BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Johann Peter Hebel

1760 - 1826

 

Biblische Geschichten

Für die Jugend bearbeitet

 

I. Theil

 

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52.

Könige in Juda.

 

Aber in Jerusalem auf dem Thron Davids regierten nach der unglücklichen Theilung des Reichs über die Juden und Benjaminen nach einander zwanzig Könige. Rehabeam der Sohn Salomons, war der erste. O daß die Juden und Benjaminen besser und glücklicher blieben, als ihre Brüder, die zehn Stämme! Jerusalem hatte zwar den rechtmäßigen Thron und den schönen neuen Tempel, das Priesterthum und das Gesetz, Aber sie waren darum nicht viel besser und nicht viel glücklicher. Auch die Juden liefen den fremden Göttern nach, und verwilderten immer in Gottesvergessenheit und Ungerechtigkeit, und die Schlimmsten unter ihnen übertünchten noch ihre Bosheit mit Heuchelei. Rehabeam selbst gab das erste Beispiel der Untreue an dem Gott Israels. Wiewohl Salomon, sein Vater, gab es vor ihm. Nur selten kam wieder ein weiser und frommer König auf den Thron. Ein solcher war Josaphat. Man muß gute Menschen nennen und ihr Andenken in Ehren halten. Einige Jahre nach dem Tod Josaphats gieng ein königliches Kind verloren, und kam erst nach sechs Jahren wieder zum Vorschein in dem Tempel. Joram, der Sohn Josaphats, hatte die Athalia zur Gemahlin. Sie war eine Tochter Ahabs, des Königs der zehn Stämme, ein herrschsüchtiges und freches Weib. Nach dem Tode ihres Gemahls und nach dem Tode ihres Sohnes Ahasia ermordete sie alle übrigen Kinder des königlichen Hauses, daß sie allein regierte, und es war ein einjähriges Knäblein da, mit Namen Joas. Das Knäblein kam abhanden, als die übrigen getödtet wurden. Es konnte Niemand sagen, wo es hingekommen war. Denn Gott wollte den Thron Davids noch nicht ohne Erben lassen. Es war noch nicht die Zeit dazu. Joseba, die Ehefrau des Priesters Jojada, eine Verwandte des Knäbleins, schaffte es mit seiner Amme auf die Seite, als die übrigen getödtet wurden, und übergab es den Priestern. Unter ihrer Aufsicht wurde es sechs Jahre lang geheim gehalten und erzogen in einem Seitengemach des Tempels, und war so zu sagen bei dem lieben Gott in der Kost und Pflege. Wiewohl alle Kinder sind in der Kost und Pflege Gottes, die Erwachsenen auch.

Nach sechs Jahren, als niemand an das verlorene Kind mehr dachte, die Königin am wenigsten, besetzte Jojada auf einmal den Tempel mit Priestern und Leviten und umstellte das ganze Gebäude mit bewaffneten Wehrmännern, welche ihm treu waren. Als alles Volk begierig war, und wartete, was werden wolle, führte er ein schönes siebenjähriges Knäblein in den Tempel, und rief es aus, daß es Joas, der Sohn des Königs Ahasias sey, das Kind, welches im ersten Jahr seines Lebens verloren gegangen sey, von welchem seitdem Niemand mehr etwas erfahren habe.

Sie salbten den Joas zum König und setzten ihm ein Krönlein auf, wie ein siebenjähriges Kind es tragen kann, und der ganze Tempel erschallte von Trompetenschall und Saitenspiel und Freudenruf. Das ganze Volk hatte eine Freude an dem lieben zarten Königskind mit seiner königlichen Krone. Also hat Gott dem Throne Davids den einzigen Erben erhalten.

Aber du treuer Priester Jojada, wie übel wird dir dein undankbarer Pflegling vergelten. Es wäre fast besser, man wüßte es nicht. Zwar so lange Jojada lebte – er wurde hundert und dreißig Jahre alt – that der König nichts Unrechtes. Aber nach dessen Tod vergaß Joas seines Gottes und der Wohlthaten seines Pflegvaters und Erretters. Wer Gott vergißt, der vergißt auch seiner Wohlthäter. Gott ist unser größter Wohlthäter. Joas führte den Götzendienst wieder ein, und ließ den Zacharias, den Sohn seines Pflegevaters, steinigen, weil er Einwendungen dagegen machte. Als aber Zacharias starb, sprach er weiter nichts, als: «Gott wird es sehen und richten.»

Ahas, der vierte König nach Joas, errichtete Götzenaltäre in ganz Jerusalem, und ließ den Tempel in Jerusalem sogar zuschließen und baufällig werden, und die heiligen Lampen auslöschen, daß der Tempel gleich war einem ausgestorbenen Haus, das keinen Herrn mehr hat, das feil ist. Ist es Wunder, daß in Zeiten, wie diese waren, sogar das heilige Gesetzbuch verloren gieng, und nicht einmal gemangelt wurde?

Auf Ahas folgte Hiskias, sein frommer Sohn. In seinen Tagen war es, daß die zehen Stämme weggeführt wurden, nach Assyrien. Der fromme König Hiskias öffnete den Tempel wieder, und stellte ihn wieder her. Er richtete den Gottesdienst wieder ein, so gut man ihn noch auswendig kannte, und zerstörte die Altäre der Götzen. Ihm gleich war der dritte nach ihm, Josias. Er kam schon als ein Knabe von acht Jahren auf den Thron und blieb so fromm und dem Gott seiner Väter so treu bis an den Tod. Es kam dem Priester Hilkia in dem Tempel von ungefähr etwas in die Hände. Es war das verloren gegangene Gesetzbuch. Man las es zum erstenmal wieder vor mit allen seinen schönen Verheissungen und schrecklichen Drohungen. Man besserte, was noch zu bessern war. Aber der Thron des Königs David konnte nicht mehr lange bestehen. Die Nachkommen des Josias waren nicht mehr wie er, Jojakim, Jechonias und Zedekias sind die Namen der letzten Könige.