BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Konrad von Würzburg

um 1225 - 1287

 

Der Trojanerkrieg

 

Die Hochzeit der Thetis

Die geladenen Götter. Das Hochzeitsfest.

Discordias Apfel. Der Streit der Göttinen.

 

813 - 1610

 

__________________________________________________________________________________

 

 

 

Her Jûpiter, der hübsche got,

der under sîn vil starc gebot

815

getwungen hete manic lant

und der ze sînem dienste bant

man unde wîp mit hôher kraft,

der luot ûf eine wirtschaft

vil gotinn unde göte wert.

820

wan er hete des gegert,

daz er die clâren swester sîn,

diu lûter was und alsô vîn,

wolt einem man ze wîbe geben.

des liez er dô mit wunne leben

825

vil manigen werden hôhen lîp.

wan ez enwart nie schœner wîp

gesehen stille und über lût,

denn ouch diu keiserlîchiu brût

an lîbe und an gebærde was.

830

si zôch des mâles unde las

an sich vil maniges herzen muot.

si was bescheiden unde guot,

liutsælic, edel unde clâr.

ir lîp, ir güete und ir gebâr

835

rîlichen wâren vollebrâht.

der Wunsch der hete si bedâht

mit flîze gar, des sît gewis.

 

Jupiters Hof

 

si was geheizen Thêtis,

und lac an ir sô grôz gewalt,

840

daz alliu wazzer manicvalt

ir hende wâren undertân.

si muosten vliezen unde gân,

als in von ir geboten wart.

si erkande wol ir aller art

845

und schein gewaltic drinne.

si was ein mergötinne

und ein erweltiu feine.

diu selbe maget reine

wart ze wîbe dô benant

850

des künges sun ûz Kriechenlant,

der was geheizen Pêleus.

dâ von her Jûpiter alsus

zuo dirre hôchgezîte spil

luot gotinn unde göte vil.

 

855

Der kam dâ hin ein michel schar.

vil manic lîp nâch wunsche gar

gezieret was dar under.

nû möhte iuch nemen wunder,

waz göte wæren bî der zît?

860

si wâren liute, als ir nû sît,

wan daz ir krefteclich gewalt

was michel unde manicvalt

von kriutern und von steinen.

ir nützen und ir reinen

865

art si wol erkanden

und tâten in den landen

von ir tugende krefte

und mit ir meisterschefte

sô manic wunder wilde,

870

daz man dâ von ir bilde

müeste an beten iemer sît.

ouch lebten gnuoge bî der zît,

die zouberære wâren

und wunder in den jâren

875

mit gougelwîse worhten.

die wurden ouch mit vorhten

für göte dâ geschrîet an.

und ob ein sinnerîche man

schœn unde niuwe liste vant,

880

der wart ouch bî der zît erkant

für einen got der selben kunst,

und truogen im die liute gunst

dur daz meisterlîche dinc,

daz alsô niuwer fünde ursprînc

885

von êrst ûz sînem herzen flôz.

man bôt in allen wirde grôz,

die dirre dinge pflâgen.

si wonten unde lâgen

ûf bergen und in klûsen

890

und wolten gerne hûsen

ze walde ûf wilden riuten,

dur daz si vor den liuten

einvaltic unde kiusche

verhælen ir getiusche,

895

dâ mite si die welt betrügen

und an sich tumbe tôren zügen,

die si für gote erkanden

und in ir opfer sanden

mit vorhten und ir prîsant.

900

in diente guot, liut unde lant,

daz kunden si gemachen

mit künstebæren sachen

und mit ir hôhen meisterschaft.

stein unde guoter würze kraft,

905

dies' in der wilde funden,

die schuofen z'allen stunden

an in sô wunderlîchiu werc,

daz manic walt und manic berc

nâch ir helfe ersuochet wart.

910

si wâren gar von rîcher art

und viel si wunder guotes an.

doch was ir aller houbetman

her Jûpiter, als ich ez las.

wan er sô künsterîche was,

915

daz er mit zouberlicher maht

ir aller wîsheit übervaht.

Der selbe got, her Jûpiter,

zuo dirre hôchgezîte her

hete ûz wüesten welden

920

und von den wilden velden

vil der genôze sîn besant.

ir würde gnuoc von mir genant,

die zuo dem hove kâmen,

wan daz ich gerne râmen

925

gelimpfes unde fuoge wil:

der rede würde ein teil ze vil,

solt ich ir iegeliche zeln.

ich wil die besten ûz in weln

und ir namen künden.

930

swer under in an fünden

und an kunst was vollebrâht,

des wirt besunder hie gedâht,

wan ich entsliuze sîniu dinc.

her Jûpiter, ein ursprinc

935

aller stolzen hübescheit,

der hete sînen hof geleit

ûf eine wisen liehtgevar:

dâ von was er der êrste dar

zuo dem erwelten brüele.

940

die tische und daz gestüele

het er gezieret und bereit

nâch küniclicher rîcheit;

wan dâ was michel volle.

dar nâch kam her Apolle

945

ze hove in einer kurzen vrist,

der aller arzenîe list

von êrst in sînem herzen vant.

sîn apotêke was besant

mit im ûf den grüenen plân,

950

dâ sach man bühsen inne stân

mit latwerjen ûz erkorn,

der man ungerne hæte enborn

zuo dirre hôchgezîte.

her Mars, der aller strîte

955

mit sîner meisterschefte pflac,

der kam ouch ûf des hoves tac

gewâpent mit den sînen.

er wolte gerne schînen

in stahelringen spiegelvar,

960

ob ieman in der hoveschar

unfuoge reizen wolte,

daz er daz weren solte

mit kraft und mit gesmîde.

ein got der hiez Cupîde

965

und was der minne schütze:

der wart dem hove unnütze,

wan er kam dô hin dur bîl

und fuorte bogen unde pfîl,

dâ mite er manigen sêrte,

970

als in diu minne lêrte

und ir gewalteclich gebot.

Mercurius der werde got,

der alle zungen wol vernam,

der fuor mit êren unde kam

975

zuo dirre hôchgezîte.

er was erkennet wîte,

wan er was aller göte bote

und seite eim iegelichen gote,

swaz boteschefte in ane gienc.

980

ein bühse an sînem gürtel hienc

mit brieven und mit mæren.

man sach den helfebæren

dâ gerne bî der stunde,

dur daz von sînem munde

985

vlôz aller hande sprâche.

des wînes got, her Bâche,

der von êrst erdâhte most,

der kam dâ hin mit rîcher kost,

wan er vil manic fuoder

990

durch trinken und durch luoder

brâhte dar ze stiure.

den hof durch âventiure

wolt er mit wîne blüemen sus

ein got hiez Eminêus,

995

der aller briuteloufte wielt,

der kam ouch dar, wan der behielt

sîn stat vil wol dâ under in.

daz heiltuom daz brâht er dâ hin,

dâ man den briutelouft ûf swuor.

1000

ze dirre hôchgezîte fuor

ein got, der hiez Neptûne

und erkande wol die lûne

der wazzer und der wilden mer,

dâ von muost er des hoves her

1005

mit schiffen leiten über sê.

der hôhen göte sol ich mê

niht lâzen iuch erkennen.

der feinen wil ich nennen

und der götinnen ouch ein teil,

1010

der manigiu frœlich unde geil

an disen hof kêrt unde zôch.

die götinn aller berge hôch,

Orêades genennet,

schœn unde rîch erkennet

1015

zer hôchgezît sich huoben.

si suochten unde gruoben

gesunde würze reine

und ûz erwelt gesteine:

der zweiger brâhten si dô vil

1020

zuo der hôchgezîte spil.

 

Diz was ir beste prîsant dô.

des wirtes wîp, vrô Jûnô,

diu schatzes unde guotes wielt

und allen rîchen hort behielt,

1025

diu kam dâ hin gezieret wol.

von silber und von golde vol

brâhte si dar manigen schrîn.

si wolte ir aller frouwe sîn

wan si was dâ wirtinne.

1030

der boume küniginne,

die Dryades noch sint genant,

die wâren ouch dâ hin besant

und heten brâht vil manic rîs,

daz mit bluote in alle wîs

1035

gezieret was vil schône

und mit der vogele dône

besungen wart rîlîche.

Pallas, diu künsterîche,

ein götinn aller wîsheit,

1040

ze hove wol gezieret reit

mit kostbærlichen tuochen.

von hôher liste buochen

brâhtes' eine bürde,

dar an bewæret würde

1045

ir witze und ir bescheidenheit.

Cêres, ein frouwe vil gemeit,

der tugent aller sæte pflac,

diu fuorte dâ vil manigen sac

mit korne ûf einem soume.

1050

Vênus, diu mit ir zoume

die minne kêret, war si wil,

diu kam zer hôchgezîte spil

schôn unde werdeclichen ouch.

ein fiurîn vackel âne rouch

1055

schein ûz ir wunneclichen hant.

die frouwen Nâjades genant,

die der fontânen wielten,

ze hove ir stat behielten

mit fröudebernder wunne.

1060

dâ clanc vil manic brunne

gar lûterlîche ûz ir gewalt,

der mit sîme fluzze kalt

fröut ôren unde sinne.

der bluomen küniginne

1065

geheizen Amadryades

ze hove wielten eteswes,

daz den ougen nütze was.

geströuwet hetens' ûf daz gras

rôsen, vîol unde clê.

1070

Thêtis, ein frouwe von dem sê,

diu der wazzer hete gewalt

und zuo den êren was gezalt,

daz si dâ solte werden brût,

diu lie durch bluomen und dur crût

1075

dâ fliezen einen clâren bach,

der schuof den gesten rîch gemach

ûf dem erwelten plâne.

ein götin hiez Dyâne

und pflac der jegerîe,

1080

diu kam zuo der plânîe

mit netzen und mit stricken

und hiez ouch mit ir schricken

hirze, rêher unde swîn.

hie sol der zal ein ende sîn

1085

von den götinnen über al.

wer möhte ir namen bî der zal

ze rechenunge bringen,

die zuo dem hove dringen

begunden unde kêren!

 

1090

Diu hôchgezît mit êren

geblüemet schône wart alsus.

dar kam der künic Prîamus

von Troye und zwêne sîner süne,

die sâzen ûf der tugende büne

1095

schôn unde werdeclîche enbor:

der eine der hiez Hector

und Elenus der ander;

ir swester hiez Cassander

und was vil hübisch unde wîs:

1100

sô wonte ir bruoder Pârîs

dennoch in dem gevilde.

diz mære in beiden wilde

was und ir vater Prîamô.

si wisten umb in cleine dô,

1105

wan si des heten wol gesworn,

daz der jungelinc verlorn

in dem walde wære:

dô was der hovebære

beliben harte wol gesunt.

1110

sîn vater hete bî der stunt

gezoges vil an sich genomen

und was zer hôchgezîte komen

nâch küniclichen êren.

den hof begunde er mêren

1115

werdeclichen ûf dem grase,

dâ beide bluomen unde wase

zierten anger unde velt.

vil manic keiserlich gezelt

was geslagen ûf den clê.

1120

man dorfte weder sît noch ê

dekeinen plân beschouwen,

den ritter unde frouwen

sô kostbærlîche zierten.

ouch spilten unde smierten

1125

rôsen, vîol unde bluot

in manges edelen herzen muot

durch der ougen bürgetor.

in den luft vil hôhe enbor

klanc vil manic stimme lût.

1130

bluomen, gras, loup unde crût

dâ stuonden wol geverwet

und heten sich gegerwet

in liehten wunneclichen schîn.

diu wilden cleinen vögellîn

1135

diu sungen ûf den esten

den hovelichen gesten

sô rîlîch in ir ôre,

daz in der himele kôre

möht ir gedœne erclungen sîn.

1140

ouch was daz weter alsô vîn

und alsô glanz diu sunne,

daz von ir michel wunne

sich huop ûf der plânîe.

die boume und ir flôrîe

1145

die bâren scharten unde luft.

ir bleter und ir blüete kluft

ze fröuden heten sich gestalt.

ein vôrest und ein grüener walt

nâch an den anger stiezen,

1150

dar ûz sach man dâ fliezen

bech unde manic brünnelîn,

daz mit dem süezen fluzze sîn

die wisen kunde erfiuhten.

man sach dâ verre liuhten

1155

golt, silber und gesteine,

daz manic wilde feine

truoc an ir liehten wæte.

dâ was vil grôz geræte

von tranke und ouch von spîse;

1160

dâ sungen süeze wîse

beidiu frouwen unde man;

dâ gleiz vil manic fürspan

und manic edel schapellîn,

dâ bôt durchliuhteclichen schîn

1165

diu gimme und daz gesmîde:

der purper und diu sîde

ir glanz dar under wâben;

dar zuo die bluomen gâben

und diu sunne liehten glast.

1170

dekeiner wunne dâ gebrast,

der man ze hôchgezîte gert.

die geste rîlich unde wert

die wâren hübisch unde geil

und heten hôher fröuden teil,

1175

die man zer welte haben sol:

in allen was von herzen wol.

 

In dirre wunne schalle

wâren die götinn alle

gesezzen ûf gestüele,

1180

dâ vrische boume küele

in bâren schaten unde luft.

durch ruomes und durch schalles guft

gezieret wâren si nâch lobe.

in allen wirdeclichen obe

1185

sâzen drî götinne,

die leben unde sinne

mit tugende kunden gesten.

si wâren dâ die besten

vor der plânîe vorste.

1190

kein frouwe sich getorste

mit schœne z'in gemâzen;

dâ von si z'obrest sâzen

schôn und gewalteclîche dô.

daz eine was frô Jûnô,

1195

diu rîcheit unde guotes pflac.

an ir sô ganziu wirde lac,

daz si gestalt nâch wunsche was.

daz ander was vrô Pallas,

ein götinn aller wîsheit,

1200

diu saz rîlîche dâ bekleit

und gap durchliuhteclichen schîn.

Vênus, der minne künigin,

diu beidiu schœne und edel schein,

diu was diu dritte nâch den zwein,

1205

und saz gezieret schône.

von golde ein rîlich crône

ir iegelicher houbet hie

vil werdeclichen umbevie

und was dar ûf gesetzet.

1210

ir lîp was niht geletzet

mit swacher missewende.

der Wunsch mit sîner hende

vor wandel hete si getwagen.

si kunden laster in ir tagen

1215

und allen valsch vermîden.

von liehter ziclâtsîden

ir cleider stuonden wol geweben,

und wâren lîsten unde reben

von golde rôt gedrungen drîn,

1220

dar ûz durchliuhteclichen schîn

erwelte margarîten

in bâren zuo den zîten

 

Die selben götinn alle drî

schœn unde missewende frî

1225

wâren sô liutsælic gar

und alsô rehte wunnevar

an lîbe und an gezierde grôz,

daz manic lûter ouge entslôz

ûf der hôchgezîte sich,

1230

daz die götinne keiserlich

ze wunder ane blicte.

ir drîer clârheit schicte,

daz manger dâ begunde jehen:

ach got, wan solt ich iemer sehen

1235

und êweclichen schouwen

dis ûz erwelten frouwen,

der leben ist sô vollekomen!

sus hete ir minne an sich genomen

vil ougen unde herzen.

1240

si bâren jâmersmerzen

den göten und der künige schar,

die zuo dem hove kâmen dar,

dur daz si dâ beliben vrô.

nû Pallas unde Jûnô

1245

sâzen dâ gezieret sus

und diu götinne Vênus

in beiden saz vil nâhe bî,

seht, dô wurdens' alle drî

gereizet balde ûf einen strît.

 

1250

ûf einem blanken pferde sît

geriten kam ein frouwe stolz,

die sach man nider für daz holz

ûf die plânîe erbeizen.

 

Frau Discordias Apfel vor den drei Göttinnen

 

Discordiâ geheizen

1255

was daz wol getâne wîp;

mit rîcher wæte was ir lîp

gezieret und bevangen;

doch hete si begangen

vil dicke wandel unde mein.

1260

si kunde werren under ein

mit hazze werde liute.

discordiâ ze tiute

ein missehellung ist genant,

dâ von der name wol bewant

1265

was an ir lîbe schœne,

der nîdic unde hœne

bî wunneclichem bilde was.

swer an sich hôhe wirde las,

dem wart gevære si zehant.

1270

ir haz den hete si gewant

vil dicke ûf werde hoveschar,

die si mit kriege sô verwar,

daz si ze strîte kâmen.

si kunde ir scheidelsâmen

1275

wol under friunde sæjen,

dar umbe daz si mæjen

begunde schaden und verlust.

mit sô getâner âkust

hetes' al ir zît vertân.

1280

si was erbeizet ûf den plân,

durch daz si vröude swachte

und einen kriec dâ machte,

von dem sich hüebe ein michel strît.

daz si ze sîner hôchgezît

1285

her Jûpiter der stæte

geladen niht enhæte,

dâ von leit si den smerzen,

daz trûren in ir herzen

lac unde zornes galle.

1290

er luot die götinn alle

und hete si versmâhet gar.

des kam si von ir selben dar

mit zorneclichen riuwen.

si wolte kriege briuwen

1295

und alsô bitterlîche nôt,

daz manger sît gelæge tôt.

Nû merkent, wie si' z ane vienc.

bekleidet si nâch wunsche gienc

in daz gestüele tougen,

1300

sô daz mit sînen ougen

nieman gesehen möhte ir lîp.

Discordîa, daz übel wîp,

truoc an ir hende ein vingerlîn,

daz kunde ir antlitz und ir schîn

1305

verdecken wol mit sîner maht.

von sîner krefte alsô verdaht

wart ir menschlich bilde,

daz ir figûre wilde

wart in allen ûf dem plân.

1310

diz wunder hete an ir getân

der edel und der fremde stein,

der von dem vingerlîne schein

und ûz im schône lûhte.

dekeinen man bedûhte,

1315

daz er die frouwen sæhe,

diu mit gezierde wæhe

gie vor in allen unde stuont.

si tet, als alle die noch tuont,

die strîte wellent stiften,

1320

und wolte dâ vergiften

den fröudenrîchen hoveschal.

die liute mohtes' über al

wol geschouwen unde spehen,

und kunde nieman si gesehen

1325

noch gehœren ûf dem plân.

si liez ir ougen umbe gân

in der wunneclichen schar

und nam des vlîzeclichen war,

wâ si die besten sæhe,

1330

durch daz in dâ geschæhe

von ir schulden ungemach.

ze jungest si dâ sitzen sach

die werden götinn alle drî,

die wandels unde meines frî

1335

durch guften und durch schallen

dô sâzen ob in allen,

als ich dâ vornen hân gezelt.

nû si die frouwen ûz erwelt

gesach sô rehte wunneclich,

1340

seht, dô gedâhte wider sich

Discordîa, diu hœne:

sît dise frouwen schœne

die besten hie ze hove sint,

sô muoz ich hiute ein underbint

1345

an ir holtschefte machen.

ir liep mit leiden sachen

wil ich besunder scheiden.

ist, daz ich in geleiden

kan ir friuntschaft iemer,

1350

son mac dem wirte niemer

geschehen grœzer ungemach.

sît daz ich alsô rehte swach

in sînem herzen liuhte

und in sô bœse diuhte,

1355

daz er mich her niht enluot;

sô wil ich sînen vrîen muot

mit herzeleide binden.

geschaffe ich, daz erwinden

muoz diu fröude manicvalt,

1360

zuo der vil manic fürste balt

gestrichen ist von lande her,

sô wirt mîn friunt, her Jûpiter,

an êren und an wirde cranc,

wan in kein laster nie getwanc,

1365

daz im sô nâhe wæge.

zwâr ich ensol niht træge

ze sînem ungefüere sîn,

wan ich geschicke an disen drîn

frouwen schœne und ûz erkorn,

1370

daz under in kriec unde zorn

vil schiere sich erhaben hât.

ich wirfe mîne scheidelsât

enzwischen si geswinde,

dâ von daz ingesinde

1375

z'ein ander wirt verworren.

an hôher wunne dorren

der hof von mîner schulde muoz.

ich tuon im aller fröude buoz,

biz ich geriche an im den schaden,

1380

daz ich dâ her niht wart geladen.

 

Mit den gedenken und alsô

gie si dort hin, dâ Jûnô

mit iren zwein gespilen saz.

si wolte kriec, nît unde haz

1385

dâ sæjen under dise drî.

für die götinne wandels vrî

verborgenlichen si dô schreit

und in sô lîser tougenheit,

daz man ir bildes niht enphant.

1390

enmitten under si zehant

warfs' einen apfel schœne,

den ich mit lobe krœne

vür alle werden epfel noch,

und was er von zwein stücken doch

1395

z'ein ander wol gelœtet.

ûz golde lieht gerœtet

sîn halbez teil gesmidet was;

daz ander stücke, als ich ez las,

schein durchslagen silberwîz.

1400

an im lac hôher künste flîz

von meisterlicher kûre.

ein wunderlich mixtûre

ûz dem rîlichen apfel schein.

diu was verworren under ein

1405

von aller hande glaste

sô sêre und alsô vaste,

daz keiner liehten varwe schîn

dâ volleclîche möhte sîn;

und was ir aller teil doch dâ.

1410

wîz, brûn, rôt, gel, grüen unde blâ

diu wurden elliu dâ geborn

und heten alliu doch verlorn

dâ ganzen unde vollen glanz,

sô daz ir keines was dô ganz

1415

noch in volleclicher kür.

ir schîn was wider unde für

zerdræjet und zersprenget

und alsô gar vermenget

mit wilder temperunge,

1420

daz manic wandelunge

dâ fremdeclichen lûhte

und iegelichen dûhte

sô mæzlich und sô cleine,

als ir dâ vil nâch keine

1425

solte schînen unde wesen.

sô man den apfel ûz erlesen

hielt nâhe zuo den ougen,

sô wart dâ sunder lougen

diu mixtûre an im erkant;

1430

und sô der apfel wart gewant

iht verre hin von der gesiht,

so enkôs dâ nieman anders niht

wan silbers unde goldes.

rîlicher künste soldes

1435

ein wunder was ûf in geleit:

ein lîste wol eins vingers breit

enmitten umb den apfel was,

diu schein noch grüener, denne ein gras,

von smâragdînen steinen

1440

und was ûz harte cleinen

stücken gar gefüeget wol.

vil ûz erwelter schrifte vol

schein der selbe grüene strich,

wan die buochstaben kostbærlich

1445

beschouwen sich dâ liezen.

von glanzen mergriezen,

die niht reiner mohten sîn,

wâren si gevelzet drîn

und lûhten wunneclichen dâ;

1450

si glizzen rôt, gel unde blâ

verr ûz der lîsten grasevar.

diu schrift von hôher koste gar

diu sprach alsus ze tiute:

swelch frouwe sî noch hiute

1455

diu schœnste ûf disem veste,

sô daz an ir kein breste,

noch kein wandel werde schîn,

der eigen sol der apfel sîn,

noch anders keines wîbes.

1460

ir muotes und ir lîbes

muoz si wesen ûz erwelt

und für die besten sîn gezelt,

diu von der hôchgezîte spil

mit ir den apfel füeren wil.

 

1465

Diu rede und dise buochstaben

wâren mit gesteine ergraben

ûf des apfels umbekreiz,

der von smâragden grüene gleiz

und alsô wol geschriben was,

1470

daz man dar an kôs unde las,

wes der apfel solte wesen.

in swelher zungen man daz lesen

wolte bî der selben zît,

diu wart ân allen widerstrît

1475

und in vil kurzen stunden

an den buochstaben funden,

die man dâ stân gelîmet sach.

von hôher künste diz geschach,

daz sich diu schrift verkêrte

1480

und iegelichen lêrte

dâ vinden sîne sprâche.

durch üppeclîche râche

wart der apfel wandels vrî

gevellet under dise drî

1485

gotinne, der ich hân gedâht.

gefüeret het in unde brâht

Discordiâ zer hôchgezît,

dur daz si kriec, haz unde nît

mit im dâ muoste briuwen.

1490

si wolte ir art erniuwen

und ir alten werresite,

dâ si noch leider ofte mite

verwirret gnuoge liute.

ir sâme wirt noch hiute

1495

geworfen under manigen lîp.

si füeget, daz man unde wîp

vil ofte kriegent umbe niht.

owê, daz des sô vil geschiht,

daz missehelle machet

1500

und fröude und êre swachet

ze höven und ouch anderswâ!

nû si verlie den apfel dâ

gevallen und gerîsen,

dô kêrte si mit lîsen

1505

triten ûf ir strâze hin

und lie belîben under in

daz kleinœt ûzer mâze fîn.

des wart dô von in allen drîn

ein zeppel und ein kriec derhaben.

1510

dô man gesach die buochstaben

und dô man het an in gelesen,

daz der apfel solte wesen

der schœnsten ûf der hôchgezît,

dô wolte ir iegelîchiu sît

1515

sich dâ nider tücken

und mit der hende ûf zücken

den apfel schœne und ûz erwelt,

dar umbe daz si dâ gezelt

zer besten ûf der erden

1520

möht ob in allen werden.

 

Der apfel wunneclich gestalt

von meisterschefte manicvalt

mit zouber sô gelüppet was,

swer die schrift gar überlas,

1525

diu von im schône lûhte,

daz den bî namen dûhte,

daz er sô wunnebære

und sô gewaltic wære,

daz niender lepte sîn genôz.

1530

des wart ein missehelle grôz

vernomen under disen drîn.

si drî gelîche wolten sîn

die schœnsten ob in allen.

dô vür si was gevallen

1535

der apfel und er wart gelesen,

dô wânde ir iegelîchiu wesen

diu beste zuo der hôchgezît.

mit worten huobens' einen strît

umb den apfel schiere dô.

1540

des wirtes wîp, vrô Jûnô,

vie den kriec zem êrsten an,

dâ si doch lützel an gewan,

wand ir ze jungest misselanc.

diu werde nâch dem apfel ranc

1545

und hæte in gerne an sich genomen,

dar umbe daz si vollekomen

an rîcheit und an horde was.

dô streit dâ wider Pallas

mit worten und mit sinne.

1550

dur daz si meisterinne

was aller hôhen wîsheit,

sô vaht si, weizgot, unde streit

umb den apfel ouch zehant.

ir herze was ûf in gewant

1555

und ir lîbes zuoversiht.

iedoch geschach ir wille niht

an dem prîsande wol getân,

wand in ouch Vênus wolte hân,

dur daz si der minne wielt

1560

und ir herze nâhe vielt

rein unde hôhe trûtschaft.

si wurden sêre kriechaft

umb den apfel under in.

dar unde dan, her unde hin

1565

der strît mit rede wart geleit.

ir aller hœhsten werdekeit

warf ir iegelîchiu vür,

dar umbe daz si niht verlür

den prîs dâ bî den stunden.

1570

kein rihter wart dô funden,

der si dô schiede nâch ir ger.

nû hôrte ir rede her Jûpiter,

wan er saz in nâhe bî.

dâ von sô bâtens' alle drî

1575

den hübschen und den werden got,

daz er si durch sîn hôch gebot

geruochte ûz kriege wîsen,

sô daz er eine prîsen

ûz in drîn begünde,

1580

diu daz verschulden künde,

daz ir der apfel würde.

diz dûhte ein swære bürde

den got bescheiden unde wîs,

daz ir einiu disen prîs

1585

enphienge dâ besunder

und die zwô dar under

beliben sînes lobes vrî.

wan die frouwen alle drî

die wâren im alsô gewant,

1590

daz er dekeine dô zehant

wolt under in verkiesen

und dâ mit rede verliesen

sîn hôchgebornez künne.

er was von adels wünne

1595

in sippe sunder allen mein.

dâ von er wider si dô schein

an triuwen deste vester.

Vênus diu was sîn swester

und frô Pallas sîn tohter,

1600

von dirre sache mohter

beswæren niht ir zweier lîp,

sô was Jûnô sîn selbes wîp

und dar zuo diu swester sîn:

alsô was er in allen drîn

1605

mit sippeschaft gebunden,

daz er si bî den stunden

getorste niht gescheiden.

den zwein wolt er niht leiden,

ob diu dritte füerte hin

1610

den schœnen apfel under in.