BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Clemens Brentano

1778 - 1842

 

Der andere Brentano

 

Gedichte

 

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Ewig durchdringt sich das Leben und streitet in brennender Gärung

Wechselt das einzige Ziel, suchet und fliehet die Bahre

Fern und nie zu erreichen so nah doch im eigenen Busen

Waltet sein brennendes Licht, herrscht der befreiende Zwang.

Alle zwar streben hinaus und suchen, doch wenige kränzen(?)

Sich und die ruhige Stirn, Lorbeern des eigenen Siegs.

So auch klagen die Dichter, mit Recht den Mangel des Schicksals

Das die Unsterblichen einst, Sterblichen strenge verteilt.

Denn die Götter, die ewgen unergründlichen brachen

Schnöd den richtenden Stab, über das eigne Geschlecht.

Ferne fliehen sie frevelnd, entführten im Mißbrauch der Freiheit

Was das sorgsame Herz, Sterblicher ihnen vertraut,

Wählende Weisheit, schaffende Ruhe, lebendige Schönheit

Und die ewige Kraft, faßte das himmlische Haus,

Sich und dem freudigen Leben erbaute der inneren Gottheit

Selbst sich verehrendes Bild, fromm der erfindende Mensch

Was sich in tiefer Betrachtung in wechselnder Zeiten Geheimnis,

Was auch die heilige Nacht, schaffender Liebe im Schoß

Lebenden Augen verbarg, sein mächtiger Arm nicht erfaßte

Was nicht die eigne Gestalt brüderlich mit ihm geteilt,

Hat er ach! selbst sich entzogen, die undankbaren zu schaffen

Und daß der hohe Verkehr, tiefer im Wesen gedeih

Führt er die eigne Gestalt euch zu, die Braut seines Lebens

Reich geschmücket, und ihm blieb der gefristete Tod.

Ferne sind nun die Götter die unerreichlich entflohnen

Denn sie kehrten zurück, wo kaum die Liebe noch wohnt,

Einsam sind sie im Busen des Menschen, weit in der Fremde

Irrt der Gedanke umher, suchet die göttliche Spur

Schon ach ist ja das Opfer der Einigung sühnend gefeiert

Und es webet in uns unerschaffen der Gott. –

Kehret Gedanken doch himmelwärts eilet den Tempel zu weihen

Schafft mir im Herzen Gebet, eh es in Sehnsucht zerbricht.

Vier sind eurer der Teuren, die weit in der Fremde mir weilen

Zwei dem Tode geweiht, grüße noch einmal mein Blick

Daß ich friedlich entsagend sie opfre, denen im Opfer

Frevelnd das Leben ich bot, wenn sie die Fremde begehrt.

Aber zwei auch vermiß ich, ihr kennt mich, Geliebte der Seele

Nimmer ach lasse ich euer, näher eilet mir stets –

Wohl mir ihr Teuren, die einz'gen, getreu nach dem einsamen Leben

Denn ihr kehret mir gern, deiner gedenke ich schon.

Kunigundis, du reine, voll unerschöpflicher Liebe

Reichst du die Worte mir dar, bietest den offenen Sinn,

Alles teilend mit Liebe, was kärglich die Fremde verliehen,

Opferst du eigene Zier, deinem Geliebten zum Schmuck.

Wahrlich mich freuet die Rückkehr. Geliebte! daß ich nun tilge,

Die ich so lange dir trug, holder Erwiderung Schuld.

 

Entstanden wahrscheinlich 1801