BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Oswald von Wolkenstein

um 1376 - 1445

 

Handschrift B

 

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2v

V

(HS A 12v, HS B 2v, HS c 5rv, Klein 5)

 

I

JCH ſich und hör/

das mancher klagt uerderben ſeines gütes/

ſo klag ich newr die jungen tag/

uerderben freyes mütes/

5

wes ich uor zeiten darjnn pflag/

und klain emphand do mich die erden trüg /

 

Mit kranker ſtör/

houbt rugk und bain hend füſs das alder meldet/

was ich uerfräuelt hab an not/

10

her leib den mütwill geldet/

mit blaicher farb und ougenrot/

gerumpffen graw ewr ſprüng ſind worden klüg/

 

Mir ſwert hertz müt zung und die tritt/

gebogen iſt mein gangk/

15

das zittren ſwecht mir all gelid/

owe iſt mein geſangk/

daſſelb quintier ich tag und nacht/

mein tenor iſt mit rümpffen wolbedacht/

 

II

AJn krauſs weyſs har/

20

uon löcken dick hett ainſt mein houbt bedecket/

daſſelb plaſnyert ſich ſwarcz und graw/

uon ſchilden kal durch ſchöcket/

mein rott' mund wil werden plaw/

darumb was ich der lieben widerzäm/

 

25

Plöd ungeuar/

ſind mir die zend und ſlawnt mir nicht ze kewen/

und het ich aller werlde güt/

ich kund ir nicht vernewen/

noch kouffen einen freyen müt/

30

es widerfür mir dann inslaffes träm/

 

Mein ringen ſpringen louffen ſnell/

hat einen widerſturcz/

für ſingen hüſt ich durch die kel/

der autem iſt mir kurcz/

35

und gieng mir not der külen erd/

ſeyd ich bin wordn' ſwach und ſchier unwerd.

 

II

Ach iüngelingk/

bey dem nym war tröſt dich nit deiner ſchöne /

gered noch ſterck halt dich embor/

40

mit gaiſtlichem gedöne/

wer du yetzund biſt der was ich uor/

kompſt du zu mir dein güt tat rewt dich nicht/

 

Für alle dingk/

ſolt ich yecz leben got zu wolgeuallen/

45

mit uaſten betten kirchengän/

auf knyen venien uallen/

ſo mag ich kainem bey beſtän/

ſeyd mir der leib uon alder iſt enwicht/

 

Für ainen ſiech ich allezeit uier/

50

und hör durch groben ſtain/

die kindlin ſpottn' mein nu ſchier/

darzü die freulin rain/

mit anewitz ich das uerſchuld/

junck man und weib uerſaumt nicht gottes huld.