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B  I  B  L  I  O  T  H  E  C  A    A  U  G  U  S  T  A  N  A
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
  Johann Gottfried Schnabel
vor 1692 - nach 1750

 
 
   
   



W u n d e r l i c h e
F a t a   e i n i g e r
S e e f a h r e r


1 .   T e i l   ( 1 7 3 1 )
A n h a n g :
L e b e n s b e s c h r e i b u n g
d e s   D o n   C y r i l l o
S e i t e   5 5 2 - 5 9 5


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     [552] Es vermeynete zwar ein jeder, in der Asche dieses abgebrannten Dorffs, so aus mehr als hundert Wohnungen bestanden, einen grossen Schatz an Gold und edlen Steinen zu finden, allein das Suchen war vergebens, indem fast nichts als Unflat von verbrannten Cörpern und Todten=Knochen, aber sehr wenig Gold zum vorscheine kam, weßwegen Hojez gantz verdrießlich zurück zohe, und weiter kein Vergnügen empfand, als den Todt des de la Cossa und seiner Gefährten gerochen zu haben.

     Wenige Zeit hernach beredeten sich die beyden Gouverneurs nehmlich Hojez und Niquesa, daß ein jeder diejenige Landschafft, welche ihm der König zu verwalten übergeben, gnungsam auskundschaffen und einnehmen wolte. Hojez brach am ersten auf, die Landschafft Uraba, so ihm nebst dem Carthaginensischen Port zustunde, aufzusuchen. Wir landeten erstlich auf einer Insul an, welche nachhero von uns den Nahmen Fortis erhalten, wurden aber bald gewahr, daß dieselbe von den allerwildesten Canibalen bewohnet sey, weßwegen keine Hoffnung, allhier viel Geld zu finden, vorhanden war. Jedoch fand sich über Vermuthen noch etwas von diesem köstlichen metall, welches wir nebst zweyen gefangenen Männern und 7. Weibern mit uns hinweg führeten. Von dar aus seegelten wir gerades Weges nach der Landschafft Uraba, durchstreiften dieselbe glücklich, und baueten Ostwärts in der Gegend Caribana einen Flecken an, nebst einem wohlbefestigten Schlosse, wohin man sich zur Zeit der feindlichen Empörung und plötzlichen Uberfalls sicher zurück ziehen und aufhal=[553]ten könte. Dem ohngeacht, ließ sich der schon so offt betrogene Hojez abermahls betriegen, indem ihn die gefangenen Indianer viel Wesens von einer austräglichen Gold=Grube machten, welche bey dem, 12000. Schritt von unserm Schloß gelegenen Dorffe Tirafi anzutreffen wäre. Wir zogen also dahin, vermeynten die Einwohner plötzlich zu überfallen und alle zu erschlagen, allein selbige empfiengen uns mit ihren vergiffteten Pfeilen dermassen behertzt, daß wir mit Zurücklassung etlicher Todten und vieler Verwundeten schimpflich zurückeilen musten.

     Folgendes Tages kamen wir in einem andern Dorffe ebenso übel, ja fast noch schlimmer an, auf dem Rück=Wege aber begegnete dem Gouverneur Hojez der allerschlimmste und gefährlichste Streich, denn es kam ein kleiner König, dessen Ehefrau von dem Hojez Gefangen genommen war, und gab vor, dieselbe mit 20. Pfund Goldes auszulösen, wie denn auch 8. Indianer bey ihm waren, welche, unserer Meynung nach, das Gold bey sich trügen, allein über alles Vermuthen schoß derselbe einen frisch vergiffteten Pfeil in des Gouverneurs Hüffte, und wolte sich mit seinen Gefährten auf die Flucht begeben, wurden aber von der Leib=Wacht ergriffen, und sämtlich in Stücken zerhauen. Jedoch hiermit war dem Gouverneur wenig geholffen, weiln er in Ermangelung kräfftiger Artzeneyen, die dem Giffte in der Wunde Widerstand zu thun vermögend, entsetzliche Quaal und Schmertzen ausstehen muste, wie er sich denn seiner Lebens=Erhaltung wegen, etliche mahl ein glüend Eisen=Blech auf die [554] Wunde legen ließ, um das Gifft heraus zu brennen, als welches die allergewisseste und sicherste Cur bey dergleichen Schäden seyn solte, jedennoch dem Hojez nicht zu seiner völligen Gesundheit verhelffen konte.

     Mittlerzeit kam Bernardino de Calavera, mit einem starcken Schiffe, das 60. tapffere Kriegs=Leute, nebst vielen Lebens=Mitteln aufgeladen hatte, zu uns, welches beydes unsern damahligen gefährlichen und bedürfftigen Zustand nicht wenig verbesserte. Da aber auch diese Lebens=Mittel fast aufgezehret waren, und das Krieges=Volck nicht den geringsten glücklichen Ausschlag von des Hojez Unternehmungen sahe, fiengen sie an, einen würcklichen Aufstandt zu erregen, welchen zwar Hojez damit zu stillen vermeynte, daß er sie auf die Ankunfft des Don Martin Anciso vertröstete, als welchem er befohlen, mit einem Last=Schiffe voll Proviant uns hierher zu folgen, jedoch die Kriegs=Knechte, welche diese Tröstungen, die doch an sich selbst ihre Richtigkeit hatten, in Zweiffel zohen, und vor lauter leere Worte hielten, beredeten sich heimlich, zwey Schiffe von den Unsern zu entführen, und mit selbigen in die Insul Hispaniolam zu fahren.

     So bald Hojez diese Zusammen=Verschwerung entdeckt, gedachte er dem Unheil vorzubauen, und that den Vorschlag, selbst eine Reise nach Hispaniolam anzutreten, bestellete derowegen den Don Franzisco de Pizarro in seiner Abwesenheit zum Obristen=Lieutenant, mit dem Bedeuten, daß wo er innerhalb 50. Tagen nicht wiederum bey uns [555] einträffe, ein jeder die Freyheit haben solte hin zu gehen wohin er wolte.

     Seine Haupt=Absichten waren, sich in Hispaniola an seiner Wunde bey verständigen Aertzten völlig heilen zu lassen, und dann zu erforschen, was den Don Anciso abgehalten hätte, uns mit dem bestellten Proviant zu folgen. Demnach setzte er sich in das Schiff, welches Bernardino de Calavera heimlich und ohne Erlaubniß des Ober=Admirals und anderer Regenten aus Hispaniola entführet hatte, und seegelte mit selbigen auf bemeldte Insul zu.

     Wir Zurückgebliebenen warteten mit Schmertzen auf dessen Wiederkunfft, da aber nicht allein die fünfzig Tage, sondern noch mehr als zweymahl so viel verlauffen waren, und wir binnen der Zeit vieles Ungemach, so wohl wegen feindlicher Anfälle, als grosser Hungers=Noth erlitten hatten; theilete sich alles Volck in des Hojez zurückgelassene zwey Schiffe ein, des willens, ihren Gouverneur selbst in Hispaniola aufzusuchen.

     Kaum hatten wir das hohe Meer erreicht, da uns ein entsetzlicher Sturm überfiel, welcher das Schiff, worinnen unsere Mit=Gesellen saßen, in einem Augenblicke umstürzte und in den Abgrund versenckte, so daß kein eintziger zu erretten war. Wir übrigen suchten dergleichen Unglücke zu entgehen, landeten derowegen bey der Insul Fortis, wurden aber von den Pfeilen der wilden Einwohner dermassen unfreundlich empfangen, daß wir vor unser gröstes Glück schätzten, noch bey zeiten das Schiff zu erreichen, und von dannen zu seegeln.

     [556] Indem nun bey solchen kümmerlichen Umständen die Fahrt nach Hispaniola aufs eiligste fortgesetzt wurde, begegnete uns über alles verhoffen der oberste Gerichts=Præsident Don Martin Anciso, welcher nicht allein auf einem Last=Schiffe allerhand Nahrungs=Mittel und Kleider=Geräthe, sondern auch in einem Neben=Schiffe gute Kriegs=Leute mit sich führete.

     Seine Ankunfft war uns ungemein tröstlich, jedoch da er nicht glauben wolte, daß wir von unsern Gouverneur Hojez verlassen wären, im Gegentheil uns vor Aufrührer oder abgefallene Leute ansahe, musten wir uns gefallen lassen, erstlich eine Zeitlang in der Einfahrth des Flusses Boyus zwischen den Carthaginensischen Port und der Landschafft Cuchibacoam bey ihm stille zu liegen, hernachmahls aber in seiner Begleitung nach der Urabanischen Landschafft zurück zu seegeln, weil er uns weder zu dem Niqvesa noch in Hispaniolam führen wolte, sondern vorgab, er müsse uns alle, Krafft seines tragenden Ammts und Pflichten, durchaus in des Gouverneurs Hojez Provinz zurücke bringen, damit dieselbe nicht ohne Besatzung bliebe.

     Demnach richteten wir unsern Lauff dahin, allein es schien als ob das Glück allen unsern Anschlägen zuwider wäre, denn als des Anciso allerbestes Schiff in den etwas engen Hafen einlauffen wolte, gienge selbiges durch Unvorsichtigkeit des Steuer=Manns zu scheitern, so daß aller Proviant, Kriegs=Geräthe, Gold, Kleinodien, Pferde und andere Thiere zu Grunde sincken, die Menschen aber sehr [557] kümmerlich ihr Leben retten musten, welches wir doch ingesammt, wegen Mangel der nöthigen Lebens=Mittel und anderer Bedürffnissen ehestens zu verlieren, fast sichere Rechnung machen konten.

     Endlich, nachdem wir uns etliche Tage mit Wurtzeln, Kräutern, auch elenden sauern Baum=Früchten des Hungers erwehret, wurde beschlossen etwas tieffer ins Land hinein zu rücken, und viellieber Heldenmüthig zu sterben, als so schändlich und verächtlich zu leben, allein da wir kaum 4. Meilen Wegs zurück gelegt, begegnete uns eine erstaunliche Menge wohl bewaffneter Indianer, die den tapffern Vorsatz also bald zernichteten, und uns über Halß und Kopf, mit ihren vergiffteten Pfeilen, an das Gestade des Meeres, allwo unsere Schiffe stunden, wieder rückwarts jagten.

     Die Bekümmerniß über diesen abermahligen Unglücks=Fall war dennoch nicht so groß als die Freude, so uns von einigen gefangenen Indianern gemacht wurde, welche berichteten, daß oberhalb dieses Meer=Busens eine Landschafft läge die an Früchten und allen nothdürfftigen Lebens=Mitteln alles im grösten Uberflusse hervorbrächte. Don Anciso sahe sich also gezwungen, uns dahin zu führen. Die dasigen Einwohner hielten sich anfänglich ziemlich ruhig, so bald wir aber anfiengen in diesem gesegneten Lande Häuser aufzubauen, und unsere Wirthschafft ordentlich einzurichten, brach der König Comaccus mit seinen Unterthanen auf, und versuchte, uns frembde Gäste aus dem Lande zu jagen. Es kam solchergestalt zu einem grausamen [558] Treffen, welches einen gantzen Tag hindurch und biß in die späte Nacht währete, jedoch wir erhielten den Sieg, jagten den zerstreueten Feinden aller Orten nach, und machten alles, was lebendig angetroffen wurde, aufs grausamste darnieder.

     Nunmehro fand sich nicht allein ein starcker Uberfluß an Brod, Früchten, Wurtzeln und andern nothwendigen Sachen, sondern über dieses in den Gepüschen und sumpffichten Oertern der Flüsse, über drittehalb tausend Pfund gediehen Gold, nebst Leinwand, Bett=Decken, allerley metallenes, auch irrdenes und höltzernes Geschirr und Fässer, welches der König Comaccus unsertwegen dahin verstecken und vergraben lassen. Allhier ließ Don Anciso nachhero eine Stadt und Kirche, welche er Antiqua Darienis nennete, aufbauen, und solches that er wegen eines Gelübdes, so er der sancta Maria Antiqua die zu Sevilien sonderlich verehret wird, noch vor der Schlacht versprochen hatte. Mittlerzeit ließ Don Anciso unsere zurückgelassenen Leute in zweyen Schiffen herbey holen, unter welchen sich auch mein besonderer Freund, der Hauptmann Don Vasco Nunez di Valboa befand, welcher nunmehro an der, von einem vergiffteten Pfeile empfangenen Wunde wiederum völlig hergestellet war. Da es nun wegen der erbeuteten Güter zur behörigen Theilung kommen solte, und ein jeder vermerckte, wie Don Anciso als ein eigennütziger Geitzhals überaus unbillig handelte, indem er sich selbst weit grössere Schätze zueignete, als ihm von rechts wegen zukamen, entstund dieserwegen unter dem Kriegs=Volcke erstlich ein heimliches Gemurmele, welches [559] hernach zu einem öffentlichen Auffruhr ausschlug, da sich die besten Leute an den Don Valbao henckten, und ihn zu ihren Ober=Haupt und Beschützer aufwarffen. Des Don Anciso Anhang gab zwar dem Valboa Schuld: daß er von Natur ein auffrührerischer und unnützer Mensch sey, dessen Regiersucht nur allerley Unglück anzustifften trachte; allein so viel ich die gantze Zeit meines Umgangs bey ihm gemerckt, war er ein Mann von besonderer Hertzhafftigkeit, der sich vor niemanden scheute, und derowegen das Unrecht, so ihm und den Seinigen geschahe, unmöglich verschmertzen konte, hergegen selbiges auf alle erlaubte Art zu rächen suchte, wiewohl er hierbey niemals den Respekt und Vortheil des Königs in Castilien aus den Augen setzte.

     In diesem Lermen kam Don Roderiguez Colmenarez mit zweyen Schiffen aus Hispaniola zu uns, welche nicht allein mit frischen Kriegs=Volck, sondern auch vielen Proviant beladen waren. Dieser vermeinte den Hojez allhier anzutreffen, von dem er erfahren, daß er nebst seinem Volck in grosser Angst und Nöthen steckte, fand aber alles sehr verwirrt, indem sich Anciso und Valboa um die Ober=Herrschafft stritten, und jeder seinen besondern Anhang hatte. Um nun einen fernern Streit und endliches Blutvergiessen zu verhüten, schiffte Colmenarez zurück, seinen Vettern Don Didaco de Niquesa herbeizubringen, welcher die streitenden Partheyen aus einander setzen, und das Ober=Commando über die andern alle annehmen solte.

     Colmenarez war so glücklich den Niqvesa eben [560] zu rechter Zeit anzutreffen, und zwar in der Gegend die von ihm selbst Nomen Dei benahmt worden, allwo der arme Niqvesa nackend und bloß, nebst seinen Leuten halb todt gehungert, herum irrete. Jedoch nachdem ihn Colmenarez nebst 75. Castilianern zu Schiffe und auf die rechte Strasse gebracht, kam er unverhofft bey uns in Antiqua Darienis an. Hieselbst war er kaum an Land gestiegen, als es lautbar wurde, wie schmählich und schimpflich er so wohl von Anciso als Valboa geredet, und gedrohet, diese beyden nebst andern Haupt=Leuten, theils ihrer Aemter und Würden zu entsetzen, theils aber um Gold und Geld aufs schärffste zu bestraffen. Allein eben diese Drohungen gereichten zu seinem allergrösten Unglücke, denn es wurden solchergestalt beyde Theile gegen ihn erbittert, so daß sie den armen Niquesa nebst seinen Leuten wieder zurück in sein Schiff, und unbarmhertziger Weise , ohne Proviant, als einen Hund aus derselbigen Gegend jagten.

     Ich habe nach Verfluß einiger Monate etliche von seinen Gefährten auf der Zorobarer Landschafft angetroffen, welche mich berichteten, daß er nahe bey dem Flusse, nebst etlichen der Seinen, von den Indianern sey erschlagen und gefressen worden, weßwegen sie auch diesen Fluß Rio de los perditos, auf Teutsch den Fluß des Verderbens nenneten, und mir einen Baum zeigten, in dessen glatte Rinde diese Lateinischen Worte geschnitten waren: Hic misero errore fessus, DIDACUS NIQVESA infelix periit. Zu Teutsch: Hier ist der vom elenden herum schweiffen ermüdete, und unglückliche Didacus Niqvesa umgekommen.

     [561] Jedoch ich erinnere mich, um bey meiner Geschichts=Erzehlung, eine richtige Ordnung zu halten, daß wir nach des Niqvesa Vertreibung abermahls den grösten Kummer, Noth und Hunger leyden musten, indem des Colmenarez dahin gebrachter Proviant gar bald auffgezehret war, so daß wir als wilde Menschen, ja als hungerige Wölffe überall herum lieffen, und alles hinweg raubten was nur in den nächst gelegenen Landschafften anzutreffen war.

     Endlich nachdem Valboa einen Anhang von mehr als 150. der auserlesensten Kriegs=Leute beysammen hatte, gab er öffentlich zu verstehen, daß er nunmehro, da der Gouverneur Hojez allem vermuthen nach umgekommen, unter keines andern Menschen Commando stehen wolle, als welcher ein eigen Diploma von dem Könige selbst aufzuweisen hätte. Anciso hingegen trotzete auf sein oberstes Gerichts=Præsidenten=Ammt, weiln aber sein Beglaubigungs Brief vielleicht im letztern Schiffbruche mit versuncken war, oder er nach vieler anderer Meynung wohl gar keinen gehabt hatte, fand Valboa desto mehr Ursach sich demselben nicht zu unterwerffen, und so bald Anciso sein Ansehen mit Gewalt zu behaupten mine machte, überfiel ihn Valboa plötzlich, ließ den Prahlhafften Geitzhals in Ketten und Banden legen, und theilete dessen Gold und Güter der Königlichen Cammer zu. Jedoch nachdem ich und andere gute Freunde dem Valboa sein allzuhitziges Verfahren glimpfflich vorstelleten, besann er sich bald eines andern, bereuete seine jachzornige Strengigkeit, stellete den Anciso wiederum [562] auf freyen Fuß, gab ihm sein Gold und Güter ohne Verzug zurück, und hätte sich ohnfehlbar gäntzlich mit Anciso ausgesöhnet, wenn derselbe nicht allzu rachgierig gewesen wäre. Wenig Tage hernach seegelte Anciso mit seinen Anhängern von uns hinweg und hinterließ die Drohungen, sich in Castilien, bey dem Könige selbst, über den Valboa zu beklagen, jedoch dieser letztere kehrete sich an nichts, sondern brachte sein sämtliches Kriegs=Volck in behörige Ordnung, setzte ihnen gewisse Befehlshaber, auf deren Treue er sich verlassen konte, als worunter sich nebst mir auch Don Rodriguez Colmenarez befand, und fieng also bald an sein und unser aller Glück mit rechten Ernste zu suchen.

     Coiba war die erste Landschafft, welche von uns angegriffen wurde, und deren König Careta, als er sich mit dem Mangel entschuldigte, Proviant und andere Bedürffnissen herzugeben, muste sich nebst Weib, Kindern und allem Hof=Gesinde nach Darien abführen lassen.

     Mittlerzeit sahe Valboa so wol als alle andern vor nöthig an, den Valdivia und Zamudio nach Hispaniola zu senden, deren der erstere bey dem Ober=Admiral, Don Didaco Columbo, und andern Regenten dieser Lande, den Valboa bestens recommandiren, und um schleunige Bey=Hülffe mit Proviant und andern Bedürffnissen bitten solte, Zamudio aber war befehligt eiligst nach Castilien zu seegeln, und des Valboa mit Anciso gehabten Händel bey dem Könige aufs eiffrigste zu vertheidigen. Inzwischen wurde der Coibanische König Careta wieder auf freyen Fuß gestellet, jedoch unter den Be=[563]dingungen, daß er nicht allein unser Kriegs=Volck nach möglichkeit mit Speise und Tranck versehen, sondern auch dem Valboa in dem Kriegs=Zuge, wider den benachbarten König Poncha, beistehen, und die rechten Wege zeigen solte.

     Indem nun Careta mit diesem seinen ärgsten Feinde Poncha beständig Krieg geführet, und von ihm sehr in die Enge getrieben worden, nahm er diese Gelegenheit sich einmahl zu rächen mit Freuden an, zog mit seinen Unterthanen, welche mit langen höltzernen Schwerdtern und sehr spitzigen Wurff=Spiessen bewaffnet waren, stets voraus, um den Poncha unversehens zu überfallen. Allein dieser hatte dennoch unsern Anzug bey zeiten ausgekundschafft und dieserwegen die Flucht ergriffen, dem ohngeacht fanden wir daselbst einen starcken Vorrath an Lebens=Mitteln und andern trefflichen Sachen, wie nicht weniger etliche 30. Pfund feines Goldes.

     Nach diesem glücklichen Streiche wurde der König Comogrus überfallen, mit welchen wir aber auf des Königs Caretæ Unterhandlung Bündniß und Friede machten. Dieser Comogrus hatte 7. wohlgestallte Söhne, von welchen der Aelteste ein Mensch von gantz besondern Verstande war, und nicht allein vieles Gold und Kleinodien unter uns austheilete, sondern auch Anschläge gab, wo wir dergleichen köstliche Waaren im überflusse antreffen könten.

     Es ließ sich der König Comogrus mit seiner gantzen Familie zum christlichen Glauben bereden, weßwegen er in der Taufe den Nahmen Carolus em=[564]pfieng, nachdem aber das Bündniß und Freundschafft mit ihm auf solche Art desto fester geschlossen worden, nahmen wir unsern Rückweg nach Antiquam Darienis, allwo der Valdivia zwar wiederum aus Hispaniola angelangt war, jedoch sehr wenig Proviant, hergegen starcke Hoffnung mit sich brachte, daß wir ehestens alles Benöthigte in desto grösserer Menge empfangen solten.

     Das Elend wurde also abermals sehr groß, dazumahlen unsere Erndte durch ungewöhnlich starcke Wasser=Fluthen verderbt, alle um und neben uns liegende Landschafften aber ausgezehret waren, derowegen trieb uns die Noth mit grosser Gefahr in das Mittel=Land hinein, nachdem wir am 9ten December des Jahr 1511. den Valdivia mit vielen Gold und Schätzen, die vor den König Ferdinandum gesammlet waren, über Hispaniolam nach Spanien zu seegeln abgefertiget hatten.

     In diesem Mittägigen Lande trafen wir etliche Häuser an, aus welchen ein kleiner König Dabaiba genannt, nebst seinen Hof=Gesinde und Unterthanen entflohen war, und wenig Lebens=Mittel, allein sehr viel Hauß=Geräthe, Waffen, auch etliche Pfund gearbeitetes Gold zurück gelassen hatte. Auf der weiteren Fahrth brachte uns ein gewaltiger Sturm um 3. Schiffe, welche mit Volck und allen Geräthe zu Grunde giengen.

     So bald wir mit Kummer und Noth zu Lande kamen, wurde der König Abenamacheius angegriffen, dessen Hof=Lager in mehr als 500. wohlgebaueten Hütten bestand. Er wolte mit den Seinigen die Flucht nehmen, muste aber endlich Stand [565] halten, und sich nach einer blutigen Schlacht nebst seinen besten Leuten gefangen geben. Dieser König hatte in der Schlacht einem von unsern Kriegs=Leuten eine leichte Wunde angebracht, welches dem Lotter=Buben dermassen verdroß, daß er ihm, da er doch schon unser Gefangener war, so schändlich als geschwind einen Arm vom Leibe herunterhieb. Weil aber diese That dem Valboa hefftig verdroß, wurde dieser Knecht fast biß auf den tod zerprügelt.

     Nach diesem erlangten Siege und herrlicher Beute, führete uns ein nackender Indianer in die grosse Landschafft des Königs Abibeiba, der seine Residenz auf einem sehr hohen und dicken Baume aufgebauet hatte, indem er wegen öffterer Wassergüsse nicht wohl auf dem Erdboden wohnen konte. Dieser König wolte sich weder durch Bitten noch durch Droh=Worte bewegen lassen von diesem hohen Gebäude herab zu steigen, so bald aber die Unsern einen Anfang machten, den Baum umzuhauen, kam er nebst zweyen Söhnen herunter, und ließ seine übrigen Hof=Bedienten in der Höhe zurück. Wir machten Friede und Bündniß mit ihm, und begehrten eine billige Schatzung an Lebens=Mitteln und Golde geliefert zu haben, indem er nun wegen des letztern seinen sonderlichen Mangel vorgeschützt, gleichwohl aber nur desto hefftiger angestrenget wurde etliche Pfund zu verschaffen, versprach er nebst etlichen seiner Leute auszugehen, und uns binnen 6. Tagen mehr zu bringen als wir verlangt hätten. Allein er ist darvon gegangen und nachhero niemahls wiederum vor unsere Augen ge=[566]kommen, nachdem wir uns also von ihm betrogen gesehen, wurde aller Vorrath von Speise, Wein und anderen guten Sachen hinweg geraubt, wodurch unsere ermatteten Leiber nicht wenig erquickt und geschickt gemacht wurden, eine fernere mühsame Reise anzutreten.

     Mittlerweile hatten sich 5. Könige, nehmlich letztgemeldter Abiebaiba, Cemacchus, Abraibes, dessen Schwager Abenamacheius und Dabaiba zusammen verschworen, uns mit zusammen gesetzten Kräfften plötzlich zu überfallen und gäntzlich zu vertilgen, jedoch zu allem Glücke hatte Valboa eine ausserordentlich schöne Jungfrau unter seinen gefangenen Weibs=Bildern, welche er vor allen andern hertzlich liebte, diese hatte solchen Blut=Rath von ihrem leiblichen Bruder nicht so bald ausgeforschet, als sie von der getreuen Liebe getrieben wurde dem Valboa alle wider ihn gemachten Anschläge zu offenbahren. Dieser theilete sogleich sein Volck in zwey Hauffen, er selbst gieng nebst mir und etliche 70. Mann auf die vertheileten Hauffen der versammleten Indianer loß, zerstreuete dieselben und bekam sehr viele von der Könige Bedienten gefangen, die wir mit zurück in unser Lager führeten. Don Colmenarez aber muste mit 4. Schiffen auf den Flecken Tirichi loß gehen, allwo er so glücklich war denselben unvermuthet zu überfallen, und der Indianer gantze Kriegs=Rüstung, die daselbst zusammen gebracht war zu zernichten, auch eine grosse Beute an Proviant, Gold, Wein und andern brauchbaren Geräthschafften zu machen. Uber dieses hat er allen Aufrührern und Feinden ein entsetz=[567]liches Schrecken eingejagt, indem der oberste Feld=Herr an einen Baum gehenckt und mit Pfeilen durchschossen, nechst dem noch andere Indianische Befehlshaber andern zum Beyspiele aufs grausamste hingerichtet worden.

     Solchergestallt verkehrte sich alle bißherige Gefahr, Unruhe und kümmerliches Leben auf einmahl, in lauter Friede, Ruhe, Wollust und Freude, denn da sich nachhero die vornehmsten Aufrüher gutwillig unter des Valboa Gehorsam begaben, ließ er einen allgemeinen Frieden und Vergebung aller vorgegangenen Widerspenstigkeit halber, ausruffen, sein Volck aber auf so vieles ausgestandenes Ungemach eine Zeitlang der Ruhe geniessen.

     Hierauff nahmen wir unsern Rück=Weg nach der Urabanischen Landschafft, allwo nach vielen Berathschlagungen endlich beschlossen wurde, daß Don Rodriguez Colmenarez nebst dem Don Juan de Quicedo nach Hispaniolam, und von dar zum Könige von Castilien abgesandt werden solten, um an beyden Orten ordentlichen Bericht von unsern sieghafften Begebenheiten abzustatten, und die Sachen dahin zu veranstallten, daß wir mit etwa 1000. Mann und allen Zubehör, verstärckt, den Zug in die Goldreichen Landschafften gegen Mittag sicher unternehmen, und dieselben unter des Königs in Castilien Botmäßigkeit bringen könten, denn Valdivia und Zamudio wolten nicht wieder zum vorscheine kommen, woraus zu schliessen war, daß sie etwa auf der See verunglückt seyn möchten. Demnach giengen Colmenarez und Quicedo im October 1512. unter Seegel, nachdem sie versprochen [568] keine Zeit zu versäumen, sich so bald als nur möglich wiederum auf den Urabanischen Küsten einzustellen. Allein da Valboa dieser beyder Männer Zurückkunfft nunmehro fast 11. Monath vergeblich abgewartet, und in Erfahrung brachte, daß Don Pedro de Arias, ehestens als Königlicher Gouverneur über die Urabanische und angräntzende Landschafften bey uns eintreffen würde, trieb ihn so wohl die allbereits erlangte Ehre, als Verlangen die Mittäglichen Goldreichen Länder zu erfinden, so weit, daß er mit den Ober=Häuptern der Landschafften zu Rathe gieng, und den gefährlichen Zug dahin mit etwa 200. Kriegs=Leuten vornahm, ohngeacht ihm nicht allein von des Comogri Sohne, sondern auch von den andern Indianischen Königen gerathen worden, diesen Zug mit nicht weniger als 1000. Mann zu wagen, indem er daselbst ungemein streitbare Völcker antreffen würde.

     Es war der 4te Sept. 1513. da wir mit 3. grossen und 10. sehr kleinen Schiffen abseegelten, und zum erstenmahle wiederum bey des Coibanischen Königs Caretæ Landschafft anländeten. Hieselbst ließ Valboa die Schiffe nebst einer Besatzung zurück, wir aber zogen 170. Mann starck fort, und wurden von des Caretæ uns zugegebenen Wegweisern in des Ponchæ Königreich geführet, welchen wir, nachdem er unsern ehemaligen Zuspruch erwogen, endlich mit grosser Mühe zum Freunde und Bundesgenossen bekamen. Nachhero haben wir viele andere Könige, als den Qvarequa, Chiapes, Coquera und andere mehr, theils mit Güte und Liebe, theils aber auch mit Gewalt zum Gehorsam [569] gebracht, mittlerweile aber am 18. October desselbigen Jahres das Mittägliche Meer erfunden, und um selbige Gegend einen erstaunlichen Schatz an Gold und Edel=Steinen zusammen gebracht.

     Bei so glückseeligen Fortgange unseres Vorhabens, bezeigte sich Valboa dermassen danckbar gegen GOTT und seine Gefährten, daß kein eintziger Ursach hatte über ihn zu klagen. Eines Tages aber, da er mich an einem einsamen Orte ziemlich betrübt und in Gedancken vertiefft antraff, umarmete er mich mit gantz besonderer Freundlichkeit und sagte: Wie so unvergnügt mein allerbester Hertzensfreund, fehlet euch etwa Gesundheit, so habe ich Ursach euch zu beklagen, sonsten aber wo Gold, Perlen und edle Steine euren Kummer zu stillen vermögend sind, stehet euch von meinem Antheil so viel zu diensten als ihr verlanget. Ich gab ihm hierauff zu verstehen: daß ich an dergleichen Kostbarkeiten selbst allbereit mehr gesammlet, als ich bedürffte, und mich wenigstens 5. mahl reicher schätzen könnte als ich vordem in Castilien gewesen. Allein mein jetziges Mißvergnügen rühre von nichts anders her, als daß ich mich vor der Ankunfft meines abgesagten Feindes, des Don Pedro de Arias fürchtete; und indem ich noch zur Zeit von dem Könige Ferdinando keinen Pardon Brief aufzuweisen hätte, würde mir derselbe allen ersinnlichen Tort anthun, und wenigstens verhindern, daß ich auch in dieser neuen Welt weder zu Ehren noch zur Ruhe kommen könte. Valboa fieng hierüber an zu lachen und sagte: Habt ihr sonst keine Sorge, mein werthester Freund, so entschlaget euch nur auf einmahl aller [570] Grillen, und glaubet sicherlich, daß es nunmehro mit uns allen beyden keine Noth habe, denn diejenigen Dienste, so wir dem Könige durch Erfindung des Mittägigen Meeres und der Gold=reichen Länder geleistet haben, werden schon würdig seyn, daß er uns alle beyde, jedweden mit einem ansehnlichen Gouvernement, in diesen Landschafften begabet, welche binnen wenig Jahren also einzurichten sind, daß wir unsere übrige Lebens=Zeit vergnügter darinnen zubringen können, als in Castilien selbst. Es sey euch, fuhr er fort, im Vertrauen gesagt, daß ich in kurtzer Zeit selbst eine Reise nach Spanien zu thun willens bin, allda sollen mir eure Sachen noch mehr angelegen seyn, als die meinigen, solchergestalt zweiffele auch im geringsten nicht, euer und mein Glücke zu befestigen.

     Diese wohlklingenden Zuredungen machten mein Gemüthe auf einmahl höchst vergnügt, so, daß ich den Valboa umarmete, mich vor seine gute Vorsorge im Voraus hertzlich bedanckte, und versprach, Zeit Lebens sein getreuer Freund und Diener zu verbleiben. Er entdeckte mir hierauf, wie er nur noch willens sey, den Mittägigen Meer=Busen, welchen er St. Michael genennet hatte, nebst den so reich beschriebenen Perlen=Insuln auszukundschafften, nachhero aber sogleich die Rück=Reise nach Uraba anzutreten, welches Vorhaben ich nicht allein vor billig erachtete, sondern auch alles mit ihm zu unternehmen versprach.

     Dieser Meer=Busen solte sich, des Indianischen Königs Chiapes Aussage nach, 160. Meilen weit von dem festen Lande biß zu dem äusersten Meeres=[571]Schlunde erstrecken. Derowegen wurde bald Anstalt gemacht, diese Fahrt anzutreten, und ohngeacht der König Chiapes dieselbe hefftig wiederrieth, indem er angemerckt hatte, daß um diese Zeit zwey biß drey Monate nach einander die See entsetzlich zu stürmen und zu wüten pflegte, so wolte doch Valboa hiervon im geringsten nicht abstehen, sondern ließ etliche Indianische kleine Schifflein zurechte machen, in welche wir uns mit etliche 80. der muthigsten Kriegs=Leute setzten, und von dannen seegelten.

     Allein, nunmehro hatte das unerforschliche Verhängniß beschlossen, mich vor dißmahl nicht allein von dem Valboa, sondern nach etlichen Jahren auch von aller andern menschlichen Gesellschafft abzusondern, denn wenige Tage nach unserer Abfahrt entstund ein entsetzlicher Sturm, welcher die kleinen Schifflein aus einanderjagte, und unter andern auch das meinige, worauf ich nebst 9. Kriegs=Leuten saß, in den Abgrund des Meeres zu versencken drohete. Indem nun kein Mittel zu erfinden war, dem jämmerlichen Verderben zu entgehen, überliessen wir uns gäntzlich den unbarmhertzigen Fluthen, und suchten allein bey GOtt in jenem Leben Gnade zu erlangen, weil er uns selbige in diesen zeitlichen abzuschlagen schien. Jedoch, nachdem wir noch zwey Tage und Nacht recht wunderbarer Weise bald in die erstaunlichste Höhe, bald aber in grausame Abgründe zwischen Fluth und Wellen hin verschlagen und fortgetrieben worden, warffen uns endlich die ergrimmten Wellen auf eine halb überschwemmte Insul, die [572] zwar vor das jämmerliche Ertrincken ziemliche Sicherheit versprach, jedoch wenig fruchtbare Bäume oder andere Lebens=Mittel zeigte, womit wir bey etwa langweiligen Aufenthalt, unsern Hunger stillen könten.

     Es war das Glück noch einem unserer Fahrzeuge, worauf sich 8. von unsern Kriegs=Leuten nebst zweyen Indianern befanden, eben so günstig gewesen, selbiges so wohl als uns auf diese Insul zu führen, derowegen erfreueten wir uns ungemein, als dieselben zwey Tage hernach zu uns kamen, und ihre glückliche Errettungs=Art erzehleten.

     Wir blieben demnach beysammen, trockneten unser Pulver, betrachteten den wenigen Speise=Vorrath, brachten alle übrigen Sachen in Ordnung, und fingen hierauf an, die gantze Insul durch zu streiffen, worinnen wir doch weder Menschen noch Vieh, wohl aber einige Bäume und Stauden antraffen, welche sehr schlecht nahrhaffte Früchte trugen. Demnach musten wir uns mehrentheils mit Fischen behelffen, welche die beyden Indianer, so sich in unserer Gesellschafft befanden, auf eine weit leichtere und geschwindere Art, als wir, zu fangen wusten. Da aber nach etlichen Tagen das Wasser in etwas zu fallen begunnte, sammleten wir eine grosse Menge der vortrefflichsten Perlen=Muscheln, die das umgerührte Eingeweyde des Abgrundes auf diese Insul auszuspeyen gezwungen worden. Ich selbst habe an diesem Orte 34. Stück Perlen von solcher Grösse ausgenommen, und mit anhero gebracht, dergleichen ich vorhero noch nie gesehen oder beschreiben hören, doch nach [573] der Zeit habe auf andern Inseln noch mehr dergleichen, ja theils noch weit grössere gesammlet, welche derjenige, so diese meine Schrifft am ersten zu lesen bekömmt, ohnfehlbar finden wird.

     Jedoch meinen damaligen Glücks= und Unglücks=Wechsel zu folgen, ersahe einer von unsern Indianern, der ein gantz ungewöhnlich scharffes Gesichte hatte, Süd=Westwerts eine andere Insul, und weiln wir daselbst einen bessern Speise=Vorrath anzutreffen verhofften, wurden unsere kleinen Schiffe bey damahligen stillen Wetter, so gut als möglich, zugerichtet, so, daß wir einsteigen, und besagte Insul nach dreyen Tagen mit abermahliger gröster Lebens=Gefahr erreichen konten. Uber alles Vermuthen traffen wir auch daselbst ein kleines Schiff an, welches das wütende Meer mit 11. unserer Mit=Gesellen dahin geworffen hatte. Die Freuden= und Jammer=Thränen liefen häufig aus unsern Augen, ersten theils wegen dieser glücklichen Zusammenkunfft, andern theils darum, weil uns die letztern berichteten, daß Valboa nebst den übrigen ohnmöglich noch am Leben seyn könte, weil sie ingesammt durch den Sturm auf die gefährlichste und fürchterlichste Meeres=Höhe getrieben worden, allwo weit und breit keine Insuln, wohl aber bey hellen Wetter erschröckliche aus dem Wasser hervor ragende Felsen und Klippen zu sehen wären. Im übrigen war diese Insul so wenig als unsere vorige mit Menschen besetzt, jedoch liessen sich etliche vierfüßige Thiere sehen, welche theils den Europäischen Füchsen, theils aber den wilden Katzen gleichten. Wir nahmen uns kein [574] Bedencken, dieselben zu schiessen, und als vortreffliche Lecker=Bissen zu verzehren, worbey wir eine gewisse Wurtzel, die unsere Indianer in ziemlicher Menge fanden, an statt des Brodts gebrauchten. Nechst diesen liessen sich auch etliche Vögel sehen, die wir ebenfalls schossen, und mit grösten Appetit verzehreten, anbey das Fleisch der vierfüßigen Thiere dörreten, und auf den Nothfall spareten.

     Ich konte meine Gefährten, ohngeacht sie mich einhellig vor ihr Ober=Haupt erkläreten, durchaus nicht bereden, die Rück=Fahrt nach St. Michael vorzunehmen, weil ihnen allezeit ein Grausen ankam, so offt sie an die gefährlichen Klippen und stürmende See gedachten, derowegen fuhren wir immer gerades Weges vor uns von einer kleinen Insul zur andern, biß uns endlich das Glück auf eine ziemlich grosse führete, die mit Menschen besetzt war. Selbige kamen häuffig herzu, und sahen uns Elenden, die wir durch 19. tägige Schiff=Fahrt gantz krafftloß und ziemlich ausgehungert waren, mit gröster Verwunderung zu Lande steigen, machten aber dieserwegen nicht die geringste grimmige Gebärde, sondern hätten uns vielleicht gar als Götter angebetet, wenn unsere zwey Indianer ihnen nicht bedeutet hätten, daß wir arme verirrete Menschen wären, die lauter Liebe und Freundschafft gegen sie bezeugen würden, woferne man uns nur erlaubte, allhier auszuruhen, und unsere hungerige Magen mit einigen Früchten zu befriedigen. Ob nun schon die Einwohner der unsern Sprache nicht völlig verstunden, sondern das meiste durch Zeichen errathen musten, so erzeigten [575] sich dieselben doch dermassen gefällig, daß wir an ihren natürlichen Wesen noch zur Zeit nicht das geringste auszusetzen fanden. Sie brachten uns gedörretes Fleisch und Fische, nebst etlichen aus Wurtzel=Mehl gebackenen Brodten herzu, wovor wir die gläsernen und meßingenen Knöpffe unter sie theileten, so wir an unsern Kleidern trugen, indem dergleichen schlechte Sachen von ihnen ungemein hoch geschätzt, und mit erstaunlicher Freude angenommen wurden. Gegen Abend kam ihr König, welcher Madan genennet wurde, zu uns, dieser trug einen Schurz von bunten Federn um den Leib, wie auch dergleichen Crone auf dem Haupte, führete einen starcken Bogen in der rechte Hand, in der linken aber einen höltzernen spitzigen Wurff=Spieß, wie auch einen Köcher mit Pfeilen auf dem Rücken. Ich hatte das Glück, ihm ein höchst angenehmes Geschenck zu überreichen, welches in einem ziemlich grossen Taschen=Messer, einem Feuer=Stahl und zweyen Flinten=Steinen bestund, und habe niemahls bey einer lebendigen Creatur grössere Verwunderung gespüret, als sich bey diesem Menschen zeigte, so bald er nur den Nutzen und Krafft dieses Werckzeugs erfuhr. Er bekam über dieses noch ein Hand=Beil von mir, dessen vortreffliche Tugenden ihn vollends dahin bewegten, daß uns alles, was wir nur anzeigen konten, gereicht und verwilliget wurde. Demnach baueten meine Gefährten ohnfern vom Meer=Ufer etliche Hütten auf, worinnen 4. 5. oder 6. Personen bequemlich beysammen ruhen, und den häuffig herzu gebrachten Speise=Vorrath verzehren konten. Von un=[576]sern Schieß=Gewehr wusten sich diese Leute nicht den geringsten Begriff zu machen, ohngeacht unsere Indianer ihnen bedeuteten, daß diese Werckzeuge Donner, Blitz und Feuer hervorbringen, auch sogleich tödtliche Wunden machen könten, da aber einige Tage hernach sich eine ziemliche Menge mittelmäßiger Vögel auf einem Baume sehen liessen, von welchen der König Madan in grössester Geschwindigkeit zwey mit einem Pfeile herunter schoß, ergriff ich ihn bey der Hand, nahm meine Flinte, und führete ihn biß auf etliche 30. Schritt, gegen einen andern Baum, auf welchen sich diese Vögel abermahls niedergelassen hatten, und schoß, vermittelst eingeladenen Schrots, auf einmal 6. von diesen Vögeln herunter. Kaum war der Schuß gethan, als dieser König nebst allen seinen anwesenden Unterthanen plötzlich zu Boden fiel, da sie denn vor Schrecken sich fast in einer halben Stunde nicht wieder erholen konten. Auf unser freundliches und liebreiches Zureden kamen sie zwar endlich wiederum zu sich selbst, bezeugeten aber nach der Zeit eine mit etwas Furcht vermischte Hochachtung vor uns, zumahlen da wir ihnen bey fernerer Bekandtschafft zeigten, wie wir unsere Schwerdter gegen böse Leute und Feinde zu entblössen und zu gebrauchen pflegten.

     Immittelst hatten wir Gelegenheit, etliche Pfund Gold, das auf eine wunderliche Art zu Halß= und Armbändern, Ringen und Angehencken verarbeitet war, gegen allerhand elende und nichts=würdige Dinge einzutauschen, auch einen starcken Vorrath von gedörrten Fleisch, Fischen, [577] Wurtzeln und andern nahrhafften Früchten einzusammlen. Nachdem wir aber 3. von den allerdicksten Bäumen umgehauen, und in wenig Wochen so viel Schiffe daraus gezimmert, die da weit stärcker als die vorigen, auch mit Seegel Tüchern von geflochtenen Matten und zusammen gedreheten Bast=Stricken versehen waren, suchten wir mit guter Gelegenheit von diesen unsern Wohlthätern Abschied zu nehmen, und nach dem Furth St. Michael zurück zu kehren, allein, da meine Gefährten von den Einwohnern dieser Insul vernahmen, daß weiter in See hinein viel grössere bewohnte Insuln anzutreffen wären, worinnen Gold, Edle=Steine, und sonderlich die Perlen in gröster Menge befindlich, geriethen sie auf die Verwegenheit, dieselben aufzusuchen. Ich setzte mich zwar so viel, als möglich, darwieder, indem ich ihnen die gröste Gefahr, worein wir uns begäben, sattsam vorstellete, allein, es halff nichts, ja es trat also bald einer auf, welcher mit gröster Dreustigkeit sagte: Don Valaro, bedencket doch, daß Valboa nebst unsern andern Cameraden im Meere begraben worden, also dürffen wir uns auf unsere geringen Kräffte so wenig, als auf die ehemahligen Bündnisse und Freundschafft der Indianischen Könige verlassen, welche ohne Zweiffel des Valboa Unglück zeitig genung erfahren haben, diesemnach uns Elenden auch bald abschlachten werden. Lasset uns also viellieber neue Insuln und Menschen aufsuchen, welche von der Grausamkeit und dem Geitze unserer Lands=Leute noch keine Wissenschafft haben, und seyd versichert, daß, so ferne wir christ=[578]lich, ja nur menschlich mit ihnen umgehen werden, ein weit grösseres Glück und Reichthum vor uns aufgehoben seyn kan, als wir in den bißherigen Landschafften empfunden haben. Kommen wir aber ja im Sturme um, oder werden ein Schlacht=Opffer vieler Menschen, was ists mehr? Denn wir müssen eben dergleichen Unglücks auf der Rück=Fahrt nach St. Michael und in den Ländern der falsch=gesinneten Könige gewärtig seyn.

     Ich wuste wider diese ziemlich vernünfftige und sehr tapffermüthige Rede nicht das geringste einzuwenden, weßwegen ich dieses mahl meinen Gefährten nachgab, und alles zur baldigen Abfahrt veranstalten ließ.

     Der Abschied von dem König Madan und seinen von Natur recht redlichen Unterthanen ging mir wahrhafftig ungemein nahe, zumahlen da dieselben auf die letzte fast mehr Speise=Vorrath herzu brachten, als wir in unsern kleinen Schiffe einladen konten, einer aber von ihnen, der vom ersten Tage an beständig um mich gewesen war, fieng bitterlich zu weinen an, und bat, sonderlich da er vernahm, wie ich auf dem Rückwege allhier wiederum ansprechen wolte, ich möchte ihm vergönnen, daß er mit uns reisen dürffte, welches ich ihm denn auch mit grösten Vergnügen erlaubte. Er war ein Mensch von etwa 24. Jahren, wohl gewachsen und eines recht feinen Ansehens, zumahlen, da er erstlich etliche Kleidungs=Stück auf den Leib bekam, sein Nahme hieß Chascal, welchen ich aber nachhero, da er den christlichen Glauben annahm, [579] und von mir die heilige Tauffe empfing, verändert habe.

     Solchergestalt fuhren wir mit diesem neuen Wegweiser, der aber wenigen oder gar keinen Verstand von der Schiff=Fahrt hatte, auf und davon, bekamen zwar in etlichen Wochen nichts als Himmel und Wasser zu sehen, hatten aber doch wegen des ungemein stillen Wetters eine recht ruhige Fahrt. Endlich gelangeten wir an etliche kleine Insuln, welche zwar sehr schlecht bevölckert, auch nicht allzusehr fruchtbar waren, jedoch hatten wir die Freude, unsere kleinen Schiffe daselbst aufs neue auszubessern, und mit frischen Lebens=Mitteln anzufüllen, biß wir endlich etliche, nahe an einander gelegene grosse Insuln erreichten, und das Hertz fasseten, auf einer der grösten an Land zu steigen.

     Hier schienen die Einwohner nicht so guter Art als die vorigen zu seyn, allein, unsere 3. Indianischen Gefährten leisteten uns bey ihnen recht vortreffliche Dienste, so, daß wir in wenig Tagen mit ihnen allen recht gewünschten Umgang pflegen kunten. Wir erfuhren, daß diese Leute vor wenig Jahren grosse Mühe gehabt, sich einer Art Menschen, die ebenfalls bekleidet gewesen, zu erwehren, indem ihnen selbige die Lebens=Mittel, Gold, Perlen und Edlen=Steine mit Gewalt abnehmen und hinweg führen wollen, jedoch, nachdem sie unsere Freund= und Höfflichkeit zur Gnüge verspüret, wurde uns nicht allein mit gleichmäßiger Freundlichkeit begegnet, sondern wir hatten Gelegenheit, auf dieser Insul erstaunliche Schätze und Kostbar=[580]keiten einzusammlen, wie wir denn auch die andern nahgelegenen besuchten, und solchergestalt fast mehr zusammen brachten, als unsere Schiffe zu ertragen vermögend waren. *

     Meine Leute nahmen sich demnach vor, ein grosses Schiff zu bauen, in welchem wir sämmtlich bey einander bleiben, und unsere Güter desto besser fortbringen könnten, ich selbst sahe dieses vor gut an, zumahlen wir nicht allein alle Bedürffnisse darzu vor uns sahen, sondern uns auch der Einwohner redlicher Beyhülffe getrösten konten. Demnach wurden alle Hände an das Werck gelegt, welches in kürtzerer Zeit, als ich selbst vermeynte, zum Stande gebracht wurde. Die Einwohner selbiger Insuln fuhren zwar selbsten auch in einer Art von Schiffen, die mit Seegeln und Rudern versehen waren, doch verwunderten sie sich ungemein, da das unsere ihnen, auf so sonderbare Art zugerichtet, in die Augen fiel. Wir schenckten ihnen zwey von unsern mit dahin gebrachten Schiffen, nahmen aber das dritte an statt eines Boots mit uns, wie wir denn auch zwey kleine Nachen verfertigten, um selbige auf der Reise nützlich zu gebrauchen.

     Nachdem wir uns also mit allen Nothdürfftigkeiten wohl berathen hatten, seegelten wir endlich von dannen, und kamen nach einer langweiligen und beschwerlichen Fahrt an ein festes Land, allwo [581] wir aussteigen, und uns abermahls mit frischen Wasser nebst andern Bedürffnissen versorgen wolten, wurden aber sehr übel empfangen, indem uns gleich andern Tages mehr als 300. wilde Leute ohnversehens überfielen, gleich anfänglich drey der unsern mit Pfeilen erschossen, und noch fünff andere gefährlich verwundeten. Ob nun schon im Gegentheil etliche 20. von unsern Feinden auf dem Platze bleiben musten, so sahen wir uns doch genöthiget, aufs eiligste nach unsern Schiffe zurück zu kehren, mit welchen wir etliche Meilen an der Küste hinunter fuhren, und endlich abermahls auf einer kleinen Insul anländeten, die zwar nicht mit Menschen, aber doch mit vielerlei Arten von Thieren besetzt war, anbey einen starcken Vorrath an nützlichen Früchten, Wurtzeln und Kräutern zeigte. Allhier hatten wir gute Gelegenheit auszuruhen, biß unsere Verwundeten ziemlich geheilet waren, fuhren hernachmahls immer Südwerts von einer Insul zur andern, sahen die Küsten des festen Landes lincker Seits beständig mit sehnlichen Augen an, wolten uns aber dennoch nicht unterstehen, daselbst anzuländen, weiln an dem Leben eines eintzigen Mannes nur allzu viel gelegen war, endlich, nachdem wir viele hundert Meilen an der Land=Seite hinuntergeseegelt, ließ sich die äuserste Spitze desselben beobachten, um welche wir herumfuhren, und nebst einer kalten und verdrüßlichen Witterung vieles Ungemach auszustehen hatten. Es war leichtlich zu muthmassen, daß allhier ein würckliches Ende des festen Landes der neuen Welt gefunden sey, derowegen machten wir die Rechnung, [582] im Fall uns das Glück bey der Hinauf=Fahrt der andern Seite nicht ungünstiger, als bißhero, seyn würde, entweder den rechten Weg nach Darien, oder wohl gar nach Europa zu finden, oder doch wenigstens unterwegs Portugisen anzutreffen, zu welchen wir uns gesellen, und ihres Glücks theilhafftig machen könten, denn es lehrete uns die Vernunfft, daß die von den Portugisen entdeckten Landschafften ohnfehlbar auf selbiger Seite liegen müsten.

     Immittelst war die höchste Noth vorhanden, unser Schiff aufs neue auszubessern, und frische Lebens=Mittel anzuschaffen, derowegen wurde eine Landung gewagt, welche nach überstandener gröster Gefahr ein gutes Glücke versprach, daferne wir nicht Ursach gehabt hätten, uns vor feindseeligen Menschen und wilden Thieren zu fürchten. Jedoch die allgewaltige Macht des Höchsten, welche aller Menschen Hertzen nach Willen regieren kan, war uns dermahlen sonderlich geneigt, indem sie uns zu solchen Menschen führete, die, ohngeacht ihrer angebohrnen Wildigkeit, solche Hochachtung gegen uns hegten, und dermassen freundlich aufnahmen, daß wir uns nicht genung darüber verwundern konten, und binnen wenig Tagen alles Mißtrauen gegen dieselben verschwinden liessen. Es war uns allen wenig mehr um Reichthum zu thun, da wir allbereit einen fast unschätzbarn Schatz an lautern Golde, Perlen und Edelgesteinen besassen, bemüheten uns derowegen nur um solche Dinge, die uns auf der vorhabenden [583] langweiligen Reise nützlich seyn könten, welches wir denn alles in kurtzer Zeit gewünscht erlangten.

     Die bey uns befindlichen 3. redlichen Indianer machten sich das allergröste Vergnügen, einige wunderbare Meer=Thiere listiger Weise einzufangen, deren Fleisch, Fett und sonderlich die Häute, vortrefflich nutzbar waren, denn aus den letztern konten wir schönes Riemen=Werck, wie auch Lederne Koller, Schuhe, Mützen und allerley ander Zeug verfertigen.

     Sobald wir demnach nur mit der Ausbesserung und Versorgung des Schiffs fertig, dasselbe auch, wo nur Raum übrig, mit lauter nützlichen Sachen angefüllet hatten, traten wir die Reise auf der andern Land=Seite an, vermerckten aber gleich anfänglich, daß Wind und Meer allhier nicht so gütig, als bey der vorigen Seite, war. Zwey Wochen aneinander ging es noch ziemlich erträglich, allein, nachhero erhub sich ein sehr hefftiger Sturm, der über 9. Tage währete, und bey uns allen die gröste Verwunderung erweckte, daß wir ihm endlich so glücklich entkamen, ohngeacht unser Schiff sehr beschädiget an eine sehr elende Küste getrieben war, allwo sich auf viele Meilwegs herum, ausser etlichen unfruchtbaren Bäumen, nicht das geringste von nützlichen Sachen antreffen ließ.

     Etliche von meinen Gefährten streifften dem ohngeacht überall herum, und kamen eines Abends höchst erfreut zurück, weil sie, ihrer Sage nach, ein vortrefflich ausgerüstetes Europäisches Schiff, in einer kleinen Bucht liegend, jedoch keinen eintzi=[584]gen lebendigen Menschen darinnen gefunden hätten. Ich ließ mich bereden, unser sehr beschädigtes Schiff dahin zu führen, und fand mit gröster Verwunderung daß es die lautere Wahrheit sey. Wir bestiegen dasselbe, und wurden ziemlichen starcken Vorrath von Wein, Zwieback, geräucherten Fleische und andern Lebens=Mitteln darinnen gewahr, ohne was in den andern Ballen und Fässern verwahret war, die noch zur Zeit niemand eröffnen durffte. Tieffer ins Land hinein wolte sich keiner wagen, indem man von den höchsten Felsen=Spitzen weit und breit sonsten nichts als lauter Wüsteney erblickte, derowegen wurde beschlossen, unser Schiff, so gut als möglich, auszubessern, damit, wenn die Europäer zurück kämen, und uns allenfalls nicht in das Ihrige aufnehmen wolten oder könten, wir dennoch in ihrer Gesellschafft weiter mitseegeln möchten.

     Allein, nachdem wir mit allem fertig waren, und einen gantzen Monath lang auf die Zurückkunfft der Europäer vergeblich gewartet hatten, machten meine Gefährten die Auslegung, daß dieselben ohnfehlbar sich zu tieff ins Land hinein gewagt, und nach und nach ihren Untergang erreicht hätten, weßwegen sie vors allerklügste hielten, wenn wir uns das köstliche Schiff nebst seiner gantzen Ladung zueigneten, und mit selbigen davonführen. Ich setzte mich starck wider diesen Seeräuberischen Streich, konte aber nichts ausrichten, indem alle einen Sinn hatten, und alle unsere Sachen in möglichster Eil in das grosse Schiff einbrachten, wolte ich also nicht alleine an einem [585] wüsten Orte zurück bleiben, so muste mir gefallen lassen, das gestohlne Schiff zu besteigen, und mit ihnen von dannen zu seegeln, konte auch kaum so viel erbitten, daß sie unser bißheriges Fahrzeug nicht versenckten, sondern selbiges an dessen Stelle stehen liessen.

     Kaum hatten wir die hohe See erreicht, als sich die Meinigen ihres Diebstahls wegen ausser aller Gefahr zu seyn schätzten, derowegen alles, was im Schiffe befindlich war, eröffnet, besichtiget, und ein grosser Schatz an Golde nebst andern vortrefflichen Kostbarkeiten gefunden wurde. Allein, wir erfuhren leider! allerseits gar bald, daß der Himmel keinen Gefallen an dergleichen Boßheit habe, sondern dieselbe ernstlich zu bestraffen gesinnet sei. Denn bald hernach erhub sich ein abermahliger dermassen entsetzlicher Sturm, dergleichen wohl leichtlich kein See=Fahrer hefftiger ausgestanden haben mag. Wir wurden von unserer erwehlten Strasse gantz Seitwerts immer nach Süden zu getrieben, welches an dem erlangten Compasse, so offt es nur ein klein wenig stille, deutlich zu ersehen war, es halff hier weder Arbeit noch Mühe, sondern wir musten uns gefallen lassen, dem aufgesperreten Rachen der gräßlichen und tödtlichen Fluthen entgegen zu eilen, viele wünschten, durch einen plötzlichen Untergang ihrer Marter bald abzukommen, indem sie weder Tag noch Nacht ruhen konten, und die letzte klägliche Stunde des Lebens in beständiger Unruhe unter dem schrecklichsten Hin= und Wiederkollern erwarten musten. Es währete dieser erste Ansatz des Sturms [586] 16. Tage und Nacht hinter einander, ehe wir nur zwey biß drey Stunden ein wenig verschnauben, und das Sonnen=Licht auf wenige Minuten betrachten konten, bald darauf aber meldete sich ein neuer, der nicht weniger grimmig, ja fast noch hefftiger als der vorige war, Mast und Seegel wurden den erzürnten Wellen zum Opffer überliefert, worbey zugleich 2. von meinen Gefährten über Boort geworffen, und nicht erhalten werden konten, wie denn auch 3. gequetschte und 2. andere krancke folgenden Tages ihren Geist aufgaben. Endlich wurde es zwar wiederum vollkommen stille und ruhig auf der See, allein, wir bekamen in etlichen Wochen weder Land noch Sand zu sehen, so, daß unser süsses Wasser nebst dem Proviante, welchen das eingedrungene See=Wasser ohnedem schon mehr als über die Helffte verdorben hatte, völlig zum Ende ging, und wir uns Hungers wegen gezwungen sahen, recht wiedernatürliche Speisen zu suchen, und das bitter=saltzige See=Wasser zu trincken. Bei so beschaffenen Umständen riß der Hunger, nebst einer schmertzhafften Seuche, in wenig Tagen einen nach dem andern hinweg, so lange, biß ich, die 3. Indianer und 5. spanische Kriegs=Leute noch ziemlich gesund übrig blieben. Es erhub sich immittelst der dritte Sturm, welchen wir 9. Personen, als eine Endschafft unserer Qual, recht mit Freuden ansetzen höreten. Ich kan nicht sagen, ob er so hefftig als die vorigen zwey Stürme gewesen, weil ich auf nichts mehr gedachte, als mich nebst meinen Gefährten zum seeligen Sterben zuzuschicken, allein eben dieser Sturm [587] muste ein Mittel unserer dermahligen Lebens=Erhaltung und künfftiger hertzlicher Busse seyn, denn ehe wir uns dessen versahen, wurde unser jämmerlich zugerichtetes Schiff auf eine von denenjenigen Sand=Bäncken geworfen, welche ohnfern von dieser mit Felsen umgebenen Insul zu sehen sind. Wir liessen bey bald darauf erfolgter Wind=Stille unsern Nachen in See, das Schiff aber auf der Sand=Banck in Ruhe liegen, und fuhren mit gröster Lebens Gefahr durch die Mündung des Westlichen Flusses, welche zur selbigen Zeit durch die herab gestürtzten Felsen=Stücken noch nicht verschüttet war, in diese schöne Insul herein, welche ein jeder vernünfftiger Mensch, solange er allhier in Gesellschafft anderer Menschen lebt, und nicht mit andern Vorurtheilen behafftet ist, ohnstreitig vor ein irrdisches Paradieß erkennen wird.

     Keiner von uns allen gedachte dran, ob wir allhier Menschen=Fresser, wilde Thiere oder andere feindseelige Dinge antreffen würden, sondern so bald wir den Erdboden betreten, das süsse Wasser gekostet und einige fruchttragende Baume erblickt hatten, fielen so wohl die drey Indianer als wir 6. Christen, auf die Knie nieder und danckten dem Allerhöchsten Wesen, daß wir durch desselben Gnaden so wunderbarer, ja fast übernatürlicher Weise erhalten worden. Es war ohngefähr zwey Stunden über Mittag, da wir trostloß gewesenen Menschen zu Lande kamen, hatten derowegen noch Zeit genung unsere hungerigen Magen mit wohlschmeckenden Früchten anzufüllen, und aus den klaren Wasser=Bächen zu trincken, nach diesen wurden [588] alle fernern Sorgen auf dieses mahl bey Seite gesetzt, indem sich ein jeder mit seinem Gewehr am Ufer des Flusses zur Ruhe legte, biß auf meinen getreuen Chascal, welcher die Schildwächterey von freyen stücken über sich nahm, um uns andern vor besorglichen Unglücks=Fällen zu warnen. Nachdem aber ich etliche Stunden und zwar biß in die späte Nacht hinein geschlaffen, wurde der ehrliche Chascal abgelöset, und die Wacht von mir biß zu Auffgang der Sonne gehalten. Hierauff fieng ich an, nebst 4. der stärcksten Leute, einen Theil der Insul durchzustreiffen, allein wir fanden nicht die geringsten Spuren von lebendigen Menschen oder reissenden Thieren, an deren Statt aber eine grosse Menge Wildpret, Ziegen auch Affen von verschiedenen Farben. Dergleichen Fleischwerck nun konte uns, nebst den überflüßigen herrlichen Kräutern und Wurtzeln, die gröste Versicherung geben, allhier zum wenigsten nicht Hungers wegen zu verderben, derowegen giengen wir zurück, unsern Gefährten diese fröhliche Bothschafft zu hinterbringen, die aber nicht eher als gegen Abend anzutreffen waren, indem sie die Nordliche Gegend der Insul ausgekundschafft, und eben dasjenige bekräfftigten, was wir ihnen zu sagen wusten. Demnach erlegten wir noch selbigen Abend ein stück Wild nebst einer Ziege, machten Feuer an und brieten solch schönes Fleisch, da immittelst die drey Indianer die besten Wurtzeln ausgruben, und dieselben an statt des Brots zu rösten und zuzurichten wusten, welches beydes wir sodann mit gröster Lust verzehreten. In folgenden Tagen bemüheten wir uns sämtlich aufs [589] äuserste, die Sachen aus dem gestrandeten Schiffe herüber auf die Insul zu schaffen, welches nach und nach mit gröster Beschwerlichkeit ins Werck gerichtet wurde, indem wir an unser kleines Boot der Länge nach etliche Floß=Hölzer fügten, welche am Vordertheil etwas spitzig zusammen lieffen, hinten und vorne aber mit etlichen darauff befestigten Queer=Balcken versehen waren, und solchergestalt durfften wir nicht allein wegen des umschlagens keine Sorge tragen, sondern konten auch ohne Gefahr, eine mehr als vierfache Last darauff laden.

     Binnen Monats=Frist hatten wir also alle unsere Güter, wie auch das zergliederte untüchtige Schiff auf die Insul gebracht, derowegen fiengen wir nunmehro an Hütten zu bauen, und unsere Haußhaltung ordentlich einzurichten, worbey der Mangel des rechten Brodts uns das eintzige Mißvergnügen erweckte, jedoch die Vorsorge des Himmels hatte auch hierinnen Rath geschafft, denn es fanden sich in einer Kiste etliche wohl verwahrte steinerne Flaschen, die mit Europäischen Korne, Weitzen, Gerste, Reiß und Erbsen, auch andern nützlichen Sämereyen angefüllet waren, selbige säeten wir halben Theils aus, u. ich habe solche edle Früchte von Jahr zu Jahr mit sonderlicher Behutsamkeit fortgepflantzt, so daß sie, wenn GOTT will, nicht allein Zeit meines Lebens sich vermehren, sondern auch auf dieser Insul nicht gar vergehen werden, nur ist zu befürchten, daß das allzuhäuffig anwachsende Wild solche edle Aehren, noch vor ihrer völligen Reiffe, abfressen, und die selbst eigene Fortpflantzung, welche hiesiges Orts, gantz sonderbar zu bewundern ist, verhindern werde.

     [590] * Du wirst, mein Leser, dir ohnfehlbar eine wunderliche Vorstellung von meinem Glauben machen, da ich in diesen Paragrapho die Vorsorge des Himmels bewundert, und doch oben beschrieben habe, wie meine Gefährten das Schiff nebst allem dem was drinnen, worunter auch die mit Geträyde angefülleten Flaschen gewesen, unredlicher Weise an sich gebracht, ja aufrichtig zu reden, gestohlen haben; Wie reimet sich dieses, wirstu sagen, zur Erkäntniß der Vorsorge GOttes? Allein sey zufrieden, wenn ich bey Verlust meiner Seeligkeit betheure: daß so wohl ich, als mein getreuer Chascal an diesen Diebs=Streiche keinen gefallen gehabt, vielmehr habe ich mich aus allen Kräfften darwieder gesetzt, jedoch nichts erlangen können. Ist es Sünde gewesen, daß ich in diesem Schiffe mitten unter den Dieben davon gefahren, und mich aus dermahligen augenscheinlichen Verderben gerissen, so weiß ich gewiß, daß mir GOTT dieselbe auf meine eiffrige Busse und Gebeth gnädiglich vergeben hat. Inzwischen muß ich doch vieler Umstände wegen die Göttliche Vorsorge hierbey erkennen, die mich nicht allein auf der stürmenden See, sondern auch in der grausamen Hungers=Noth und schädlichen Seuche erhalten, und auf der Insul mittelbarer Weise mit vielem guten überhäufft. Meine Gefährten sind alle in der Helffte ihrer Tage gestorben, ausgenommen der eintzige Chascal welcher sein Le=[591]ben ohngefähr biß 70. Jahr gebracht, ich aber bin allein am längsten überblieben, auf daß ich solches ansagte.
     Wir machten uns inzwischen die unverdorbenen Güter, so auf dem gestohlenen Schiffe mitgebracht waren, wohl zu nutze, ich selbst bekam meinen guten Theil an Kleiderwerck, Büchern, Pappier und andern Geräthschafften davon, that aber dabey sogleich ein Gelübde, solcher Sachen zehnfachen Werth in ein geistliches Gestiffte zu liefern, so bald mich GOTT wiederum unter Christen Leute führete.

     Es fanden sich Weinstöcke in ihrem natürlichen Wachsthume, die wir der Kunst nach in weit bessern Stand brachten, und durch dieselben grosses Labsal empfiengen, auch kamen wir von ohngefähr hinter den künstlichen Vortheil, aus gewissen Bäumen ein vortreffliches Geträncke zu zapffen, welches alles ich bey meinen andern Handschrifften deutlicher beschrieben habe. Nach einem erleidlichen Winter und angenehmen Frühlinge, wurde im Sommer unser Getrayde reiff, welches wir wiewohl nur in weniger Menge einerndten, jedoch nur die Probe von dem künftig wohlschmeckenden Brodte machen konten, weil das meiste zur neuen Aussaat vor 9. Personen nöthig war, allein gleich im nächstfolgenden Jahre wurde so viel eingesammlet, daß wir zur Aussaat und dem nothdürfftigen Lebens=Unterhalt völlige Genüge hatten.

     Mittlerweile war mein Chascal so weit gekommen, daß er nicht allein sehr gut Castilianisch reden, [592] sondern auch von allen christlichen Glaubens=Articuln ziemlich Rede und Antwort geben konte, derowegen nahm ich mir kein Bedencken an diesem abgelegenen Orte einen Apostel abzugeben, und denselben nach Christi Einsetzung zu tauffen, worbey alle meine 5. christlichen Gefährten zu Gevattern stunden, er empfieng dabei, wegen seiner besondern Treuhertzigkeit, den Nahmen Christian Treuhertz. Seine beyden Gefährten befanden sich hierdurch dermassen gerühret, daß sie gleichmäßigen Unterricht wegen des Christenthums von mir verlangten, welchen ich ihnen mit grösten Vergnügen gab, und nach Verfluß eines halben Jahres auch beyde tauffte, da denn der erstere Petrus Gutmann, der andere aber Paulus Himmelfreund genennet wurde.

     In nachfolgenden 3. oder 4. Jahren, befand sich alles bey uns in dermassen ordentlichen und guten Stande, daß wir nicht die geringste Ursach hatten über appetitliche Lebens=Mittel oder andern Mangel an unentbehrlichen Bedürffnissen zu klagen, ich glaube auch, meine Gefährten würden sich nimmermehr aus dieser vergnügenden Landschafft hinweg gesehnet haben: wenn sie nur Hoffnung zur Handlung mit andern Menschen, und vor allen andern Dingen, Weibs=Leute, ihr Geschlechte fortzupflantzen, gehabt hätten. Da aber dieses letztere ermangelte, und zu dem erstern sich gantz und gar keine Gelegenheit zeigen wolte, indem sie nun schon einige Jahre vergeblich auf vorbeyfahrende Schiffe gewartet hatten, gaben mir meine 5. Lands=Leute ziemlich trotzig zu verstehen: daß man Anstalt machen müste [593] ein neues Schiff zu bauen, um damit wiederum eine Fahrt zu andern Christen zu wagen, weil es GOtt unmöglich gefallen könte, dergleichen kostbare Schätze, als wir besäßen, so nachlässiger Weise zu verbergen, und sich ohne eintzigen Heil. Beruff und Trieb selbst in den uneheligen Stand zu verbannen, darbey aber aller christlichen Sakramenten und Kirchen=Gebräuche beraubt zu leben.

     Ohngeacht nun ich sehr deutlich merckte, daß es ihnen nicht so wohl um die Religion als um die Weiber=Liebe zu thun wäre, so nahm mir doch ein Bedencken ihrem Vorhaben zu widerstreben, zumahlen da sie meinen vernünfftigen Vorstellungen gantz und gar kein Gehör geben wolten. Meine an sie gethane Fragen aber waren ohngefähr folgendes Innhalts: Meine Freunde bedenckt es wohl, sprach ich,

     1.
Wie wollen wir hiesiges Orts ein tüchtiges Schiff bauen können, das uns etliche hundert, ja vielleicht mehr als 1000. Meilen von hier hinweg führen und alles Ungemach der See ertragen kan. Wo ist gnugsames Eisenwerck zu Nägeln, Klammern und dergleichen? Wo ist Pech, Werck, Tuch, Strickwerck und anders Dinges mehr, nach Nothdurfft anzutreffen?

     2.
Werden wir nicht GOTT versuchen, wenn wir uns auf einen übel zugerichteten Schiffe unterstehen einen so fernen Weg anzutreten, und werden wir nicht als Selbst=Mörder zu achten seyn, daferne uns die Gefahr umbringt, worein wir uns muthwillig begeben?

     [594]
     3.
Welcher unter uns weiß die Wege, wo wir hin gedencken, und wer kan nur sagen in welchem Theile der Welt wir uns jetzo befinden? auch wie weit die Reise biß nach Europa ist?

     Solche und noch viel mehr dergleichen Fragen die von keinem vernünfftig genung beantwortet wurden, dieneten weiter zu nichts, als ihnen Verdruß zu erwecken, und den gefasseten Schluß zu befestigen, derowegen gab ich ihnen in allen Stücken nach, und halff den neuen Schiff=Bau anfangen, welcher langsam und unglücklich genung von statten gieng, indem der Indianer Paulus von einem umgehauenen Baume plötzlich erschlagen wurde. Dieser war also der erste welcher allhier von mir begraben wurde.

     Im dritten Sommer nach angefangener Arbeit war endlich das Schiff soweit fertig, daß wir selbiges in den Fluß, zwischen denen Felsen, allwo es genugsame Tieffe hatte, einlassen konten. Weiln aber zwey von meinen Lands=Leuten gefährlich Kranck darnieder zu liegen kamen, wurde die übrige wenige Arbeit, nebst der Einladung der Güter, biß zu ihrer völligen Genesung versparet.

     Meine Gefährten bezeigten allerseits die gröste Freude über die ihrer Meynung nach wohlgerathene Arbeit, allein ich hatte an dem elenden Wercke nur allzuviel auszusetzen, und nahm mir nebst meinem getreuen Christian ein billiges Bedencken uns darauff zu wagen, weil ich bey einer so langwierigen Reise dem Tode entgegen zu lauffen, gantz gewisse Rechnung machen konte.

     Indem aber nicht allein grosse Verdrießlichkeit [595] sondern vielleicht gar Lebens=Gefahr zu befürchten war, soferne meine Gefährten dergleichen Gedancken merckten, hielt ich darmit an mich, und nahm mir vor auf andere Mittel zu gedencken, wodurch diese unvernünfftige Schiffarth rückgängig gemacht werden könte. Allein das unerforschliche Verhängniß überhob mich dieser Mühe, denn wenig Tage hierauff, erhub sich ein grausamer Sturm zur See, welchen wir von den hohen Felsen=Spitzen mit erstaunen zusahen, jedoch gar bald durch einen ungewöhnlichen hefftigen Regen in unsere Hütten getrieben wurden, da aber bey hereinbrechender Nacht ein jeder im Begriff war, sich zur Ruhe zu begeben, wurde die gantze Insul von einem hefftigen Erdbeben gewaltig erschüttert, worauff ein dumpfiges Geprassele folgete, welches binnen einer oder zweyer Stunden Zeit noch 5. oder 6. mahl zu hören war. Meine Gefährten, ja sogar auch die zwey Krancken kamen gleich bey erster Empfindung desselben eiligst in meine Hütte gelauffen, als ob sie bey mir Schutz suchen wolten, und meyneten nicht anders, als müsse das Ende der Welt vorhanden seyn, da aber gegen Morgen alles wiederum stille war, und der Sonnen lieblicher Glanz zum Vorscheine kam, verschwand zwar die Furcht vor dasmahl, allein unser zusammengesetztes Schrecken war desto grösser, da wir die eintzige Einfahrt in unsere Insul, nehmlich den Auslauff des Westlichen Flusses, durch die von beyden Seiten herab geschossenen Felsen gäntzlich verschüttet sahen, so daß das gantze Westliche Thal von dem gehemmten Strome unter Wasser gesetzt war.

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     *
     Es ist fast zu vermuthen, daß der Autor solchergestalt auf die jetzige Zeit so genannten Insulas Salomonis gekommen, jedoch in Erwegung anderer Umstände können auch wohl nur die Peru und Chili gegen über gelegenen Insuln gemeynet seyn.

 
 
 
 
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