BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Ulrich von Liechtenstein

ca. 1200 -1275

 

Vrowen dienst

 

1255

 

Übergabe des ersten Büchleins

Lied III, Reimbrief a

(Strophe 160 - 176)

 

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160

Der bot war balde gar gesant.

er was der guoten wol bekant:

si hiez in willekomen sîn.

«gnâde» sprach er, «vrowe mîn!

5

ich hân ein büechelîn iu brâht:

daz sült ir lesen gegen der naht:

dâ stêt an ein vil guot gepet.

vil tugentlîchiu vrowe, sêt!»

 

161

Daz püechel sâ diu süeze nam,

als ez ir tugenden wol gezam.

si wânde, dâ stüend an ein gepet:

diu reine, guote ez ûf tet,

5

si schouwet ez hie, si schouwet ez dort:

da stuonden an vil süeziu wort,

dort unde hie siez gar gesach.

nu hoeret, wie daz püechel sprach!

 

Hie hebt sich daz êrste büechlîn.

 

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Ein langiu wîse, und ist diu dritte

(Lachmann 57,25; Bechstein I,65)

 

1

Frouwe, liebiu frouwe mîn,

an dînem dienste ich niht verzage.

swie du wilt, sô wil ich sîn:

dâ bî sô merke waz ich sage.

5

frouwe, ich weiz wol, ob mir dînen friundes gruoz

niht verdienent mîne junge besten tage,

daz ich in sorgen alten muoz.

 

2

Mîn herze gît mir wîsen rât,

swie tump ez von den jâren sî,

daz ich ir, diu tugende hât,

sî mit stætem dienste bî.

5

sît ez mir sô stæten rât mit triuwen gît,

des doch mir der lîp, der muot, noch nie wart frî,

des volge ich im gar âne strît.

 

3

Dô ich êrste sin gewan,

dô riet mir daz herze mîn,

obe ich immer wurde ein man,

sô solte ich ir ze dienste sîn.

5

nu ist mir komen diu zît daz ich ir dienen sol.

nu helf mir got daz ich ir tuo den dienest schîn,

dâ von ich leides mich erhol.

 

4

Sî ist über mînen lîp

frouwe und al des herzen mîn,

sî vil wundern werdez wîp:

nû wes solde ich gerner sîn?

5

wolde sî den dienest mîn und mînen sanc,

wâ wurd immer mir sô grôz genâde schîn?

wâ fünde ich sô reht hôhen danc?

 

5

Wâ môhte mir sô hôhe komen

mîn dienst und al mîn arebeit?

wan die ich mir hân genomen,

diu hât schœne und werdekeit.

5

hôher muot, du twingest mir den lîp ze hôch,

unde ist dir daz herze mîn dar zuo bereit,

wanz ie die nidern minne flôch.

 

6

Nideriu minne, an fröiden tôt

ist er, dem si an gesigt.

gît diu hôhe sende nôt,

doch wol im der der selben pfligt!

5

sî gît sorge, und ist diu sorge fröiden rîch.

frou, daz dich diu sorge mîn sô ringe wigt,

dâ von sô sorge ich stæteclîch.

 

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Reimbrief a

(Lachmann 60,25; Bechstein I,68)

Ez sprichet manic man

des in sîn herze niht gelêren kan,

wan als er von fremdem dinge

gert ze gewinnen sinne.

5

swer muotet des er niht ensol,

der hât im selb versaget wol.

swer muotet des er niht ensol,

der hât im selb versaget wol.

swer muotet des er niht ensol,

10

der hât im selb versaget wol.

 

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