BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Schubartgymnasium Aalen

gegründet 1912

 

Das Mädchenprogymnasium

 

1908 - 1965

 

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Mechtild Theiss

Erinnerungen an meine Zeit

am Mädchen-Progymnasium

1950 - 1954

 

Ich kam 1950 aus Stuttgart an das Progymnasium Aalen, das ich bis zur Mittleren Reife 1954 besuchte. Danach wechselte ich auf das Schubart-Gymnasium Aalen. Meine Erinnerungen beziehen sich auf diesen Zeitraum.

 

Alle Schülerinnen am Mädchenprogymnasium im November 1953

 

Die Mädchenschule befand sich im oberen Stockwerk der Parkschule, eines Baus des bekannten Architekten Bonatz, schön am Waldrand gelegen. Jeder Jahrgang des Progymnasiums wurde bis zur Mittleren Reife zweizügig geführt, es gab also 12 Klassen. Die Schuleingänge für Jungen und Mädchen waren streng getrennt. Festsaal und Turnhalle, ich glaube auch die Fachräume für Chemie und Physik, wurden von beiden Schulen genutzt. Wir trafen aber nie mit Jungenklassen zusammen.

 

Meine Klasse.

 

Meine Klasse IIIb im Schuljahr 1950/51 am Schuleingang für Mädchen

1. Reihe v. l. n. r.: Marlies Ott, Anneliese Englert, Mechtild Theiss, Ute Kirschke, Irmtraud Sorg, Valetine Langner, Christa Heilig, Vera Mengel, Aline Klein, Lore Dobezinski.

2. Reihe: Rose Kümmel, Karla Baur, Martha Diller, Helga Brucker, Inge Wolf, Mechthilde Erhardt, Heidi Krauss, Hildegard Rothbauer, Inge Bäuerle.

3. Reihe: Maria Schaeffauert, Luise Kieninger, Hildegard Fäßler, Ilse Weiler, Hannelore Fordel, Gertraud Gayer, Gisela Baumann, Elisabeth Schwager, Brigitte Nesbeda.

4. Reihe: Edith Banzhaff, Wiltrud Bullinger, Gudrun Renz, Dr. Powolny, Karin Haas, Gisela Zänglein, Helga Wohlbold.

 

In meiner Klasse waren etwa 32 Schülerinnen. Etwa ein Drittel kam von auswärts, aus Ober- und Unterkochen, Essingen, Wasseralfingen, Abtsgmünd. Die Mädchen hatten oft sehr weite Schulwege hinter sich, zu Bahn-oder Busfahrt kam noch der Weg vom Bahnhof zur Schule. Es gab keine Aufenthaltsräume oder gar eine Mensa.

 

Unsere Lehrer..

 

Im Kollegium hatten sich kriegs- und nachkriegsbedingt Lehrer aus ganz Vorkriegsdeutschland zusammengefunden:

Fräulein Kapp kam aus dem Baltikum, Fräulein Rudolph war Russlanddeutsche, Herr Gawehn kam aus Königsberg, Herr Müller aus Böhmen, Fräulein Dr. Klempin aus Breslau, Frau Dr. Freising und Herr Powolny aus dem Sudetenland, Herr Dr. Schulz zur Wiesch aus Norddeutschland, Frau Lambert aus Trier, Herr Heusinger war Franke. Aus Württemberg stammten wenige: Fräulein Huber, Fräulein Lorenz und Herr Reich, ebenso die Rektoren Herr Fuchs und sein Nachfolger Dr. Breitmeier.

 

Unsere Lehrer beim Kinderfest 1952.

1. Reihe links: Herr Reich, Fräulein Reick, Fräulein Schmitt, Fräulein Rudolph, Frau Lambert, Herr Dr. Schulz zur Wiesch.

2. Reihe: Herr Dr. Powolny, Fräulein Dr. Klempin, Frau Gutknecht, Herr Müller,

3. Reihe: Frau Dr. Freising, Herr Burkhardt, Fräulein Lorenz, Frau Metzger.

 

Unsere Lehrer Frau Lambert und Herr Dr. Schulz zur Wiesch.

 

Bemerkungen zu einzelnen Lehrern:

 

Fräulein Kapp, die „ Käppe“ legte keinen Wert auf Äußeres, war wohl tüchtig, aber sehr resolut. Sie hat Mathematik und Latein unterrichtet. Nach der Pensionierung hat sie in Tübingen noch Sanskrit studiert.

Fräulein Rudolph legte großen Wert auf gutes Benehmen, war vornehm und immer gut gekleidet. Sie hat Französisch und Englisch unterrichtet.

Herr Gawehn hat neben Herrn Heusinger Musik unterrichtet. Er spielte gut Klavier und hatte auch eine Gesangs­ausbildung. Wenn wir die Unterrichtsstunde verkürzen wollten, baten wir ihn, uns ein Kunstlied vorzusingen. Das tat er gern, sein Lieblingsgesang war Beethovens „Adelaide“. In seiner Anfangszeit studierte er mit dem Chor zwei Schüleropern ein, bei denen als Solisten Jungen vom Schubartgymnasium beteiligt waren. Leider wurden diese erfolgreichen Aufführungen nicht fortgesetzt.

Herr Müller unterrichtete Geschichte und Mathematik mit viel Anschauungsmaterial und sehr verständlich. Er begann jedes Mal vor einem Ferienabschnitt eine Geschichte zu erzählen und hörte an der spannendsten Stelle auf. Vor den nächsten Ferien erzählte er die Geschichte weiter, und so fort. Wir warteten schon immer darauf und wussten sogar noch, worum es ging.

Frau Dr. Klempin „die Klempe“ spottete gern, brachte uns aber Biologie, Physik und Chemie gut und fundiert bei.

Herr Dr. Powolny sprach sehr laut und lachte gern, konnte sich aber auch sehr aufregen. Wir hätten ihn gern mit Fräulein Dr. Klempin verheiratet, er suchte sich aber eine blonde, uns unbekannte Dame als Ehefrau aus. Er unterrichtete Latein und Französisch.

Frau Dr. Freising war Kriegerwitwe und hatte vier Kinder. Obwohl sie zusammen mit ihrem Vater und ihrer Schwester, die auch Lehrerin war, ein eigenes Haus bewohnte, war sie sehr fahrig und aufgeregt und handelte oft unpädagogisch. Sie unterrichtete Erdkunde und Sport.

Herr Dr. Schulz zur Wiesch war ein ausgeglichener Lehrer. Er unterrichtete neben Frau Remmel Französisch und Englisch und vermittelte Briefpartnerschaften mit englischen Schülern und organisierte und begleitete den Schüleraustausch mit England.

Frau Lamparter war unsere Lehrerin für Biologie, Chemie und Sport, Frau Zeuner für Physik.

Frau Lambert kam aus Trier und hatte die letzte Kriegszeit mit ihren drei Kindern in Kirchheim im Ries verbracht. In der ersten Zeit musste sie täglich den weiten Schulweg von dort nach Aalen zurücklegen, bis sie endlich hier eine Wohnung gefunden hatte. Trotzdem war sie eine humorvolle Lehrerin mit viel Verständnis für uns Mädchen. Sie unterrichtete Deutsch und Französisch. Als das Progymnasium 1964 zum Theodor-Heuss-Gymnasium wurde, das zum Abitur führte und auch von Jungen besucht wurde, wurde, war sie dort stellvertretende Schulleiterin.

Fräulein Huber war unsere Mathematiklehrerin, Fräulein Reick gab Sport.

Herr Reich war ein ruhiger, freundlicher Kunsterzieher. Erst später bekamen wir mit, dass er künstlerisch tätig war, vor allem seine Holzschnitte waren bekannt.

Rektor Fuchs leitete die Schule umsichtig und verständig mit natürlicher Autorität. Nach seiner Pensionierung wurde Dr. Breitmeier sein Nachfolger. Er unterrichtete Erdkunde und hatte gelegentlich eigenartige Ideen, zum Beispiel sollten die Klassen Klopapier sammeln, was mit einem Punktesystem bewertet wurde. Mit diesem Punktesystem konnte man auch durch andere Aktivitäten Punkte erreichen. Eine Klasse z.B., hat einen Schulgarten angelegt. In einer anderen las die Klassen­sprecherin nach dem Läuten, bis der Fachlehrer kam, aus einem spannenden Buch vor. So verhielt sich die Klasse ganz ruhig. Meine Klasse schmückte das Zimmer mit schönen Kalenderbildern aus. Ob und wie man belohnt wurde, weiß ich nicht mehr. Auch ließ Dr. Breitmeier einmal ein Foto von der ganzen Schülerschaft des Progymnasiums machen. Bei Schulausflügen trug er ein Häkelkäppchen. Er hatte manche Eigenheiten, die man ihm aber als älterem Junggesellen zugute hielt.

 

Schulausflüge.

 

Schöne Ereignisse im Schulalltag waren Klassenfeste und Ausflüge. Diese führten in die nähere Umgebung, z.B. Braunenberg, Harburg, Schw. Hall, zum Abschluss zwei Tage nach Heidelberg und Schwetzingen.

 

Schulausflug der Klassen VIa und VIb nach Schwetzingen, Speyer, Dürkheim, Heidelberg, Heilbronn am 7. und 8. Juli 1953.

1. Reihe v. l. n. r.: Brigitte Saydarn (6a), Gerraud Gayer, Hermine Klotzbücher (6a), Dr. Breitmeier, Mechthilde Erhardt, Rose Kümmel, Heidi Krauß, Irmgard Wahl (6a)

2. Reihe: Der Chauffeur, Herr Metzger, Helga Finke, Mechtild Theiss, Ute Kirschke, Anneliese Baumann, Elsbeth Förstner (6a), Gudrun Renz,

3. Reihe: Irmgard Schiele, Frau Metzger, Inge Bäuerle, Gunhild Roos (6a), Wiltrud Bullinger, Irmgard Thumm (6a) Barbara König (6a),,

4. Reihe: Elisabeth Schwager, Christine Wöllner (6a), Vera Mengel, Luitgar Wiest (6a), Marlies Ott, Annerose Englert, Gisela Zänglein

5. Reihe: Brigitte Kopp (6a), Karin Haas, Susanne Rehfeld, Irmtraud Sorg.

 

Schulausflug auf die Komburg 1951:

Martha Diller, Ilse Weiler, Aline Klein, Dr. Powolny.

 

Wandertag der Klasse Vb am 26. Juli 1952:

1. Reihe v. l. n. r.: Christa Heilig (Kiks), Frau Lambert, Karin Haas, Elke Schwager, Irmgard Schiele.

2. Reihe: Gisela Zänglein, Helga Brucker, Edith Banzhaff, Heidi Krauß, Susanne Rehfeld, Wiltrud Bullinger, Gerraud Gayer, Mechtild Theiss, Annemarie Behr, Valetine Langner.

3. Reihe: Rose Kümmel, Marlies Ott, Annerose Englert, Mechthilde Erhardt, Martha Diller, Gudrun Renz, Inge Bäuerle.

 

Das Kinderfest.

 

Ein besonderes Ereignis war jedes Jahr das Kinderfest. Lange Zeit zuvor überlegten wir, was wir beim Festzug darstellen wollten, so zogen wir einmal als Zirkus durch die Stadt, einmal verkleideten wir uns in die Figuren des Struwwelpeter.

 

Auf dem Kinderfest im Juni 1950 waren wir die „Aalener Sennerei“.

 

Das Aalener Kinderfest 1951

als Video auf YouTube

 

 

Kinderfest im Juni 1952: Unsere Lehrer im Festzug.

1. Reihe links: Herr Reich, Fräulein Reick, Fräulein Schmitt, Fräulein Rudolph, Frau Lambert, Herr Dr. Schulz zur Wiesch.

2. Reihe: Herr Dr. Powolny, Fräulein Dr. Klempin, Frau Gutknecht, Herr Müller,

3. Reihe: Frau Dr. Freising, Herr Burkhardt, Fräulein Lorenz, Frau Metzger.

 

Kinderfest im Juni 1952. Unsere Klasse Vb. mit dem Thema „Zirkus Jumbo“.

Elephant: Mechtild Theiss, Rose Kümmel. Treiberin: Christa Heilig.

Mit Stuhl: Valentine Langner.

Tänzerinnen: Mechthilde Erhardt, Heidi Krauss.

Erstes Kamel: Irmgard Schiele, Wiltrud Bullinger. Treiberin: Inge Wolf.

Zweites Kamel: Inge Bäuerle, Martha Diller. Treiberin: Marliese Ott.

 

Nach der 6. Klasse besuchten die meisten Mädchen die Frauenarbeits- oder Höhere Handelsschule oder begannen eine Berufsausbildung. Aus meiner Klasse wechselten nur drei an das Schubartgymnasium. Mit den Mädchen der Parallelklasse und Neuzugängen waren wir dort 10 Mädchen und 11 Jungen. Der Unterschied zur Mädchenschule war groß. Es gab keine Lehrerin, die Lehrer sagten „Sie“ und „Fräulein“ zu uns. Manche hielten nicht viel von unserer Begabung. Religionslehrer Purschke z.B. rief in Unterricht nie ein Mädchen auf. Als wir uns beschwerten, sagte er, er wolle nicht, dass wir uns vor den Jungen blamieren.

Ich habe die Zeit am Mädchen-Progymnasium als eine unbeschwerte und fröhliche Zeit in Erinnerung und denke gerne an sie zurück.

 

Klassenphoto der IVb 1951/52 am Schuleingang.

1. Reihe v. l. n. r.: Christa Heilig, Valentine Langner, Vera Mengel, unbekannter Junge.

2. Reihe: Ute Kirschke, Annerose Englert, Inge Wolf, Irmtraud Sorg, Susanne Rehfeld, Rose Kümmel,

3. Reihe: Mechtild Theiss, Marliese Ott, Mechthilde Erhardt, Helga Brucker, Hildegard Rothbauer,Elisabeth Schwager, Brigitte Nebeda.

4. Reihe: Herr Gawehn, Inge Bäuerle, Martha Diller, Jutta Schieber, Wiltrud Bullinger, Dr. Schulz zur Wiesch.

5. Reihe: Irmgard Schiele, Gisela Baumann, Gisela Zänglein, Heidi Krauß.

6. Reihe: Marga Schlosser, Gertaud Gayer, Helga Wohlbold, Karin Haas, Edith Banzhaff, Luise Kieninger, Gudrun Renz.