BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Johann Peter Hebel

1760 - 1826

 

Biblische Geschichten

Für die Jugend bearbeitet

 

II. Theil

 

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31.

Von dem barmherzigen Samariter.

 

Es fragte Jesum ein Schriftgelehrter: «Meister, was soll ich thun, daß ich das ewige Leben ererbe?» Die Frage wäre gut. Jesus sprach zu ihm: «Wie steht im Gesetz geschrieben? Wie liesest du?» Der Schriftgelehrte antwortete: «Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüth; und deinen Nächsten als dich selbst.» Die Antwort war auch gut. Jesus sprach zu ihm: «Thue das, so wirst du leben.» Der Schriftgelehrte wollte sich rechtfertigen. Er schämte sich, daß er eine Frage sollte gethan haben, die er und jedes Kind sich selbst konnte beantworten. Er fragte daher weiter: «Wer ist denn mein Nächster? Jesus antwortete ihm: «Es gieng ein Mensch von Jerusalem nach Jericho und fiel unter die Mörder. Die Mörder zogen ihn aus, und schlugen ihn und ließen ihn halb todt liegen. Es zog ein Priester dieselbe Straße hinab, sah ihn und gieng vorüber. Es kam ein Levite an die Stelle sah ihn auch, und gieng vorüber. Es kam auch ein Samariter dahin, und als er den Verwundeten sah, jammerte ihn seiner. Er gieng zu ihm und verband ihm seine Wunden. Er nahm ihn auf sein Thier und führte ihn in eine Herberge und pflegte seiner. Den andern Tag, als er weiter reiste, bezahlte er den Wirth, und sprach zu ihm: «Nimm dich seiner ferner an, und wenn es etwas mehr wird kosten, will ich es dir bezahlen, wenn ich wieder komme.»

«Was dünket dich,» sprach Jesus zu dem Schriftgelehrten, «welcher unter diesen Dreien ist der Nächste gewesen, dem, der unter die Mörder gefallen war?» – Der Schriftgelehrte sprach: «Der, welcher die Barmherzigkeit an ihm gethan hat,» Die Antwort war wieder gut. Jesus sprach zu ihm: «So gehe hin, und thue desgleichen!»

Nämlich ich bin jedem sein Nächster, und jeder ist mein Nächster, den ich mit meiner Liebe erreichen kann, jeder, den Gott zu mir führt, oder zu dem mich Gott führet, daß ich ihn erfreuen oder trösten, daß ich ihm rathen oder helfen kann, auch wenn er nicht meines Volkes oder meines Glaubens wäre.

Thue das, so wirst du leben.