BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Hermann Samuel Reimarus

1694 - 1768

 

Ein Mehreres

aus den Papieren des Ungenannten,

die Offenbarung betreffend

 

1777

 

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[Lessings Vorwort]

 

[263]

Das Fragment eines Ungenannten von Duldung der Deisten, im vorigen Beytrage, hat bey einem und dem andern meiner Leser, um dessen Beyfall mir es nicht am wenigsten zu thun ist, einen besondern Eindruck gemacht. Je weniger man hier so etwas erwartete, desto angenehmer war es; „gleich einem grünen Platze, auf den man unvermuthet in einer Sandwüste stößt.“ Das Gleichniß ist nicht mein eigen, wie man wohl denken kann. Es gehöret einem von gedachten meinen Lesern, der mich schriftlich damit belohnen und aufmuntern wollen. Denn er setzt hinzu, daß er es für wahre bibliothekarische Pedanterey erklären werde, wenn ich deswegen, weil dreyssigjährige Papiere etwa noch nicht unleserlich und vermodert genug seyn könnten, sie gänzlich wieder bey Seite legen wollte. Er beschwört mich sogar, dem Publico ja mit nächstem ein Mehreres, und, wo möglich, das Dreisteste und Stärkste, daraus mitzutheilen, um bey Kleingläubigen den Verdacht nicht zu erwecken, was für unbeantwortliche Dinge so geheim gehalten würden.

Nun fürchte ich jenen Spott zu sehr, und bin, was diesen Verdacht betrifft, der guten Sache zu gewiß, als daß ich im geringsten anstehen sollte, seinem Verlangen, welches, wie ich weiß, auch der Wunsch andrer seines [264] gleichen ist, ein Genüge zu leisten. Nur dürfte ich schwerlich eben mit dem Dreistesten und Stärksten so fort aufwarten können. Die Papiere sind noch in zu großer Unordnung, und der Faden bricht oft ab, wo man es am wenigsten erwartet. Bis ich in ihnen also besser bewandert bin, begnüge man sich mit nachstehenden Fragmenten, die ich ohne weitere Einleitung vorlege.

Zum Schlusse derselben bloß erlaube man mir, einige Winke hinzuzufügen, welche die Art und Weise betreffen, wie man, vornehmlich in unsern neuesten Zeiten, alles das abzuweisen und nichtig zu machen gewußt hat. Ich halte einen Zusatz dieser Art für meine Pflicht, so wenig ich mich auch demselben gewachsen zu seyn fühle.