BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Charlotte von Stein

1742 - 1827

 

Dido, ein Trauerspiel

in fünf Aufzügen.

 

Fünfter Aufzug.

 

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Dritte Scene.

Dodus. Ogon. Die Vorigen.

 

Dodus.

König! Albicerio allein weiß den Aufenthalt der Königin; dies ist gewiß. Brauche Gewalt! das Volk verlangt es.

 

Jarbas (zum Albicerio).

Rede! oder man führt dich zum Tode.

 

Albicerio.

Ich gehe willig diesen Weg.

 

Jarbas.

Wache, führt ihn hinweg! Und ihr, meine gelehrten Freunde und Rathgeber, begleitet ihn zum Todesplatz.

 

Dodus (vor sich).

Glaubt er wohl, uns eine Ehrenstelle dadurch anzuweisen?

 

Ogon (zum Albicerio).

Wer wollte auch ein Geheimniß um den Preis verwahren? Du bist schon von Amors Pfeilen getödtet, die dich aus den Augen der schönen Dido trafen, und siehst nun in Jarbas einen Nebenbuhler.

 

Albicerio.

Behalte für dich deine Auslegung! Wenn ich die Königin liebe, so sproßt meine Liebe aus edlerm Boden, als derjenige, den du in deinem Herzen trägst.

 

Jarbas.

Priester, zaudre nicht länger!

 

Albicerio.

Ja, ich gehe! – Aber laß keine unheilige Hand mich berühren! Das Messer, vom Blut der Opferthiere gefärbt, welche, im dunkeln Bewußtsein ihrer Unschuld, mir ihre Brust vertheidigungslos hingaben und noch mit Zuversicht ihren letzten Blick auf mich warfen, dieses will ich auch mit dem meinigen färben. Es geziemt dem Priester, das letzte Opfer an sich selbst zu vollbringen.

 

Beide Räthe.

Götter! Rettet den unsträflichen Mann!

(Albicerio, Ogon, Dodus, ein Theil der Wache ab.)