BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Das Volksbuch von Dr. Faust

um 1580

 

Historia vnd Geschicht

Doctor Johannis Faustj

 

Das Erste Theil

 

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) 16. (

[Von der Hell:]

 

Die Hell diser Nam. Hat manicherlay Figuren vnnd Bedeuttung / Dann ain mahl wirdt die Hell genannt Hell vnnd Durstig / darjnn der Mensch zu keiner erquickhung vnnd Labung kommen kan /

So sagt man auch recht / Das die Hell ein thall genannt wirdt / das nit weitt von jerusalem ligt / Dann die Hell hat ein solche Weitte des Thals / das es raichet zu dem Jerusalem Das ist dem Thron des Hymmels/ Da die jnnwoner dess Hymmelischen jerusalems / weit von einander ligen/ Also das die verdamptñ jm Wuest dess Thals jmmer wonen muessen / vnnd die hoche der Statt jerusalem nicht erraichen können/ So wirdt die Hell auch ein platz genannt Da der Platz dess Thals so weitt ist / Das die verdampten Da wonen muessen / wie die Schelmen bain / Da sonnst nach gelegenheit die Schelmen bain nirgennds besser hin zu thuen seyen / Dann jnn ein Loch des Thals zu ainem sondern platz Da man Den Vnflath hinfuren soll.

Die hell ist auch genannt Die Brinnige Hell / Das alles Angehn vnnd Brinnen mueß / was dahin kompt / gleich wie ein Stain jnn ainem Fewrigen Offen / Ob wol der Stain von Fewer glueent wirdt / So verbrindt oder Verzert er sich dannocht nicht / vnnd wirdt nur hortter darvon / Also die Seel des verdampten sein wirt / Das Sie jmmerdar brindt / vnnd wirdt Sie Doch das Fewr nit verzern könnden / Sunder nun mehr Pein fuhllen/ So hayst die Hell ein Ewige Pein / die weder anfang / hoffnung / noch endt hat /

Sie haist auch ein Finsternus / Dann Sie von Gott also erschaffen ist / Das Sie so dunckhel ist / Das weder schein noch glantz Da ist / Sonnder ist ein Finsternus eins Thurns / Da man weder die Herrlicheit Gottes / Als das Liecht Sohnn oder Mohn sehen kan / Vnd wann Dann der verdampte Mensch ein Hellung hoffen könndt / nur wie bey Euch Die Dickhe Finster nacht/ So hett man doch ein hoffnung eines scheins /

Die Hell hat auch Ein Clufft Chasma genannt / gleich eines Erdbidems / Da er Anstosse gibt er ein solliche cluft vnnd Dickhe / Das vnergrundtlichen ist / Da schütt sich das Erdterich von ein ander vnnd spurt man auss sollicher Tieffe des Cluffts / Als ob winde Darjnnen weren / Also ist die Helle auch / da es ein Ausgang hat. jetz weitt dann Eng / Dann widerumb weitt / vnnd so fort an etc.

Die Hell wirt auch genannt Petra ain felß / vnnd der ist auch ettlicher weiß gattaniert / Als ain saxum, scopus, rupes, vnnd Cautes, Also ist er / dann es die Hell also gefestigt / Das weder Erden noch Stein vmb sich hat / wie ein Felß / Sonnder wie Gott den Hymmel befestigt / Also hat Er auch ein grundt Der Hell gesetzt. ganntz Hört wie ein Felß Hoch spitzig vnnd Raw /

Sie wirdt auch Carcer genannt / Da der verdampte Ewig sein wirt/ Also ist Sie auch damnatio genannt / Da die Seel jnn die Hell als jnn ein gefengkhnus verurtheilt / vnnd verdambt wirdt / Dahin die straff verworffen vnnd ausgesprochen wirdt / Als wie ein offenntlich Gericht Vber ein Vbelthetter vnnd schuldigen / So heist Sie auch pernities oder Exitium ein Verderbnus Das die Seel solchen schaden ahn sich hat / Dann ain Ewiger schad vnnd Verderbnus ist / Also auch Confutatio, Damnatio, Condemnatio, vnnd dergleichen ein verwerffung der Seel / darein sich der Mensch selbs wirft jnn ein solliche Cluft / gleich wie einer der auf ein Felsen oder Hoche geet / Da Er herab sicht / so schwindelt jm / Es geet aber der Mensch der verzweiffelt ist nicht dahin das er die gegne besehen möcht / vnnd je hocher er aufsteiget vnnd begert sich herab zusturrzen Ye Tieffer er herab fallen mueß / Also seind die Verdambte Seelen auch / die jnn die Hell geworffen werden / Ye mehr eins dann das ander sündigt / je hocher es von der Höch/ Das ist von Gott jm grundt Dann das ander fallen mueß / Endtlich Das die Seel also ists / Das es vnmöglich mit was weiß sie ausspeculiern / vnnd zubegreiffen ist / Wie Gott sein Zorn also gelegt hat jnn ein solchen Orth / Da Gottes zorn sein gebew vnnd erschaffung ist /

Also Das Sie vil Namen vnnd Wortter Hatt / Als ein Schandt Wohnung/ ein Schlundt / Rachen / Tieffe / vnnd Vnderscheidt der Hell / Dann die Seelen der Verdambten muessen nicht allein jnn Wehe vnnd Clag dess Ewigen Fewers Sitzen / sonder auch schandt Hon vnnd spott tragen gegen Gott / vnnd seinen Seligen / Das Sie jnn wohnung des schlunds vnnd Rachen sein muessen / Dann die Hell ist ein solcher Schlundt vnnd Rachen / Der nit zu ersettigen ist / sundern günnet jmmer noch mehr nach der Seelen die nicht verdambt sein sollñ / Das Sie auch verfuert vnnd verdampt werden möchten.

Also muestu es Doctor Fauste verstehn/ Dieweil es hast haben wöllen / vnnd merckh Das die Hell ist ein Seel dess todts / ein hitz des Fewrs / ein Finsternus Der Erdt / ein Vergessung der Erdt / nimmer von Gott gedacht / Sie hatt Martter vnnd Wehe vnnd Ewig vnerloschlichs Fewr / Ein wohnung aller Hellischen Drachen / Wurm/ vnnd Vnzifer Ein Wohnung der Verstossnen Teuffels / ein gestannckh von Schwebell / Wasser vnnd Bech / vnnd aller hitzigen Metall etc. Vnnd Diss sey mein Erster vnnd Anderer bericht / oder erzellung Die Du von mir hast haben wöllen/

Zum Dritten / So battestu mich vnnd wolst von mir haben / Dir ein bericht zuthon / Was fur Wee vnnd Clag die verdampten jnn der Hell haben werden / Da soltu etwann mein herr Fauste Die schrifft ansehen / dann es mir verborgen ist / Aber wie die Hell jämmerlich anzusehen / vnnd qualificiert ist / So ist es ein Vntregliche vnnd schwere Pein / Vnnd weil jch Dir das Erst erzelt hab / So will jch Dir nach dem Hellischen SPeculiern auch solchs bericht thuen. Es den verdambten wie jch oben erzelt hab mit allen Vmbstenden vnnd Auslegungen begegnen / Dann es ist war wie jch sprich. Die Hell der Frawn Bauch / Vnnd Die Erdt wirdt nicht stan / Also wirdt kein aufhören noch endt nimmermehr Da sein / Darauff werden Sie zetter vnnd wee klagen Vber jre sündt vnnd bosheit / Vber den verdampten / vnnd Hellischen Grewell dess gestannckhs / Verhindernus/ schwachheit / dann wirdt erst jr Rueffen schreyen / vnnd Wee klagen zu Gott sein / mit Wee / Zittern / Zagen / gelffen / schreyen mit schmertzen / Truebsall / mit heulen vnnd Wainen / Dann solten Sie nicht Wehe schreyen / Zittern vnnd Zagen / Da Sie Zwitracht haben / Das alle Creaturen / vnnd alle geschöpff werden wider Sie sein / vnnd fur die Eer der Heyligen / werden Sie Ewige schmach tragen muessen / vnnd Wirdt auch ein wehe vnnd Zittern grosser sein / dan das ander / Dann die sünd seind Vngleich / Also auch die straff vnnd Pein/ Wir Geyster werden gefreyet werden / Dann wir auch hoffen Selig zu werden / Aber die verdambten werden Clagen vber die Vnleidenliche kelt / Vber das vnausloschlich Fewer / Vber die vntregliche Finsternus / gestannckh / vber die gesicht der Teuffel / vber die verzweifflung alles guetten / Sie werden Clagen mit weinenden Augen knittschen der Zähn / Gestannckh der Nasen / jammern der Stymm/ erschreckhung der Ohren / Zittern der hendt vnnd Fuessen / Sie werden vor grossem schmerzen jre Zungen fressen / Sie werden jnen den Todten wunschen / vnnd gern sterben wollen / Sie mögen aber nicht/ Dann der Todt wirdt vor jnen fliehen / Dann jr straff vnnd Pein wirt Letstlich grösser vnnd merer/ Also mein Herr Fauste Hastu die Dritte Frag / So mit der Ersten vnnd Andern Vber ein stimbt/

Zum Vierdten / wilstu von mir haben ein Frag Die zu Gott stett/ Ob Gott die Verdampten zur Huldt annem oder nit / Aber wie dem gleich wie jch gemeldet / vnnd auf andere deine fragen bericht gethan / Auch weitter Antwortte / souil jch die Hell vnnd jr Substantz ansehe / vnnd wie es von Gottes Zorn erschaffen ist / wie auch ettlich Fundamenta grunden können / Vnnd sey dir Hierauf ein sollicher bericht (wiewol es Lieber herr Fauste deiner promission vnnd gelubd stracks zu wider sein wirdt/ Du fragst Letstlich / Ob die verdampten jnn der Hell wider zur Huldt vnnd genaden Gottes kommen können / Da Antwurt jch Nain / Dann alle die so jnn der Hell seind / vnnd Gott verstossen hat / Die muessen darjnnen jnn Gottes Zorn vnnd Vngnad brynnen / Ewig darjnn bleiben vnnd Verharren / Da nimmer kein hoffnung zu glauben ist/ Ja wann Sie zur gnaden Gottes kommen konndten / wie wir Geister/ Die wir alle stundt hoffen / vnd warten / Sie wurden sich frewen / vnnd nach sollicher zeit seunfftzgen/ Aber So wenig Die Teuffel jnn der Hell khönnen vber jren Vnfall vnnd verstossung hoffen zuer gnaden Gottes zue kommen / So wenig könnens die verdampten auch / Dann so wenig sie nicht zu hoffen haben jnn der Finsternus der Hell / ein Liecht oder helle zusehen: jnn grosser Brunst vnnd hitz oder qual dess Fewers / ein Labung oder Trunckh eins wassers / jnn jrer Kält ein Wärme / So wenig können sie auch sonnst etwas zuewegen bringen / Dann darjnnen wirdt weder bitten / gebett / Anrueffen noch Seunfftzgen erhört werden / jr gewissen wirdt jnen jmmer vnder Die Augen schlagen / Als ein Kayser / Kunig / Furst / Graf oder sunsten Regenten werden klagen/ wann Sie nur nit Tyrrannisiert hetten / vnnd Sie jnn allem Muetwillen/ vnnd wollust gelebet / So wolten Sie zur Huldt Gottes kommen: Ein Reicher Mann wann er nur nicht geeytzt hett / Ein hofferttiger/ wann er nur nicht bracht getriben / Ein Eebrecher vnnd Bueler / wann er nur nicht Vnzucht / Ehebruch vnnd Vnkeuscheit getriben: Ein Weinsauffer vnd Fresser / Ein SPiler vnnd GottsLesterer / Ein Mainaidiger/ Ein Dieb / Strassenrauber / Morder / vnnd dergleichen / Wann jch nur nicht mein Bauch mit Vppigkeit / wollust / vnnd Vberfluss dess Tranckhs / vnnd der SPeiß vberfullet / wann jch nicht felschlich gespilt vnnd jnn meinem hertzen Gott gelestert / wann jch nur nicht freuentlich vnnd Muetwillig wider Gott mit allem fluechen gethon / wann jch nur nicht Mainaidig gewest / gestollen / geplindert / getödt/ oder geraubt hetten / So wolt jch doch etwan gnad hoffen/ Aber meine sündt sein zu gross / vnnd nicht zuuergeben / Darumb jch Dise Hellische straff leiden mueß/ Also kan jch verdambter abnemen / Das jch keiner genad zu gewartten hab.

Darumb solstu mehr mein herr Fauste wissen / Das der verdambte Mensch oder die Seel nimmer zu keiner genaden kommen kan / So wenig man den Verdambten zil vnnd zeit machen können / Das Sie etwann erlöst werden mechten von sollicher qual/ Vnd wañ Sie nur ein solliche hoffnung haben möchten / Das Sie jmmer ein tag nach dem andern am Vffer des Möers / das Moer wolten ausschutten biß es druckhen wirt / So wer ein Erlösung da / oder wann ein Sand hauf so groß wer biß an Hymmel / vnnd ein Vogel nach dem andern jar keme / vnnd trueg ains nach dem Andern hinweckh/ So wer auch ein hoffnung Da / Aber Gott wirdt jr nimmer gedennckhen / Dann Sie werden jnn der Hell ligen wie die Todten Boeckh oder Bein / Der todt / vnnd jr gewissen wirt Sie Nagen / jr hart zuuersicht vnnd vertrawen zu Gott so Sie erst haben werden wirt nit gehört werden / auch nimermehr gedacht / vnnd sihe wann sich die Verdambte Seel schon köndt verdeckhen / vnnd jnn die Hell sich verbergen biß Gottes zorn sich wolt legen / vnd hettest solliche hoffnung Das du mechtest erlediget werden / beharrestu auch jnn dem zill Der hoffnung / Das Gott an dich wurd gedencken / So ist darnach kein erlosung da/ Jtem wann alle berg zusamen sollen fallen / vnnd eines fahls zu seinem Orth vom andern wurden versetzt / vnnd biß alle stein jnn dem Moer ertrunckhnet werden / Vnnd biß alle Regen tropfen Die Erden hinweckh flössen / vnnd biß ein Elephant oder Camell jnn ein Nadel Ohr eingehet / vnnd alle Regen tropffen könndten gezelt werden / dannocht ist solliche hoffnung verlohren / Also hastu kurtzlich mein herr Fauste den Vierdtñ vnnd Letsten bericht / vnnd solst wissen fragestu mich ein ander mahl mehr von sollichen Dingen / Soltu kein gehör von mir haben / Dann jch bin dir solliches nit schuldig / Darumb lass mich nun mehr mit sollichen fragen vnnd Disputationibus zu friden.

Doctor Faustus gieng abermahlen vom Gaist ganz Melancholisch verwirrt vnnd zweifflheftig jetzt Dacht er dahin / jetzt Dorthin / Vnnd tracht dem tag vnnd nacht nach / es hett aber bey jm kein bestanndt / Dieweil jm wie obgemelt Der Teuffel das hertz verstockht vnd Verblendt / zue dem wann Er schon allein ward vnnd dem Göttlichen wort nachtrachtet / Da schmuckht sich dann der Teuffel jnn gestalt einer schönen frawen zue jm / halset jn / vnnd trib mit jm alle Vnzucht / Also das er dess Göttlichen Worts bald vergaß vnnd jnn Windt schlueg/