BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Martin Opitz

1597 - 1639

 

Buch von der Deutschen Poeterey

 

1624

 

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[A2a]

Denen Ehrenvesten/

Wolweisen/ Wolbenambten vnd Wolgelehrten

HErren Bürgermeistern vnd Rathsverwandten der Stadt Buntzlaw/

seinen günstigen Herren vnd beförderern.

 

EHrenveste/ Wolweise/ Wolbenambte vnd Wolgelehrte

insonders günstige HErren/

Was bißanhero von einem vnnd dem andern/ auch vornemen Leuten/ zum offteren an mich ist begehret worden/ das ich nemlich von vnserer Deutschen Poeterey/ derselben art vnd zuegehör/ etwas richtiges auffsetzen möchte/ habe ich vorwichene tage zue wercke gebracht. Zwar erstlich/ solchem ehrlichen begehren wie billich zue verhengen: nachmals aber/ die jenigen vor derer augen diese vorneme wissenschafft ein grewel ist zue wiederlegen/ vnd die/ so sie als ein leichte ding vor handen zue nemen vnbedacht sich vnterstehen/ ab zue halten/ die gelehrten aber vnd von natur hierzue geartete gemüter auff zue wecken/ mir/ der ich dißfals bey weitem nicht genung bin/ die hand zue bitten/ vnd den weg so ich allbereit vmb etwas eröffnet vollendts zu bähnen. Weitleufftiger vnd eigentlicher zue schreiben [A2b] hat mich nicht allein die enge der zeit/ sondern auch sonsten allerley vngelegenheit verhindert/ die mir von denen zuegefüget wird/ welche/ wann es bey jhnen stünde/ wünschen wolten/ das auch das gedächtniß der Poeterey vnnd aller gutten Künste vertilget vnd außgerottet würde.

Ob mich nun woldergleichen vnbilliche Wiederwertigkeit/ die ich ohne meinen verdienst tragen muß/ offtermals kaum nicht zwinget wie Nero zue sagen; Vellem nescire literas: jedoch habe ich/ in erwegung derer Vrsachen die mir etwas beßers rahten/ vnd das die Zahl vieler grossen Männer die mir huldt sein die wenigen abgünstigen weit hinwieget/ zwar ietzund in diesem geringen wesen den willen mit meinem schlechten studieren etwas zue fruchten erweisen wollen: vnnd wil auch nachmals besten fleißes mich bemühen/ an größeren vnd mehr wichtigen sachen (denn ich gar wol weiß/ das es mit der Poeterey alleine nicht auß gerichtet sey/ vnd weder offentlichen noch Privatämptern mit versen könne vorgestanden werden) durch beystandt Göttlicher hülffe alle mein heil zue versuchen. Jndeßen/ Großgünstige HErren/ wollen sie/ zum pfande meiner künfftigen vorsorge wie mein geliebtes Vaterlandt vnnd sie meiner je mehr vnd mehr ruhm vnd ehre haben mögen/ dieses buch auff/ vnd annemen/ vnd beynebenst geneiget erwegen das ich auch darumb jhnen solches billich vor andern zueschreiben sollen/ damit ich nicht/ wann ich [A3a] sie in diesen vnd andern meinen schrifften lenger mit stilleschweigen vbergienge/ von denen die meinen künfftigen vorsatz nicht wissen für vndanckbar möge gescholten werden. Welchen lasters ich nicht alleine anderwerts frey vnd ledig bin/ sondern auch dißfals kühnlich sagen darff/ das ich solche große liebe zue meinem Vaterlande trage/ dergleichen zwar von allen erfordert/ aber bey wenigen erfunden wird. Jch muß nur bekennen/ das ich nicht vnlengst auß weit abgelegenen orten/ da es mir an ehre/ föderung/ freundschafft vnd alle dem was ich bedürffend nicht gemangelt hette/ mich mehrentheils darumb zuerücke gemacht/ vnnd meinen zuestandt in vngewißheit gesetzet/ das ich das verlangen/ daheime vnd bey den meinigen die zeit zue verschliessen/ nicht lenger ertragen können. Welches ich sonsten kaum so rundt herauß sagen wolte/ auß furchte/ das es mir von andern für eine zärtligkeit vnd weichmuth möchte außgeleget werden/ wenn mir nicht wißend/ das Vlyßes so sehr auff sein Jthaca zue geeilet/ als Agamemnon auff sein Mycène/ vnd der grosse mann hertzlich gewünschet/ auch nur ein räuchlein so darauß auffgienge von fernen zue schawen.

Der Vater der Musen Alfonsus in Sicilien/ als ihm einer erzehlete wie Rom so gewaltig/ Venedig so groß/ Florentz so reich/ Meilandt so Volckreich were/ gab er jhm dieses gar gerne zue/ aber/ hub er darneben an/ ich wil niergendts lieber sein als zue Carioncilla: [A3b] welches ein flecken war/ darinnen der löbliche vnnd tugendhaffte König gebohren vnd auffgewachsen. Kan mir also niemand zue rechte vbel deuten/ das ich mein Buntzlaw/ ohne ruhm zue sagen/ die erzieherinn vieler stattlichen berühmbten leute/ welche ich bey anderer gelegenheit schon wil zue erzehlen wissen/ als ein Kind seine Mutter ehre/ vnd bestes vermögens hand zue wercke lege/ wie nicht alleine ich durch das Vaterland/ sondern auch das Vaterland durch mich bekandter werde.

Nebenst dieser gemeinen vrsache hiesiger meiner zueschreibung habe ich nicht weniger in acht zue nemen/ die grosse gunst vnd freundschafft/ mit welcher ein ietweder von den Herren mir bey aller vorgehenden gelegenheit zum offtersten begegnet: ja das sie auch mir entweder mit Blutfreundschafft oder verwandtniß bey gethan sind/ oder/ worunter ich Herren Sänfftleben verstehe/ mich zue alle dem was ich weiß vnnd kan/ wie wenig es auch ist angewiesen vnd geleitet haben. Werden also die HErren/ in betrachtung obgemeldeter vrsachen/ in guttem verstehen/ das ich Jhren namen hiesigen geringfügigen buche/ das doch hoffentlich an seinem orte wird ersprößlich sein/ vorsetzen/ vnd dadurch/ weil anietzo nichts anders in meinem vermögen gewesen/ nur etzlicher maßen mein danckbares gemüte vnd gutten vorsatz [A4a] erweisen wollen. Befehle sie hiermit in den schutz des Höchsten/ mich aber in jhre beharliche gunst vnd liebe; der ich gleichfalls jederzeit bin

 

E. E. W.

Dienstwilligster

Martin Opitz.