BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Hans Beimler

1895 - 1936

 

Im Mörderlager Dachau

 

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50 Todesfälle in Dachau.

 

So haben die Münchener Zeitungen, die selbstverständlich nur das schreiben dürfen, was ihnen die faschistische Regierung Epp – Wagner – Esser gestattet beziehungsweise was sie vorgedruckt im „Völkischen Beobachter“ finden, über „41 Todesfälle in Dachau“ berichtet (inzwi­schen sind es 50).

Bis zu meiner Flucht hatten die Gefangenen elf Särge gemacht. Von den 50 ersten „Todesfällen“ seien folgende aufgeführt:

Arthur Kahn, Funktionär der KPD, Nürnberg

Erwin Kahn, Kaufmann, München

Goldmann, Reisevertreter, Nürnberg

Dr. Alfred Benario (ein Neffe des bekannten Münchener Rechtsan­walts und Justizrats Benario).

Diese vier wurden zusammen mit einem Maschinengewehr nieder­geknallt, drei waren auf der Stelle tot, der vierte starb nach wenigen Tagen im Krankenhaus.

Hunglinger, Polizeimajor, München. „Selbstmord“.

Sebastian Nefzger, SA-Mann, München. „Selbstmord“.

Hunglinger war seit 1920 Mitglied der NSDAP, Nefzger ebenfalls lange Jahre bei der SA. Beide wurden nach Dachau gebracht, weil sie spitzel­verdächtig waren.

Michael Sigmann, SPD-Mitglied und Vorstand der Ortskrankenkasse Pasing (bei München).

Er wurde aus Rache denunziert und ans Messer geliefert. „Auf der Flucht erschossen“.

Johann Wiesmann, 22 Jahre alt. „Auf der Flucht erschossen“.

Karl Lehrburger, Funktionär der KPD Nürnberg. „Auf der Flucht erschossen“.

Das „Dachauer Tageblatt“ vom 27. Mai des Jahres berichtet, daß „Lehr­burger mit dem Taschenmesser (!) auf seinen Wärter (Steinbrenner) losgegangen ist und von diesem erschossen wurde“.

Fritz Dressel, bayerischer Landtagsabgeordneter der KPD, München.

Dressel wurde zuerst auf dem nahe beim Lager liegenden Friedhof Prittelbach beerdigt, nach sechs Wochen ausgegraben und verbrannt, damit alle Spuren der Mörder verdeckt sind.

Sepp Götz, langjähriger Parteisekretär der KPD, München.

Während das Radio am 11. Mai berichtet, „der bekannte Kommunist Götz wurde von einem Wärter (Steinbrenner) erschossen, weil er diesen angegriffen hat“, berichteten die Zeitungen über diesen Mord nichts.

Leonhart Hausmann, Parteisekretär und Stadtrat in Augsburg.

Die Zeitungen meldeten: „Der Kommunist Hausmann aus Augsburg wurde im Konzentrationslager Dachau erschossen.“

Dr.Alfred Strauß, 30 Jahre alt, Rechtsanwalt, München. „Auf der Flucht erschossen“.

Die Eltern mußten sich verpflichten, über die Ursachen des Todes ihres Sohnes zu schweigen.

Wilhelm Aron, 22 Jahre alt, Referendar, Funktionär der „Eisernen Front“, Sohn des bekannten Justizrats Aron. Bestialisch ermordet.

Die Leiche wurde im verlöteten Zinksarg den Eltern übergeben und in seinem Heimatort Baumberg beerdigt.

 

Nachtrag

Berlin, 8. August 1933 – Heute wurde Felix Fechenbach, der frühere Redakteur des Detmolder sozialdemokratischen „Volksblatt“ und ehemaliger Privatsekretär des im Jahre 1919 in München ermordeten bayerischen Ministerpräsidenten Eisner „bei einem Flucht­versuch“ erschossen.