man dich so nennt;
Ist dir der Name nun einmal beschieden,
So leid ihn geduldig und lebe content:
5
Eva ward höchst vergnügt, da es die Vorsicht fügt,
Daß sie der Adam sein Schätzchen genennt.

Nun denn, mein Evchen, so wird dirs auch gehen,
Ob dich dein Name gleich itzo verdriest;
Ich sichre, da wirst du schon freundlicher sehen,
10
Wenn dich ein Adam einst rufet und küßt:
Dann wird recht buchstabirt, gelesen und vexirt,
Wenn uns die Liebe den Namen versüßt.

 
Der 13te Mai 1758,
als der
Tag des Schreckens in Glogau.


Mit einer ihren Gram erzählenden Gebärde
Wirft Glogau noch den Blick zur Erde,
Und ist an Schutt und Klagen reich.
Der Fremdling siehet noch den Staub vom Heiligthume,
5
Und wird, der Menschlichkeit zum Ruhme,
Bey traurigen Ruinen weich.

Und mehr als er vom tiefen Schmerz bezwungen,
Vom stärkern Mitleid mehr durchdrungen,
Sing ich die halb zerstöhrte Stadt.
10
Und noch betäubt vom schwarzen Schreckens-Tage
Wird mein Gesang wie ihre Klage,
Und mein Gedank wie ihrer matt.

Beim Ueberrest vom ihrem schönsten Kleide,
Beim Aschenhaufen ihrer Freude
15
Sitzt sie, und weint, und ist von Seufzen voll.
Trost komm herab und trockne ihre Wange,
Und unterstütze mich, wenn ich ihr im Gesange
Den Tag des Schreckens schildern soll.

Betrübte! da du dich jedweder Lust verzeihst,
20
Und auf dein Haupt den Staub von deinem Schmucke streust,
Da sing ich einen Tag, der dich voll Jammer machte,
Als deines Scheitels Pracht abscheulich niederkrachte.
Ich singe Gottes Zorn, der über dir entbrannt,
Da als sein Knecht der Sturm sich mit der Gluth verband.

25
Auf Friedrichs Siege stolz, von keiner Furcht zerstreuet,
Und lachend hattest du dich zu dem Fest geweihet,
Das man mit Mayen schmückt bis an des Altars Horn,
Die Ahndung sagte dir nichts von des Höchsten Zorn,
Bis die Erschrockenheit in deinen Gassen heulte,
30
Und der Zerstöhrung Flug die Flüchtigen ereilte.
Welch ein verwirrt Geräusch nahm deine Straßen ein!
Beflügelt von der Angst lief unter hohlem Schreyn
Ein Schwarm von Bürgern hin, damit er auf die Thürme
Mit Wasser und mit Müh der Gluth entgegen stürme;
35
Vereitelt ward die Müh, vergrößert die Gefahr,
Unaufhaltsam die Gluth, der Bürger nahm es wahr.
Und nun entschloß er sich den Seinen zuzulaufen.
Wie, wann ein Schäferstab den vollen Ameishaufen
Zerstöhrerisch durchwühlt, das sammlende Insekt
40
Mit banger Forschbegier des Schreckens Grund entdeckt,
Den Nachbarinnen winkt und um den Stab sich häufet,
Dann seinem Vorrath nimmt und schnell die Flucht ergreifet,
Und in dem öden Wald sich andre Wohnung sucht;
So wimmelnd, so bestürzt ergrif dein Volk die Flucht.
45
Nun wankten Wittwen fort, des Mitleids Gegenstände!
Und Waysen wanden sich um ihrer Mütter Hände;
Nun floh der beste Mann, ihm loderte das Haus
Schon auf den Nacken nach, die Hitze trieb ihn aus.
Nur sein geduldig Herz und seiner Gattin Schritte
50
Begleiteten ihn hin in eine fremde Hütte;
Dort brannte Dach und Wand, die Wuth der Flammen schlug
Dem feuchten Bette nach, das einen Kranken trug.
Die Träger liefen fort, der Vorwurf vom Erbarmen
Lag in der Ohnmacht da, wie in des Todes Armen;
55
Und weinend ward sein Blick dem Himmel zugewandt,
Da er ermuntert sich im fremden Hause fand.
Er rief: Ein Wunderwerk hat mich hieher getragen,
Und hörte rund um sich vom Tag des Schreckens sagen.
Egyptens Finsterniß umwölkte diesen Tag,
60
Der wie die schwere Hand des Himmels auf dir lag.
Verbreitend ward die Furcht, das Schrecken und die Flamme,
Der Säuling zitterte am Busen seiner Amme;
Ein Greiß nahm seinen Sohn, der wie ein Schatten schlich,
Und beyde stöhnten laut, und jeder wollte sich
65
Dem schwarzen Dampf entziehn, der gräßlich sich verdickte,
Der Sohn kroch in ein Haus, hier schlief er und erstickte;
Der Vater, stark von Angst, entdrängte sich der Noth,
Und fühlte halb verbrannt noch mehr als einen Tod.
Sie flohn, sie bebten fort aus vollgeflammten Gassen,
70
Die Bürger, die der Gluth den Vorrath musten lassen.
Die Flamme wälzte sich und flog von Dach zu Dach,
Das nasse Element ward nützenloß und schwach;
Die Winde wirbelten und spielten mit dem Bogen,
Der aus Maschinen stieg, die du herbey gezogen.
75
Begierig fraß die Gluth ein Drittheil deiner Pracht,
Und ach! ihr Hunger ward nur hungriger gemacht,
Und unersättlich flog sie über Wall und Mauer,
Ihr Geitz fiel Häuser an, um deren ewge Dauer
Der Vorwelt bessrer Christ sich fromme Sorgen gab,
80
Die Hütte Gottes fiel auf deiner Väter Grab.
Altar und Lehrstuhl ward der Vorwurf der Verwüstung,
Sieh hier die Würksamkeit der göttlichen Entrüstung.
So schwarz, so grauenvoll wie eine Mitternacht,
Die ein gekreuzter Blitz erschrecklich heiter macht,
85
So war der Kreis der Luft vom Dampf der großen Hütte,
Die ihren Untergang bis auf den Eckstein litte.
Der Schmerz durchbohrte dich, sie fiel - - ach - - und ihr Fall
Erscholl in deinem Ohr so furchtbar wie der Knall,
Der zu dem Wetterstrahl freundschaftlich sich gesellet,
90
Und schnell dem Atheist sein Lehrgebäud zerschöllet;
Er hört, erschrickt und spricht zum Zweifel und zum Spott:
Schweigt, o ihr Rasenden! im Donner schilt ein Gott.
So scheltend war für dich des Feuers rauhe Stimme,
So überredend war sie von des Höchsten Grimme.
95
Die Redner, die dir oft von seinem Zorn gesagt,
Wenn du dich Schritt vor Schritt zur Unart hast gewagt,
Die sahn mit starrem Blick, wie sich die Flamme nährte,
Und Zions Herrlichkeit im Augenblick verzehrte.
Ach! ihr gerechter Schmerz entkräftete die Hand,
100
Sie ließen Buch und Kleid der Gluth zum Gegenstand;
Nur Kinder, die zu nah an ihrem Herzen lagen,
Hat Zärtlichkeit und Angst aus der Gefahr getragen.
Gott! Vater! zärtlichster und bester Menschenfreund!
Ists möglich, wurdest du dem Opferberge feind?
105
Wie? oder hast du nur den Altar umgerissen,
Daß unsre Herzen nun Altäre werden müssen?
So sprach der Schmerz in uns, da unser Herz erwog,
Was in der Hütten Rauch uns für ein Glück entflog;
Da das betönte Erz im Schutt danieder schmelzte,
110
Und da ein Berg von Gram sich uns in Busen wälzte.
Die Häuser loderten, wo sonst der Priester wohnt,
Und von der Flamme ward die Schule nicht verschont;
Ihr zweiter Lehrer frug nach der, die ihn geboren,
Die alte Redliche, ach Gott! sie war verloren.
115
Des Feuers stärkrer Schritt hohlt ihre Schritte ein,
Ihr Sarg, ihr Grabmahl mußt ein Aschenhaufen seyn,
Und ihre Asche ward ein Spielwerk für die Winde.
So kamen Fromme um, da wegen seiner Sünde
Das jüngre Tyrus fiel, da sich die Erde hub
120
Und Lissabonnens Stolz in ihren Riß begrub.
In dir, o Glogau! traf der Donnerschlag der Strafe
Die Unschuld wie die Schuld, den Hirten wie die Schafe.
Gott fuhr auf Fittigen des Sturmes stark einher,
Und seiner Räder Gang war rollend wie das Meer,
125
Das den, der Schiffbruch litt und nach dem Ufer strebet,
Bald an den Abgrund stößt, bald an die Wolken hebet;
Und bald im Kreise dreht, und wann er Land gefühlt,
Ihn grimmiger verfolgt, und dann zurücke spühlt.
Vor Angst umher geschwankt im tiefen Thränenmeere
130
Kams unsern Herzen vor, als ob sie kleiner wäre,
Die fürchterliche Gluth, doch ach! ihr Hinterhalt
Brach heftiger hervor mit prasselnder Gewalt;
Sie machte Wendungen, an die wir nicht gedachten.
So greift der größte Held, der Sieger in den Schlachten,
135
Den schon verwirrten Feind am sichern Rücken an,
Und schlägt ihn bis aufs Haupt, eh er sich wenden kann.
So wandte sich die Gluth, die Häuser zu entprachten,
Die stolz auf Stein und Kalk ihr nur entgegen lachten;
Nun wütete sie fort, so wie ein Löwe brüllt,
140
Der einen weiten Wald mit Furchtbarkeit erfüllt.
Und brüllend höhnte sie dem Löschenden entgegen,
Und spottend fraß ihr Schlund der Bürger Schweiß und Segen.
Mit einem sanften Muth voll innerlicher Ruh
Sah der Verzehrerin der Blick des Frommen zu;
145
So ruhig unterwarf dem göttlichen Befehle
Sich einst der Patriarch, der an des Sohnes Kehle
Das Messer setzen sollt, so folgsam band er ihn
Und machte sich geschickt das Opfer zu vollziehn -
Hier opferte sein Haus, das bis zur Schwelle brannte,
150
Der Fromme, der den Herrn, den Gott im Feuer kannte.
Ihm gegen über saß und raufte sich sein Haar
Der, dem des Morgens noch sein Gut ein Abgott war.
Tiefsinnig saß er da, der durch die Gluth versuchte,
Wie der im Lande Uz einst seinen Tag verfluchte,
155
Und zagend nur den Tod und die Vernichtung rief,
Und den beneidete, der schon im Grabe schlief.
So melancholisch hat die Ungeduld gesessen,
Die ihre Seeligkeit nach einem Gut gemessen,
Das jenseits hinters Grab uns nicht begleiten mag,
160
Und diese Seeligkeit entwand ein halber Tag.

      [ II ]

O Glogau! welch ein Tag war über dich beschlossen,
Die Thräne der Natur wär gern herabgeflossen;
Ach! unumwölkt und hell und trocken blieb der Tag,
Der dich Gebeugte sah, die in der Asche lag.
165
Das große Vorrathshaus, gefüllt vom Held und Weisen
Sein streitbar Heer im Feld mit Ueberfluß zu speisen,
Ward von der Gluth verstört, gewaltig war der Brand,
Ein Berg von Korn und Mehl ward nun der Gegenstand.
Nun fraß die Schreckliche des Hauses Eingeweide,
170
Noch lange wird der Duft vom glimmenden Getreide
Durch deine Gassen ziehn, noch lange brennt das Haus,
Des Feuers Grausamkeit späht die Gewölber aus,
Stürmt alter Särge Thür, dringt zu den Aschenkrügen
Und läßt die Todten nicht in ihren Kammern liegen.
175
Hier, wo vor langer Zeit die Kanzel und Altar
In dem geweihten Schiff des Welterlösers war: *)
Hier, wo einst Frömmigkeit und Andacht niederknieten,
Und durch Gebärd und Blick ihr betend Herz verriethen,
Hier loderte die Gluth, schon ward der Markt erhitzt,
180
Schon zitterte der Saal, wo die Versammlung sitzt,
Die väterlich und treu dein wahres Wohl erwäget
Und im beschloßnen Rath zum Grund dein Bestes leget.
Schon ward der Thurm von ihr mit heißem Hauch berührt,
Der weit entfernt von dir den Schritt des Wandrers führt.
185
Doch die ergrimmte Gluth, die ließ sich nicht gelüsten
Dir deinen Mittelpunkt das Rathhaus zu verwüsten.
Mit großen Schritten ging nun die Verderberin
Bis zum berufnen Thor und zu den Wällen hin,
Wo einst mit kriegerischen, erobernden Vergnügen
190
Im Angesicht der Nacht die Preussen dich erstiegen.
Du stauntest, denn du sahst, es brannte Brück und Thor
Und auf dem Lande stieg ein, dicker Dampf empor.
Voll Angst und Flammen stand das schönste deiner Dörfer,
So wie ein feindlich Heer durch schnelle Feuerwerfer
195
Entlegene Häuser trift, so traf der Gluth ihr Flug
Das ziemlich ferne Dorf. Der Strohhuth, den es trug
Der fing die Funken auf, die bald zu Flammen worden,
So wie ein schneller Blitz vom heißen Süd in Norden
Im Augenblicke fährt, so fuhr auf Haus und Stall
200
Der sich vergrößernde geschwinde Feuerball.
Im kleinsten Punkt der Zeit brannt eine Häuserreihe,
Das Feld erschütterte vom kläglichen Geschreie.
Dort trug ein fliehend Weib ihr halb bekleidet Kind,
Hier lief ein blökend Schaaf und dort ein brüllend Rind;
205
Nun kommt ein grauer Mann, schon nah am Sterbebette,
Er eilt, daß er sein Geld sich zum Begräbniß rette;
Die niedre Hütte brennt, dort drängt er sich hinein,
Das Estrich stürzt auf ihn, hier muß sein Kirchhof seyn.
Das ganze Dorf ging auf, nur Scheuern blieben stehen,
210
Der reichste Bauer sah sich in die Armuth gehen;
Mitleidig blicktest du des Dorfes Jammer an;
Du, die von jeglichem selbst Mitleid fodern kann.

Dort, wo der Oderstrom durch grüne Wiesen schreitet,
War ein bekümmert Heer von Bürgern hin verbreitet;
215
So lagern Bienen sich auf einen breiten Ast,
Wenn ihren hohlen Raum die Gluth hat angefaßt,
Wenn ihr Gesammeltes und ihre Zellen brennen,
Und wenn die Flüchtlinge ihr künftig Haus nicht kennen.
Hier lag der Greiß, der Mann, der Jüngling und das Kind
220
Und die Geschöpfe, die der Jüngling lieb gewinnt,
Und Weiber, die der Gluth den Zierrath überließen,
Die nur den besten Mann ihr übrig Kleinod hießen.
Weit von dem Stolz entfernt, ward hier nicht an die Pracht,
Nicht an die Eitelkeit und nicht an Rang gedacht.
225
Der Reich und Arme sah mit Furcht erfüllten Blicken,
Wenn nun der Pulverthurm in Millionen Stücken
Durch Hitz und Gluth zersprengt, würd in die Lüfte fliehn,
Gegründet war die Furcht, die Flammen drohten ihn.
Doch da sie noch einmal sich schrecklich wenden wollten,
230
Ward von dem Ewigen ihr Schritt zurück gescholten.
Ihn jammerte des Volks, das draußen weinen saß
Und traurig seinen Zorn im Dampf und Feuer laß.
Er sprachs: die Flamme stand, so stand im rothen Meere
Die zahmgewordne Fluth, bis die erschrocknen Heere
235
Vom Hause Israel vor des Egypters Macht
Den unbenetzten Fuß ans trockne Land gebracht.
O du gebeugte Stadt! gesteh es Gott zur Ehre,
Sags deinen Kindern vor, daß es die Nachwelt höre!
Sprich, daß der Herr dein Gott von seinem Zorne lies,
240
Und daß ein Blick von ihm der Gluth die Gränzen wies,
Die viel verwüsten kann im Zeitraum einer Stunde.
So schnell verderberisch rollt aus dem offnen Schlunde
Des brennenden Besuchs ein Schwefelstrom herfür
Und sprudelt Meilen weit und sängt des Landes Zier
245
Die bunten Auen ab, und wird der Dörfer Schrecken,
Der Landmann sieht sein Feld mit heißem Gries bedecken;
Er zittert, zagt und schreyt, vor Schrecken wankt sein Schritt,
Nun kommt der Feuerstrom und nimmt ihn grimmig mit,
Und zischet durch die Flur, bis seine Wuth verkürzet,
250
Sich brennend in den Schooß grundloser Seen stürzet.
In einen engen Raum, wo arm an Kalk und Stein,
Und reich an Holz und Leim die alten Häuser seyn,
Da hat die Gluth vom Herrn schnell den Befehl vernommen,
Bis hieher soll dein Schritt, nicht weiter soll er kommen,
255
Und dreimal bückte sie vor seinem Wort ihr Haupt,
Und ihrer Stärke ward von nun an nicht erlaubt,
Des Wassers Würksamkeit so frech zu widerstehen,
Sie eilte klein und matt zu ihrem Untergehen;
Und nun verließ das Volk sein Lager vor dem Thor,
260
Nun richteten ihr Haupt die Klagenden empor.
In einem säuselnden gelinden Windeswagen
So fuhr der Gott herauf, vor den wir betend lagen,
Und Engel lasen es in seinem Angesicht,
Was die Barmherzigkeit in seinem Herzen spricht;
265
Und Engel freuten sich, daß seine Gnade wolle,
Daß deine Asche sich in Glanz verwandeln solle,
Und daß er im Gefühl der ewgen Liebe schwur,
Er wollt in Zukunft nicht die Kräfte der Natur
Zu deinem Untergang mit stärkern Waffen rüsten,
270
Kein feurig Zorngericht, kein loderndes Verwüsten
Sollt dein Zerstöhrer seyn, du solltest prächtig blühn,
Bis Seraphs einst mit ihm zum Weltgerichte ziehn.
Sein Lächeln, seine Huld, das soll dich neu gestalten,
Sein volles Segensmaaß das soll dich schadlos halten.
275
Beschränke deinen Gram, entnässe deinen Blick,
Und sieh betrachtungsvoll in jene Zeit zurück,
Da deine Ahnen auch in Staub und Asche saßen,
Und in der Zukunft doch Verlust und Gram vergaßen;
Da aus den Schwellen, die ein großer Schutt begrub,
280
Gott eine schönre Stadt als die verbrannte hub.
Er ist noch eben der Allmächtige und Große,
Stark, daß er in den Staub des Helden Feinde stoße,
Und wunderthätig, daß er mitten in der Schlacht
Aus grimmigem Gefühl den Trieb zum Frieden macht.
285
Er sprichts, so sinkt das Schwerdt, so schweigen die Kartaunen,
Und sein Gesalbter schließt, den Völkern zum Erstaunen,
Verträge, die den Ruhm, den der Monarch erfocht,
Noch mehr verherrlichen, und Kränze, die er flocht,
Wird sich die Ewigkeit um ihre Scheitel winden,
290
Du aber wirst dein Glück in seiner Ruhe finden.
Da denket er an dich: so hat ein Gott gedacht,
Da aus dem Chaos ward die beste Welt gemacht;
Und sein Gedanke wird von einem Gott geschaffen,
Der segnend auf dich blickt, als wie auf Friedrichs Waffen.
295
Sey ruhig, schüttle Staub und Kohlen von dir los,
Und blühe wieder neu und wachse wieder groß.
Sey froh, doch sey nicht frech, so daß auf Feuerwagen
Die Rache Gottes sich zu dir herab muß tragen;
Sey prächtig, bis die Pracht der besten Welt zerschmelzt,
300
Bis in die Ewigkeit der lezte Tag sich wälzt.
 
*)
Das Königl. große Provianthaus, ehedem aber, und zwar
von 1643 bis 1651, war es unter der Benennung des Schifflein
Christi, eine Kirche für die Evangelische Gemeinde.

 

Schlesisches Bauerngespräch
zwischen Vetter Hanß und Muhm Ohrten,
gehalten zu R .... bei Großglogau
im November 1758.

Muhm Ohrte.
Ih, lange nicht gesahn, und doch noch gut gekannt,
Willkommen Vetter Hans, mei Herz giebt dir die Hand,
Bist du noch hübsch gesund? du scheinst mir nich recht munter;
I worum schlägst du dann die Augen so herunter?

Vetter Hans.
5
Die Zeiten seyn darnach. Wer kann doch lustig seyn,
Der Krieg ist noch nich gar; und nach dem prophezeyn
Soll er sich eher nich als in fünf Jahren schlüßen.
Wie vielmal wird man da noch Haber liefern müßen;
Und Haber nich allein auch Stroh und Heu und Korn.

Ohrte.
10
Wer kann sich helfen, wanns der liebe Goot im Zorn
Nu so beschlossen hat, so müßen wir es tragen.
Doch jo fürwohr! du darfst dich übern Krieg beklagen;
Die andre Woche trug ich Butter in die Stadt,
Da laß des Bürgers Frau das Breßlau'r Zeitungsbladt,
15
Da magst dus gläuben hat mich durch und durch gefroren.
Die Russen do sie nu die große Schlacht verloren
Die haben auf der Flucht das Müthel sich gekühlt.
Man spricht daß der Cosack nur wie a Ochse fühlt,
Un wann a nich wie wir im Aussahn menschlich wäre
20
So dächte man a wär die Zucht von Zeidelbäre,
Und wie gesoht a Ruß, der muß kei Mensch nich seyn
Sunst käm ihm doch auch mohl a bißel Mitleid ein
Sonst würd a nimmermehr so sengen und so brennen
Und so den armen Baur das Saamkorn nähmen können
25
Bedenk dirs nur a mahl wie dir zu muthe wär,
Wenn sulch a Feind nu käm der deine Scheuren leer
Und deine Speicher rein von Grüz und Graupe machte,
Dich schändlich prügelte, und wenn du flentest lachte,
Dir Küh und Kälber nähm; und Ochsen von dem Pflug
30
Dir für die Köpfe schlüg, und dich den grösten Krug
Dan du im Hause hättst, mit Brandwein füllen hieße,
Und dir dan lezten Rock glat von dem Buckel riße.
Jo lieber Vetter Hans die Breßla'ur Zeitung soht
Es iß a Volk was nischt nach Goot nach Menschen froht,
35
Sie laßen einen nich a mohl das Hemd am Leibe;
Und mancher Man der muß mit seinem jungem Weibe
Su was beginnen sahn was sich nu gar nich schickt,
Man redt nich gern davon. Und wirklich man erschrickt,
Wenn man die Dinge hört, es iß gar nich zum lachen,
40
Sie solns a wing zu arg mit jungen Frovolk machen.
Du Vetter Hans du hast och noch a hübsches Weib,
Die wär für den Cosack a bißel Zeitvertreib,
Du argertest dich närsch, und das in einer Stunde.

Hans.
Mit einer Sense hieb ich sieben solche Hunde
45
Recht in die Mitten duach. Muhm Ohrte, hohl mich Goot
Mir solten nimmermehr a solch verdammter Spoot
Vom bösen Volk geschehn, was? mir mein Weib zu schänden?
Zehn Kerls die müsten erst vor mir das Leben enden.
Denn die ich nich erhieb, die spiest ich an die Wand.

Ohrte.
50
Du armer Stümper du, redst wie Hans Unverstand.
Der Muskowitter fragt dir viel nach deiner Sense
A nähme dir dein Weib, und wenn du funfzehn Hänse
Die auch so patzig thun noch zu Gehülfen nähmst,
Und wenn du hundertmal mit deiner Gabel kämst,
55
Wie würd a das Gewehr dir an dan Schädel setzen,
Sein Säbel würde dir das kluge Maul zu fetzen,
Denn wo viel Hunde sind da ist der Haasen Todt.
Der liebe Gott bewahr uns weiter für der Noth,
Wir sitzen hier gewiß noch wie im Rosengarten
60
Du kanst dein Ackerwerk wie sichs gehört abwarten,
Dort in den Ländern wo der Krieg sich tummeln geht,
Da pflügt, da sät man nich; und was im Felde steht
Ist für die Reuterey, es ab zu furagiren.

Hans.
Wans so iß darf mans nich erst in die Scheune führen.
65
Doch Spaß bei Seit gesetzt, Muhm Ohrte du redst wahr,
Der gar zu schwere Krieg der krümmt uns noch kei Haar,
A kommt uns dann und wan nur so a bißel nekken;
Verwichen kamen uns die Rußen och erschröcken,
Doch haben wir da Schröck nich sunderlich gefühlt,
70
Es kam uns nur so für als wan sichs Wetter kühlt.
Denn Gott sey Lob und Dank! sie seyn noch nich gekommen
Und haben uns von Stroh die Betten weggenommen;
Ich kann in Sicherheit noch meine Furchen ziehn
Und wenn ich hintern Pflug mich heischer gnug geschrien,
75
Da denk ich Abends dann auch an das Ausgespanne,
Da fahr ich heim, und dann kommt meine liebe Anne
Und lacht mich freundlich an, und dreymal streichelt sie
Mich um das Kinn herum, und macht daß ich die Müh
Die mir der Pflug gemacht schon halb und halb vergeße,
80
Nu wird der Tisch gedeckt, ich setze mich und eße
Mei Käsenbrod mit ihr, und meinen Hirschebrey
Und eine dicke Milch, das seyn der G'richte drey,
Die schmecken mir und ihr so gut und zehnmal beßer
Als in der großen Stadt dem Leckerbißel Eßer
85
Das ausgeschlurfte Ding, wie hests doch immer mehr?
Wie wul ich mag es nich, denn mir graut viel zu sehr.
A sulcher Schnecken-Fraß iß nicht für unser einen,
Der Städter spült sichs ab mit theuren Unger Weinen.
Ich wull so satt wie er trink Wasser aus dem Quell,
90
Das schmeckt aufs Käsenbrodt und iß so klar und hell,
Als wie der Himmel iß am schönen Frühjahr Morgen,
Ich trinke mich nich krank, und keiner Schulden Sorgen
Die schleichen mir a nach bei dem zu Bettegehn;
Und nu thut Annel erst mit mir recht wunderschön.
95
So müd als ich auch bin so kan sie doch nicht laßen,
Sie muß mit ihren Arm mich um den Naken faßen.
Wie lucker thut mir das, mich schläffert wull recht sehr,
Sie aber guschelt mich und schmeichelt immer mehr,
Bis ich ihr gute Nacht mit großem Schmunzeln sage,
100
Und nu verschlafen wir des Tages Last und Plage.
Wir schnarchen ungestört, kein Krieg und Kriegsgeschrei
Weckt mich und sie vom Schlaf, der Morgen kommt herbei.
Der Haushahn kräht zweimal und macht daß wir erwachen,
Ich gähn a mal und heiß mei Annel Licht anmachen.
105
Sie iß a flinkes Weib, kaum hab ich ausgeredt
So springt sie eichel ganz und munter aus dem Bett.
Ich fahr ihr hurtig nach, und bet a Morgen-Seegen,
So kurz als möglich iß; denn unsers Herr-Goots wegen
Verwendt man nicht viel Zeit. Verzeih mirs Goot! wir seyn
110
Zum Flegel nur gemacht, und zu den Picheleyn.
Doch iß ihm auch vielleicht das kurze Stoßgebethe
Wohl angenehmer noch als wenn ich heillig thäte,
Als wie der Städter thut, ders Auge wie a Kalb
Im Kopfe rummer dräht, und doch sei Harze halb
115
An seinen Wucher hängt, und halb an die Dukaten,
Wir Bauersleute thun was unsre Väter thaten.
Wir beten kurz und gut, und gehn zur Arbeit hin:
Du kanst mirs gläuben wenn ich in der Scheune bin
Und nu den Flegel so mit beiden Armen schwenke,
120
Daß ich bei jedem Schlag an lieben Goot gedenke.
Und wenn der Flegel nu den Hunger hat erweckt,
Dann fühl ichs recht wie gut das warme Frühstück schmeckt.
Kein Talpatsch, kein Pandur und wie sie alle heißen,
Kommt nicht un mir das Brodt vom Maule wegzureißen.
125
Ich habe Ruh und Brodt.

Ohrte.
I ja! erkenst dus nu?
Vor hingst du jo den Kopf als wenn du keine Ruh
Und keinen Bißen Brodt mehr in der Hütte hättest,
Als wenn du mit der Flucht dich für den Feinde rettest.
Ja unser Herr Goot machts euch Leuten keinmal recht,
130
Es wär kein Wunder nich daß er euch strafen möcht.
Ihr seyd wohl blind und taub und gar von Sinnen kommen,
Sonst säht ihrs ja daß er uns hat in Schmutz genommen.
Ihr schmählet auf den Krieg, da doch der Krieg nich kam
Und euch durch Feur und Schwerdt noch das geringste nahm.
135
Das bißel Liefern iß nu alles was ihr traget
Worüber ihr nu gar a su abscheulich klaget;
Doch keiner iß so klug, und keiner denket dran,
Daß oft der Künig kaum für Sorge eßen kann.
Och lieber Vetter Hans es iß nich auszusogen,
140
Wie vielen Kummer och der große Herr muß trogen,
Er hat dir meiner Seel nich eine Stunde Ruh,
Wie manche Nacht thut er wohl nich a Auge zu.
Gedenk dir nur einmal, Er schlug die Mußcowitter
Und trieb sie von uns weg als wie a schwer Gewitter
145
Zurück getrieben wird, wenns Goot dem Winde sogt,
Daß a wo anders hin die schwarzen Wolken jogt.
Und als Er fertig war must Er sich jählig wenden,
Er ging nach Sachen zu. Er muß an allen Enden
Mit an der Spitze seyn. Denn wo der Künig steht,
150
Da weis man schon wie gut die ganze Sache geht.

Hans.
Ach ja es geht ju doch nicht allemal zum besten,
Den gestern hört ich was von unsers Scholzes Gästen;
Sie kamen aus der Stadt bey ihn zur Kürmes raus,
Doch sie erzählten ihm die Sache nicht recht aus.
155
Von Oesterreichern wars und och vom Ueberfalle,
Und do ich horchen wolt do wor das Ding schon alle.

Ohrte.
Ho, ho wenns sunst nischt iß, das Ding iß mir schon alt,
Und ich vergaß es nur, sonst hätt' ich dir es bald
Von Anfang her erzählt, ich will dirs nur noch sogen:
160
Bey tage wolte sich kein Oesterreicher schlogen.
Im Finstern kamen sie; so wie in mancher Nacht
Der Marder sich a Loch an meiner Schwelle macht,
Und durchgekrochen komt die Hühner todt zu beißen,
Sie krochen uf den Bauch ins Lager zu den Preußen,
165
Da alles noch im Zelt und tiefem Schlafe lag,
Doch wacker wurden sie bezahlet auf den Tag.
Gevatter Urßels Mann der hat es hergeschrieben,
Daß gar a schmählich Volk iß auf den Plaz geblieben,
Viel Todten lagen da und nischt gewonnen sie,
170
Und gleichwohl thun sie dick, es lohnt sich für die Müh.
Das kommt mir bald so für, als wie vor vierzehn Tagen
Des Kretschmers Knecht im Schlaf da Hoseknecht geschlagen.
A schlug ihn nur a mal, und der sprang auf und schlug
Des Kretschmers Knecht daß man ihn auf der Trage trug.
175
Ich dächte, wenn sie still von ihren Thaten schwiegen,
Durch Großthun werden sie die Schlege doch nich kriegen.
Es wär och gar nicht gut, doch das läst Goot nich zu,
Gelt, lieber Vetter Hanß, du denkst doch och a su?

Hanß.
I freilich denck ich su, denn wenns Goot wollen haben,
180
So hätte ja der Krieg die Preussen schon begraben.
Das iß gar nich erhört, daß sich a einziger Mann,
Der eine Crone trägt, mit fünfen schlagen kann,
Und immer Plaz behält. Das Schlagen währt so lange,
A paar mahl kam a och schun ziemlich ins Gedrange.
185
Doch eh man sichs versoh kam Künig Friedrich rauß,
Und trieb sie für sich her; als wie jezund ums Haus
Der Wind die Blätter treibt, die von dem Birnbaum fielen.

Ohrte.
Sie purzeln für ihn hin wie Aepfel mit den Stielen,
Wenn zu der Erndtezeit a starker Regen giest,
190
Und wenn a grau Gewölk mit weißen Kugeln schießt.
Es kan nicht anders seyn Goot iß auf seiner Seite,
Sonst schaft ers nimmermehr. Das sprechen alle Leute,
Die klug und ehrlich seyn.

Hanß.
Ich sprech es selber auch;
Du Muhme kennst mich schon, es iß nich mei Gebrauch,
195
Daß ich schmaruzen kann, ich rede wie ichs meine,
Mei Herz iß wie mei Maul natürlich wie das deine.
Bey meiner Güte ju, mei Herze soht es mir,
Daß unser Herr Goot selbst des Künigs Sache führ.

Ohrte.
I ja der Künig führt des lieben Gottes Sache,
200
Drüm läßt ers nich geschan daß man ihn klener mache.

Hanß.
Das muß och nich geschan; wenn wir wolln Gott vertraun,
Der wird des Künigs Stuhl vielleicht noch größer baun.

Ohrte.
Das war doch noch a Wort, nu bin ich Vetter Hanßen
Auch noch a mahl so gut, nu soll a seinen Banßen
205
Noch größer müßen baun, wenn wieder Erndte ist.
Doch sog mirs Vetter Hans ob du nich hungrig bist.
Mit dem Geschwätze hat man ja das bißel Eßen
Was dort im Ofen steht gar rein in Todt vergeßen,
Ich werde Kraut uf thun.

Hans.
Nei laß ihn stehn a Topf,
210
Die Kirmes steckt mir noch im Magen und in Kopf,
Erst gestern hat sie sich in unsern Dorf beschloßen,
Muhm Ohrte hör nur her es hat mich recht verdroßen,
Daß du auch nich a mahl zu mir zur Kirmes kahmst.

Ohrte.
Das dacht ich daß du mirs recht sehr für übel nahmst,
215
Doch lieber Vetter Hans ich hat dirs nich versprochen
Du weist doch daß ich erst vor fünf und zwanzig Wochen
Den Mann begraben lies, und so verlassen blieb,
Das Leben selber iß mir vielmal nich mehr lieb.
Man ist sei bißel Brodt nu so allein mit Thränen,
220
Wie sulte man sich doch nach Kirmes-Gängen sehnen.

Hans.
Was das für Poßen seyn du wunderliches Ding,
Di Kirmes die vertreibt die Grillen noch a wing.
Du bist noch juug und glauch, du wirst doch so nich bleiben?
Wer tausend würde dir die lange Zeit vertreiben.
225
Ich gläube gar du flennst, a scham dich doch ins Herz,
Wer todt iß der iß todt.

Ohrte.
Ach mir kann menen Schmerz
Und meine Traurigkeit nischt uf der Welt vertreiben,
Mir starb a lieber Man ich must alleine bleiben,
A Man so frisch und roth voll wie a voller Mond,
230
Wie Kinder haben wir beysammen ja gewohnt.
Ach die fünf viertel Jahr die gingen wie fünf Tage
Ja wie fünf Stunden hin, ich hatte keine Klage.
Wie gut war der Begang, was ich wolt wolt auch er,
Es war als wenns ei Herz und eine Seele wär.
235
A sah mich manchmal an was ich für Augen machte,
Und wußt dirs uffen Taußt das was ich wünscht und dachte.

Hans.
A war ne gude Haut, doch laß ihn immer ruhn
Und eh du um den Man dir sult a Leid anthun,
Eh wüst ich andern Rath.

Ohrte.
Ach Vetter stillgeschwiegen,
240
Das was verloren iß das werd ich nich mehr kriegen.

Hans.
Nu nu kumt Zeit kumt Rath, ufs Neujahr hast du mich,
Gewißlich wieder hie, nu Goot bewahre dich,
Bleib hübsch gesund.

Ohrte.
O nein so war sie nich die Wette,
Ich dächte wenn man vor a wing gegaßen hätte.

Hans.
245
Muhm Ohrt es iß so gut als wenn es war geschahn.
Bei Freunden sucht man nur a G'richte gern gesahn.
Mich hungert wirklich nich ich mag nich einen Bißen'

Ohrte.
Dein Eigensinn der ists, ich müst es gar nich wissen.
Nu nimm das Waßer raus, geh nicht ungeßen fort.

Hans.
250
Ich dächt du kentest mich und daß bei mir a Wort
So viel als tausend gilt, laß mich doch nich erst schwören,
Genug ich eße nich und wenns Lampreten wären,
Bleib nur derweil gesund.

Ohrte.
Iß kein erhalten mehr, ...
So kumm ufs neue Jahr ich bitte dich recht sehr.
255
Wenn du zu Hause kumst so grüße mir ganz schöne
Dei Annel, und dernach auch die Gevatter Lehne.

Hans.
Gevatter Lehne hat jezunder einen Gast,
Allein a iß ihr lieb, a wird ihr nich zur Last.
Ihr Bruder Martin ists, du wirst ihn doch wohl kennen,
260
Die Menscher sitzen uft a ganzen Abend flennen,
Wenn a vom Krieg erzählt, denn a beschreibt diers recht.

Ohrte.
I machst du doch daß ich ihn selber hören möcht.

Hans.
Wer weis bring ich ihn nich aufs neu Jahr mit Muhm Ohrte,

Ohrte.
Topp, lieber Vetter Hans, ich halte dich beym Worte.

 
Die göttliche Vorsehung.
1760.

Sey mein Gesang, du, die von Ewigkeit
Mit Jubelschall die Morgensterne lobten,
Allsehende! die eher als die Zeit
Und eher war als Meer und Kriege tobten,
5
Durchdringe du mit deiner Wahrheit Licht
Den dicken Schley'r, vor die Vernunft gebreitet,
Und sey du selbst mein großer Unterricht,
Wenn sich mein Herz zu deinem Lob bereitet.

Dich läugnet frech der Unsinn und der Spott,
10
Der Wurm, den du aus seinem Nichts gezogen;
Die Lüste sind sein Himmel und sein Gott,
Und in ihm baut das Laster Ehrenbogen.
Sein düstrer Wahn der taumelt blind vorbey,
Und die Natur wird nicht von ihm gehöret,
15
Die doch von dir mit zeugendem Geschrey,
Mit Harmonie und tausend Zungen lehret.

Eh du die Welt voll Ordnung und voll Pracht
Hervorgeruft und Menschen werden ließest,
Noch ehe du den Staub beseelt gemacht
20
Und ihn den Rang nach Engeln nehmen hießest,
Da lagen schon Jahrhunderte vor dir.
Du sahst das Buch der Weltbegebenheiten,
Und nanntest schon die Menschen, die in ihr
Wie Götter seyn und auf die Thronen schreiten!

25
Eh die Natur in ihre Werkstatt ging,
Und Gold und Stein den Glanz zu Kronen machte;
Eh Purpur noch um eine Schulter hing,
Und eh' der Pomp den Herrschern Lasten brachte,
Da kanntest Du die Herrscher und die Last,
30
Und Völker, die sich vor dem Scepter beugen:
Dein war das Heft, das der Regente faßt,
Du gabst es ihm, um deine Macht zu zeigen.

Gemeßne Gränzen setztest du dem Meer;
Das Meer gehorcht, dich hört die stolze Welle,
35
Im Ungewitter brauste sie daher;
Sie stürzt zurück und über ihr wirds helle!
So setzest du dem Uebel in der Welt
Den Gränzstein hin. Es kennet ihn und schreitet
Nicht weiter fort. Sobald es dir gefällt,
40
Bricht Schwerdt und Spieß, und Ruhe wird verbreitet.

Dein Griffel schrieb des Schicksals Tafeln voll
Dem hellsten Wiz der Sterblichen verborgen,
Steht alles da, was hier geschehen soll;
Des Menschen Glück, Vergnügen, Noth und Sorgen,
45
Kein Ohngefähr macht unsre Fluren reich:
Kein Zufall bringt den Mangel und die Fülle,
Nicht Kunst, nicht Fleiß macht unsre Aecker weich;
Die Wolke thuts, und ihr befiehlts dein Wille.

Dich nennt der Blitz: der Donner nennt dich laut,
50
Und höret sich den Abgrund Antwort geben.
Die nasse Pracht, die aus der Wolke thaut,
Läßt deinen Ruhm am kleinsten Grase kleben;
Ein tausendfarbig Thal lacht dir zum Preis;
Der Vogel singt, daß er dein Loblied singe,
55
Die Schlosse rauscht; der Nordwind athmet Eis
Auf dein Gebot, Regiererin der Dinge!

Dich stille Gottheit prediget der Glanz,
Der über uns in Feuermeeren brennet,
Der weite Raum - du übersiehst ihn ganz,
60
Und du erfüllst den Himmel, der dich nennet.
Er nennet dich, du namenlose Macht!
Von dir erzählt der Morgen aller Tage:
Und still erscheint die strahlenlose Nacht
Daß sie dein Lob mit tausend Sternen sage.

65
Ich höre sie und denk an jene Nacht,
In der ich lag, da du mich werden hießest;
Auf deinen Wink ward ich hervorgebracht.
Ich lebe noch, weil du mich leben ließest.
Dein war der Tag, der meine Kindheit sah,
70
Dein waren sie, die andern die ich zählte,
Vor deinen Blick steht schon mein letzter da,
Den deine Wahl zum Sterbetage wählte.

Der Sterbliche, oft deiner Huld nicht werth,
Erhält von dir den Bissen, den er isset.
75
Du giebst das Glück, das jedem wiederfährt,
In einem Maaß, das deine Weisheit misset.
Dem giebst du viel des innerlichen Lichts;
Und jenem viel von Gütern dieser Erde;
Der häuft das Gold, und Tausenden gebrichts.
80
Doch keiner lebt, der nicht gesättigt werde.

Oft ist um mich der Sorgen Mitternacht
Wenn ich erwacht gewaltig hergezogen,
Und reich an Gram, hat dann mein Herz gedacht,
Du hättest mir nur Elend zugewogen.
85
Doch du befahlst, und schnell verflog die Noth,
Wie über uns die Wetterwolken fliehen,
Die nur geblitzt, und dann auf dein Gebot
Mit Guß und Schlag zu öden Wäldern ziehen.

Noch eh die Hand und diese Nerve ward,
90
Die sich itzt regt, wenn ich dein Lob beschreibe,
Da sahst du schon mein Glück und seine Art,
Wie wenig treu es meinen Tagen bleibe.
Du sahst den Weg, der mich nach deinem Rath.
Durch Krümmungen und Thäler sollte leiten.
95
Und eh mein Fuß in Labyrinthe trat,
Gabst du mir Muth, um herzhaft fortzuschreiten.

Unendliche! du gabst mir diesen Geist,
Und diese Ruh, mit der er ist durchdrungen,
Die stolz auf dich dem Gram die Stirne weist,
100
Und izt aus mir dein Loblied hat gesungen.
Du gabst mir dieses Herz, das deine Huld
In meinem Brodt und Wasser schmeckt und fühlet.
Und nie empört in mir die Ungeduld
Den Wunsch nach dem, wornach die Habsucht wühlet.

105
Mein Glück sey klein, mir ist es dennoch groß;
Es kömmt von dir, ich küß es deinetwegen.
Mir fällt vielleicht auch noch ein lieblich Loos;
Vielleicht ergießt aus deiner See von Seegen,
Die grundlos ist, sich noch ein Bach auf mich.
110
Doch hast du mir nichts weiter aufgehoben,
So gieb mir nur Zufriedenheit durch dich,
Und sey mein Lied auf Erden und dort oben.