BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Heinrich Lautensack

1881 - 1919

 

 

Der Autor

 

Heinrich Lautensack wird 1881 in Vilshofen als Sohn eines strengkatholischen Textilhändlers geboren. Ein Jahr nach seiner Geburt stirbt die Mutter. Da der Vater als fliegender Händler viel unterwegs ist, wird er in Pflege gegeben. Nach der Wiederheirat seines Vaters wächst Heinrich in Passau auf, besucht in München die Industrieschule und beginnt 1899 an der TH München ein Mathematikstudium, um Geometer zu werden. Er verkehrt in den Kreisen der Schwabinger Bohème und bricht sein Studium ab. 1901 schließt er sich dem Kabarett «Die Elf Scharfrichter» an. Dort lernt er Frank Wedekind kennen, als dessen Schüler er sich zeitlebens betrachtet. Im selben Jahr wird er Vater eines unehelichen Kindes, das jedoch nach wenigen Stunden stirbt. Seine ersten schriftstellerischen Versuche - Balladen, Kabarettstücke - erscheinen in Zeitschriften. 1904 heiratet er die Schauspielerin Dora Harnisch, die unter dem Namen Dora Stratton auftritt. Im selben Jahr werden die «Scharfrichter» aufgelöst, und Lautensack macht mit verschiedenen Kabarettgruppen Tourneen durch Deutschland. 1908 geht er nach Berlin, wo er als freier Schriftsteller und Übersetzer lebt. Er wird Mitarbeiter der Zeitschriften «Aktion» «Schaubühne» und «Das neue Pathos». 1910 heiratet er die Schauspielerin Betty Eisner. Seine gesellschaftskritischen und Skandale provozierenden Theaterstücke werden von der preußischen Zensur verboten. Nur in Wien wird 1911 der «Hahnenkampf» uraufgeführt. Diese Dramen haben immer wieder den Konflikt zwischen natürlicher Triebhaftigkeit und kleinbürgerlicher Sexualmoral in katholisch geprägten Milieus zum Thema. In den Jahren 1912/13 gibt er zusammen mit Alfred Richard Meyer und Anselm Ruest alle zwei Monate die «Bücherei Maiandros» heraus. Ab 1912 beschäftigt er sich auch intensiv mit dem Medium Film, schreibt Drehbücher und ist zunächst für die «Continental-Kunstfilm-Gesellschaft» in Berlin tätig, später für die «Deutsche Bioscop». Immer wieder zieht es ihn zurück in seine Heimat, nach Passau und Vilshofen. 1915 wird er zum Militär eingezogen und ist Telegraphist im Garnisonsdienst in Samland in Ostpreußen. 1917 wird er entlassen und nach Berlin zurückbeordert, um als Dramaturg bei der Berliner Filmgesellschaft an einem Propagandafilm über Ostpreußen mitzuarbeiten. Der Tod des von ihm fast abgöttisch verehrten Frank Wedekind 1918 löst eine schwere Psychose, deren erste Anzeichen sich schon länger bemerkbar machten, bei ihm aus: Auf der Beerdigung läßt er aufgeregt und wild schreiend Filmaufnahmen machen und wird schließlich in ein Sanatorium eingeliefert. Später kommt er in die Nervenheilanstalt Eberswalde. Dort stirbt er 1919 in geistiger Umnachtung; «nach einem Künstlerleben und einem Werk ohne Kompromiß; nach Rausch, Ekstase und Besessenheit; nach Zensurbann, materieller Bedrängnis und verzweifeltem Ringen um Anerkennung.» (Wilhelm Lukas Kristl). In Lautensacks Todesjahr wird in München zum ersten Mal in Deutschland ein Drama von ihm uraufgeführt: «Das Gelübde». Während des Zweiten Weltkriegs wird bei einem Bombenangriff 1943 in Berlin der gesamte Nachlaß Lautensacks vernichtet.

 

«Das ist mein Leid, mein Lebenslied,

das ist die ewig-traurige Gebärde:

Mir im Gehirn erwuchs ein weher Glied

als das des Ungestilltsten dieser Erde.»

 

«... Deshalb darf dem Lautensack, welcher, ein paar Frühlinge nach dem Abfassen dieses Stücks [Die Pfarrhauskomödie], in Wahnsinn und Tod ging, ein Dank übers Grab gerufen sein ... ohne viel Feierlichkeit und Umstände; - nur mit jenem seltsamen Wohlwollen für jemand, welcher die Echtheit seiner Absicht durch den Heimgang, so scheint es uns Toren, gewissermaßen verklärt und bekräftigt hat. ... Die Sprache ... nachdrucksam, fast altertümelnd-schwer, rund, um-und-um, langsam, nicht norddeutsch flitzverwischte Dramenrede, nicht zergriffen; von unabgewetzter Kraft ... Manchmal klingt eine menschliche Melodie heraus. Aus seelengrabenden Bemerkungen ... Armer Lautensack.»

(aus Alfred Kerrs Besprechung der Uraufführung der Pfarrhauskomödie, 1920)

 

 

Das Werk

 

Avalun Heft IV (Gedichte, 1901)

Brief an die Eltern (1901)

Die Elf Scharfrichter. Ein Musenalmanach (1902)

Glühhitze (Drama, 1902)

Wie die Elf Scharfrichter wurden und was sie sind (1903)

Medusa. Aus den Papieren eines Mönches (Drama, 1904)    >>>

Cabaret - Schwank und Satire (1906)

Alfred de Musset, Erzählungen (Übersetzungen, 1906)

Fünf Gedichte (1907)

Jud und Christ - Christ und Jud. Ein Poetisches Flugblatt (1908)

Hahnenkampf (Drama, 1908)    >>>

Maurice Renard: Der Doktor Lerne. Ein Schauerroman (Übersetzung, 1909)

Documente der Liebesraserei. Die gesammelten Gedichte (1910)

G. K. Chesterton: Der Mann, der Donnerstag war (Übersetzung, 1910)

Paul Claudel: Essays (Übersetzungen, 1908/10)

Offener Brief an Herrn Regierungsrath Klotz von der Abtheilung für Theatersachen des Königlichen Polizeipräsidiums zu Berlin (1910)

Die Pfarrhauskomödie (Drama, 1911)    >>>

George Ohnet: Nieder mit Napoleon (Übersetzung, 1911)

Entsagungen - ein modernes Charakter-Schauspiel in vier Abteilungen (Drehbuch, 1912)

Zweimal gelebt (Drehbuch, 1912)

Der Mann in der Flasche (Drehbuch, 1912)

Das Heimliche Theater. Ein Weg zur Überwindung des Zensors (Essay, 1912)

Die Bücherei Maiandros (Zweimonatszeitschrift, 1912-1914)

Maurice Barrès: Der Mord an der Jungfrau (Übersetzung, 1913)    >>>

Zwischen Himmel und Erde (Drehbuch, 1913)

Das ist der Krieg (Drehbuch, 1913)

Warum? - Darum! (Aufsatz in der Lichtbild-Bühne, 1913)

Beichte (Gedicht, Erstdruck 1913)

Und wie ein eingerannter Schiefer schwiert (Gedicht, Erstdruck 1913)

Vitalis und Valoria (Drama, 1914)

Handschuh - Ein Familiendramolett (1914)

Das Gelübde (Drama, 1916)

Der verkaufte Schlaf (Drehbuch, 1916)

Die Stricknadeln (Drehbuch, 1916)

Mutter und Kind - Filmschauspiel nach Friedrich Hebbels Gedicht (Drehbuch, 1916)

Unheilbar (Drehbuch, 1917)

[Vorwort zu den «Altbayrischen Bilderbogen»] (1917)

Die Samländische Ode (1918)

Erotische Votiftafeln (Gedichte, 1919)

Frank Wedekind's Grablegung. Ein Requiem (1919)

Altbayrische Bilderbogen. Prosadichtungen (1920)

Leben, Taten und Meinungen (kurz zusammengefasst) des sehr berühmten russischen Detektivs Maximow, Beamten zu besonderen Aufträgen im Ministerium des Inneren zu St. Peterburg (1920)

Onan (Dramenfragment, 1921)

Totentanz (Gedichte, 1923)

Ruth, ein Fragment (Drama, 1925)

Unpaar (Novelle, 1926)

Die Männerfrage (Drama ungedruckt, uraufgeführt 1927)

 

Die Gedichte in alphabetischer Folge

 

 

Sekundäres

 

Hörprobe «Der Hahnenkampf» (Hörspielfassung, BR-online)

Heinrich Lautensack: Filmographie

Heinrich Lautensack in: «The Internet Movie Database»

Quellen