BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Paul Gerhardt

1607 - 1676

 

Geistliche Andachten.

Bestehend in hundert und

zwantzig Liedern.

 

LXXXVII. Lied

 

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Abend=Lied

 

NUn ruhen alle Wälder /

Vieh Menschen Städt und Felder

Es schläfft die gantze Welt.

Ihr aber meine Sinnen /

Auf / auf ihr solt beginnen

Was eurem Schöpffer wol gefällt.

 

Wo bist du Sonne / blieben?

Die Nacht hat dich vertrieben /

Die Nacht des Tages Feind:

Fahr hin / ein andre Sonne

Mein Jesus / meine Wonne /

Gar hell in meinem Hertzen scheint.

 

Der Tag ist nun vergangen:

Die güldnen Sterne prangen

Am blauen Himmels=Saal:

So / so werd ich auch stehen /

Wann mich wird heissen gehen

Mein GOtt aus diesem Jammerthal.

 

Der Leib der eilt zur Ruhe

Legt ab das Kleid und Schuhe

Das Bild der Sterbligkeit:

Die zieh ich aus / dargegen

Wird Christus mir an legen

Den Rock der Ehr und Herrligkeit.

 

Das Häupt die Füß und Hände

Sind froh daß nun zum Ende

Die Arbeit kommen sey:

Hertz freu dich: du solst werden

Vom Elend dieser Erden

Vnd von der Sünden Arbeit frey.

 

Nun geht ihr matten Glieder /

Geht / geht und legt euch nieder /

Der Betten ihr begehrt:

Es kommen Stund und Zeiten /

Da man euch wird bereiten

Zur Ruh ein Bettlein in der Erd.

 

Mein Augen stehn verdrossen

Im huy sind sie verschlossen /

Wo bleibt dann Leib und Seel?

Nim sie zu deinen Gnaden /

Sey gut vor allen Schaden /

Du Aug und Wächter Israel.

 

Breit aus die Flügel beide

O JEsu meine Freude /

Vnd nim dein Küchlein ein:

Will Satan mich verschlingen /

So laß die Englein singen

Diß Kind sol unverletzet seyn.

 

Auch euch ihr meine Lieben

Sol heute nicht betrüben

Kein Unfall noch Gefahr:

Gott laß euch selig schlaffen /

Stell euch die güldnen Waffen

Vmbs Bett / und seiner Helden Schaar.