BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Clara Hätzlerin

um 1430 - 1476/77

 

 

Das Liederbuch

 

Bl. 334r (I, 115)

 

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Die driu lied sind gemacht ie ains uf das ander

 

Mein hordt, můsz ich mich schaiden,

Mag‹s› anders nit gesein,

Nym dir kain senlich‹e› laide,

Trag durch den willen mein

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Ain frädenreichs gemüte.

Wav ich nun hin cher,

Frät mich dein weiplich güte

Allain vnd nyemantz mer.

 

Ich far dahin mein strasse

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Von dir vff gůten won,

Zu letz will ich dir lassen,

Das ich sunst nyemants gan.

Mein triu on alles wencken

Sol dir beleiben stätt;

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Daran solt du gedencken,

Das nit werd abgemätt

 

Die augelwaidt meins hertzen,

Die mir gewachsen ist.

Es prächt mir sicher schmertzen,

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Solt mir ain arger list

Gen dir nun schaden pringen;

Sunst ich on zweifel bin.

In hoffnung vnd gedingen

So schaid ich, fraw, dahin.

 

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Sy gab mir Iren segen

Mit ir schneweissn hennd;

Sy sprach: got müsz dein pflegen.

Dich schier herwider send!

Mit dir fürest du von dannen

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Gentzlich die fräde mein!

O trost ob allen mannen,

Lasz dirs beuolhen sein:

 

Du solt on zweifel dencken,

Das ich die fräde dein

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Dir mer on alles wencken,

So dick, das mag gesein;

Dein segen tůt mich fräen,

Wav ich in der welt hin far.

Da ward sy zäher sträen

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Vf ire wänglin clavr.