BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Clemens Brentano

1778 - 1842

 

Ponce de Leon

Ein Lustspiel

 

Der zweite Akt:

In Sevilla.

Folgender Tag, Morgen bis Mittag.

 

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Zweiter Akt

 

 

Erster Auftritt

 

Morgens früh nach dem Ball; die Szene, wie sie im ersten Akt verlassen wurde.

Zwei Diener öffnen die Türen und räumen auf.

 

Erster Diener. Das war eine harte Nacht.

Zweiter Diener. Du warst so besoffen, daß du an der harten Erde einschliefst.

Erster Diener. Besoffen? Ich bin so nüchtern an Schlaf, daß ich schlaftrunken bin; ich bin noch, wie ich gestern morgen aufstand. Es ist mir kein Tropfen Schlaf über die Zunge geflossen, und habe kein Maul zugetan. Er gähnt.

Zweiter Diener gähnt. Wir haben größern Lusten, das Maul aufzusperren als die Türen; räume im Saale auf und stelle die Instrumenten beiseite, ich muß den Herren das Frühstück bereiten. Ab.

Erster Diener. So ein Frühstück ist besser als so ein frühes Stück Arbeit. Geht in den Tanzsaal, bringt den Baß heraus, hält ein Stück Kuchen in der Hand. Morgenstund hat ein Stock Kuchen im Mund. Stellt den Baß an die Wand, setzt sich daran. Man kann nicht zwei Sachen zugleich tun, Ißt, an den Baß gelehnt. ich passe recht zu dem Baß – es schläft sich doch sanft bei der Musik. Er schläft ein.

 

 

Zweiter Auftritt

 

Felix und Sarmiento.

 

Felix. Ich bin entschlossen, ich will gleich hin und alles anwenden, des Mädchens Muhme zu bewegen.

Sarmiento. Mein Freund, Muhmen gehören nicht unter die beweglichen Güter. – Ihr müßt das Mädchen sogleich entfahren und nach Eurem Gute bringen.

Felix. Ihr seid zu rasch. Kann eines schwachen Mädchens Ruf eine solche Reise vertragen?

Sarmiento. Ich könnte Euch zwar erwidern, daß Schwindsüchtige durch Kurierreiten oft kuriert werden; doch ich frage besser: Was wollt Ihr an ihr verändern als ihren Ruf, wenn Ihr sie heiratet? Die schnelle Reise wird Euch keine Hörner aufsetzen. Setzt Euren Kopf auf, stoßet in das Horn, betriegt die Weile, indem Ihr den Pferden über die Ohren haut, so wird die Reise vor Eile den Atem verlieren, Eures Mädchens Ruf zu verderben. – Geht, Ihr seid ein anderer Mann als Euer Vater.

Felix. Ich bin nur meines Vaters Sohn, und schone in meiner Geliebten seine Tochter. – In jedem Falle ist die Sache verdrießlich. Ich kann Sie nur durch schnellen Zwang erringen, und meines Vaters Einwilligung bleibt unsicher.

Sarmiento. Wen liebt Ihr denn mehr, dies Weib, oder Euren Vater?

Felix. Ich liebe meinen Vater wie meine Ehre. Ich sterbe für beide, denn ich kenne ihn nur wie meine Ehre; er und sie sind eins, denn ich kenne nichts von ihm und ihr als das Blut in meinen Adern, das das seine ist. Als ich sechs Jahr alt war, kam ich von meinem Großvater zurück, zu dem ich in meinem dritten Jahre gebracht ward, und mein Vater war schon bei der Armee in Flandern. Ich sah ihn nie, und könnte ich ihn entführen, ich wäre schneller in Flandern als bei Lucillen.

Sarmiento. Liebt Ihr das Mädchen mehr als Eure Ehre?

Felix. Fragt nicht so, ich liebe meine Ehre um der Liebe willen, und ehre meine Liebe um der Ehre willen; ich will für Ehre und Vater sterben, und für die Liebe und Lucillen leben.

Sarmiento zeigt ihm seine Hand. Kennt Ihr diesen Ring?

Felix. Seid mir willkommen! Ich trage denselben an der Hand.

Es ist der Ring, den mein Vater seinen Kindern und Freunden gab. Er schrieb mir, jeden als seinen besten Freund zu achten, der diesen Ring besitzt. Alle diese Ringe sind Kinder seiner Ehre; er erhielt eine goldne Kette zum Lohne seiner Tapferkeit, und lösete sie in die Ringe auf, die er seinen Geliebtesten verteilte. Seid mir nochmals willkommen! Wie verließt Ihr ihn, Ihr müßt von ihm wissen?

Sarmiento. Er betrieb seinen Abschied bei dem Hof, und sehnte sich sehr nach seinen Kindern. Den Abend vor meiner Abreise sagte er zu mir: «Sage meinen Kindern, ich würde bald kommen, und merkst du, daß sie lieben, rechtliche Menschen ihres Standes, so gebe ihnen meine Einwilligung, und sporne sie an, denn ich möchte Hochzeit sehen, wenn ich komme, und in einer vollen, fertigen Familie leben.» Jetzt versteht Ihr meinen raschen Rat. Nun will ich noch von Euren Schwestern Nachricht holen, und eile dann zurück, denn meine Geschäfte in Madrid sind abgetan. Ich will Euch Euren Vater bringen – macht, daß er die Hochzeit findet.

Felix. Ich eile nun, Ihr habt mich aufgerichtet; warum spracht Ihr nicht gleich so, teurer Freund? Seht, Ihr dürft meine Ängstlichkeit um des Mädchens Ehre nicht für Mutlosigkeit halten, denn ich verdanke dieser Liebe meine Ehre, sie hat sie mir im wilden Jugendleben erhalten. Für meine Schwestern, o welches Glück! wenn der Vater zurückkehrt und diesen Schatz seines Hauses der Liebe und dem Verdienste zum Preise bestimmt. Die armen Mädchen sind sehr gedrückt, sie stehen in dem begehrendsten Alter, und ihre Tante, Juanna, in dem versagendsten.

Sarmiento. Der launige Don Ponce scheint ja so sehr für Isidoren zu brennen; kennt er sie?

Felix. Er sah sie nie, doch liebt er sie schon lange aus meinen Erzählungen auf eine bizarre Art; auch Isidore hat sich stets nach meiner Beschreibung für ihn interessiert. Sie meinte, es müsse eine große Freude für ein still erzogenes Mädchen sein, den Menschen mit aller Kraft in einer solchen kindischen Wiege, wie sie ihn nennt, zu wecken. Sie hat recht, er ist ein schlummerndes, launiges Kind, mitten in dem Getümmel der Welt. – Hört nur seine Streiche von dieser Nacht! Er schlief mit mir in einer Stube, dreimal stand er auf und weckte mich, mit der Bitte, ihm zu sagen, ob ich nicht wisse, in welcher Stellung Isidora schlafe, und endlich, nachdem ich ihm stets gesagt hatte, ich wisse es nicht, mußte ich, um Ruhe zu haben, ihn versichern, sie ruhe gerad ausgestreckt auf der linken Seite, schweige mäuschenstille, träume gern, und wenn sie wache, sinne sie auf freundliche Worte, ihren künftigen Gatten zu unterhalten. So ward ich ihn endlich los, er ging und versicherte mich, er lege sich auf die entgegengesetzte Seite, der Symmetrie wegen, und sinne auf Worte, seine künftige Gattin zu unterhalten. Heute morgen schlief er erst ein. Ich glaube, diesen Menschen könnte die Liebe vortrefflich machen.

Sarmiento. Ich hoffte viel von ihm; doch da kömmt er selbst.

 

 

Dritter Auftritt

 

Vorige; Aquilar führt Ponce, der schläfrig ist, im Arme. Ein Diener bringt einen Tisch mit Wein und Speise. Der Bediente schläft immer noch im Hintergrunde.

 

Aquilar. Guten Morgen, Freunde; bei Ponce ists noch zu frühe.

Sarmiento. Guten Morgen, Don Ponce!

Ponce. Ihr antwortet, ohne daß ich fragte, Automate. Euer guter Morgen war das Beißendste, was Ihr je gesagt, es ist ein schlechter guter Morgen, er beißt mich in den Augen, Er reibt die Augen. ein beißender guter Morgen. Er setzt sich still auf einen Stuhl, und sieht schlummerhaft sinnend vor sich hin; die andern setzen sich um den Tisch, zu frühstücken.

Aquilar. Du gehst also aufs Entführen ein, Felix?

Felix. Zähme nur deine Lippen, Aquilar, – ja, ich gehe.

Aquilar. Ich schweige gern, entführe nur das Mädchen, damit wir bald etwas zu schwätzen haben.

Sarmiento hebt das Glas. Auf den guten Willen von Lucillen!

Aquilar. So sehr sich das reimt, ist es doch zweideutig; also auf die Eindeutigkeit! Trinkt.

Felix. Auf schnelle Fahrt und vertrautes Gespräch im Wagen! Trinkt.

Sarmiento. Vor allem aber, auf feste Sprossen in der Leiter und festen Schlaf in der Tante, auf das Wachen des Mädchens zur Zeit des Schlafs und auf den Schlaf der Stadtwache, wenn sie wachen sollte! Zu Ponce, der zu schlafen scheint. He, Ponce, Ihr seid die Nachtwache nicht, die schlafen soll, trinkt mit!

Ponce ergreift ein Glas, und spricht schläfrig, doch bestimmt und mit ruhiger, launiger Wärme. – Diese Rede muß der Schauspieler gut verstehen, wenn er sie nicht verderben will. Sie ist nicht Wortspiel, sie ist der Charakter des Ponce, der um wenige Punkte ein größeres Leben dreht, bis ihn die Liebe verwandelt. O gern will ich des Schlafes Ehre trinken; doch lieber Mohn als Wein, dann schlief die Ehre ein, und auf der Ehre Schlaf läßt sich gut trinken – und besser noch, wenn Ehr und Liebe beieinander schlafen, die eine will die andre nicht erwecken, und beide läßt die Sorge doch nicht schlafen. Die Ehre wacht über die Liebe, und die Liebe schläft über der Ehre ein. Aus Liebe wacht die Liebe wieder auf, und endlich macht die Ehre sich eine Ehre daraus, einzuschlafen, sie drückt ein Auge zu; nun kann die Liebe recht erwachen, und nun ist es gefährlich, die Ehr der Ehre steht auf dem Spiel – drum trink ich auf der Ehre Schlaf; der Schlaf wär wahrlich nicht zu ehren, er wäre bloß zu schlafen, wenn die Ehre nicht in ihm einschliefe, daß die Liebe wachen könne. O, pfui des Schlafes Schlaf – Heia popeia, Ehre. – Nun Wein her! Wein! daß Liebe recht erwache, – o holder Traum, gerad ausgestreckt auf der linken Seite schlief Isidorens Ehre heute nacht, und meine Liebe wachte – Er trinkt schnell. o süßer Schlaf der Ehre, wo Liebe wacht, – gute Nacht! Er setzt sich wieder sinnend hin, wie vorher, die ganze Rede scheint er nur für sich allein gesagt zu haben.

Sarmiento. Er zwingt uns beinahe, über seiner Liebe und Ehre einzuschlafen.

Aquilar. Wahrlich, das war eine Gesundheit für einen Überwachten, dem das Schlafen gesund zu. He – Ponce!

Ponce. O süßer Schlaf der Ehre, wo Liebe wacht, gute Nacht!

Felix. Er geht mit Ehre und Liebe um, wie ein Nachtwandler, der umgeht.

Aquilar. Die Ehre und die Liebe sind ihm Dinge, die er über sein Leben hintanzen, kommen und verschwinden läßt, wie die Schiefersteine, welche die Knaben übers Wasser hintanzen lassen; man nennt diese Würfe Jungfernkinder. Der schlafende Diener schnarcht. Ponce; wache auf, deine Ehre schnarcht!

Ponce. Der Schnarchende ist wie ein Wecker an der Uhr, Er geht zu dem Bedienten, nimmt den Bogen der Geige. er schnarcht aus dem F moll Adagio, ich will ihn ins dur Allegro bringen.

Aquilar. Ich sah den Flegel nicht.

Ponce. Still! Wer so der holden Musik im Arme liegt, den soll Musik erwecken. Er geigt, sie lachen.

Bedienter schlaftrunken. Laß mich, Kamerad, – verdammter Kasten, die ganze Nacht ließt du auf dir herumgeigen und nun mich nicht einmal bei dir ruhen.

Ponce. Er wird ungezogen, beleidigt das Ohr der Musik mit Zweideutigkeiten, sie ereifert sich. Geigt lebhaft.

Bedienter aufspringend. Unfreundliches Wesen, dummes Gefäß – Sieht seine Herren sich besinnend an, alle lachen, er läuft fort.

Felix. Brav, Ponce! Nun, Freunde, lebt wohl!

Aquilar. Ich begleite dich ein Stückchen Wegs.

Sarmiento. Fasset Mut, die Sache geht, wie der Mut steht.

Felix. Treffe ich euch nicht mehr, so berichtet alles meinem Vater. Lebe wohl, Ponce!

Ponce. Sprich, ist es wirklich wahr? Grad ausgestreckt, wie hold! und denkt an ihren künftigen Mann?

Felix. Ja, ja, schlaf aus! Mit Aquilar ab.

 

 

Vierter Auftritt

 

Ponce. Nun ist mir wohler; wenn einige von uns fortgehen, habe ich immer mit den Übriggebliebenen genug, das heißt mit mir.

Sarmiento. Ihr seid meistens melancholisch, und zwar weil ihr müßig seid.

Ponce. Ihr könntet eher sagen, ich arbeite zuviel Nichts. Ihr solltet mich kennen lernen, wenn mir nicht alle Geschäfte, die ich nicht tue, die Zeit nähmen, Euch mein Herz auszuschütten, in dem nichts ist. – Seht, es giebt keine höllischere Arbeit als die, welche man nicht tut; drum macht mir die Liebe viel zu schaffen, ich vernachlässige sie so, daß ich gar nicht dazu kommen kann, die Melancholie, Freundschaft und Wohltätigkeit einzustellen.

Sarmiento. Ihr müßt wirklich auf Ruhe denken, das heißt tüchtig arbeiten.

Ponce. Ja, ich will mich zur Ruhe setzen und Nachtwächter werden. Wahrlich, ich habe alle Hände voll Arbeit für den Müßiggang. Aber ich merke, es kömmt bald, mein Puls schlägt rascher, und ich habe heute nacht an das Mädchen gedacht, daß ich aus Mitleid mit mir selbst im Traume weinte.

Sarmiento. Ihr gingt schon mit so vielen Weibern um, hat Euch keine gereizt? Valeria?

Ponce. Es war nur mein guter, unerkannter Wille. Wagstücke, die nicht gelangen. Ich habe sie so emsig auf verschiedene Arten nicht geliebt, als sie mich liebten. Der Gedanke, der Ruf, das Bild eines Weibes, diese ferne Strahlen ihrer Sonne können mich allein erwärmen und stärken, der Sonne nach und nach entgegenzugehen. Valeria hat mich gleich zu Stein geschmolzen. Doch laufe ich den Sonnenstrahlen nach und komme endlich auf den Hügel, so ist es meistens währenddem Nacht geworden. – So auch das Bild, das die Dame ja, ich hätte bald vergessen, fragen zu lassen, wessen Bild es ist, das auf dem Busen der Dame hing, das schöne dessen Urbilds Brust ich hängen möchte. Will ab.

Sarmiento. Und Donna Isidora?

Ponce. O weh – seht, das ist es eben, ich komme zu nichts! Nun zieht mich das Bild vorwärts und Isidora rückwärts, so lange ich nirgends an. O lieber Kapitän, wenn so zwei Sachen zusammen-klappten, so wäre ich mitten drinne, und zur Ruhe, und liebte, liebte – nun, Ihr würdet sehen, wie ich lieben könnte. Läuft ab.

Sarmiento. So laßt mich nicht allein in einem fremden Hause, närrscher Mensch. Ab.

 

 

Fünfter Auftritt

 

Der Mittelvorhang fällt; Stube in Valerios Wohnung.

 

Valeria tritt auf. Ich gehe herum, und hin und her, und mache mir allerlei weis, Ponce kömmt nicht – ich fasse Mut und will stolz sein, aber immer sieht es aus wie Hoffnung und Trost – Ponce liebt mich nicht, er hat es selbst gesagt, – es tut mir leid, auch möchte ich ihm helfen. – Wenn ich wüßte, wen er liebte, – Sie sieht sein Bild an. ich konnte ihm den träumerischen Zug nicht nehmen, und mir hat er ihn gegeben. Sie hört Schritte auf der Treppe. Das ist er, ich will es ihm freundlich sagen. Der Türe hinaus. Komme nur herein, ich bin aber böse auf dich.

Aquilar tritt ein. Es tut mir leid, daß du nicht böse auf mich bist, weil ich Ponce nicht bin, den du erwartetest.

Valeria. Ich bin böse auf mich, daß ich so voreilig bin, und auf Euch war ich es schon lange, seit Ihr das Leben zweier Menschen wagtet, da Ihr Euch mit Porporino schlugt.

Aquilar. Ich wagte für dich und Ponce.

Valeria. Um einen von uns – ich hätte Euch gedankt; aber um uns beide steht schon ein anderes auf dem Spiele, das meinige.

Aquilar. Es ist gut, liebe Valeria, daß du so frühe einsiehst, wie Ponce nur spielte.

Valeria. So frühe? – O Ritter, seid ihr ein Bote von ihm, so sagt mir schnell seinen Auftrag; dann verlaßt mich, ich habe Euch nun einmal nicht mehr lieb; Ponce liebe ich mit Schmerz, und alles, was er tut ich werde es belohnen, das ist der Liebe Wesen und ihr Sieg. Euch liebte ich nie – auch wird es Euch reuen, Porporino zum Feinde zu haben. Wißt, er ist wieder hier.

Aquilar. Wieder hier? Desto besser, so ist er noch nicht zum Helden geworden. Doch ich komme dir nicht zur guten Stunde, Ponce hat mich eigentlich nicht geschickt, denn er tut nichts eigentlich; aber sieh, er hat sich in Isidora, Felix' Schwester, verliebt, und in ein Brustbild. Ich kam, um dich zu trösten, und wenn er dich nicht liebt – dich um einen Kuß zu bitten – Er umfaßt sie.

Valeria. Laß mich, Ritter; ist dies mein Ruf? Wehrt sich. Arme Valeria, armer Porporino!

Aquilar. Aus Ruf wird bald Beruf. Sie sträubt sich stets.

 

 

Sechster Auftritt

 

Vorige, Porporino in Uniform und Degen.

Aquilar läßt sie, sie steht beschämt.

 

Aquilar. Ei, Held! schon hier?

Porporino laut, in des Theaters Mitte. So wollt ich dann zum erstenmal, daß er kein Lügner wäre! Sankt Georg! laß dieses Mal so wahr ihn sein, als er ein wahrer Schelm ist – ein Held sei ich, der Drache er, o Heldentum! o Tapferkeit! o Rache! o Myrte werde Lorbeer mir! Er zog den langen Degen am Ende der feierlichen Rede mit Pathos, dreht sich plötzlich nach Aquilar, und will nach ihm stechen; dieser aber ist während der Rede schon weg. Desto besser für uns beide – Legt den Degen hin, wendet sich zu Valeria, die traurig und verlegen stand; als sich Porporino zu ihr wendet, sieht sie ihn mitleidig und traulich an. Liebe Valeria, du bist zu gut, ich kann das nicht verlangen. Meine Liebe, die habe ich, meine Eifersucht, die gabst du mir; daß du mir diese aber noch variieren willst nein – ich bitte dich – opfre dich nicht auf!

Valeria. Ach, Porporino, ich verdiene deinen Spott nicht, wenn du auch glaubst, ich liebte dich nicht mehr. Aquilar war ungezogen – ich hasse ihn – lasse mich nicht fühlen, wie es mit mir steht.

Porporino. Nun, sieh nur, ich kann dich nicht weinen sehen, das kann Ponce wohl. Aber gieb mir die Hand, ich will dich um etwas bitten.

Valeria. Was willst du, guter Porporino?

Porporino. Du kannst mich nicht lieben – nicht wahr?

Valeria. Ich liebe dich jetzt nicht.

Porporino. Ach – jetzt nicht – und Ponce? Liebt dich Ponce?

Valeria. Vielleicht nicht mehr.

Porporino. Er liebte dich nie. Nun sind wir beide übel daran – wollen unser Unglück teilen und uns zu helfen suchen. Und wer dem andern hilft, der ist recht gut.

Valeria. Wie können wir uns aber helfen, wunderlicher Mensch?

Porporino. Sieh, ich will mich bemühen, dir Ponces Liebe zu gewinnen, ich will ihm Gutes von dir erzählen; sprich du Gutes von mir bei dir, liebe Valeria.

Valeria. Du bist sehr gut.

Porporino. Du hast es bequemer, du wirst siegen; willst du mir wohl einen Kuß dafür geben?

Valeria. Wenn mir Ponce auch einen gäbe, so aber darf ich nicht.

Porporino. Tue es immerhin, es freuet mich sehr.

Valeria. Aber halte Wort – Er küßt sie. Höre auf, du kannst es sonst nicht einbringen.

Porporino. Ich wollte, ich könnte so lange Kuß halten, daß ich nicht mehr Wort halten könnte, das heißt ewig, denn alsdann wäre Ponce gestorben, wenn ich käme, ihn zu bewegen, daß er dich liebe.

Valeria. Wo hast du dann den Degen und den Federbusch her? Du siehst ja ganz anders aus.

Porporino. Alles von einem Kriegsmann erbeutet, der nicht mehr existiert.

Valeria. Du hast ihn doch nicht umgebracht?

Porporino. Nein, er hat abgedankt. Es ist der Ritter, der gestern maskiert hier war. Er ist der Mann, der mich bis jetzt erhielt, er hat mich hierher gebracht, hier ins Haus zu dir nun bin ich sein treuer Waffengeselle – gefalle ich dir so besser?

Valeria. Das nicht, aber es steht dir gut, und ich freue mich über deine Freude.

Porporino. Freude? ach wie bist du irre! Freude macht mir nichts, wenn du mich nicht liebst.

Valeria. Wenn Ponce nicht wäre, so wollte ich dich lieben.

Porporino abgehend. Lebe wohl! So gehe ich, ihn umzubringen.

Valeria. Dann bringst du mich um ihn. – Ei, das ist unserm Vertrage nicht gemäß.

Porporino. Das ist eben das Unverträgliche in diesem Vertrage.

Valeria. Höre, ich sage mir immer, Porporino ist treu, gut, schön und klug, warum liebst du ihn nicht? Sage das auch Ponce von mir.

Porporino. Ja, aber Gott weiß, es ist hart.

 

 

Siebenter Auftritt

 

[Vorige, Sarmiento.]

 

Sarmiento. Wenn ihr wüßtet, wie ihr so hübsch zusammen ausseht, ihr bliebt immer zusammen, Kinder.

Porporino. Hörst du, Valeria?

Valeria. Was Fremde von dir loben, ist außer dem Vertrage; ich will es schon selbst tun.

Sarmiento. Zu Hause liegen drei Briefe, Porporino – schließe und besorge sie.

Porporino. Lebe wohl, Valeria – ich wünschte der Schatten von Ponce zu sein, um immer neben ihm zu stehen und dich zu loben; doch ich bin ja sein Schatten, denn er steht mir im Lichte.

Sarmiento. Du hast wohl allein den langen Degen gewählt, damit er doch etwas an dir – nicht in den Schatten stellen kann.

Porporino. Ich danke Euch für Euren Glauben; denn verdunkelt er gleich mein Herz, meinen Degen wird er nie verdunkeln; sein Herz müßte dann meinen Degen unsichtbar machen, wie er mein Herz Valerien verhüllte. Ab.

 

 

Achter Auftritt

 

Vorige ohne Porporino.

 

Sarmiento. Wie die Liebe ihn entflammt, Valeria. O! solche frohe Seelen steigen am höchsten in ihr. Alles kannst du aus diesem Jungen machen.

Valeria. Es ist nicht gut, wenn Ihr seine Liebe nährt, denn nur Treue ist solcher Menschen Sieg, die nicht glänzen.

Sarmiento. Ponce glänzt noch nicht – Treue wird sein Sieg nicht sein.

Valeria. Doch meine Treue wird ihn siegen machen.

Sarmiento. Um dich –

Valeria. Um seine Liebe –

 

 

Neunter Auftritt

 

Valerio und die Vorigen.

 

Valerio. Mädchen, Mädchen, stehe nicht so da, du versteinerst ganz. Sonst machte die Liebe Steine weich, aber jetzt ist es umgekehrt. – Gott weiß, wo das hinaus will; wir werden, um diese Liebe loszuwerden, verhungern müssen. Gehe, liebe Valeria, und treibe etwas, oder ich treibe dich. –

Valeria sieht ihn freundlich an und singt – und tanzt.

O süßer Liebesschmerz!

Du tötest wie Sirene mit Gesang,

Erquickst und brichst mein Herz –

Und machst mit süßer Lust mir angst und bang.

Dein Ringen, Umschlingen, Umfassen,

Dein Drücken, Entzücken, Erblassen

Soll, wird je mein Herzelein flott,

Mich nimmer berücken, umstricken, bei Gott! –

 

Geht zierlich winkend, tändelnd ab.

 

 

 

Zehnter Auftritt

 

Vorige ohne Valeria.

 

Valerio der ihr freundlich zusah. Ja, singe nur, Sirenchen! Wenn das Wesen singt, ist alle meine Autorität hin, ganz wie die Mutter – das weiß sie nun. Aber es ist doch Jammer und Schade, Ritter, um das Kind. Wenn so ein armer Teufel einen Engel besitzt, hat er gleich die ganze Hölle auf dem Halse. Die neue Zucht ist Unzucht.

Sarmiento. Wenigstens Ungezogen, und das liegt an uns. Aber wir wollen anfangen – Ponce soll weg.

Valerio. Habt Ihr aus Flandern ein Mittel mitgebracht, Tintenflecke wegzubringen?

Sarmiento scherzend. Ja, denn du sollst auch weg.

Valerio. Mit Euch und meinem Kinde, zu jeder Stunde.

Sarmiento. Ich habe einen Plan gemacht, Valerien und Ponce und Porporino zu helfen, und Aquilar zu strafen, und meine Töchter auf die Probe zu stellen; alles zugleich, wenn du hilfst, und dann noch Hochzeiten.

Valerio. Gerne – sprecht, das wäre auf einen Zug ein reicher Fang.

Sarmiento. Sieh, Ponce gefällt mir, wenn eine herrschende Königin in sein anarchisches Gemüt käme, könnte er viel werden. Er ist der beste von allen; er ist doch melancholisch.

Valerio. Ja, er fühlt sich noch selbst. Wer soll aber Herrscher in ihm werden, und wie werden wir die arme Valeria, die emigrierte Prätendentin, trösten?

Sarmiento. Sie haftet mehr an ihrer Liebe als an Ponce, und siehet sie ihn ernstlich lieben, so wird sie mit Porporino glücklich sein; denn wenn Ponce ernstlich liebt, so wird er ein anderer. – Mein Plan nun ist der: Ponce liebt meine Tochter Isidora, die er nur durch Felix kennt, und Felix sagte mir, auch Isidora sei ihm geneigt. – Wie wäre es, wenn du und Porporino ihn und Aquilar auf meinem Gute empfinget und sie beide ein bißchen quältet.

Valerio. Das wäre ganz gut; aber wo soll Valeria bleiben? Auch ist Eure Schwester Juanna alt und streng, und wird die Ritter nicht einlassen, und die Ritter werden mich und Porporino kennen.

Sarmiento. Dafür ist gesorgt. Ich habe meiner Schwester Juanna einen Brief aus Flandern datiert geschickt, der sie nach Valladolid ruft, die Erbschaft meines verstorbenen Vetters zu betreiben; meine andere Schwester, die von allem unterrichtet ist, wird gleich die Aufsicht bei den Mädchen übernehmen; Porporino, als Arzt verkleidet, wird sie hinbringen und dich, den ich von nun an auf ewig zu meinem Hausmeister auf dem Gute ernenne, werden sie gar nicht zu sehen bekommen, du mußt ihnen aus dem Wege gehen.

Valerio. Das liegt mir schon von selbst in der Natur; aber Valeria, wo soll sie bleiben?

Sarmiento. Dein Mädchen wird zwei Tage allein sein, dann kann sie Porporino holen; aber du mußt heute noch hin.

Valerio. Heute noch?

Sarmiento. Je früher, je schneller ist es vorüber; packe das Nötigste zusammen.

Valerio. Da müßte ich Valerien einpacken; doch auf Euer Wort, verstehe ich die Sache zwar nicht ganz, glaube ich blind.

Sarmiento. Sage es Valerien, und rüste dich.

 

 

Eilfter Auftritt

 

Vorige, Porporino.

 

Porporino. Ritter, Ponce bittet Euch, zu ihm zu kommen; Aquilar hat es zweimal sagen lassen; ich hoffe, mein Nebenbuhler liegt in den letzten Zügen. Die Briefe sind besorgt. Valerio ab.

Sarmiento. Gut, ich gehe gleich hin. Höre, Porporino, ich werde dich als Doktor brauchen.

Porporino. Ich stehe zu Diensten, wenn Euer Leib es aushalten kann.

Sarmiento. Nein, es ist Maskerade, du sollst eine Schwester von mir nach meinem Gute begleiten als Arzt; Ponce und Aquilar werden sich vermutlich hinschleichen; Ponce ist in meine Tochter verliebt, Valerio geht heute schon hin als Hausmeister. Ihr sollt die Herren dort empfangen und sie für ihren Mutwillen etwas quälen.

Porporino. Gut, aber Valeria?

Sarmiento. In zwei Tagen holst du sie auch hin, und versuchst dein Glück weiter. Gehe, suche dir eine recht verstellende Maske, eine Perücke besonders, die dich bedeckt.

Porporino. Und einen Ring werde ich an den Finger stecken, so groß, daß jeder Kranke seinen Grabstein wird zu sehen glauben.

Sarmiento. Ich gehe jetzt zu Ponce, um ihn zu stimmen; nachher treffe mich wieder, daß ich meinen Auftrag vollende. Ab.

 

 

Zwölfter Auftritt

 

Porporino. Fürchterlicher kann ich nicht gegen meinen Nebenbuhler zu Felde ziehen denn als Arzt. Eulen Doktor soll ich vorstellen? und bin so unheilbar krank. Ihr Kuß hat mir allen Mut genommen. O Abschied, gieb mir alle deine Rührung, damit ich sie rühre. Valeria! Ruft in die Szene.

Valeria guckt zur Türe herein. Ja du, ich glaubte, du wärst Ponce – Läuft fort.

Porporino. So bleibe doch, ich verreise ja, ich will ja Abschied nehmen. – Läuft nach.

 

 

Dreizehnter Auftritt

 

Ponces Stube.

 

Ponce legt einen Brief zusammen. An dem alten zahnlosen General hat sich der Tod keinen Zahn ausgebissen. So wäre ich dann der letzte Ponce, und so verliebt als je ein Zweiglein an dem großen Stamme, und doch vielleicht erstirbt er mit mir. Ich stecke zwischen zwei Leidenschaften, wie mein Schattenriß zwischen den zwei Klingen einer Schere. Der Gedanke ist gut: wenn die zwei Klingen zusammenklappten, so wäre es nur eine Schere, und dann eine Scheide dazu, so ist das Instrument tragbar, und verwundet nicht.

 

 

Vierzehnter Auftritt

 

Ponce, Sarmiento, Aquilar.

 

Aquilar. Ich fand ihn schon auf dem Wege.

Ponce. Wir plagen Euch sehr, Ritter. Ich wollte mit Euch von meiner Liebe sprechen, aber Ihr kommt zu früh, ich schickte meine Diener nach der Dame, die das Brustbild trug, um zu fragen, wen es vorstelle.

Sarmiento. Habt Ihr nur eine Liebe?

Ponce. Leider sitze ich zwischen zwei Feuern, ganz in der Lage eines gut bratenden Kramsvogels, nur einen Spieß im Herzen, und zwei Feuer um mich – man mag mich drehen und wenden, ich brate immer.

Aquilar. So hast du doch endlich Hoffnung, genießbar zu werden.

Sarmiento. Seid Ihr das alles nicht bald müde?

Ponce. O wie müde! Die Juden sind die Inquisition nicht so müde. Ihr wißt gar nicht, wie mir ist; ich bin so zerstreut, daß ich vergesse, mir die ganze Sache aus dem Kopfe zu schlagen, und das Nötigste versäume. Er klingelt.

Ein Diener. Was befehlt Ihr?

Ponce. Der Maler, kömmt er? und der Schneider?

Diener. Ich fragte, wie Ihr sagtet, bei Valerio nach einem Maler; er will einem schicken, und auch ein Schneider will kommen. Ab.

Aquilar. Was willst du denn mit Maler und Schneider?

Ponce. Ich bin der letzte Ponce, der alte General ist gestorben, und ich muß trauren.

Aquilar. Das wäre der Schneider. Aber der Maler? Willst du deine Geliebte malen lassen, die du nicht kennst, wie du dir Trauer machen läßt, die du nicht trauerst?

Ponce. Beides, beides.

Aquilar. Du bist so ungeduldig –

Ponce. Ich bins, denn ich erwarte alles, und habe nichts. Ein Diener tritt ein.

Ponce. Nun, Kerl, wärst du nicht so lange ausgeblieben, daß ich keine Zeit mehr habe, dich zu prügeln, ich täte es.

Diener. Ich wünsche Euch Glück, Ritter, zum Tode Eures Ohms, Ihr erbt ihn, denkt Eurer Diener, wenn sie Euch tot ärgern sollten – Giebt ihm ein Billet – und geht ab.

Ponce. Nun entscheidet sich es. Bricht auf – liest mitten in der Stube. Stellt Euch um mich, wenn ich in Ohnmacht fallen sollte. Liest: Das Bild, das ich gestern trug, Ritter, ist das Bild – meiner Freundin Mit immer steigendem Affekt. I-si-do-ra – von – Sarmiento – Isidora von Sarmiento – Isidora von Sarmiento.

Aquilar. Isidora von Sarmiento – Nicht verwundernd, nur nachbetend.

Sarmiento. Isidora von Sarmiento – Ebenso. Nun?

Ponce. Weh! Weh! Weh! die Schere geht zu, es klappt zusammen; ihr hört es, Leute? Zwei Weiber quälten Ponce, nun sind sie vereinigt! Geschwinde her, ihr Menschen, das Leben hat ein anderes Gesicht bekommen, ich kann Euch alle küssen. Er umarmt sie.

Aquilar. Herzlich wünsche ich Glück; nun schlage dich durch!

Sarmiento. Nun stört Euch nichts mehr, lauft dem Strahle nach, und setzt Euch zur Ruhe.

Ponce immer bewegt. Grad ausgestreckt schläft sie, mit dem holden Angesicht, und träumt? O! ist dies Glück ein Traum von ihr, den meine Liebe träumt? Ich finde mich nicht. So schmerzlich war mir das Gestirn der Zwillinge, so freundlich geht mir nun die Jungfrau auf.

Sarmiento. Ihr seid nun ganz genesen. Handelt, und lebt wohl! Morgen führt mein Weg mich nach Flandern zurück.

Ponce. Ihr wollt gehn? Ihr sollt nicht gehn. In Eurer Gegenwart hat sich mein verwirrtes Leben entsponnen, nun sollt Ihr bleiben, mir raten.

Aquilar. Wenn Ihr könnt, so bleibt, und laßt uns lustig sein. Es war seither eine dumme Zeit.

Ponce. Und seit Ihr hier seid, ward die Zeit klug.

Sarmiento. Ich reise morgen mit Porporino zur Armee.

Ponce. Mit Porporino!

Sarmiento. Es wird Euch lieb sein, wenn er weg kömmt.

Ponce. Lieb? Nein – sehr leid – Valeria!

Aquilar. Wie fällt dir die jetzt ein?

Ponce. Valeria liebt mich sehr; ich glaubte, Porporino könnte sie trösten – nun wird das arme Mädchen ganz verlassen. Es ist, als sei ich ganz verändert.

Sarmiento. Schmerzt Euch unglückliche Liebe, so verdient Ihr der Liebe Glück. Doch habe ich auch hieran gedacht. Ich glaube, wenn Porporino zurückkehrt, und mit Ruhm, so wird Valeria neuen Reiz in ihm finden.

Ponce. Gut – ja – aber ratet mir. Ich weiß nicht, wie ich solange an Porporino denken konnte; ratet, wie soll ich zu den Mädchen kommen, die so enge eingesperrt sind.

Sarmiento. Ich besuche Euch heute noch einmal. Bis dahin will ich mich besinnen, lebt wohl! Ab.

 

 

Funfzehnter Auftritt

 

Aquilar, Ponce.

 

Ponce. Besinnen – das ist dumm. Das Alter bleibt immer langweilig in Liebessachen. – Es ist ein böser Fall – die Mädchen, sagte Felix, sind wie die Nonnen eingesperrt – gieb Rat, rühre dich, Aquilar!

Aquilar. Deine Leidenschaft ist so ungeraten, daß sie unberaten bleiben wird. Warte doch, bis Felix kommt.

Ponce. Warten soll ich? ich? der nichts erwarten kann? O nimm dir neunzehn Gesellen, daß deiner zwanzig auf ein Lot gehn, du Freund in der Not! Warten? Mein ganzes Leben war ein Warten hierauf – und ich will nicht länger warten.

Aquilar. So gehe hin!

Ponce. Höre, wenn ich das Schloß ansteckte in der Nacht, und an ihr Bett hinschlich' und sie in der Verwirrung wegtrüge. An ihr Bett – grad ausgestreckt liegt sie, und träumt so gern, und sinnt auf Gespräche für ihren künftigen Gatten.

Aquilar. So holden Traum willst du stören, die Gespräche stören, die sie für dich ersinnt, deines besten Freundes Gut willst du anstecken? Du bist ein Narr.

Ponce. Die Liebe soll ihre Narren haben. Aber ich wollte wohl als Gatte auf ihre Gespräche Verzicht tun und das verbrannte Gut als Mitgift annehmen.

Aquilar. Mitgift! denkst du in der Liebe an die Mitgift, so giebst du der Liebe Gift; komme in die freie Luft!

Ponce. Gern – ich will doch sehen, wie Ponce nun Atem schöpft, da er liebt. Aber nach Osten laß uns gehen, dort hinaus liegt das Gut. Beide ab.

 

 

Sechszehnter Auftritt

 

Valerios Wohnung.

 

Valerio tritt ein. Ich bin wie ein kleines Kind, das gern alles bietet, wenn es bitten hört, aber das Geben will es nicht begreifen; ich möchte weinen, wenn ich denke, daß ich heute noch das Haus verlassen soll, es ist ganz mit mir zusammengewachsen, und [ich] werde gar nichts zu sagen wissen in einem fremden Hause.

 

 

Siebenzehnter Auftritt

 

Valeria. Ihr seid so unruhig, Vater; was fehlt Euch nur? Ihr gingt so überall herum; sucht Ihr etwas? Sagt mirs doch. Wenn Ihr nicht ruht, kann auch ich nicht zufrieden sein.

Valerio. Du gutes Kind, du hast sonst immer mein Glück gemacht, aber nun –

Valeria. O sprecht nicht von meiner Liebe, Vater, laßt mir das allein, sie ein Geheimnis sein vor Euch, da sie nicht fröhlich ist. Soll ich Euch etwas vorlesen? Kommt, setzt Euch in Euren Stuhl. Sie rückt ihm den Lehnstuhl vor.

Valerio. Auch diesen treuen Sorgenteiler, auch diesen – Setzt sich.

Valeria. Ihr sprecht so beweglich, Vater, und so geheim, verbergt mir nichts.

Valerio. Komme her, mein Kind, setze dich zu mir.

Valeria setzt sich auf seinen Schoß. Nun, Väterchen, sprich.

Valerio. Sieh, in den langen Abenden, bald nach der Mutter Tod, da Porporino noch so einig mit dir war, hatte ich dich oft so auf dem Schoße, und du sangst mir Lieder von der Mutter, oder erzähltest, was du nur wußtest von ihr; da war ich sehr zufrieden und ruhig, du warst immer mein Glück allein.

Valeria. Das wird wohl wiederkommen, laßt nur meinem Herzen den Frieden kehren, und ich kann ja wohl noch jetzt singen.

 

Ich wollt ein Sträußlein binden,

Da kam die dunkle Nacht,

Kein Blümlein war zu finden,

Sonst hätt ich dirs gebracht.

 

Da flossen von den Wangen

Mir Tränen in den Klee,

Ein Blümlein aufgegangen

Ich nun im Garten seh.

 

Das wollte ich dir brechen

Wohl in dem dunklen Klee,

Doch fing es an zu sprechen:

«Ach tue mir nicht weh!

 

Sei freundlich in dem Herzen,

Betracht dein eigen Leid,

Und lasse mich in Schmerzen

Nicht sterben vor der Zeit.»

 

Und hätts nicht so gesprochen,

Im Garten ganz allein,

So hätt ich dirs gebrochen,

Nun aber darfs nicht sein.

 

Mein Schatz ist ausgeblieben,

Ich bin so ganz allein.

Im Lieben wohnt Betrüben,

Und kann nicht anders sein.

 

Valerio. Das ist nun noch schlimmer, das höre ich nun morgen nicht wieder.

Valeria. Ei, warum nicht? Ich singe dirs morgen wieder. Was fehlt Euch, nur, warum sagt Ihr immer: «Du warst sonst mein Glück allein» – kann ich es dann nicht mehr sein?

Valerio. Sonst machtest du mein Glück allein, und ich bin traurig, weil ich es nun auch gemacht habe. Ich bin Hausmeister auf dem Gute Sarmientos geworden, und habe nun auf immer und ewig genug. Heute muß ich schon hin und kann dich nicht gleich mitnehmen.

Valeria. Ich freue mich über Euer Glück, aber ich wäre es doch lieber allein geblieben. Hier sollt Ihr weg? wir sollen hier weg – Vater, können wir nicht bleiben – und ich soll Euch erst nachkommen – jetzt allein sein – wann soll ich Euch dann nachkommen?

Valerio. Porporino wird dich holen, in zwei Tagen, aber hilf nur einpacken, – komme, Mädchen – es ist ja unser Glück.

Valeria. Ich weiß nicht – unser Glück, wohnt es nicht hier?

Valerio. Nein, Kind – und sieh, es ist auch besser für dich, der Ponce hat dich so ins Gerede gebracht; komme!

Valeria. Ich weiß nicht, wie mir ist, Vater, daß wir hier weg sollen.

Valerio.

Im Lieben steckt Betrüben,

Und kann nicht anders sein.

So komme dann, und hilf mir; den leeren Koffer hereintragen, er steht schon vor der Türe. Beide ab, holen den Koffer.

Valerio. Ich glaubte, für mich hätte alles Einpacken ein Ende, und ich hätte keines mehr zu erwarten, als bis mein Eignes eingepackt werde in den engsten Koffer auf ewig. Nun habe ich überlegt, Valeria, was ich mitnehme; vor allem alle Erinnerungsstückchen, also meine Brautkleider, die Hemden, die mir die Mutter nähte, und die Halskrausen von dir, und so fort, denn ich will dort gleichsam niemals dort, sondern immer in diesen Hemden, Halskrausen sein, um das Heimweh nicht zu bekommen; und du, liebes Kind, behalte alles, was sonst da ist, die Sachen deiner Mutter schenke ich dir nun alle, und um dich zu zerstreuen, kannst du manchmal die alten Palatine und Hauben aufsetzen und in der Stube herumspazieren, vielleicht amüsiert dich das.

Valeria. Ach, Vater, seid nicht so freundlich, das macht mich immer trauriger; kommt! Beide ab.

 

 

Achtzehnter Auftritt

 

Porporino tritt ein, hat einen großen Rock auf dem Arme, legt ihn hin;

der offne Koffer steht in der Mitte.

 

Porporino. Nun will ich mich geschwind zum Maler machen, Ponce hat einen bestellt, er will sicher eine andere arme Seele malen lassen, die im Fegefeuer seiner Liebe brennt, den Schneiderjungen mache ich auch – Parodierend. «Hu, mein Herr, was haben sie vor feine Beine, die sind von der ganz feinen Sorte, alle hochgebornen Herrn haben solche, ich meine die Störche, wie soll ich dann das Maß nehmen?» – Dabei kann ich ein Wörtchen für Valerien fallen lassen; ich könnte es nimmer, wenn ich ihn nicht zugleich anführte. Während der letzten Rede zog er seinen Wams aus, legt den Degen ab, den er erst entblößte und betrachtete; da er sich verkleiden will, hört er jemand. Teufel, das ist mir nicht recht, warte! Er steigt in den Koffer, macht den Deckel zu.

 

 

Neunzehnter Auftritt

 

Valeria mit Wäsche auf dem Arm und einem Korb, den sie hereinzieht, in welchem auch Gerät liegt. Er klagte immer, ich arbeite nicht mehr; er soll sich wundern, wenn er die vielen neuen Krausen und feinen Ärmel sieht. Nun soll ich ganz weg, und werde Ponce nicht einmal mehr sehen. Ja, da liegt ein bloßer Degen, und ein Kleid, das gehört Porporino. Was soll das? – Seit ich so verlassen bin, kann ich gar nichts Gutes mehr vermuten. Macht den Koffer auf, Porporino liegt still. Herr Jesus! – Porporino, was machst du denn? Hast du mich nicht erschreckt – Porporino, ich bitte dich – höre auf – Jesus! Porporino – bist du tot? O du Gott! was ist das für eine Welt!

Porporino. Ja, deswegen stieg ich auch in den Koffer! Komme, verlasse die böse Welt, komme zu mir in den guten Koffer!

Valeria. Gehe, du bist ein dummer Mensch.

Porporino. Ein rechter plumper Erdenkloß; erschaffe mich!

Valeria. Ich habe nichts mit dir zu schaffen; geschwinde aus dem Koffer!

Porporino. Ich kann aber nicht heraus, bis du mich geküßt hast.

Valeria kniet an den Koffer, küßt ihn. Nun heraus! Er steigt heraus.

Porporino. Nun ist Adam erschaffen, aber er ist so allein, – o steige aus meiner Seite, Eva – o Valeria, wie hab ich dich im Herzen! Wenn ich dich so in den Armen hätte, dann wäre das Männlein und Fräulein erschaffen.

Valeria. Sei artig! Bleibt knien und fängt an zu packen. So fährt sie bis ans Ende fort, indem sie sich dann und wann in die Knie setzt, und aufhört, wenn das Gespräch für sie berührender ist. Was soll das aber bedeuten, daß du dich entkleidest?

Porporino. Ich wollte mich verkleiden, Ponce hat einen Maler bestellt. Du weißt, ich kann ein wenig malen, er will ein Frauenzimmer gemalt haben.

Valeria. Ja! weißt du nicht wen?

Porporino. Nein, das will ich eben herauskriegen, um es dir zu sagen; und dann hat er auch einen Schneider rufen lassen, um sich Kleider machen zu lassen, und sieh, das sind vielleicht Hochzeitskleider. Er setzt sich auf die Erde zu ihr.

Valeria. Für wen die wohl sind? Wie wirst du das erfahren, Lieber?

Porporino. Dem Schneider habe ich einen Real gegeben, daß er sich eine Kanne Wein messen läßt, während ich dem Ponce die Kleider messe. Ich habe schon alles in der Ordnung, da will ich ihm dann immer von dir erzählen.

Valeria. Aber hüte dich, so zu sprechen, daß er glaube, ich habe eine Liebschaft mit dem Schneiderjungen.

Porporino. Du weißt doch, daß ich morgen fortgehe, Valeria?

Valeria. Ja, ich bleibe ganz allein hier, das tut mir sehr leid! Wo gehst du dann hin?

Porporino. Ich darf es nicht sagen.

Valeria. Du traust mir nicht mehr; habe ich dir jemals etwas ausgeschwätzt?

Porporino. Nein, denn ich vertraute dir nichts, als daß ich dich liebe, und davon sprachst du leider nie.

Valeria. Lieber Porporino, ich liebe dich seit ein paar Tagen doch ein bißchen mehr; sage mirs doch – was sollen alle die Anstalten?

Porporino. Die sind alle wegen Ponce.

Valeria. Wegen Ponce? Man will ihm doch nichts zuleide tun?

Porporino. Nein, er ist in Isidora verliebt, und wird mit Aquilar nach dem Gute hingehen, und da wird man ihn dort empfangen und acht geben, daß er keine dumme Streiche macht, denn der fremde Ritter, mein Freund –

Valeria schmeichelt ihm. Wer ist denn der fremde Ritter eigentlich?

Porporino. Sarmiento – nun ist es heraus – nun weißt du alles.

Valeria. Sarmiento?

Porporino springt auf. Ich habe alles ausgeschwatzt, und will fort – aber versüße mir doch die Sünde. Valeria reicht ihm die Wange. Das war der Sündenfall – und dies ist die Flucht aus dem Paradiese. Nimmt seine Sachen, und geht ab.

Valeria. So muß ich denn das Meine allein tun – ich armer Schelm, das dreht sich alles um mich und ich bin allein vergessen. Singt.

 

Alle Schmerzen fassen,

Alle Freuden meiden,

Alle Hoffnung lassen,

Soll ein liebend Herz voll Leiden.

 

Ab.

 

 

Zwanzigster Auftritt

 

Ponces Wohnung.

Ponce tritt auf, gleich darauf Aquilar.

 

Ponce. Die Sache geht herrlich, der Fremde ist ein Trost aller Verliebten, ein Schrecken aller Tanten und Vormünder.

Aquilar eintretend. Es wird ein vollkommner Spaß werden.

Ponce. Du gehst also gewiß mit?

Aquilar. Ja – aber den Verwundeten kann ich nicht spielen.

Ponce. Das mußt du doch, weil mich die Liebe schon verwundet hat, du nicht singen kannst und wir kanten vorstellen.

Aquilar. Ich bin aber gesund wie ein Fisch – könnten wir dann nicht ohne Wunde als Pilger in das Schloß kommen?

Ponce. Ohne daß einer verwundet ist, wird uns nicht aufgemacht. Die Keuschheit fürchtet alles, und traut selbst der Krankheit nicht.

Aquilar. Nun, so sei es; ich gehe nach Haus und zeige an, daß wir nach Madrid reisen.

Ponce. Vergiß nicht, dir Pilgerkleider machen zu lassen. Aquilar ab.

 

 

Einundzwanzigster Auftritt

 

Diener, Ponce.

 

Diener. Ein Maler und ein Schneider.

Ponce. Den Schneider lasse hereintreten, den Maler brauche ich nicht.

Diener. Der Schneider will nicht ohne den Maler kommen, sie halten fest aneinander.

Ponce. Ich kann beide aber nicht brauchen.

Diener. So könnt Ihr einen auch nicht brauchen, denn sie sind beide eine und dieselbe Person.

Ponce. Lasse sie kommen, oder vielmehr ihn. Diener ab. An dem Hermaphroditen mag der Schneider wohl besser sein als der Maler.

 

 

Zweiundzwanzigster Auftritt

 

Porporino als Schneider und Maler zugleich. Die Perücke muß ihn besonders maskieren; er hat eine Staffelei unter dem Arm, aus der Tasche hängen ihm Maße, Nadel und Zwirn am Ärmel, Pinsel und Palette in der Hand; er muß etwas gelassen sprechen.

 

Ponce. Ihr gefallt mir, Ihr habt entweder die Malerei auf die Schneiderei gepfropft, um diese zu veredeln, oder die Schneiderei auf die Malerei, weil Ihr in dieser nur Böcke machen könnt. Ihr seid ein Mann wie eine Gabel mit zwei Zinken, Ihr seid gut gespalten.

Porporino. Die Künste werden immer weitschichtiger, wie die jetzigen Hosen, denn die neue Zeit füllt beide nicht aus, und die zwei Beine, Hosen-Beine, sind die wahre Dualität, aus der sie nicht heraus können, ohne die arme Blöße zu zeigen.

Ponce. Wie kommt Ihr aber gerade zu dieser Vereinigung, malerischer Schneider?

Porporino. Anfangs war ich nur ein Maler, ich bemerkte aber bald, daß die Menschen nach und nach zu Stöcken wurden, und legte mich auf die Schneiderkunst. Ihr glaubt nicht, Sennor, wie das hilft, das Eckige rund und das Platte gewölbt zu machen; der rundende Schatten ist heutzutage ganz in der Gewalt der Schneiderei, und da das Gefühl in den Fingerspitzen bei einem gefühlvollen Schneider ebenso nach dem Herzen strömt wie bei einem gefühlvollen Maler vom Herzen nach den Fingerspitzen, so habe ich durch meine Vereinigung eine doppelte Gefühlszirkulation in mir angelegt, und messe den Damen immer erst Schnürbrüste an, ehe ich ihnen Brüste male.

Ponce. Ihr habt eine Zirkulation im Leibe wie ein Sparofen, – kann man Euch aber wohl ein Porträt diktieren?

Porporino. Wollt Ihr ein bewegliches Kunstwerk, wie viele aus meiner Hand hier leben, täuschend wie Menschen aussehen, ja selbst in den angesehensten Häusern Liebe und Freundschaft und andere natürliche Empfindungen genießen; wollt Ihr ein solches Porträt von mir – so stellt Euch, oder irgend eine männliche oder weibliche Grundierung, und diktiert in die Schere.

Ponce. Ihr seid boshaft; nein, ein Gemälde in den Pinsel; setzt Euch an die Staffelei, ich will sehen, was Euch einfällt.

Porporino sitzt an der Staffelei; Ponce geht diktierend auf und ab. Nun, in welchem Stile, Bübchen oder Mädchen?

Ponce. Im maimonatlichen – feines, sanft gerundetes Köpfchen, meine Geliebte –

Porporino. Gerundetes Köpfchen, Komma, meine Geliebte!

Ponce. Keine Interpunktion, und nicht deine Geliebte, meine!

Porporino. Kein Schönpflästerchen?

Ponce. Überhaupt keine Pflästerchen – zarte rote Wangen – Porporino wiederholt das folgende einzeln, und Ponce spricht wie ein Diktierender mit einem Schreibenden. kleiner Mund, etwas schwermütig – die Oberlippe etwas geschürzt, – halb schmollend, halb küssend – braune Augen – feucht glänzend, verliebt und fromm – schwarze Locken – etwas hoher, doch voller Hals.

Porporino. Kitzliche Stelle –

Ponce steigend. Hoher – fester, runder – spröder, blendender, kleiner –

Porporino. He, he, haltet, nicht so eilend, hier ist gut weilen, bös eilen.

Ponce.  – nachlässig verhüllter, reiner Busen. – O du, gerad ausgestreckt, auf der linken Seite, und träumst so gern!

Porporino. Wie ich das malen soll? Da steht meine Kunst still; ein Porträt, gerad ausgestreckt, auf der linken Seite, träumend?

Ponce. Das letzte gehörte nicht dazu.

Porporino. Nun, so bin ich fertig; seht, ich wünsche Glück; Ihr liebt das holdeste, edelste, beste Mädchen der Welt.

Ponce sieht zum Bilde. Nein, dies ist sie nicht – doch – was ist das – dies Bild gleicht Valerien de Campaces.

Porporino. Ich habe treu nachgeschrieben, Ihr habt so diktiert.

Ponce. Es ist ein wunderlicher Zufall, doch Eure Schneiderei mag sicherer sein. Es ärgert mich, daß Ihr mir diese dahin maltet. – Messet mir Pilgerkleider an.

Porporino. Ihr liebt wohl die Madonna von Montserrat, und wollt sie besuchen? – Aber Valeria ist und bleibt ein Mädchen wie keines in Sevilla. Nimmt die Maße.

Ponce. Nur nicht zu weit!

Porporino. Immer ein bißchen zu weit, sonst kömmt die Rundung nicht heraus. Mißt. – Es wundert mich, daß Ihr von Valerien ungern sprechen hört; sonst haßten sie die Ritter doch nicht.

Ponce. Ihr seid sehr vermessen.

Porporino immer im Messen. Sorget nicht, Herr Ritter, mein Maß trifft zu, ich habe mich noch nie vermessen. – Sieht nach dem Maß. Richtig, gerade dieselbe Länge wie Herr Porporino, aber in der Weite, Auf seine Beine sehend. da seid Ihr etwas stark feiner gebaut – Porporino könnte sich mit Euch messen. Ihr kennt ihn wohl, er geht eben der Valeria nach, und nach dem Bilde zu urteilen, dürfte sie ein König lieben, ohne sich herabzulassen. Doch ein solches Mädchen zu verlassen, wäre wohl schändlich – erst die Ruhe und dann den Ruf genommen.

Ponce zornig. Ins Teufels Namen, Schneider, schweigt!

Porporino erschreckend. Nun, ich wollte Euch nur zerstreuen, daß alles leichter sitze.

Ponce. Zerstreuen? Höllenbund, jede Ader treibst du mir auf.

Porporino. Was fehlt Euch, soll ich Euren Diener rufen?

Ponce. Ja! Porporino ab.

 

 

Dreiundzwanzigster Auftritt

 

Ponce schließt die Türe ab, geht nach dem Bild. Wie nur der Kerl das Bild herausbrachte – verdammt! er hat es nur heraus gewaschen. Das Porträt war nur mit schwarzer Wasserfarbe überzogen – du bist doch ein hübsches Mädchen – und es waren Tage, wo ich dich liebte – aber du wolltest keine Nacht für mich erschwingen, – es ist besser so – nie will ich dir Rechenschaft über meine Untreue geben – ich müßte dein Teuerstes, deine Keuschheit, zu geringe anschlagen. Wie! die Unterschrift – Porporino pinxit – ei, du feiner Schelm! er rührt sich in der Liebe. Auch ich! auch ich! Vorhang fällt.