BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Die verwüstete vnd verödete Schäferey

1642

 

Die verwüstete vnd

verödete Schäferey

 

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Die werwüstete und verödete Schäferey,

mit Beschreibung dess betrogenen Schäfers Leorianders

von seiner ungetrewen Schäferin Perelina

 

IN denen Adelphischen Provintzien / ist vnter andern nicht die geringste / sondern viel berühmbte Landschafft die / welche längst den berümbten Fluß Lasalee vnd daran stossenden Gefilde / beneben den in aller Welt bekandten Libanischen Gebirgen vnd Wildnussen erstrecken thut / so wegen erquicklicher Situation, gesunder lufft / Fruchtbarkeit deß Bodens vnd Wassers / deß auch vnd vornemlich wegen der so gesunden vnd wolgelegenen Schäferey / welche biß anhero jederzeit in zimliche flor / vngeacht Mars solche Ort zum öfftern berühret / geblieben vnd erhalten / also / daß sie fast von keinem grössern feindlichen Abbruch zu sagen gehabt / als welche jhnen durch der Schafe angebornen Erbfeind zu geschehen pflegte / der aber dannoch gegen anderer leydenten Schaden vor nichts zu rechnen / weil die wachtsame Hertzhafftigkeit der beywohnend- vnd wesenden Schäfer / als auch die jederzeit erhaltende cerberische Zucht keinen schaden leichtlich zulassen / solche reissende Thier / auch jhre Nahrung an den Zarten selbiger Gegend gnugsam findenten Wild / wegen deren bestelten Vffwarter vnfleiß / mehr als sonst zu suchen pflegen vnd wissen / Wie nun die Götter vnd die Natur niemals etwas vnvollkommen oder vergebens gemacht / Also haben sie es dieses Orts auch lobend erwiesen / dann so schön fruchtbar vnnd vermöglich die Landschafft gewesen / also vortrefflich / ja vnvergleichlich waren die jnnwohnenden Besitzer derselben / vornemlich aber das Geschlecht der Schäfer vnd deren Zugethanen / die / ob sie wol dieses Beruhigen vnd nutzbaren Lebens sich gebrauchten / hatten doch darneben andere Vermögen / vnnd deßwegen viel vorneme Correspondentien, waren auch jhren herkommen nach so Edel / als den Personen nach / Tugentreich / vnnd machte die durchgehende Passagie diese Leute desto höfflicher / gastfreyer vnd dienstwilliger / vnter diesen ware ein alter tapfferer Schäffer Cantandro genannt / von guten Tugenden / Erbarn geruhigen Lebens / welches er mit vielen Correspondentien, auch erzehlter massen höfflich / gastfrey vnnd dienstwillig sich befleissende zubrachte / darbey er nicht allein von guter fama vnd gericht / sondern auch also daß er allen andern in selbiger Landschafft vor- vnnd zu deß gemeinen Wesens Nutzen Rath vnnd dessen Ehrenstande auch zu den Geistlichen Emptern gezogen vnd gebraucht wurde / dieser hatte mit seiner lieben alten Gemandalea welche vornemen vnn geistlichen Geschlechts ware / vnnd er Wittibenweiß geheyratet / eine einige Tochter gezeuget Perelina genannt / deren man billich den hohen Titul einer der schönste Creaturen zulegen darff / diese wunder Schönheit vnvermeldet zu lassen ist vnbillich / dieselbe aber nach Gebür vnnd Beschaffenheit zu beschreiben vnmüglich / vnnd endlich besser davon zu schweigen als wenig vnd vnvollkommen Werck zu gedencken.

An deme ists / daß sie deßwegen billich deß Cupidinis zumal nach verlohrnen seinen geflügel / leibliche Schwester zu nennen were / dann sie inn jhren Kinder Jahren nebenst der vnvergleichlichen Schönheit vnd Gestalt eine sonderbare anmuthige stille vnd höffliche Frömmigkeit hat hervor scheinen lassen / also / daß auch bey jhren vnd deren Nachbarlichen Kinderfesten sie jhrer Tugend halben selbiger Zeit vor die Königin gewehlt vnd geehret / bey jhrer Kinderzucht aber daran die Eltern wie billich durch die Schulen vnd andere Mittel allen Elterlichen fleiß gethan / von hohen StandsPersonen allbereit vnglaublich geliebet / vnd deren hohen Stato gemäß zum Zeichen der Zuneigung vnnd Ehre beschencket worden / darbey vnmüglich zu verschweigen / daß dieses Kind von hochgedachter Person vor Liebe etlichmal vff dero allerholdseeligste den lebhafften Morgenrößlein enliche Wanglein vnd Mündlein in gegenwart vielen vnd vornehmen Volcks vngeschewet geküsset / vnd in diesem jene Italianischen vornehmen annoch lebenden Fürsten gleich gehen wollen / dessen verliebte Historia anderwärts zu lesen: Vngedacht wie ferner hie herauß dieses erfolgt / das man wol fragen dörffen / obs Natur- vnd müglich / das die Natur dieser Länder solche Creaturen tragen / oder von dergleichen Vatter wie der jhrige (welcher doch ein tapfferer EhrenMann) solche Kinder gezeuget werden könnten / mehrern Vmbstände zu verschweigen der Feder gebietende: Bey wachsenden jhren Jahren vnd annahenden Mannbarn Alter / befande sie sich subtiler Mittelmässiger Statur / wormit deren Gesicht vnd alle Lineamenta Proportionabell vnd nicht Natürlich sondern über Natürlich Concordirten fallenden schneeweiß war dero Stirn vnd Wanglein / die Bäcklein der süssesten ApffelFrucht zu vergleichen / so wegen Subtilheit / Diametralischer runte / droblebenden Rosinfarbe / als auch wegen von jhr gebenden gantz verzucktmachenden süssen Lieblichkeit vnnd lieblichen Süssigkeit / von welcher geniessung vnser Schäfer mit Warheit reden kan / weil er selbige / aber Ach vnd Leider zu seinem Todte / genossen / daß lebhaffte Mündelein gab eine gleichsam stätwärend lächlende Freundlichkeit von sich / vnn doch sahen darbey die schwartzen Augelein / worüber ich mich offters verwundert / gegen die andern Lineamenten etwas groß / Heroisch vnd ernstlich / welche auß einander scheinende Physiognomia ein solche Anmuth machte / die vnbegreiff- noch vnbeschreiblich / ein jedweder vernünfftiger der jemals nur ein schönes Bild gesehen / ob er gleich nie verliebet gewesen / kan es doch selbst inn etwas erachten / vnd woferrne denen lehren welche die Gelehrten so Physiognomici genennet nachgangen werden will / ist vnschwer zu ermessen / was auß diesem so wol Proportionirten vnd freundlichen als auch Heroischen Gesichte vor ein Gemüt vnd Hertz den Leibes zu Judiciren vnd urtheilen were / jhre Liechtfarben Haare liese sie zum öfftern vngebunden vmb das Haupt fliegen / worinne vnsern Schäfer dasGlück zu zeiten ein wenig zu spielen zu liese / welches obs zwar geschahe als were es von vngefehr / dannoch desto grössere Anmuthigkeit vnd ein kleineres Gesichtlein vervrsachte / wann sie aber mit einen Kräntzlein vnd zu zeiten mit schwartz vnd weißgewürckten Bändern sich zierete / verdunckelte sie bey Gottesdiensten vnd andern Zusammenkünfften aller Anwesenden vnd deren Gespiellinen Angesichter / jhre Brüstlein schienen den Auglein zu compariren, vnd etwas groß vnn rund / solches aber war nicht von vngefehr / sondern gabe neben dero langlichten auffgericht tragenden Schwanen Hälßlein / desto schönere vnn authoritätische Præsentz, von deren Gestalt ich weiter zu reden nicht vermag / dann vnser Schäfer weiter nicht gedacht / als wohin es Jungfräwliche gebür vnd vnverfälschte Liebe veranlasset / jedoch gabe im conversiren vnd gegenwart der helleuchtende schein durch die biß an den Halß aufgezogene selber Landen Schäferischen Tracht gemäse klare Leinengewand so viel / daß sie weisser als der Alabaster seyn müsten / Allein die Farb dero Händ- vnd Armlein waren verenderlich / zu Zeiten blaß / zu Zeiten von der Sonnen biß an die Elnbogen verbrandt so weit sie bloß darmit zu gehen pflegte / vnd nach dem es die Haußarbeit worinne sie embsig vnd fleissig auch zu zeiten auß den Kuchen schwartz vnd berust zu seyn mit sich brachte.

Vnfern von dieser Schäferwohnung bey zweyen Musquetenschüssen abwarts deß Flusses Zuore welcher in die Lositze fällt / endlich vorbenambten Fluß Lasalee incorporirt wird / vnd die so sonderbare Landschafft der Lustigkeit durchziehen hilfft / an einer lustigen frischen Awen / war wider eine aber etwas ansehenlichere wolerbawete Schäferwohnung mit Zugehörung gelegen / selbige gleich wie sie Außländische EygenthumbsHerren hatte / also wurde sie auch mehrentheils von Außländischen bewohnt / bestellet / vnn daselbst sich der Tugend der Gastfreyheit sonderbar gegen die Reisenden Personen zwar vor diser mehr als jetziger Zeit wegen ruinirten Zustandes gebrauchet / vff selbiger enthielte sich vff eine Zeit ein junger außländischer Schäfer / so wegen seines darbeyhabenden Interesse, als daß er in der nähe an zweyen Orten mehr Güter hatte / vff welchen er sich der Kriegerischen Vnruh halben sicher nicht enthalten kondte / dieser hatte von Kindesbeinen auff in der Frembde / vnd fast gantz nichts bey seinen Eltern vnd Befreunden sich enthalten / darbey etwas in Sprachen vnd freyen Künsten erfahren vnd studiret / viel Lande durchreiset / fast alle Exercitia beliebt / auch in deß Mavortis KriegsSchule / weil solche in seinem Vatterlande lange Jahr in vollem schwang gegangen / sich fleissig gebrauchen lassen / vnd nicht der letzte noch geringste darinnen seyn wollen / dannenhero jhme viel in der Perybologia vnd Geometria ist bekandt worden. Solche Erfahrenheit vnd Wissenschafft / vnn daß er viel Majestätische Höfe bedient vnd practiciret, schärffte nun nicht wenig sein / ohne dem von Natur habend hohes / Heroisches vnd Hertzhafftes Gemüth / darbey er sich doch aller aufirichtigen Realität / löblicher Tugend / vnd gegen jederman / so jhm redlich vnter Augen gienge / Freundlich- vnd Demütigkeit befliesse / ware sonst Adelichen Geschlechts / jungen Mannbaren Alters / länglichter vnd gesunder Statur, allein daß er der Melancholischen Einsamkeit zu Zeiten zugethan schiene / welche aber / ob sie von Natur oder angelegenheit seiner Vorhaben / oder von verliebter Eigenschafft herrühren / in Zweiffel gezogen werden / dannenhero er denen hierauß vnd auß andern Kriegsbelohnenden Verwundungen rührenden Zufällen vnterworffen / Er ward genennet Leoriander.

Wie nun dergleichen Qualificirte Gemüter den Newerungen vnd Rariteten ergeben / vnd in dem bey aller Welt sich bekannt vnn beliebt zumachen nit das wenigste ist die Auffwartung deß Edlen Frawenzimmers / in erwägender Betrachtung von selbigen empfangender Gutthaten wegen die Natur vns darzu verbindet / so vnsers herkommens vnnd erziehens / so der eingepflantzten Patia vnd Vereinigungen / so der darauß entspringenden Nutzbarkeiten halben / sintemal die tägliche Erfahrung vns lehret / wieviel gutes solches Geschlecht vnter vns vnd den gantzen Mannlichen Stammen würcket / vnd die beste Policey in allen Ständten mit sonderbahrer Anmuthigen Sanfftmütigkeit ohne Betrohung einiger Straffe die doch da solche übertretten / schwerlich empfunden wird / vnnd nach den Hertzentrit / stifftet / denn man stell sich zum all einigen Exempel vor Augen einen oder andern Martialistischen Humoristen welches Tyranney so tieff in seinem Gemüte als die Grausamkeit auß seinem Gesicht vnd Physiognomi scheinet / welche weder durch die Natur noch gute Policey / noch LandesObrigkeit gezwungen auch durch das scharffe Kriegsrecht welches nicht zweymal sündigen lassen will / noch durch die severitet vnnd schärffe deren Officieri kan noch mag geändert oder gemässigt werden / ja auch solche Gemüter welche die Götter selbst nicht mürbe wie man Sprichworts weisse redet / oder züchtig vnnd fromb durch Verhängung vieler vnglücklichen Zufälle machen können / dieselbigen sage ich so bald sie Cupidinis bediente werden / lernen sie sich nach solches jhres Generals Humor gar leichtlich reguliren deß Martis aber hindansetzen / welchs alleinig von Penetrirender Bewegung der geliebten Person in allem müglichst zugefallen herrühret / Exempla dessen werden nicht ermangeln / oder dieses Orts desiderirt, Sintemal einige Person in der gantzen Welt nicht seyn wird / die sey so gering als sie jmmer wolle / auch vnter Taglohnenden vnd Bettlerischen Zünfften / welche darinne nicht Beyfall wird geben oder es an jhr selbst erfahren zu haben nit wird bezeugen müssen / solches aber wird geredet von Adelichen / Ehrlich- vnd Ehrliebenden Frawenzimmer nicht andern verdächtigen offentlich gemeinen SchandWeibern verstanden / welche ohne zweiffel manchen humoristischen Mann zur Desperirenden Verzweifflung fördern / wie es dißfalls abermals an leidigen Exempeln nicht ermangelt.

Also hatte solches auch vnsern benambten Schäfer Leoriandro betretten / dann darvor gehalten wird / daß wann er nicht von Jugend auff bey Frawenzimmer vnd denenselben bedienet zu sein aufferzogen worden / er nimmermehr zu solchen zwar vnvollkommenen Perfectionen vieler Heroischen Tugenden vnd Erfahrungen gekommen were / darzu jhme die Außländische Peregrinationes sonderbahre Gutthaten gethan / sich auch annoch was zu vffnehmung seiner Tugend vnd Ehre gereichet vnd darzu die wenigste Anleitung gibt befleissiget / in deme nun hatte er bey seiner zwar seltenen vnd wenig tawrenten Anwesenheit vff vorbenambter Schäferey viel Liebes vnd Lobes von vnser Jungen Schäfer Tochter Perelinen vnd deren sonderbahren Schönheit mit Anverleibten Tugenden Frömmigkeit vnd Sitzsamkeit sich vorbringen lassen / welches auch vmb soviel mehr Rumorirte, weil hohe StandsPersonen sich jhrer Schönheit also wie angeregt angenommen / dannenhero jederman vmb dero Gelegenheit wissen wollen / gleichmässige Begierdte bekam vnser Schäfer sie nur einsmals zusehen / aber das Glück war jhm so widerig / daß nicht allein geraume Zeit sondern mehr als Jahr vnd Tag hingiengen ehe er sie zu sehen bekommen konnte / worzu zwar seine offtere Abwesenheit etwas mit Vrsach / vnter deß er dannoch eine sonderbar affectionirte Freundschafft vff sie geworffen / vnd in seinem Gemüth befunden / Sintemal er vor vnmüglich hielte / daß etwas Arges darhinder seyn köndte / nach langverflossener Zeit vnnd großgehabter Gedult / wird er bey dem Gottesdienst einer schönen Dama gewar / sihet darbey etlich jhm von jhr durch andere beschriebene Eigenschafften / so weit er an solchem heiligen Orte vnd vor der Anzahl deß Volcks vnnd ferne es erkennen kondte / schöpffte darbey die Gedancken / daß die es seyn würde / nach welcher er so hertzlich gewündschet / so die vnvergleichliche Schönheit vnd sein gerührtes Hertz jhme vergewissern wolte / wurde aber nach geendeten Ceremonien in der Nachfrage dessen gäntzlich versichert / vnd alles Zweiffels benommen.

Solch einiges Anschawen hatte bey dem Schäfer dergleichen jämmerliche Bewegungen verursachet / daß er alsbald bey sich bedacht / wie ers dann bald darauff an Tag geben / würde er dieser Dama nicht vffwarten / so handelte er wider die natürliche Schuldigkeit / wider die Gebür / vnd wider seine jederzeit im Sinn tragende Tugend / dannenhero beschlossen / keine Gelegenheit vorbey gehen zu lassen / Ihr seine Schuldigkeit vnd Gebür zu erweissen / keine andere Gelegenheit aber ware zu überkommen Sie zu sehen / vnd dardurch sein Liebes Leiden in etwas zu stillen / als deß Gottesdiensts desto fleissiger als sonst nicht geschahe abzuwarten / daß doch so übel geriethe / daß auch die wenigste mal beyde Personen zugleich gegenwärtig waren / andere Gelegenheiten blieben jhme gantz abgeschnidten / da er doch auff viel hunderterley Manier vnd Wege es versuchte / gleichwol dabey die stille Behutsamkeit beliebte / damit er seiner Liebsten dardurch ja keine Beschwerung machen / vnd durch Importunität mehr Vngnad als Gnade verdienen / zuvor auch gerne / ob sie in jemand anders verliebt / dann es an Auffwartern nicht ermangelte / erfahren / auch da er übel anlauffen solte / durch das gemeine ohne dem selbiger Orten sehr vngezäumbte Volck nicht zu Schimpff vnd Hohn / zumal als ein Außländer / gerahten möchte / es hat auch der gute Schäfer aller dieser Vorsichtigkeit vnd deren noch mehr wol bedürfft / wie nachgehends zu vernehmen seyn wird / Er verbrachte hierüber geraume Zeit seines Lebens / in grosser Gedult / enthielte sich mit hindansetzung anderer seiner Wolfahrt an diesem Orte länger als er sonst gethan / jmmer einsam / vnd erwartete glücklicher Gelegenheit / darzu mehr Vrsach ware / daß die Schäferin fast niemals auß / oder auffs Feld kame / Sondern vnter dem Schutz jhrer Eltern stätig zu Hause seyn pflegte / so der Schäfer vor eine sonderbahre Jungfräwliche Tugend vnd Zucht der Stille vnd Sitsamkeit jhr beymaß vnnd zulegte / Von dieser Zeit fieng er an Ihr fleissig auffzuwarten / vnd bey Tag vnd Nacht Mittel zu suchen seine Liebe Ihr inn etwas zu entdecken / darbey / weil er sich vnd diese gantze Sache einigen Menschen zu vertrawen / sonderbares Bedencken truge / Ihr vnd der Ihrigen Zustand / Haußhaltung / vnd ob etwas verdächtiges mit vnterlauffen wolte / zu erkundigen wenig Mittel hatte / einsmals begab sichs / daß Sie jhm auff offentlicher Strassen gantz vnversehens auffstiesse / woselbst er Ihr nebenst angethaner gebürenden Riuerenza vnnd hertzlichen Gruß / mit wenig zerstümmelten Worten / welche er über sehr vrplötzlich empfangene Frewd vnd Schrecken zusam bringen kondte / im fortgehen seine Lieb vnd Trew auch darob habendes schmertzliches von Tag zu Tag zunehmendes Leiden entdeckte / Welches Sie mit anders nichts / als einem Danckgrusse vnd entfärbten von auffgetrettener Schamhafftigkeit herrührende Angesicht beantwortete. Der Schäfer hierab gute Hoffnung / befleissigte sich der Auffwartung solcher Schäferin mehr als vorhin / darzu das in jhm wachsende LiebesFewer stätige Anregung thäte / kein Tag vnnd keine Nacht kondte vergehen / da er Ihr zu gefallen nicht vielmal gienge / vnd wann er Sie nicht sahe / wie dann gantz selten geschahe / er sich contentirte Ihre Wohnung zu ersehen / vnd seine verliebte Gedancken darbey zu haben / Lächerlich were es / wanns nicht von Lieben herrührete / daß der Schäfer zu letzt erzehlte / wie er offters deß Tages zu oberst seiner Wohnung / welche zimlich hoch / auch in den nächst daran stossenden Garten / der an einer Leiten gelegen / zu höchst auff die Bäume gestiegen / vnd sich gesetzt / dardurch er Ihrer Wohnung gewar werden / vnd sich in etwas beruhigen mögen / was hierbey der getrewe Liebhaber vor jnnerliches nagend vnd verzehrend Leiden gehabt haben muß / kan ein jeder Mensch / zumal welcher nur was wenigs in dergleichen Hospital gelegen / vnschwer in meisten ermessen / darvon diß Orts besser zu schweigen / als wenig Vnvollkommenheit zu gedencken / räthlich seyn will.

Diesen veränderlichen Zustand nun deß Schäfers ware vnmüglich inn die länge verborgen zu halten / daß es in gemein nit gemerckt oder ruchtbar werden solte / dann die gar zu viele seiner Gewonheit sonst zu wider gepflogene Gemeinschafft der geringern Leute vnd heimbsuchung derselben die Anwesenheit auff den Wochenmarckten / die in Zeiten inn gemeiner Gesellschafft besuchende Wirthshäuser / die darbey vnd sonst verübende Spiel vnd Kurtzweil / die lang aneinander wärende Anwesenheit alda mit hindansetzung wichtiger seiner Verrichtung vnd dergleichen mehr Begebenheiten / welche seinem vorigen Stilo zuwider lieffen / gabe Nachdencken vnd Abmerckung dessen gnug / vnd ohne dem jederman selbiges Ortes ein genawes sonderbahres Auffsehen auff vnsern Schäfer vnd sein Thun / welches jhm zwar nicht zu entgegen / vnd er deßwegen wol den edlen Römischen Drusii durchlochrichtet vnd allenthalben offenes Hauß oder eines dergleichen jhme wüntschen möchte / sein Thun vnd Vorhaben jederman sehen zu lassen / jedoch wolte er die dinge welche Herrndienste vnnd andere Wichtigkeiten betreffen auch welche Ergernuß oder den Mordbüssigen Momi üblen deutung vnterworffen würde / oder worauß was gefährliches vnnd verfängliches entstehen könnte / gerne heimblich gehalten haben / diese action nun verdruckte / läugnete / entäuserte er sich vffs allermüglichste vnd solches vieler Vrsachen halben / darunter nicht die wenigste / daß er die geringste gewogenheit der Schäferin gegen jhme nicht spüren konnte / vnd in befahrung stunde er auff einen Schimpff lauffen möchte / aber die so vnterschiedliche Corrivales vnd Mithuler hatten so genaw achtung drauff / daß er vnter den gemeinen Mann rumorirte, dannenhero nicht wol müglich war es zu hinterziehen / hierauff vnd weil solche jhre anderweite Auffwarter auch vornehme Leute / theils mit Verwandschafft jhr / noch mehr jhren Eltern zugethan / derselben nahe vnnd an der Seiten wohnhafft gesessen / so täglichen ja stündlichen früh vnnd spatten freyen Ab- vnd Zugang / dannenhero jhr vnnd jhren Eltern durch anreitzung deß Eyfergeists er der Schäfer möchte verkleinert verschimpfft vnnd verhast gemacht zu werden nichts erwünden lassen würden / vnschwer erachtete / Resolvirte sich der Schäfer annoch durch stumme Dienste vnd durch solche Mittel als die andern nicht konnten bey der Dama sich beliebt zu machen / vnd dermal eines das zu Exerciren was bey jüngern Jahren er Experimentirt, welches jhme die andern so wegen Vnwissenheit als mangel der Spesen nachzuthun vnterlassen musten / dardurch sich an solchen Corrivalen vnd jhrer momischen verübungen / jedoch auffs vnvermerckteste zu rächen vnd sich beliebt zu machen / Fieng derwegen allerhand offentliche Exercitia an / mit Reitten / Fechten / Tantzen / Schiessen / Fannenschwingen / Picq werffen / ja auch seine Tapfferkeit durch offentliche scharffe Duell zu erweisen / vnter andern ein Costbar mit eygner Hand verfertigt Peribologisch FewerwerckSpieln / dardurch seine Gegenpart / doch vnvermerckt blöd zu machen / andere Exercitia, worunter der Ballon vnd Ball mit der Racquett blieben jhme wegen mangelnder Gesellschafft vnn Gelegenheit verbotten / darbey übte er sich in freyen Künsten / suchte seine Studenticosische Bücher wider mit zur Hand / fieng an sich auff der lange Jahr an der Wand gehängten Lauten wider zu üben / hielt vnterschiedliche Panquet vnd Conversationes, Exercirte sich darbey in Trinciren, trug sich Politt vnd Nett / hielte sich vntadelichen Politischen Wandels vnd Lebens an seiner Person / gesinde vnd Hofhaltung / vnd in Summa / er thäte alles das / was einem Cavalier wol anstehet / vnd deme zur Vollkommenheit fördern vnd bey aller Welt beliebt machen solte / Hiemit verhofft er einen guten Grund zu legen / vnd andern vorzukommen / Solche Einbildung wirckte so viel / daß er dardurch vnn durch seine darbey leidende passiones sich persuadirte, seine obtragende action auff ein andere Manier zu tractiren anzugehen / nemlich der Dama sich offentlich zu ergeben / sein schweres Anligen Ihr zu entdecken / vor Ihren getrewesten Knecht sich bestellen zu lassen / vnd der hülfflichen darreichung zu gewarten / jhrer Eltern vnd nächster Anverwandten / Freundschafft vnd Huld auffs fleissigste zu ersuchen / nach möglichkeit bedient seyn / vnd also einen deß Schäfers Natur gantz widerwärtigen Weg anzugehen: Wie er sichs vorgenommen / so setzt er es vnverzüglichen / jedoch mit etwas vorsorglicher Bescheidenheit / weil es einer vermessenen Thumbkünheit sehr ehnlich / vnn der erfolgente Außgang gantz vngewiß / ins Werck / aber leider wolgemeynt / vnd übel gerahten / Dann nicht allein keine audienza vorhanden / sondern auch das / so der Schäfer zu Lieb zu thun vermeynete / ward alles in einen bittern Haß / vnd vielmehr zur Verstoß: als Auffnehmung / vnd tödtlichen Neidt bey der Dama gewendet vnd gedeutet / da sie sich noch vorhin zu Zeiten sehen lassen / vnd freundlich gestellet / da ward jetzo anders nichts als ein vnfreundlich Gemüth / verspüret auch / daß Sie sich / so viel jmmer müglich / vor dem Schäfer verborgen hielte / ja er hatte noch Zeit seiner gäntzlichen Lebetage nit zehen Worte insgesampt mit Ihr geredet / darbey aller Behutsamkeit also sich befliessen / daß Sie mit recht über jhn nicht zu klagen gehabt hätte / wanns nicht jhre vest gefasste Resolution jhme zuwider vnd feind zu seyn / verursacht / mit was für Andacht er Ihr dienete / vnd wie er Ihr vnd allen den Ihrigen dienstlich vnd gefallen zu seyn / sich bearbeitete / ist nicht zu beschreiben / den hierob empfindenten Schmertzen eines getrewen Gemüts / zumal solcher Condition, wie die seinige / ist bey jedermänniglich leicht zu ermessen.

Solche widerwertige Anstosse achtete er seiner Ehren sehr nachtheilig / bey Jederman verächtlich vnd in Warheit empfindlicher als den Todt / jhm vervrsachts tausendfältige Gedancken vnd Vrsachen vnter andern / ob sie von jhm vnwissend beleidigt / seine Qualitäten vnd Person jhr zu verächtlich / ob sie von andern zu sehr eingenommen vnd demselben zu innbrünstig Liebe / ob sie vor jhren Eltern vnnd damals an der Seiten gesessenen Verwandten sich nichts mercken lassen dörffte / ob sie vor jhme sich schewete / oder es von andern Corrivaln also künstlich angestellet vnd diese Com&brkbar;dia oder vielmehr Trag&brkbar;dia mit dem Armen verliebten so wol gespielet würde / mit was vor Bestörtzung Hertzens Angst vnnd Trawrigkeit er umbfangen / hat der betrübte Außgang erwiesen / denn er in solche Schwermütigkeit drüber geriethe / daß er zum öfftern sich resolvirte mit gewapneter Hand hinzu lauffen vnd mit gewalt die Vrsach seiner Verstossung zu erfahren / bald vermaß er sich bey Verlust seines Lebens solchen Schimpff zu vindiciren vnd zu rechnen / deßwegen durch seine eygene Hand die verhinderer vnd die vnzeitigen Corrivaln vnd Mitbuler ingesampt auß den weg zu räumen / bald darauff gerieth er in eine schwere Kranckheit / die dazu gebrauchten Medici / Apothecker vnd Feldscherer erkandten bey Anwendung jhres fleisses / vnd das jhnen von seinen bedienten was darvon gesagt / oder sie sonst von dem gemeinen Mann wissend worden / gar bald von was vor Melancholi solcher Zufall käme / vnd in dem sie sich sehr befleissigten den Patienten zur Gesundheit zu restituiren, erachteten sie das vornembste Mittel zu seyn / die Wurtzel solcher tragenden gefährlichen Frucht entweder gantz zu Extirpiren vnd auszurotten / oder doch also zu behawen vnd zu verstocken / daß sie so leichtlich keine Begrünung geschweigende so tödtliche Frucht überkommen vnd tragen könne / solches nun ins Werck zu setzen / adplicirten sie den sehr Krancken Patienten dienliche vnnd köstliche Medicamenta, weil aber das vornembste vnter solchen ware / der Melancholischen Gedancken zumal wegen seiner liebsten sich zu entschlagen / könnte noch wolte er sich darein gantz nicht finden / vielweniger darzu auch mit auffsetzung seines Lebenslauffs verstehen oder drein willigen. Indessen kamen viel seiner Bekannten vnnd Benachtbarten jhm heimbzusuchen / welche alle jhr Gutduncken wie zu geschehen pflegt einer diesen der andere einen andern Rath vnnd jeder fast absonderlich jhme adhibirten, die doch alle dahin zielten / mit fassung eines frischen Hertzens vnd Hervorsuchung jederzeit getragenen Heroischen Gemüts die Weibliche vnd doch verzweifflente Kleinmütigkeit hindanzusetzen / ob jhm nun wol diesen Zweck zu ergreiffen vnmüglich dauchte / vnnd er lieber in verliebter Trew sterben / als in verächtlicher Schandbarkeit (wie er darvor hielte) leben solle / so giengen jhme doch tieff zu Hertzen die Reden so er über seine Liebste von fast jederman außgiesend wider seinen willen hören muste / ob er wol die anwesenden betrohete es eingestellet zu lassen / mit Anzeigung sie es dadurch nicht besser sondern nur ärger bey jhme vnnd mehrer Nachdencken was darunter müglich vnd nit were verursacht machten / so behielt er doch wie kranckes vnd schwaches Sinnes er auch war meiste bey sich vnnd zohe alles inn scharpffes Nachdencken / er wuste hernach noch dieses zu erzehlen / welcher gestalt einer geringern Geschlechts vorgeben / daß sie die geliebte Schäferin so heimblich sie sich stellete / auch eben so heimbdückisch were / vnd wie der Schäfer selbst sehe würde sie von vielen Jungengesellen bedienet / vnd das von Jugend auff / da sie noch schöner gewesen / als sie jetzt ist / dannenhero auch der Löffeley desto besser gewohnt were vnd selbige zu verbergen wüste.

Der andere dorffte vorgeben / es were die Löffeley jhre Art vnd sonder zweiffel von den jhrigen vnd jhren verstorbenen Stieffschwestern jhr angeerbet / dann sie gleich wie dieselbigen der Löffeley ergeben / vor diesen hätten sie wackere Jungegesellen zu jhren Knechten vnnd Dienstbotten gehabt / welche in guten Credit gestanden / vor allen dinger weren den Martis Gesellen oder Soldaten sie vnnd die jhrigen hochgeneigt / wer wissen solte was bey hoher Personen Anwesenheit / daß durch jhre bediente vorgangen der würde viel zu sagen haben / nach dem hätten andere Soldaten es zu vnterschiedlichen malen vnd bey jhrer langen Anwesenheit nicht schlimmer gehabt.

Der dritte wuste zu erzehlen / welcher gestalt bey zu gar kostbarer Gastfreyheit viel Nachdenckens gebe / dann es darbey nicht allemal so ordentlich zugienge / als es sonst wol das Ansehen / weil zumal jhr Beruff gar nicht were Wirthschafft zutreiben / dann da nehme bey erhitzten Leibe der Trunck den Kopff bald ein / hernach legen den Eltern / Tochter vnnd Frembde / auch wol schalckhafftige arge Leute in einer Kammer vnverschlossen / bey solchen vnd andern Wirtschafften vnnd Bierschencken gieng es vppig vnd leichtfertig her / das auch wol andere Gemüter könnten verführet werden / es hiese Gelegenheit machet Diebe / vnd wer bald was erschnapt vnd ertapt auch darüber verschertzt vnnd verlohren / welches leichtlich nicht wider zu bringen.

Der vierdte wuste zu erzehlen was vor Liebhaber da gewesen so Außländische als Einheimische / darunter etliche zumal der Einheimischen er vor sehr verdächtig hielte jetzo eben weren deren noch / mehr nicht als vier Einheimische verhanden / alles vornehme Gelehrte vnd Druiden Geschlechts / welche sich selbiger Lands Art nach zu verheyrathen pflegen.

Fünfftens fanden sich zwey Cameraden welche sich sonst viel bey den jetzo krancken Schäfer enthielten / vielmehr aber kurtzweil vertreibenter Zeit vnd Schalckheit als anderer Gemeinschafft halben / die gebrauten sich jhrer mehr / als sonsten gewönlicher Freyheit / wolten dem Krancken also zusprechen: Was nehmet jhr doch dieses dings euch so ängstiglich an / es were gnug wann sie dessen würdig / vnd sonst keine schöne WeibsPerson in der Welt were / geschweigende sonst schöne Jungfrawen / dann was andern an Schönheit vnd Freundligkeit mangelt (so jhr euch doch grosser Freundligkeit diß Orts noch nit zu rühmen) das ersetzt bey selbigen Ihre Jungfräwliche Ehre vor fünft Jahren allbereit waren wir mit Ihr auff einer Hochzeit / damals war Sie lustiger vnd freundlicher gegen Andere / als Sie jetzt gegen euch / wir kamen einmals in Ihre Kammer / da lag Sie nackend im Betthe / wir legten vns zu Ihr / einer hinder- der Ander vorwarts / vnd sagten darbey noch mehr / welches der Feder mit wissendlichem Stillschweigen zu übergehen anbefohlen bleibt.

Hierauff entrüstete sich der Schäfer über diese zween / inner- vnnd äusserlich so hefftig / daß / wie er es gegen die andern soviel müglich vnvermerckt vnnd jhme vnangehend ja der Schäferin vnd jhme groß vnrecht darbey anthuende entschuldiget / dannoch über diese beyde so erzürnet wurde / daß er lieber zum Rapier gegrieffen vnd sie damit beantwortet / dafern es die Lagerhaffte grosse Mattigkeit zulassen können / er erhobe sich dannoch in Betth / voller Zorn sagende: Wolten die Götter ich solte euch ewern mir jetzt leistenten Dienst belohnen / er solte dessen Werth gemäß seyn / jhr schandbaren Lästermäuler / welche euren ärgerlichen verfluchten Lebenswandel gemäß vnd jhr dardurch ewre verdamliche Nahrung suchet / dann thut jhr das an solchen vnbescholtenen züchtigen EhrenLeuten was wolt jhr mir oder andern WeltKindern thun / ich wolte lieber deß Todtes seyn als daß die Schäferin solches jetzo erfahren solte / ob sie mich gleich gantz nichts als ins gemein alles Frawenzimmer angehet / von welchen ich solches in gemein reden zu hören nimmermehr erleiden kan / ja wanns auch schon were / das doch nicht seyn kan / so soltet jhr es nicht sagen / zumal meines Orts der jhr durch solche Vnbillichkeit meinen Schmertzen vermehret / weiß auch nicht was euch vor Noth oder Liebe angehet / mir solches bey meiner Heimbsuchung vor zu sagen / inn Warheit ich sehe darauß daß jhr Lust meine Beschwerungen zu vermehren / nit aber mich zu beruhigen / vor Mattigkeit vnnd Zorn gab er zu verstehen daß er nicht mehr reden konnte wie er wol gewolt / kehrete derhalben das Gesicht von jhnen / darauff entschlossen sie sich darvon zu gehen vnnd bey wüntschung guter Gesundheit sagten sie doch halb hohnlächlend darbey / sie verhofften der Zeit noch wol zu erleben / daß an Tag kommen würde sie die Warheit gesagt hätten / vnd jhnen diese üble Anlassung vom Schäfer wider abgebeten werden würde.

Der Krancke sich allein sehende / nam alles tieff vnd wol zu Hertzen / was vnterschiedliche seine Bekandte jhm vorgebracht / mit Erinnerung / was sonst vorgelauffen seyn möchte / das sie nicht wusten / auch andere Leute Wissenschafft hätten / die mit jhme nicht bekandt wären / resolvirte sich darbey / den Sachen besser nachzukundschafften / darzu aber müste ein Muth geschöpfft werden / wordurch die Gesundheit sich bald finden würde / denn gedachte er / verhält sichs also / wie vornehme Leute darvon reden / vnd ich will mich nicht warnen lassen / so wird der Schimpff grösser seyn / als der Schaden / wann er auch gleich mein Leben betreffe / Bald fiel jhm wider ein die Physiognomi, darauß man viel zu judiciren pflegte / vnd dann die Sitsamkeit der Dama, sagte gantz ein anders / das vnmüglich waar zu seyn were / was jhme zu Ohren gebracht worden / Er wolte derowegen Sie standhafftig lieben / vnd hoffte mit der Zeit vnd Gedult gewisser / jedoch ehrlicher vnd Jungfräwlicher reciprocirlichen GegenLiebe / daß Sie sich bißhero nicht darzu bequemen wollen / kan sonder zweiffel seyn / daß Sie jhre Tugend so hoch halte / als ich die meinige / vnd diß falls jhre haltende Reputation observirt, doch fiel jhm darbey im weitern Nachdencken / wider ein / daß bey Ihr nicht die hochhaltung jhrer Tugend vnd Reputation allein Vrsach seiner Verachtung / sondern daß vielmehr ein heimlicher Haß vnd jnnerliche Feindschafft / welche sich blicken liesse / da seyn müste / abnemende / daß sie gantz keine freundliche Ader / geschweigende Anblick erscheinen liesse / sich auch jederzeit vor jhm verbörge / oder aber / da er Sie schon bey dero schönen Hand hielte / dennoch sich loß machte / vnd darvon lieffe / worbey jhme dann einfiele / daß es nichts Newes noch vngehörtes / daß schöne Adeliche Damas von Praven Tugendhafften Cavalliern jnnbrünstig geliebet / auch wol theils zu dem Sacrament der Ehe zu gelangen / ersucht andere geraume Zeit in solchem Stande mit jhrem Cavalier gelebet / dennoch sich resolviret, solche zu deseriren, vnd an andere Vnadeliche übelconditionirte Personen / ja wol Bucklichte Krüppel sich zu hencken / vnd mit denselben / hindangesetzt Ehelicher Pflicht / in vnbekandte Fremmde zu begeben / Also es die Parangonirliche Gleichheit diß Ort zu geben / fast nicht vnehnlich scheinen wolte: Mit solchen vnd andern vielen Gedancken wurde der Schäfer hin vnd wider getrieben / geängstigt vnd zweiffelhafftig gemacht / keinen Schlüssel findente / denn einstheils war seine affection so tieff vnn vest gegründet / daß vnmüglich von einigen der hefftigsten stürmenden Westwinden solchen Baw im wenigsten zu bewegen / geschweigende vmbzustossen / Anders theils kam jhm doch vor die hohe Verachtung / so bey Jedermänniglich von so vergeblicher Auffwartung vnd hohnhafftigen hindansetzung er darvon tragen würde / welches / so seiner Ehre als seinem Gemüthe zu nahe getretten / vnnd dannenhero beschwerlich seyn wolte / In deme so kam eine WeibsPerson den Schäfer zu besuchen / welche / weil sie jhm bekandt vnd bedient war / er bald vor sich kommen liesse / vnd vnter andern discoursen Vrsachen nahm / nach der Schäferin Zustand in etwas zu fragen / vnd das vmb so viel mehr / jedoch heimlich / weil sie der Schäferin mit Gevatterlicher Freundschafft in etwas verwandt ware / darbey auch vertrawlich / von jhr zu vernehmen / was sie seiner Liebe halben darvon hielte / vnd ob er sich etwas gutes zu versehen? Darauff selbige WeibsPerson zur Antwort gabe: Sie hielte sich nicht viel bey der Schäferin vnd den jhrigen auff / hätte auch niemals etwas vom Schäfer vernehmen können / weder böses noch gutes / das wüste sie wol / daß viel Andere Ihr auffwarteten / vnd solches nicht heimlich / sondern offentlich vnd vngeschewet bey Ihr ab- vnd zugiengen / die müsten sonder zweiffel bessere genügen darbey haben / als ein anderer / sonst würden sie wol darvon bleiben / köndte demnach darvor halten / daß vor den krancken Schäfer schlechte Hoffnung diß Orts übrig seyn würde: Nach Abscheidung dieses Weibs gienge deß Schäfers lamentirliches Zagen vnd Klagen wider an / mit stättigen Seufftzen / ängstigen / Händewinden / vnd endlich diesen Worten: Ich finde / sagte er / das Sprichwort allzuwaar / vnnd zu mal an mir / Daß Kunst nach Brodte / vnd Tugend nach Verachtung gehe / man sehe doch meinen Zustand / vnd Anderer Vntugend an / noch dennoch muß die prævalliern, auch mit auffopfferung meines Lebens liebe ich / da andere die empfangende Gutthaten von der Geliebten Schönheit wol verächtlich mißbrauchen / denn Gelegenheit macht Diebe / vnn gar zuviel Gemeinschaft macht verachtung / Gerahtet nun die so sie bedienen / bey jhnen in verachtung / Ach worein soll ich armer gerahten / in Waarheit werde ich den Spott zum Schaden haben / Nun patienza, bin ich darzu prædestiniret vnd geboren / so kan ich dem Fato nicht widerstehen / noch das herumblauffende GlücksRad in seinem Lauffe auffhalten / Ich habe nun so schöne Zeit vergebens zugebracht / alle meine Wolfahrt darbey mercklich hindansetzende / Wolan / es muß ein Hertz gefast / vnd die Vernunfft mit zu Rath gezogen werden / die wird mir in reifflichen nachsinnen dieses lehren / daß ich der Gedult in meinem Hertzen noch ferner Raum geben / vnd das übrige der Zeit / als Rächerin aller dinge / vnter den getrewen Schutz der Göttin Veneris heimgeben solle / ists also wie mir vorgebracht / beschaffen / das doch aller Vernunfft gantz zuwider laufft / so vermeynen es die Götter noch trewlich vnd gut mit mir / damit dem Sprichwort nach: Der letzte Betrug nicht ärger werde als der Erste / vnd kan sich solches lange Zeit nicht verborgen halten / Es wird außbrechen / dörffte sodann das eben die Artzney seyn mich zu curiren / welches biß anhero die Vrsach meiner hertzlichen Leiden gewesen / Ich will mir so viel müglich Muth machen / vnd die tieffe Considerationes in etwas auff die Seiten schieben / vnd mit der Zeit der Verenderung erwarten / vnter deme dannoch Sie die Schäferin als meine Alleinige Vergnügenheit trewlich lieben / obs gleich ohne einige Vergeltung / ja auch zu meiner Verachtung / welche doch in solchen Fällen nicht statt hat / geschehen / vnn mir zu Eifern Anlaß gegeben werden wolte / Sintemal der Mantel hertzlicher Liebe mit dem Hut der vernünfftigen Bescheidenheit alles bedecken thut.

Alsbald deß andern Morgens nam der Krancke Schäfer was von Cordialischen Stärckungen zu sich / legte seinen Habit an vnd fieng an herumb zu spatzieren / liesse jhm vnterschiedliche Kurtzweil zumal mit Musicalischen Instrumenten anstellen / wordurch er soviel als jmmermügliche Mittel suchte der Melancholischen Gedancken sich zu entschlagen / vnd die tieff in sich vnd in sinn gesenckte Pensieri zuverliehren. Es ware eben vmb die Paschalische Zeit deß Frülings darinne von Tag zu Tag gleich wie der Erdboden inn lebendigwertender Kraft zunimbt / also auch die Natur an jhr selbst mit denen zugeordneten kostbarn Medicamentis desto stärcker würckete vnd dardurch der Schäfer über verhoffen bald restituirt wurde.

Bey solchen ergehen fügten sich deß Gottes Martis verzehrende Kriegsstrahlen abermals von zweyen Partheyen vnsern geliebten Vatterlande vnd gelobten Englischen Provintzen sehr nahe ja leiter also / daß in kurtzen Tagen recht in der Schoß dieser vnser Mutter sassen vnnd dardurch aller derselben Glieder sich anfänglich bemächtigten / hernach auch von denenselben also zu zehren anfiengen daß endlich weder Geblüt inn Adern noch Marck in Beinen bliebe / sondern alles verheert vnd verstört wurde / welches nicht gnugsamm zu beweinen were / wofern darauß nicht noch ein der allergrösten vnwiderbringlichen Vnglücks entsprossen / wie in kurtzen zu vernehmen seyn wird.

Zeitwärender deß Schäfers erzelten vnpaßlichkeit aber hatte sich begeben / daß vnserer Schäferin vornembsten Gespielen eine / zum Sacrament der Ehe einen jungen Druidischen Gesellen ware versprochen worden / die vollziehung dessen auch als die gewöhnliche Junonia Sacra vor der Hande wurde aber von der herein wallenden Martisvnruhe seht Interrumpirt vnd in etwas verzögert / dennoch soviel auch die Inconvenientien immer zulassen wolten darzu geschritten / zu solchen Hochzeitlichen Festtagen wurde neben andern vornehmen Leuten vnser Schäfer vnd seine Schäferin sonderbahr beruffen / solches bedunckte dem Schäfer auch sonderbahre Gelegenheit zu seyn der Schäferin vffzuwarten / nach Gelegenheit seine Liebe jhr eygentlicher als bißhero zu entdecken vnd jhre Intentionirte Gemütsmeynung so gegen jhm als andere heimblich vnd seit halben zu erlernen / auß angezogener Kriegsvnruhe vervrsacht / gieng es bey solcher Celebrirung sehr vnordentlich zu / waren auch darbey anwesend vnterschiedlich Martis Gesellen / welche die Frölichkeit der löblichen Schäfer Gesellschafft nicht vermehrten sondern vielmehr erschreckten / nicht wenige Vrsachere / der Schäfer hielte sich seiner gebräuchlichen Bescheidenheit gemäß er vermochte aber nicht / seine Liebsbegierden also in Zaum zu halten / daß es allerseits anwesenden nicht Nachrichtung gabe / Summa er befliesse sich müglichster Höfflichkeit vnd lieblicher Sitten gegen jhr / darzu er desto bessere Gelegenheit überkam weil er von den Ehelich vereinbaarten Hochzeitleuten andern also vorgezogen worden / daß er die damahlige Jungfraw Braut zum heyligen Hauß vnnd Ort der ablegenden Pflicht auch wider darvon zu führen gewürdigt worden. Dannenhero dem Schäfer vor allen vnnd ersten die so hochgeliebte Schäferin zur Ergetzlichkeit deß Tantzes zugeführt wurde / Ob aber solches von vngefähr oder auf Vorsatz geschahe / wird dahin gestellet / wie dem allen ist die darob empfindliche Vergnügung besser zu erachten als zu beschreiben / vnd hätte er nimmermehr mit dem getrewen Celadon sein genügen verglichen / geschweigendt vertauscht / als derselbige doch nach vielen lebendig todten Vnfallen seiner Geliebtesten Astrea ist theilhafftig worden / Er vnterliesse keine erdenckliche jhme beliebmachende Ehrerbietung / Aber ach die Fata pflegten nach als vor mit jhme als dem GlücksBallen zu spielen / vnn scheinende nun nit mehr alles vergeblich zu seyn / sondern es wolte sich effectuirlich also erweissen / Es ware aber dem Schäfer von der gründlichen Vrsache damals nichts wissend / welches er sieder deme auch offentlich starck beklagt vnn berewet / denn es verhielte sich also / daß ein der Corrivaln auff der Hochzeit vnd sonst allenthalben gegenwertig ware / welchen Sie vor andern allen nit allein sehr lieben / vnn solches mit wissentlichem Consens jhrer Eltern geschehen / sondern auch er vmb Ehelicher Versprechung schon angesucht haben mochte / vnd das vornembste / so ware er deß jetzigen Bräutigams / deme zu Ehren man dienete / leiblicher Bruder / vnd hatten sich diese Zween / wie sie durch Brüderliche Liebe / also auch durch die schönsten Jungfrawen selbiger Landen zu verheyrathen vereinbaret / Hierbey er vor sich Qualitäten gnug / einer schönen Dama auffzuwarten / diß Orts auch den Credit vnd die Gelegenheit vor andern sonderbar hatte / diß alles war dem Schäfer damaliger Zeit gantz verborgen / dann er so Eyfersüchtig niemals gewesen / auch noch nicht ist / daß er vmb freundlicher DiscoursTäntzlen vnd anderer Auffwartungen willen einigen Argwohn zu schöpfen begehrte / sondern vnd im gegentheil weil er solches zu geschehen sahe / machte es jhn desto frecher / daß er dergleichen desto vngescheweter vnd vnbehutsamer angienge dem Sprichwort gemäß: Was einem recht / dem Andern je billich seye / Aber der Außgang hat die Melodia zu erkennen geben / denn in Betrachtung deß Wercks war zu ermässen / daß seine allzufleissige Auffwartung der Damoisella vor eine beschwerliche Belästigung gefallen wolte / vnd ob jhr er sein hertzliches Anliegen mit grosser Andacht vnn Geheim zimmlich vmbschweifflich entdeckte / wurde doch solches mit auff die Seiten gekehrtem Gesichte angenommen / vnd weder halb noch gantz / die Augen auff was anders sonder zweiffel gerichtet / angehört / vnd mit gäntzlichem stillschweigen beantwortet / Was vor Seufftzen dem Schäfer damals nach dem Hertzen fliessen / er sich auch der wässerigen Augenthränen nicht enthalten kondte / vnd noch in allernächster Gegenwart seines Corrivaln, das hat er offt mit Schmertzen geklagt / der Schäfer gebrauchte sich habender Gelegenheit / vermeynte Zeit zu seyn eine Categorische Antwort zu überkommen.

Also hielte er selbigen Abends inständig an / endlich zohe vnd setzte er seine Liebste auff seine Schoß vnd zu erst zwar auß liebe jedoch gantz wider jhren willen / hernach thäte er es fast mit gewalt / darzu jhm der übrige Trunck verführte / daß er Sie eine Zeit also auff seiner Schoß gleich inn Fesseln gebunden erhielte vnd stätig vmb gegen Liebe Sollicitirte, darbey auch das Jungfrawliche Zeichen welches anjetzo ein Merckmal seines Victorisirenden Triumphs seyn solte von jhr demütig bathe / aber solches war auch vergebens / denn ehe er sichs versahe / war es von dero Hauptlen entwendet vnd den andern geniessenden Liebhaber jedoch heimblich vnnd vnvermerckt deß Schäfers zugestecket / darüber sich der Schäfer also entrüstete / daß er mit Vngedult auffstunde vnd diese schandbare Wort von übereilten Zorn getrieben außstiesse: Wer sich vnter die Trebern mengt / den fressen doch die Säw / vnd darmit darvon gienge / den hie herrinne begangnen grossen fehler berewete selbige Nacht noch vnn hernach folgents der Schäfer von Hertzen / gab solches der Trunckenheit vnd Vnwissenheit daß jhr so hoch vnd hertzgeliebter dar zugegen war schuld / welcher neben seinen jüngern Bruder die gantze Zeit da sie der Schäfer auff der Schoß hatte stätig jhnen zugegen in Gesicht stunden / noch konnte der Schäfer in wenigsten Argwohnen daß Sie Vrsach seiner Verachtung weren / er beseufftzete vnnd beklagte sein Vnglück hertzlich vnd schmertzlich / aber es ware damals nicht zu ändern / vnd die mit vnterlauffenden Martialischen Proceduren entnahmen jhm etlicher schwere Mütigkeiten.

Deß andern Tages solches Hochzeitlichen Festes begabe sich daß bey löblicher Versamlung / der Schäfer seinen innerlichen Kummer entdecken vnd sich über seine geliebte Schäferin so bey dem Bräutigam als der Braut vnd bald drauff vngeschewet offentlich beklagen thäte / wie er so übel angelassen tractirt auch nach so demütigst fleissigster Auffwartung vmb den Lohn seines vermeinten Verdienstes das Kräntzlein meinende were gebracht worden / vnd weil er sich nichts bessers sondern vielmehr ärgers zubefahren / angesehen sie jhme jhr Gemüts Meynung nicht allein gnug entdecket / sondern auch seine Importunitätische Grobheit jhme beschuldigte / daß er wenig gutes Ansehens zu erwarten hätte / nam er sich jhrer selbiges Tages weniger an als vorhin / allein das er von ferne seine Augen stätige auff sie gerichtet vnd dannenhero fleissige Achtung gabe / vnd in dem er gewar wurde / daß wegen Anwesenheit weniger anzahl Leute er gute Gelegenheit hatte / sie so anzureden als eine Täntzleins Ergetzung von jhr zu begehren / fassete er sich eine resolution vnnd richtete dieselbe schleunig ins Werck also vnd der gestalt sie anredente: Ich bleibe versichert Edelste Damoisella daß so wenig meine jhrer schöne vnnd dardurch in mir erweckten Liebe halben so flüßlich vnn mildiglich erzeigte Thränenbäche noch auch meine Hertzens ängstige Seufftzer neben meinen getrewesten in tieffster Demuth vnnd Langmuth erwiesene Dienste einige Inclinirende Zuneigung haben würcken wollen noch mögen.

Also weit weniger meine jetzoige Vorhaben einigen freundlichen Danck werden überkommen können / darzu die gesterige Rigorosität sonderbare Beförderung gegeben / darbey aber ich mich deß vnterfahen dörffte zu sagen: Daß Ewerliebe selbst gutes theils daran Vrsach / denn in deme ich bey vor Augen mehr aber in Gedancken habender Martis verfolgende Gefahr meinen Trost bey jhr allein suchen wollen / mich über dem vnglücklichen Vnfall also bey übrigem Trunck betrüben müssen: Nichts desto weniger vnn in Bezeigung daß da sie mich auch entweder mit der Hand / Mund / Sinn oder Schärfte tödten / oder zu todte verfolgen würde: Ich dennoch Ihr allein getrew seyn vnd verliebt bleiben / vnd darbey alles dessen mich befleissigen würde / wessen solches in müglichster Auffwartung erfordern will / Allein dieses besorgende vmb bevorsehende / daß nur Ewer Liebden ich dardurch desto mehrere Vnruhe machen / dannenhero auch desto mehrern über bißherigen Vndanck verdienen werde / wann aber solches meine Intention nicht ist / vnd ich nicht Vndanck zu verdienen mich bearbeiten will / so soll meine Trew im Hertzen / meine Liebe im Gemüth / vnd meine Dienstbezeugung in der Stille vnd vnerwiesen beruhen / Sie versicherende / daß fortan hin Sie von mir eusserlich vnd Persönlich gantz vnbeschwert bleiben soll / Dannenhero in jhrem Gemüth sich auch desto besser beruhigen / vnd Ihre Liebe gegen Andere dero Hertzlein angenehmere vnverhindert fortsetzen können wird / Nichts desto weniger mag ich nicht vnterlassen bey habender jetziger Gelegenheit mich zu resolviren: Diese meine allen Ansehen nach letzte Liebs Bezeigung mit einem Jungfräwlichen Täntzlein zu beschliessen / vnd Sie dessen dardurch so viel mehr zu versichern / weil ohne daß ich spüre / daß die Götter neben jhr Hertzgeliebte selbst Anleitung darzu geben wollen / durch das Abwesen dero anderweiten wolbekandten auffwartenden Liebhabern vnd ewer Liebden deßwegen entleuchtenden Gemüts / jedoch erwarte zuvor dero gnädige Erlaubnuß auff solche meine demütigste Bitte / ohne welche ich mich das geringste zu vnterfahen nimmer erkühnen würde: Hierauff hat die Schäferin keine andere Antwort dem Schäfer gegeben / als daß sie durch auffstehen von dero Sitz vnnd durch Darbietung dero Liebsten damals schneeweissesten Hand zu verstehen gabe Sie seinen so demütigen vnd gegen Jederman billichen suchen also stillschweigend einwilligen wolte / deßwegen er mit höchsten Contento seiner gäntzlichen Hoffnung zu wider etliche Schäfer Täntze nach einander thäte / mit bester maniera als er es gelernet / vnd der zum öfftern in seinen Armen führenden Liebsten nicht zubeschwerlich sondern wo müglich ergetzlich seyn mochte / er hätte auch deme noch nicht ende gegeben / wenn jhme vngeacht er die gröste Contenteza daran hatte / nicht beygefallen / welcher gestalt die Damoisella sehr empfindlich vnd durch längere herumbführung er gewisen Vndanck verdienen vnd also sein Contento keinen guten Außgang nehmen würde / dann er sich vor jhr also forchte / daß / wann er Sie nur dermal eins anzusehen daß Glück überkam / das doch seltener als selten geschahe / er also vor jhr erschracke daß er wie ein Espens Laub zu zittern vnd sich gantz mit blasser Todtenfarbe zu verferben anfienge / welches er wol sonst in offentlichem Felde da sein Feind jhme vnter Augen getretten auch überlegen were / nimmermehr gethan hätte / bey solcher Endung / demütigster Abdanckung vnd zu dero vorigen Sitz Begleitung begibt sich / daß die Schäferin alsbald stehend jhr selbiges Tages getragenes Kräntzlein von Häuptlein ablösete vnd den Schäfer überlieferte / wie vnversehens vnd vnverhofft solches sich begabe / also mehr vor Frewde erschrocken vnd erschreckend gleichsam vor Frewden entzückt / vnd dardurch gantz verstummet war er / daß er eine gute weile da erstarret stunde vnd endlich mehr nicht als der Schäferin Hand damit sie solches Præsentirte innerlich küssen konnte / von der er auff das Kräntzlein fiele mehr den zu hundert mahlen solches vmb vnd vmb am meisten aber den vntersten Ort welcher auff dero Goldfarben Haaren gestanden ware / küssete / endlich sich erholende vnnd sagende: Dieses an meinem Finger habende Præsent was kan es anderst seyn / als ein sonderbares Sieghafftes TryumphZeichen meiner Victori, welche noch jedesmals zeitlich gnug kompt / wann man nur nicht sich selbst deren beraubt / in dem man sich zur Vnzeit Feldflüchtig machet / in warheit weil die biß anhero in diesem Streit geführte Duell den certaminibus Olympicis, Pythiis, Nemeis vnd Isthmiis weit überlegen / in betrachtung / die Zweiffelhafftigen / nicht sagende Verzweifflenden / vnterschiedlichen Verlauff vnd der darinne so viel erlidtenen schweren Streiche / Ey so ist diese triumphirende Victori auch desto grösser / solte dann nun diese Victori gleich wie die Olympische Duell durch lauffen / springen vnd Tantzen erhalten worden seyn / die vorhin durch so ängstliches Fechten vnd Streitten biß auff den Todt nicht zu erhalten gewesen / so muß gewiß der Sieg welcher nach so lang außgestandener harten Arbeit durch leichtere Mittel folgend überkommen wird / desto höher zu schätzen seyn / Endlich auch deswegen weil solch Præsent nicht von fetten vnfreundlichen Oel- Lorbeer- Petersilien- oder dannenBletern / sondern den lieblichsten wolriechenden Blümlein der Narciß / Rosen / Negel vnd zumal der sonderbahren Hertzstärckenden Roßmarin gantz ordentlich zusammen gesetzt / über das alles auch von der holdreichesten Person der gantzen Welt mir attribuirt vnd zu geeygnet wird. Nun dieses soll ewig mein SiegsZeigen seyn / vnd weil Ihr ich vngerne länger beschwerlich seyn / dannoch den mehrern Danck so ich deßwegen zubezeigen schuldig werde / nicht vorbey gehen lassen / sondern der Gelegenheit mich gebrauchen / vnnd in Danckbarkeit ein nochmaliges Täntzlein mit Ihr zu verrichten mich vnterfangen wolte: Solches geendet / fiengen sie wider miteinander einen erfrewlichen Tantz an / vnd erzeigten sich wol vergnügt / auch also / daß er alsbald alles vorig getragnen Vnglücks / Angst / Mühe vnd Arbeit vergasse / vnd nach vollendung solches die Schäferin nicht wie vorhin von sich zu lassen / sondern im gegentheil gedachte Sie mit freundlichem Gespräch zu vnterhalten / nochmalichen Danck deß so vornemen Præsentz Ihr zu sagen / vnn die niemals bessere Gelegenheit nicht vergeblich vorbey rauschen zulassen / vnterfieng sich darbey / Sie wider auff seine Schoß zu setzen / vnd also desto verliebter mit Ihr zu discuriren ob Sie nun dessen sich wol weigerte / gab Sie doch keine so vnfreundliche Gestalt von sich wie voriges Tages / welches den Schäfer vmb so viel mehr erkühnend machte / vnd er die Widerigung Ihrer Jungfräwlichen Zucht vnd Erbarkeit zuschriebe / Aber solcher kurtzweiliger Zanck wärete nicht lange / dann ehe Sie sich auff deß Schäfers Schoß gesetzt / kame der Liebhaber einer deß Schäfers / dieser Zeit schwerester Corrival Benetto genannt / deß Bräutigams Bruder vorgedacht / vnd zohe Sie mit bittung freundliches Erlaubs zum Tantze auff / welches der Schäfer / wie vngerne er es sahe / dannoch Höfligkeit willen / vnd in Ansehen der am Verwandnuß dessen / so er zu Ehren dienete / wie gern auch er gewolt hätte / nicht verwegern dorffte / auch einigen Argwohn damals nicht hatte / sonsten sich wol leichtlich was anders resolvirt haben solte / Aber es betrug sich hierbey also / daß die Schäferin damals mit andern sich so lustig machte / daß die übrige Zeit selbiges Tages vnd Abends nicht allein der Schäfer nicht mehr zu Ihr kommen kondte / sondern er vernahme auch selbiges Abends noch / daß alles also angestellet gewesen / vnd nichts freundliches auß Zuneigung von der Schäferin gegen dem Schäfer geschehen / denn Sie von den Ihrigen vnd zumal den Hochzeitern darzu angemahnet wäre / den Krantz selbiges Tages diesem vnserm Schäfer auffzuheben / vnd mit jhme gerne tantzend sich zu stellen / damit man seine Vngedult desto besser stillen / vnd nicht solchen Vnlust wie vorhero von jhme vernemen möge / darbey auß sonderbarer subtilität angelegt ware / daß woferne er sich gleich vorhin die Schäferin mit langem Gespräch vffzuhalten / oder auff die Schoß zu nehmen vnterfangen würde / deren Corrivalen vnd zumal deren einer / welchen er es nit verwegern dörffte / sich præsentiren solte / solche darvon zu liberiren, war also das was der Schäfer vor contentament halten wolte / nur blößlich auß Höfligkeit oder vielmehr zu Stillung seiner Importunität geschehen vnd hinterlistig also zu Werck gerichtet / muste sich demnach wider betrogen finden / vnd es seinen Gang gehen lassen / doch ware er jnnbrünstig nach als vor verliebt / vnd jhme vnmüglich Ihr was übels zu wündschen / geschweigende ins Werck zu richten / sich resolvirente / Ihr allergetrewester zu bleiben / An den Corrivaln aber erzeigten affront halben es aufs schärffste zurechnen vnd reuanchiren, also verlieffen diese Fest vnd hernach etliche Tage / worbey der Schäfer anderst nicht die Schäferin als an einem Fenster zu Zeiten sehen kondte / welches Fenster am hinter theil Ihrer Schäferwohnung oben auff ware / dardurch Sie ein Wirts-Hauß / welches gegen über seitwarts über dem Wasser lage / sehen kondt / vnd in selbigen zween hohe Officieri von der in der Nachtbarschafft angekommenen Armada dahin zur Salvaguardia geordnet vnn in selbiges logirt ware / welchen der Schäfer zum öfftern / so deß gemeinen besten vnd anderer erforderenten notdurfft / als seines vnd der seinigen eygenen Interesse auch gebräuchlicher seiner Courtesen Gesellschafft wegen / zusprache / vnd darbey dieser Gelegenheit die Schäferin sehen zu bekommen / waarnahme / welche da Sie es gewar warde / daß er Sie ersehen / Sie sich zuruck zoge / vnd mehrentheils durch die Glaßscheuben sahe / darbey auch an der Farbe sehr Blaß vnd an jhrer Kleidung zu spüren ware / daß sie nicht aller dings wol auff seyn möchte / hierüber geriethe der Schäfer wider in starcken Zweiffel / daß er auch fast sich Eyferns nicht enthalten kondte / In dem kamen deß Schäfers Liebkosende Schmarutzer / die wolten vorgeben / Sie sehe den anwesenden Officierern vnd stättig ab- vnd zureisenden Soldaten so scharff nach / Er aber glaubte seinem Gemüthe vnnd getrewen Gedancken mehr / als solchem Vorgeben / gleichwol mochte nicht ohne seyn / daß selbige Zeit über da es mehr Rauberisch als Soldatisch in vnserm Lande zugienge / viel vnordnung auch bey der Schäferin jhrigen mit Handeln / Wandeln vnd andern Gastfreyen Haußhaltungen möchte mit vntergelauffen seyn / denn damals es so weit eingerissen / daß einer den andern auffm Lande vngeschewet beraubte / der Dritte aber welcher es im Vermögen / der Andern Entraubtes vmb halb Gelt vnd noch geringer an sich kauffte / dardurch auch vnsere Wohnungen vnter dem Schutz ermelter SalvaGuardia vnnd anderer redlicher Leute Vorsorge / mit dergleichen vnglaublich angefüllet vnnd eine Zeit beschützet vnd erhalten ward / Aber die P&brkbar;na Talionis blieben nit aussen / sondern man müste darmit gestrafft werden / wormit man sich versündigt hatte / denn eines Morgens wurden mit gewapneter Hand vnd grosser menge vnsere Wohnungen aller Orten vmbrennet / angesetzt / vnn endlich gantz außgeblündert / da denn das recht erworbene vnd ererbte mit dem vngerechten Gute in einer stunde gleichsam fortgienge / alle vnsere mobilien vnd daß das vornembste vnsere Schafe vnd Rindvieh wurden vns weggetrieben / in sehr grosser Anzahl vnd menge / dieses Spectacul machte noch betrübter daß solcher Vnfall eben geschahe zur Zeit der Schafscherer / vnd zumal eines Morgens / da man deßwegen in bester Arbeit ware / da sahen wir etliche vnserer Schäflein nackend / etliche bekleidet / etliche halbgeschoren / etliche denen sich die Wolle selbst zum mehrerntheil gelöset / forttreiben / vnd zumal von den vnbarmhertzigen Kriegerischen Gemüthern übel mit spielen vnd druff schmeissen / da wurde weder Alt noch Jung / Hammel noch Lamb verschonet / nicht weniger / sondern vielmehr ware betrawerlich daß bey solchem Handel das Edle Frawenzimmer sehr betrübet / vnd viel deren jhrer Ehr entsetzet vnd jämmerlich geschändet worden / zumal die so bey solcher Vnordnung den dicken Wäldern jhrem gebrauch nach eylen / dardurch jhre Errettung suchen wolten / drüber eingeholt / vnd daher desto mehr in der Feinde Willen sich zu ergeben gezwungen worden.

Der Momischen Gemüther gab es zwar auch in diesem Fall / welche darvor hielten daß auch dergleichen Vnglück vnser Schäferin begegnet were / weil die Blünder- vnnd Raubung jhre Hütten nicht weniger sondern vielmehr als andere der jhrigen betroffen hätte / dardurch viel Indicia zugeben veranlast warde / so doch die Trew damit er Ihr zugethan bliebe / nicht zu erkennen geben lassen wolte / Es hatte der Schäfer bey solchem ergehen stättige Vorsorge vnnd Auffsicht auff seine Liebste / vnd weil er Ihr so bald gewar warde / vnd neben jhme in etwas Versicherung sahe / waren dardurch alle vnd jede Muthmassungen desto mehr zu entschlagen vnd sich zu beruhigen müglich / der verursachte Widerwillen hätte wol ein anders zu fassen veranlast / Aber die affection war gegen die Schäferin so groß daß auch mit seinem Todte er sich nichts als was zu Erhaltung jhrer Ehr gereichete / zu glauben einbilden kondte / vnd weil sich der Handel also verlieff / begab sich / daß die Gefahr stündlich grösser vnd zunehmend ward / vnd nach dem der Schäfer alle Vmbvnnd Zuständ wol betrachte / vornemlich die Gewalt vnd grosse Begierdte der Rauberischen Feinde / darbey die grosse in den Castell dahin sie sich reteriret, befindente Vnordnung / die Nachlässigkeit der Obern vnnd Beampten / die Schwürigkeit der Vntern vnd Gemeinten / auch daß gantz keine ammonition vorhanden vnd zu resistirung keine lust ware / in Summa an nichts als allen neben der resolvirten Mannschafft vnd Mannlichen resolution ermangelte / vngeacht vnser Schäfer alle gute Anstallt zu machen sich bemühete/auch ferner zu thun sich erbote / darbey zu Gemüth zoge / daß bey solcher Confusion vnnd widerwärtigen vnbändigen Waldleuten nit allein keine Ehr einzulegen vnd habende / dardurch gäntzlich zu verlieren / sondern auch die Verantwortung / es lieffe ab wie es wolte / so gegen die Soldaten als die LandesObrigkeit deme zuwachse / der die Authorität vor andern zu haben vermeynt würde / In solcher Consideration entschlosse sich der Schäfer / nicht allein seine vornembste Mobilien welche vorhanden waren / in Versicherung an ein ander Ort zu bringen / sondern auch / weil er vernahm daß die meisten vnd Vornembsten sich von dannen mit angehender Nacht salviren wolten / seinen Bekandten vnd Freunden die zumal zu jhm mehr als zu andern Leuten Zuversicht hatten / den gefährlichen Zustand zu entdecken / was seine Meynung vor sich were / jhnen zu eröffnen / bittende / es zu erwegen vnd den Beschluß was jhnen Rathsam zu seyn bedünckete / bey sich zu nehmen / Sintemal deß Schäfers Art jederzeit / daß er in dergleichen gefährlichen Sachen niemand anderst als mit seinen getrewen Gedancken rathe auch endlich entdecke / wie er es / was jhn betrifft / am besten zu machen vermeynte / den Schluß jederman selbst anheim stellende / dann jhme der darauffolgende Danck nicht vnbekandt / wann es wie gemeiniglich zu geschehen pflegt vnglücklich oder doch widerwärtig aufgehet / Da es wol gemeynet / aber übel getroffen worden / zumal in Frawenzimmers Sachen ein jeder Vernünfftiger sich wol vorsehen solle / jhnen wegen deß Wercks vnd der Zufälle Gefährligkeit etwas auffzutragen: vnd wie hoch der Schäfer auch diese Regul in observanz hielte / hat er doch vor dißmal mächtig darinne verstossen / sich endlich eben mit dem angezogenem Sprichwort / daß es nemlich wol gemeynt / aber übel übel gerahten / trösten vnnd entschuldigen müssen / dann sichs begab / daß vnser so hochgeehrten Schäferin Hertzgeliebter Herr Vatter bey wärender dieser Verlauffnuß vnd vergangener Blünderung nit einheimisch / auch sonst niemand bey jhr als jhre liebe Fraw Mutter ware / weiln dero Stieffbruder mit seiner Liebsten jhrer absonderlichen Gelegenheit waar nahmen vnd warteten / Da kondte der Schäfer nicht vnterlassen / ansehend die vor Augen stehende Gefahr mit hindansetzung alles erzeigtes Schimpffs vnd grossen erlidtenen Verachtung / dannoch auch jhnen beeden den gefährlichen Zustand vnd sein Vorhaben zu entdecken / Abwesend nun jhres Herrn vnd Vatters gaben sie vor Zuflucht zum Schäfer zu suchen / vnd begerten seines trewen Rathe / er eusserte sich dessen / endlich kondt er doch nicht vnterlassen jhnen zu verstehen zu geben / daß er vor vnmüglich hielte bey solcher Gefahr vnnd Vnordnung sich allda sicher zu erhalten / vnd ob er gleich vor seine Person dar bliebe vnd sich Hazardirte, köndte er Sie doch nicht da bleiben heissen / jedoch sollen Sie sich ja nicht ferne begeben / weil der Hoffnung nach das Werck gar bald in andern bessern Stande vnn Versicherung gerahten solte / hierbey weiste er Mutter vnd Tochter an andere jhre gute Freunde / Verwandte / vnd zumal Liebhabende Auffwarter / welche sonsten jeden vnd allen / vnd bey guten Tagen den alleinigen Vorzug vnd Genieß hatten / vnnd weil sich darauff begabe daß sie beyde neben solchen jhren guten Freunden vnnd Liebhabern sich mit eingehender Nacht nacheinander verlohren oder salvirten, gab jhme dem Schäfer solches hernach desto mehr Trost bey bekommener böser Zeitung dardurch er sein Gewissen desto besser beruhigen kondte / dann er sich dazumal Ihrer nicht gantz offentlich annehmen vnnd auffwarten wolte / weil er biß anhero so grosse Widerwärtigkeit vnd Schimpff von jhnen erdultet hatte / vnd sich dergleichen annoch befahren muste / sonsten er Sie wol anderst in acht genommen / vnd mit alle den Ihrigen zu erhalten gesucht / oder gewiß ehe sein Leben verlohren hätte / gemeldte Weibspersonen salvirten sich in grosser Gesellschafft in die dicke deß finstern Waldes / der Schäfer aber brachte deß Seinigen eins theils in Versicherung an ein ander Ort / vnd kame wider zu ruck / dahin vermitelende / daß durch eine Guarnison von der Armada vnsers theils das Castell in etwas versichert vnd in defension so gegen Freund als Feind gebracht warde / sodann wündschete er wol Hertzlich vnnd offte nach seiner alleinigen Liebsten / weil er bey diesen Leufften bessere Gelegenheit als sonst Ihr auffzuwarten gehabt hätte / aber es ware vergebens / dann er sich der bösen Leute halben schewete nur einsmals nach Ihr vnd der jhrigen Zustand zu fragen / weil er seine Liebe so viel müglich / zumal bey solcher Contrarietät nicht mehrere Beschimpffung zu verursachen / heimlich gehalten haben wolte / vnd weil zum öfftern grosse FeindesGewalt vor dem Castell in Augen stunde / auch vmb vnd vmb Schaden von selbigen geschähe / deren Intent verborgen / vnd der Außgang zweiffelhafftig ware / ließ er sich in seinem Gemüth desto ehe beruhigen / Auff diese weise verlieffen etliche Wochen / da er nicht allein seiner Liebsten beraubt / sondern auch nicht wuste wo Sie war / vnd wie es Ihr ergienge / darüber hatte er schwermütige viele Gedancken Nacht vnnd Tag / musten doch die Götter also walten / vnd Sie in jhren Schutz befohlen seyn lassen.

Sie die Schäferin aber ware alsbald Anfangs jhrer Flucht neben jhrer Fraw Mutter zu jhren geliebten Herrn Vatter kommen vnd dessen Beschutz genossen / welches dem Schäfer da er es erfahren desto mehr Trost gegeben / denn er vff diese Beschützung mehr als andere jhre Auffwarter welche jhm ohne das sehr verdächtig vnd empfindlich / hielte / bey beharrenden solchen Zustande vnnd vorfallenden Mangel bey der Armada begibt sich daß die Wälder wie vngehewer die auch seynd mit grosser Macht vnd Gewalt gantz durchjaget vnd durchstreiffet werden / darunter nicht allein das biß dahin übergebliebene Rind vnnd Schaf Vieh vnd alle Mobilien mit einander gantz verlohren gehen / sondern auch fast alle Leute Manns vnd Weibspersonen gleich daß Wild gefangen / geplündert vnd jämmerlich zugerichtet worden: Die Post kompt bald dem Schäfer daß nit allein alle sein im Wald Salvirtes Vieh / Haab vnd Gut geblündert vnd hinweck / sondern auch vnter andern die Schäferin mit jhren Vatter vnd Mutter benamlich Ach leider ach von eylff Mußquetirern ertappet / alles entplösset vnnd beraubt / auch des noch selbst mit sich geführten MastOchsens / vnnd Ach ach welches ein vnüberwind- vnd vnwiderbringlicher Schaden die Tochter vnsere so hochgeehrte vnnd geliebte Schäferin von allen biß auff den Todt geschändet worden / bald daraufs kam wider Post der Vatter were ermordet / die Tochter lege draussen vnd were auff den Todt zu schanden gemacht / dero bey jhr gehabte Gespielin eine hätten Sie mitgenommen / die andere der Gespielin Schwester auch also zugerichtet / daß sie es die Zeit jhres Lebens nicht überwinden würde. In was vor Desperirende Melancholi vnser Schäfer hierüber geriethe / ist so vnglaublich als vnaußsprechlich / zum öfftern wolle er sich selbst ermorden / denn sagte er / ist meine Liebste hinweg vnn zuschanden gebracht den Todte am nechsten was soll ich mich sehnen zu leben / ist mein vermögen weg / warvon soll ich leben / ich muß vnd wil eine resolution fassen / welche mich rechnen vnd mir den Todt oder ein Vergnügen widerbringen soll. In deme kam noch andere Zeitung daß sichs also nicht verhielte vnnd sie die Schäferin neben jhrer FrawMutter in der abschewlichen Monstrosischen Landsknechte Hande nicht kommen / der Herr Vatter auch am Leben vnversehrt were / das wirckte gute Hoffnung auch also daß er vorigen Zeitungen in geringsten glauben beymessen wolle / solche Frewde aber wärete nicht lange / denn da kam ein anderer vnd hatte mit einem geredet / welcher in dieser flüchtigen Gesellschafft etliche Zeit gewesen seyn wolte der hätte den Handel der verlohrnen Ehre bekräfftiget auch mit diesen vmbständen / daß der Vatter sich sonderlich sehr übel drüber gehabt / auch auß Vngedult diese Wort von sich hören lassen hätte: Ach Gott soll mein einiges liebes Kind jetzt in den Vnfall vnd Schande gerathen wie werde ichs verantworten können / hätte es je seyn sollen so wolte ich sie lieber einen redlichen Cavallier welcher sie gewiß lieb vnd werth gehalten haben würde / als solchen vngehewern gräulen vnd.Thieren gegönnet haben: Der Schäfer bliebe darüber bestürtzt vnd auffn Todt trawrig / weil er sich schwere Gedancken über seinen vormals gegebnen Rath machete vnnd dardurch gleichsam sich einen Vrsacher scholte / zwar waren etliche Wochen vnter der Zeit verflossen da er jhnen gerathen nicht ferne sich zu begeben / daß sie desto ehe wider bey jhm seyn könnten / weil er mit Versicherung deß inhabenden Castels vmbgienge / daß sie solches nicht gethan war seiner Meynung zuwider / auch daß sie sich sonst in eine nah gelegne Vestung nit begeben dunckte jhn Kindisch gehandelt zu seyn / dann der Wald keine versicherte reiterada auff lange Zeit vnd vor grosser Macht ist / sondern nur in vnversehenen Fällen vnd Vberfällen dessen sich zu gebrauchen.

Demnach resolvirte sich der Schäfer kurtz / seinen Stato zu verändern vnd in dieser vntrewen Landschafft nicht mehr zu bleiben / weil er nichts als Vnglück darinnen vnnd so gnädig die Götter vnnd die Natur der Landschafft an jhr selbst weren / so vndanckbar weren die gutes theils vnartigen Inwohner dargegen / welche vnd dergleichen Vnglück jhre vnordentlichen Sündlichen fehler zu verhängen verursachten / einer dem andern auch selbst den Weg der Tugend abschnitte vnd an allen hinderte über die erfolgenden Vnglück sich sodann freweten vnd denen Vnfällen so sie gar wol vorkommen könnten / dannoch gerne Gelegenheit geben / die resolution deß Schäfers bestunde in specie darinnen / daß er dem KriegsGott Marti sich auffs newe wider durch Dienste verbündlich machen vnd seine reuanza in ein vnd andern suchen vnnd bey den grösten hauffen bleiben wolle / hierzu gebrauchte er diesen Prætext das er darzu Notdrünglich gezwungen wurde / weil jhme seine in dieser Provinz an vnterschiedlichen dreyen Orten habende Güter vnd Vermögen total rouinirt weren vnd er sich seinem Herkommen gemäß nicht mehr erhalten vielweniger was vor sich bringen / endlich auch von andern vnd zumal so vnachtbarn Personen nicht vexiren lassen könnte / aber die vornembste Vrsach bestunde inn dem Verlust seiner Liebsten vnd deß darob befindlichen Schmertzens vnd Kummers / vnd weil die Zeit herbey gieng daß die Armada auß vnser Landschafft auffbrechen wolte mundirte er sich vnd gienge mit der selben fort vnd verliesse das seinige übrige seinen bedienten zuruck trewlich anbefehlende / Also folgte er nun wider dem KriegsGott vnd hatte an statt der SchäferJuppen einen schußfreyen Curass angelegt seiner Fortuna darinne erwartende / dieweil sich aber begabe daß er selbiger Zeit annoch als ein Advanturier sich bey der Generalität enthielte / wurde er in angelegenen Verrichtungen zu verschicken gebraucht / vnd weil der Krieg annoch vnferne vnserer Landschafft sich entzogen hatte / trug jhn sein Weg wider auff vns zu.

Nun hatte sich vnsere Schäferin mit deß jhrigen alsbald den andern Tages nach der Armada vnd mit derselben vnsers Schäfers Auffbruch wider nach jhren ledig vnd übel conditionirt gelassenen Hütten begeben / vnnd ware nicht das letzte daß der Schäfer jhren Zustand bedächtig zu erkundigen sich bemühete / der wurde jhm erzehlt / nach dem die Leute affectioniret waren / etliche hielten es vor waar / die andern nicht daß Ihr erzehltes Vnglück begegnet seyn solte / vngeacht seines so starcken Interesse schewet er sich doch Ihr vnter Augen zu tretten / vnd Sie heimzusuchen / sondern suchte zufällige Gelegenheit welche jhme vffn fall er übel antreffe / doch nicht zu grossem Schimpff bringen könte / in solcher Erwegung gieng er eines Morgens spatzieren vnd nicht von vngefehr vor deren Wohnung vorüber / da er gewar wurde daß die von den Soldaten zerschmetterte Fenster eins theils noch vngemacht waren / vnd zumal die welche in Ihr bewohnlich Zimmer giengen / durch dieselben wurde er Ihr gewar embsig in jhrer Haußhaltung seynd / die sahe er / vngeacht Sie zimlich weit von jhme vnd im dritten Fenster stunde / mit Liebe / sehnen vnn verlangen eine gute zeit jhrer vnn jhrer Fraw Mutter so neben Ihr stund / vnvermerckt an / das auch so viel mehr / weil jhme zu Ohren gebracht worden / ob hätte Sie Ihre Gestalt vnd Schönheit gantz verendert/ hätte auch bei Ihrer zuruck vnd Anheimskunfft gar übel gehen vnd fortkommen können.

Nun waren etliche Wochen darzwischen verflossen vnd weil er bald wider fortzureisen / sich aber inn so guter Gelegenheit befindent sahe / resolvirt er sich / sich zu erkennen zu geben / seine Dienste jhr zu offeriren vnd nach deren Zustand zu fragen zugleich auch wider Abschied von jhr zu nemen / der Hoffnung würde er in einen ein Fehler begehen / so würde es doch in andern zu entschuldigen seyn / er klopffte derhalben gemahlich am Fenster an durch die zerbrochene Glaßscheuben sehende da sie doch seiner erstes Anblicks nicht gewar worden / hernach aber vnd nach kurtzen Gespräch jhm offerirten ob er nicht bey jhnen einsprechen wolte / der Schäfer hatte darüber nicht langes Bedencken sondern folgte jhren so freundlichen Begeren vnd ob er wol contentament gnug hatte seiner Liebsten gegenwart zu geniessen vnnd der auffzuwarten / so würde doch / in deme wärenden Gesprächs der Herr Vatter auch darzu kam / jhme eine Collation præsentiret, welches jhme nicht allein sehr befrembdlich vorkame / sondern er vor die damals ohne das gantz vnnötige Vnkosten bate / hatte darbey die Gedancken es geschehe darumb daß er desto langsamer jhnen zu zusprechen wider kommen solte / auß Furcht vnd Blödigkeit redet er mit seiner Schäferin gar wenig / allein sie stätig hertzlich vnnd inbrünstig ansehende / gab aber doch gutes theils zu vernehmen was ingemein were geredet worden so jhnen allerseits zuförderst aber seiner Hertzgeliebten solte bey verloffenen Vnwesen widerfahren seyn / darbey jedweder selbst leicht ermessen könnte was jhme vor HertzensAngst drüber zugestossen zumal weil er sich guten theils einen Vrsacher dessen mit gebung seines vnbedachten Raths beschuldigte / welches auch die alleinige Vrsach gewesen ob zwar vnter einen andern schein / daß er sich deß Kriegswesens wider angemasset: Sie entschuldigten sich dieser Aufflagen halben alle drey auffs höfflichste vnd scheinbarlichste mit Anziehung solcher Vmbstände auch starcken Betewerungen das es wol fast glaublich war / was vnd wie sie berichteten / so dorffte es bey dem erfreweten Schäfer nicht viel betewrens / er ware über den vnverhofft vffgestossenen Fall so mit Frewden vmbfangen vnd hatte wider auffs newe ein solch Vertrawen in die Schäferin gesetzet / daß er sich nicht allein alles überreden / sondern auch darbey verblenden lassen wenn sie jhm gesagt / daß es damals finstere Nacht vnd Mitternacht were / da es doch heller Mittag ware / er vnterliesse gleichwol darbey nicht / die Vnvorsichtigkeit der Eltern vnd jhrer mit in Gesellschafft gehabter Liebhabenden Buler in etwas zu bestraffen / daß sie sich in solcher Gefahr vnd langen Zeit allein der vnbeschützten Wildnuß vnd den wilden Thieren mit jhrem einigen liebsten Engelkinde vertrawen dörffen / welches wie es schiene / alles wol auffgenommen / auch bey bittenden Abschiede bald wider einzusprechen jhme befohlen / vnd seiner Liebsten dero zarte Hand zu küssen zugelassen wurde / er versprach vor seinem verreisen noch wider einzusprechen / gieng also wol content darvon / als einiger Liebhaber jemals mochte gethan haben / Er hätte keine andere Gedancken als solche mit denen er sich truge / welche jhme gleichwol in tieffen nachsinnen wunderliche Considerationes verursachten / wie bey dergleichen gemeiniglich zuzugehen pflegt / dann sich mancher viel eh vnd besser in sein allzugrosses Vnglück / als vnverhofftes allzugrosses Glück schicken kan / vnd in deme dem Schäfer auß Erfahrung bekandt genug war / daß allezeit hinter grossem Glück grosse Tück zu stecken pflege / geriethe er starck darauf / daß hierherinter auch was sonderliches seyn müste / dann jhme dergleichen Favor sonst wol ehe hätte widerfahren können / was er muthmassete / kan der günstige Leser auß dieser Historien leichtlich abnehmen / weil sie jhms deutlich gnug sagt / viel zu inquiriren ware jhm verdächtig / viel darauff zu sehen was jhre vorige andere Buler thun würden / vnd ob die etwan mehr als er wüsten / wolte zu lang werden / welches doch in etwas geschahe vnnd er gewaar wurde: daß vngeendert sie Ihr auffwarteten / zumal der vornerwehnte Druidische Corrival, ward also dieses Scrupels vor dißmal (obs zwar vor vergeblich vnd vnrecht gehalten wird) auch benommen / der Schäfer kondte darauff nicht vnterlassen / Ihnen wider zu zusprechen / vnd das etliche Tage nacheinander dadurch er sich sehr / aber doch anderst nicht / als durch alleiniges Ansehen seiner Liebsten ergetzte / dann weil Ihr seine Trew vnd vorheroige gethane Erklärung gnug bekandt war / thäte er sich seiner Tugend der Liebe / habenden Gebrauch nach / mit worten nicht viel rühmen / sondern vielmehr bearbeiten / durch würckliche Thaten zu erkennen zu geben / massen der Schäfer niemals von solchen Buhlern etwas gehalten / so jhre Liebe vnd Trewe Charletanischer Art nach mit prächtigen durch schmeichelhafft vermischten Worten gegen jhre Damoisella vnd auch wol andere außgeschryen / sondern vielmehr von denen / welche durch Gedult vnd Langmut / durch Trew / durch stätige vnverdrossene Auffwartung vnd denen mehr anhängigen jedesmaligen Zufällen jhre Liebe nicht allein der Geliebten Damoisella, sondern aller Welt zu erkennen geben: Also passirte nun die Zeit biß er gezwungen worden Abschied zu nehmen / vnd seine obhabende Verrichtungen zu expediren, daran jhme diese so schöne Gelegenheit etliche Tage zu verhindern gebracht hatte / solche Reise vnd davon dependirende Expedition verursachte jhn biß zum Außgang deß Jahrs aussen zu bleiben / mit stätigen hertzlichen Sehnen nach seiner Liebsten / vnd mit eingemischeten Kummer / daß jhme in so langen Abwesen ein Anderer wider Eintrag thun / vnd dem Sprichwort nach vor dem Hammen Fischen möchte / weil er jhrer Liebe oder einiger Trew im geringsten von Ihr noch nicht versichert ware / Dennoch hätte der Schäfer die Art / daß er zwar dieser Liebe auff den Todt ergeben ware / darbey aber doch deßhalben seine obhabende schwere Verrichtungen nicht vnterlassen wolte / weil er zumal den Außgang noch zweiffelhafft befand. Gegen Außgang deß Jahrs vnd mit den einfallenden Wintertagen kam der Schäfer wider in vnsere Landschafft / vnd weil er die Schäferin / so wol die Ihrigen noch in gutem Wolstande / vnn jhme noch etwas geneigt scheinend befande / befleissigte er sich seiner Vffwartung jetzo mehr als vorhin / jedoch auffs heimlichste / vnd weil die Festtage einfielen / in welchen dem LandesGebrauch nach man einander zu verehren pflegte / wolte er solches nicht vnterlassen / sondern zum Andencken vnd Versicherung seiner Liebe / mit etlicher geringer Galanteri Sie verehren / welches auch so wol angenommen warde / daß jhme dergleichen Præsenta im Gegentheil zugebracht worden / die er mit sonderbahrer Ehrerbietung vnnd mehrern Frewden / als außsprechlich / annahme / von der Zeit fieng er an Tag vnd Nacht Ihr aufzuwarten / vnd Ihr sich auffs newe gantz zu ergeben / vnd seiner Trew zu versichern.

Solcher vornehmen Præsenten wegen welche zwar Stuckweiß zu beschreiben dieses Orts wissentlich vnterlassen wird / sich desto höchlicher zu bedancken wolte er solches inn Person verrichten / begab sich derhalben dahin vnnd wurde in erzeigung seiner gewöhnlichen Cortesi also hoch carrezzirt, daß er auch bey der Abendmahlzeit zu bleiben genötigt wurde / solche gute Gelegenheiten machten jhme alles vorig erstandene Vnglück vnd Vnlust auch deß verloffenen vnd vorgegebenen gantz vergessen / dann was vor freundliche Discursi diesen Abend über gefallen seyn müssen kan ein jeder in der Liebesschul nur zum wenigsten erfahrner vnschwer muthmassen / Er hatte jhm hierbey nicht allein vorgesetzt sondern auch schon vorgebracht / daß er sie trew- Ehr- vnd hertzlich lieben vnnd ewig lieb behalten auch was deme mehr anhängig vorsichtiglich beobachten vnd zu Werck setzen wolte / also daß sie Gelegenheit haben würden ewig bey einander in keuscher Liebe vnd Trew zu wohnen / dafern jhr solches beliebte vnnd sie zu dergleichen getrewen accordo Vergleich vnd Verbündnuß gleichmässige Hertzensbeliebung: Bey so vielfältigen seinen Complementis hatte er anders nicht spüren können als daß sie darein willigte / wiewol sie gar selten vnnd wenig darzu redete vnd das meiste auß deren Geberden sich erholt werden muste: Mit so vielen freundlichen Hertzensküssen so deren zarten Hände als Mündleins wurde dieser Abend beschlossen / daß es vnmüglich jhr nicht beschwerlich gewesen seyn solte wann es von jhr nicht gerne angenommen worden / drey Tage darnach eben eines Abends da er jhr auffwarten wolte / weil damals eben die Sonne am weitesten vnnd tieffsten von vns daher die Tage am kürtzesten weren / er sie neben den jhrigen auch schon durch seinen Page drumb bitten lassen / befiele er mit einem solchen übernatürlichen bluten durch das linckere Nasenloch also daß es Continuirliche zwölff Stunden wärete / als ein lauffendes Hännlein von jhm lieffe vnnd alsbald seiner dicke halben erschwartzete vnd geronne also daß sich auch seines Lebens verziehen warde / vngeacht aller gebrauchten Menschlichen Mittel / darinne jhm seine Liebste auch nicht helffen konnte oder vielmehr wolte / da er doch bey jhr Rath suchen liesse / so dorffte er jhr es bey angehender Kundschafft vnd weil er alle dinge gerne heimlich gehalten sehe nicht zumuthen zu jhm zu kommen / da sonsten sich solcher Zufall wol bald verlohren haben solte / sintema] darvor gehalten wurde daß durch die stätige Liebs Pensieri das ohne dem hitzige Geblüte in vnsern jungen Schäfer entzündet / dann an solcher innerlichen Frölichkeit nicht allein das Geblüt sondern auch alle lebhaffte subtile Spiritus vnd Geisterlein deß gantzen Leibes einen empfindlichen Interesse vnd antheil zu haben vermeynt wird / dieser actus auch allen weiset wie die weisen Philosophi so wol getroffen / in deme sie die Liebe nicht allein selbst einer Fewrigen brennend vnnd verzehrenden Flamme vergliechen sondern auch der Veneri zum Ehegemahl dem Vulcano als den Gott deß Fewers beygelegt / jhren Sohn Cupidinem als wirckenden Vermittler der Liebe mit fewrigen Pfeil geschossen mundiret / welches zwar auch an den Alten Leb- vnd Krafftlosen greissen Experimentirt wird / inn dem dieselben man sihet wider frischer auff den Beinen vnd roter vmb den Kamm werden / wann sie beginnen etwas Liebwerth zu seyn vermeinendes in jhren Sinn zu bekommen / obs wol wegen erkalteter Lebensgeister kleinen Bestand hat.

Also verlieffen etliche Tage daß sich vnser krancker Schäfer wider in etwas erholen muste / da gienge er vnter deß seiner Liebsten zu gefallen / endlich blieb er wider bey einer Abendmahlzeit bey jhnen / fuhre in seinen Liebs actu schnur stracks fort / vnd vnterliesse nichts was einem getrewen Ehrliebenden Liebhaber anstunde vnd jhm bekannt ware / diesen Abend warde er von vngefehr bey der Collation vnd hernach gethanen Trunck / vnter andern eines klaren Glasses gewar über vnnd über geziert mit fleissig gemahlten Laubwerck / solches sahe er etliche mal an vnd in neherer Betrachtung wurde er gewar daß vnsere Schäferin dran abgemahlt stehen solte neben einen Druidischen Jungengesellen in schwartzbraunlichten Habit / vnd eben desto besser jhre beederseits affectionirte Liebe zu verstehen zu geben / waren sie in einerley Farb der Kleydung vnd also ab contrafait als wann sie schon den Druidischen Stande zugethan vnnd den Liebhaber eygen were / diese Contrafactur an jhr selbst ware doch eytel lächerlich Wesen vnnd der Schäferin eben so nahe zu vergleichen vnnd daß sie so wol getroffen als wann sie bey der Nacht Contrafacturt were / zu dem ende er darvor hielte daß beider Personen Namen auff die Seiten neben einen Emblema darauß sie beederseits besser als auß deß Mahlers Kunst zu erkennen gesetzt waren / das Emblema war ein rauschender Bach inn denselben oben her etliche Fische schwimmende sich erblicken liessen den Ansehen nach deß Geschlechts der Aschen genant / oben her gleichsam ein Sträuchlein auß dem Bach wachsende so viel sich diß Orts kan erinnert werden / die Buchstaben so anders nichts als die Namen beyder bedeuten könnten waren oben B. E. drunter M. S. ruckwarts fande er nachgesetzte Verß geschrieben:

 

Gleich wie vor Silber / Gold vnd Gelt

Ein Perle den Vorzug behält /

Also der Nam Margaretha ebn

Für Andern gleichsam thut herschwebn /

Drumb gsegnet ist dem wird beschert

Von GOtt ein solches Perlein werth.

 

Mit Kurtzweil vnd Verwunderung sahe der Schäfer solches eine gute Zeit an / konnte sich auch deß scharffen Nachdenckens über so subtile Invention nicht enthalten / so sehr daß er sich darüber so bald deß Liebhabenden Bulers nicht erinnerte / deß Eyferns mochte er sich daher kaum enthalten / weil er sahe in was hoher Achtung solch zerbrächlich ding gehalten wurde / auch also daß es bey der Schäferin liebsten vnd vornembsten Sachen in dero auff die flucht geschicktes Lädlein enthalten vnd sonderbar auffgehoben wurde / Er gerieth darob wie gemeld in tieffes Nachdencken muste doch endlich drüber lachen mit eröteten daß er der Schäferin ein dergleichen zerbrechlich Præsent thun wolte vnd dieweil er vermeynte daß er auch Verß machen konnte / setzte er sich deß andern Tages alsbald über vnnd entwarff nachgesetzte.

 

Was were wol zu meynen / solts nit seyn Harmoni /

Wann die so Margarith (ein Perle) fort vnd je

Benedicta Margarith (ein köstlich Perle) wird

Dran gsegnet erquickungs Krafft ein müdes Hertze spürt /

 

O freylich Harmonie / der Perl auch müste weichen

Die Perl Cleopatræ die jhr nicht zu vergleichen

Möcht sichs / O möchte sichs fügen daß zu beliebten Preiß

Gelobter dieser Perl käm erwüntschenter weiß

 

Singerende Music vnd Eschenbaumes Krafft /

Die sonst von kühlem grausch der Bäche zu sich rafft

Deß liechten Feldes luffte / hier aber Künstlers Hand

Hättn artig außzudrehn zu Musics Instrument

 

So dann zu fangen an Modalisch zu Quintiren

In heller accordanz, am Ort da respondiren

Thät singrend widerhall / könnt besser Unio

Auch geben Theutis selbst oder wer sonst hie vnd do

 

Den Eschenbaum hierbey / kein besser Medicin

Find Æsculapius ob schon all sein Camin

Er stätig brennen läst dest fertger abzuleiten

Durch reciprocirlichn brauch / anhängend Feuchtigkeiten

 

Hertzklopffen / Zan wehthun vnd wordurch werden Malat

Dran doch reprocirlich Lieb jhr meist Ergetzung hat /

Die Medicin möchst thun / weit besser als deß Mavors

Rauch Gebend Nutriment, denn's Neutrum in diesen Cours

 

Mag geben schlechte That / weil Æsculapius Räth

Es solls Fœmininum seyn / damits rauß Cuiret werd

Vnd ohn Chimisches zuthun / eh' Jahrs frist ist vmb

Ein gantz Galenisches Pondus teruncium.

 

In dem er nun gedachte daß solche der gestalt seiner Liebsten zu Ehren / seinem Corrival zur Vexation, jhm selbst aber zur Verantwortung dienen kondten / vnd im Werck ware ein dergleichen Glaß demselben gantz gleich an Gemählt Emblema vnd Contrafactur verfertigen zu lassen / bescheidete er sich was es doch vor ein seltzames Præsent were / vnn mehr zum Possen als zu einer Verehrung dienete / dann es nit allein ein zerbrechlich vnd vergänglich ding / sondern auch dem FrawenZimmer gantz vngemäß / weil dardurch zu verstehen geben wird / als ob die Dama der solches zugetheilt / entweder gerne trincke / oder aber doch zum wenigsten dem FrawenZimmer sich zu bezechen dardurch Anleitung gegeben wird / dann Sie sich solches Præsents anderst nicht als der gestalt gebrauchen köndten / welches doch die gröste Lästerlichste vnd eben diese Vntugend / welche an FrawenZimmer am allermeisten vnd allerbillichsten geschewet vnn gestraffet wird / verwunderte sich diesem nach ferner daß dergleichen vnd kein verächtlicher Præsent von einer gelehrten vnd sehr fauorisirten Person wie selbiger Corrival war / seiner Liebsten dörffte offerirt werden / entschlosse sich demnach dahin mit dergleichen Præsent in Ruhe zu stehen / befahrende / ob gleich jenes von jenem gerne angenommen vnd hochgehalten worden / so möchte doch dieses von jhme desto schlechter vnd nicht hoch sondern hönisch geachtet werden: der Schäfer propagirte den Lauff seiner Victorisirenden amorosischen armatur, vnd ergrieff alle Gelegenheit seiner Liebsten vnd den jhrigen auch fast täglich auffzuwarten / vnd daß solches desto füglicher geschehen konnte / gebracht er sich aller Leutseeligkeit mit gemeinen Burgers vnd Bawersleuten mit conversiren / spatzieren / Essen vnd Trincken / welches er vorhin durchauß nicht gethan / das Sprichwort observirende: Quod nimia familiaritas pareat contemptum, das brachte er auch in solche Gemeinschafft / daß er in offentlichen Zechen vnd Gastereyen sich begabe / alleinig darumb daß er dergleichen desto weniger geschewer bey seiner Liebsten vnnd den jhrigen als seinen nunmehro verhofften guten Freunden auch practiciren dorffte / vnd den momischen Gemüthern desto besser vor seyn köndte / bey solchem Verlauff blieb er einsmals bey dem Abendessen mit andern kurtzweiligen Gesellen / so das Dengelfest genennet ward / vnd gebrauchte sich seiner freundlichen Auffwartung / anderst nichts als guten Progress vnd Gegenlieb vermeynende vnter deß / mit der Hoffnung vnd Gedult sich tröstende / mit solchem Verlauf naheten sich vnsere Bachanalische Fest oder Fastnacht tage / weil aber eben vmb diese Zeit sich in vnsere Nachtbarschafft wiederumb eine Anzahl feindlicher Kriegsleute begaben / wurde solche neben der daraufs folgenden FastenZeit mit desto mehrerer Patienza verbracht / wiewol Hauptsächlich kein Schaden geschehen / weil wir mit vnserm Landes Manne einem Salvaquardiret waren / diese vnd folgende Zeit wurde mit Galanisiren zugebracht also vnd der gestalt / daß er von nun an fast so wenig an jhrer Liebe als an jhrer Höfligkeit zu zweiffeln anfahen wolte / viel Häußliche Præsenta wurden dem Schäfer diese Zeit über so von der Schäferin als jhrem Bruder offerirt, von jhme auch mit aller reuerenz an vnd auffgenommen / die drauff folgenden Paschalischen Feste præsentirten Sie beede einander dem Landgebrauch nach Rote Eyer / darunter auff deme so der Schäfer verfertigte dieses Emblema vnnd Schrifft / nemlich / Zwey vereinigte Hertz mit zweyen Händen gebunden haltend / auß welchem ein grunender PalmZweig wächset / vnd jnnwendig deß Hertzens jhrer beeder vereinigt NamensZeichen gemahlet / auff der andern Seiten mit dieser Schrifft:<

 

Vereinigt Hertz / Nam / Lieb vnd Trew /

Immer bleibt grunend / Frey vnd New.

 

Also vertrieben sie die Zeit als recht Verliebte / vnd hätte sich der Schäfer nimmermehr einbilden können daß einiger Betrug von seiner Liebsten jhme begegnen köndte / gleichwol wurde jhme gesagt / welcher gestalt biß anhero der Druidische Corrival sein Galanisiren in etwas nachgelassen / vnd vnserm Schäfer den Platz vergönnen wollen / Ein anderer jüngerer wackerer Mann aber / welcher vor kurtzen Tagen auß frembden Landen anheims kommen / in der tectonimia wol erfahren / vnd vnser Schäferin naher Nachtbar / sehr fleissig jhr auffgewartet / vnd alsbald in solchen Credit gerahten were / daß man bißhero nicht gewust / ob er Sie oder Sie jhn am liebsten an- vnd nachgesehen / vnd er jhr oder sie jhm am meisten nachgegangen / doch vnvermerckt vnsers Schäfers / dann weil dieser Junge Gesell die Gelegenheit hatte / daß er alles vnnd jedes so bey der Schäferin vorgienge / auß seiner Wohnung vnd also bald sehen kondte / wann vnser Schäfer ab- oder zugienge / konnte er sich vnd seine action desto verdeckter halten / weil aber dem guten Freunde die Weile darob zulang werden wolte / vnd sich zu verheyraten entschlossen haben mochte / verehelichte er sich auß kurtz gefasstem Rath mit einer andern Jungfrawen selbiges Landes / als solches außbrechen / vnd der Schäfer von seinem vorigen Auffwartenden begünnen vernehmen thäte / kondte er nicht vnterlassen vnsere Schäferin zu vexiren / vnd sie mit einem Korbe in eine Byrn geschnidten / zu verehren / Zwey andere Galani hatten noch der Zeit gleiche resolution vmb vnsere Schäferin zu werben / deren der eine in Pilimamia, der Andere in der Creopolimia erfahren waren / Anderer mehr vorübergehend / geschweigende / welche aber / weils jhm gar zu ein vngleicher vnn gantz vnwürdiger Zeug zu seyn bedunckte / er bald durch Mittel welche solchen Bulern verdacht gaben / Vrsach machte / solcher Vorhaben sich zu enthalten / so verliebt war vnser getrewer Schäfer / daß jhme dieses alles gantz keine arge Nachdencken oder Eyfer / welchen er jederzeit sehr hassete / kondte zu wege bringen / da doch viel ein anders / wie hernach bald zu erfahren ist / dahinter steckte / Denn sich befande daß die Schäferin der heimlichen Bulerey zu sehr ergeben / vnd mit geringen Standspersonen sich leichtlich bekandt machte / wanns nur heimlich / wie sie an jhr selbst so eine heimliche Natur hatte / zugehen kondte / das spielte sie also mit vorn vnd jetzterzehlten Leuten gute Zeit vnd Jahre / Jene Buben berühmten sich doch zu Zeiten mehr als sie solten.

Wie aber die Reihe an vnsern Armen Trewverliebten Schäfer kam / ereygnete sich mit jhme gantz das Widerspiel / denn hätte sie ein ding gerne heimblich gehalten so hätte er es viel lieber heimblich gehabt / weil er der Heimblichkeit von Natur zugethan / aber er konte von jhr nicht erhalten / daß er auch ein einiges mal oder nur ein einiges Wort mit jhr allein vnd vertrewlich hätte reden können daß jhre Eltern oder Geschwister oder andere nit weren darbey gewesen oder er ein einigmal zu jhr vnbewust der jhrigen oder auch der gantzen Freundschafft hätte kommen können / vielweniger hätte sie jhm auff sein freundlich erinnern vnd angezogene Blödigkeit vmb Verhütung Vngelegenheit vnd desto vertrawter beysammen zu seyn zu gefallen ein einig mal auß jhrer Wohnung gehen wollen / vngeacht vielles bittlichen ersuchens vnd sie wol ehe andern zu gefallen gethan / diß aber auch deutete der Schäfer nicht übel / sondern schriebe es vielmehr jhrer vermeynten Jungfräwlichen Zucht zu / weil er nicht wuste viel weniger da er es gleich gewust geglaubt hätte / daß solches andern wol ehe vnd öffters widerfahren were / dannenhero leichtlich zu erachten / das solche angenommene Höffligkeit vielmehr zur Bescheinigung vnd zu einer Ehrendeckung (ich will nicht sagen Schanddeckung) als Zucht angesehen gewesen / vnd noch bey jhr ist / vnser Schäfer aber verharrete in seiner aufrichtigen trew vnnd inbrünstigen Liebe als einem keuschen verliebten anstehet / vnd daß vmb so viel mehr / weil er sich anderst nichts als reciprocirlicher Gegenliebe versicherte / auch also wol gegründet / daß er sich vor den contentirtesten Liebhaber dieser Welt zu gelten beduncken liesse vnnd darvor hielte daß er auff den höchsten Grad oder Staffel der vollkommenheit gelanget were / denn nicht allein deutliche Erklärungen vnd Versicherungen jhrer beeder Liebe war gegen einander verhanden mit Hertz / Mund vnd Hand bekräfftiget / sondern sie lebten darbey in guter Ruhe / Einigkeit vnd Ergetzligkeit bald mit lieblichen Discoursen bald mit sonst freundlichen liebreitzenden auffwartungen / bald mit Vereinigung jhrer Hertzen durch liebliche süsse reciprocirliche Kusse ineinander geschlossen vnnd in der Schoß sitzende vnnd mit der Delectirung welche inbrünstige Liebe erweiset / getrewe Liebe vermehret / Jungfräwliche Liebe zulässet / vnd die Beschwerungen der Liebe ersetzet vnd ergetzet / gar offt veränderte er nach anagramatischer Art vnd Kunst der Schäferin Namen / theils zu Kurtzweil / theils zu Ernst / jhrer beeder vereinigter Namenszeichen war so gemeine / daß sie beede es nicht allein in jhren Händen auff den Pallen geschnitten trugen / sondern auch an allen Orten vnd Enden der Wohnungen der Baume der Tische vnnd dergleichen eingrube vnd in Summa in den höchsten Grad bestunde: Bey solchen resoluirte sich vnser Schäfer inn angelegenen seinen hohen Geschäfften zu verreisen / kam aber innerhalb Monatsfrist wider / vielmehr von Hertzlichen Verlangen nach seiner liebsten zuruck eylend vermahnet / als durch seine Verrichtung darzu erfordert / die Schäferin hingegen hatte seiner wol wenige Gedancken / sondern erzeigte sich lustig mit offentlichen vnnd heimblichen sehr verdächtigen Täntzen / Gastereyen vnd dergleichen / darauß alleine jhr leichtes Gemüt zuverspüren gewesen were / wann man sonst keine Mittel gehabt / aber der Schäfer war so verblendet / daß er sich vor den Höchstgeliebtesten hielte vngeacht es jhme bey seiner Widerkunfft vertrawet warde / er aber entschuldigte es vielmehr als jhme wolgefällig vnd ein Jungfräwliches Exercitium welches Jungen Leuten wol anstünde / vnd sie befügt weren / nichts vngleiches noch verrähterliches seiner Schäferin inn wenigsten zutrawende: Nach dieser Widerkunfft bliebe er wider eine Zeit auff seinen zwey vnterschiedlichen Schäfereyen von einer zur andern wanderente vnd weil jhme viel schwere Verrichtungen seine Freundschafft betreffende mit vnterfielen /welche jhme zum öfftern grosse Arbeit vnd schwermütige Gedancken machten / warde er darob vervrsacht zum guten theil die übrige Galanisirung auff die Seiten zu setzen / mehrentheils inn schweren nachsinnenden Verrichtungen vnd Gedancken zu jhr begab / seiner Erquickung sich zu erholen vnd dardurch der Schwermütigkeit in etwas zubefreyen was vor ein lieblich erquicklich Leben das gewesen kan jeder vernünfftiger leicht ermessen / der wenigste theil solcher Zeit wurde mit Discoursen zugebracht / der meiste aber mit stillschweigenden jnnerlichen Seufftzen vnd stätigen anschawen der verliebten auch in jhrer Schoß sitzend oder ligend sich enthaltende / auff solche vnd dergleichen verliebte Art brachten sie in Jungfräwlicher Zucht einen zimblichen theil Zeit zu / vnd befande sich der Schäfer höchst Content weil er vermeynte die allergetreweste vnd verliebteste Damoisella an seiner Schäferin zu haben / vnd weil er vnvmbgänglich sich resoluiren muste / zu seiner Armada ins Feld sich zu begeben / erinnerte er solches zeitlich mit vielen wehmütigen Vmbständen wie schwer jhm nemlich die Abscheydung vnd Hinterlassung seiner Liebsten ankäme / in vergeblichen Gedancken stehende als ob dergleichen bey der Schäferin sich auch reciprocirlich finden möchte / darzu jhme dann Anleitung gabe / nit allein die biß anheroige contentirte actiones vnd daß sie in solcher lieblichen Zufriedenheit gelebt als wol nimmermehr einiger Liebhaber vor jhnen auff diser Erdkugel gelebt hätte / mit allen volkommenen vmbständen / so weit es ehrliche Liebe erfordert / auch weil sich die Damoisella erklärte / den Schäfer weit lieber als jhre leibliche Eltern / geschweigende Geschwistern oder andere in der Welt zu haben / deßwegen vnd darauff gegen den nehmenden Abschiede sie sich also verbunden vnd versicherten / einander trew / hold gewärtig zu seyn / vnd lieb zu haben / daß sie darvon auff dieser gantzen Welt nichts trennen noch scheiden solle weder Glück noch Vnglück / weder Leben noch Todt / weder Gegenwärtiges noch zukünfftiges / weder Gewalt noch Gedult / weder Reichthumb noch Armuth / weder Hoheit noch Verachtung / welches dann mit reciprocirlich gebender trew / Hertz / Mund vnd Hand / vnd tausendfältigen Küssen / die Götter zu Zeugen nemende / vnd den vntrewen / abtrünnigen / verrähterischen vnd meyneydigen theil zu jhrer schweren ewigen straffe übergebend hochbetewerte / bekräfftigten / auch also / daß sie darüber nit allein den Kuß beederseits Wangen / sondern auch deren Hände (dessen doch der Schäfer seiner groben Schäferischen Hand wegen lang weigerte) zum verknüpffenden Verbündnuß einander zutheileten / vnd weil hierauß die förderlichste Versorgung der Schäferin gnugsam zu nehmen ware / massen solch Versprechen mit sich brachte / hatte er darüber seine stättige vnd sorgfältige Gedancken / damit alles auffs beste bestellet würde.

Nach solchem Ergehen machte er sich allgemach zum Auffbruch fertig mit stättiger Schwermuth vnd Trawrigkeit deß Abzugs oder vielmehr hinterlassens halben Vmbfangen / es muste aber seyn / vnd solch heimlich Leiden nicht zu sehr an Tag geben werden / vnd weil gleich ein starcker antheil vnserer Reichs-Armaden in die Nachtbarschafft also kommen / daß auch vnser Vatterland demselben contribuiren muste / so wurde der Schäfer Ehrenthalben zu seinem Auffbruch desto ehe compelliret, Er nam den Abschied von der Schäferin deß morgens eines Tags der Veneri zugeeygnet / zwar zimlich vnversehens / vnd vngelegen / in gegenwart vieler frembder Leute neben deren Eltern / auch also / daß er zum Valete anders nichts als ein Stücklein Braunfarbiger Cordon von deme damit sie jhre Kleidung vnter der Brust eingeschnüret / abschnitte / vnn weils von dero zartesten Leib herkame / im Munde darvon truge / auch in solcher observantz hielte / daß er sich zeitwärenden außbleibens zum öfftern damit ergetzte / vnd endlich jhr vorweisende wider mit zuruck brachte / Also reisete er selbiges Tages noch fort / sie in dem Schutz der Götter hinterlassende / vnd in jhr getrewes Hertz sich befehlende. Der Schäfer verrichtete seinen vorhabenden Lauftf / vnd blieb geraume Zeit aussen / mit anders nichts als den Andencken seiner Liebsten / vnd daß er so ein getrewen Hertzfreund zuruck gelassen hätte / sich tröstete / welches jhme denn in seinen schweren melancholischen zum öfftern gantz contrarilauffenden Expeditionen alleinigen Trost gabe: Der Handel aber verlieff sich also / daß die so hochbethewerte Liebste zu Hauß bliebe / Ihren vermeynten Liebsten aber draussen sonder zweiffel vngeacht vnd vngedacht / alle vnglücks Bäche durchbaden liesse / sich daheim lustig mit Andern / so Mercurialisten als Martialisten vnd Ergetzendmachende / denn anderer heimlichen Bulerey geschweigende / Begab sich daß von der Hauptarmada dabey vnser Schäfer sich befande / ein Capitain neben einem Lieutenant vnn dem Maestrodelli Quartieri mit beyhabender Soldatesca auff etliche Zeit in die Quartier vnsers Paes geschicket waren / vnd darbey vnser alter Schäfer Cantandro mit Quartiern eines Corporals belegt warde / aber es stunde nicht lang an / sie wurden der Schäferin gewar / hatten auch von hören sagen der Mordischen Momis-mäuler Vrsach genommen / sich vmb sie zubekümmern / dahero stündliches Ein- vnd Außschwärmen spendiren vnd Galanisiren sich erhoben / daß auch bald der Capitain selbst / bald der Quartiermeister / am ernstlichsten vnd meisten aber der Lieutenant sein Quartier hinein machen wollen / vmb desto verdeckter Nacht vnd Tag der Kurtzweil beyzuwohnen vnd abzuwarten / jhren Eltern auch desto weniger beschwerlich oder verdächtig zu seyn / diß wurde in solchen Verdacht vnd üble Nachrede gezogen / daß auch bey der Armada der Schäfer dessen Nachrichtung bekam / vnd sich nicht wenig übel bey ohne das in andern mehrern widrigen ergehen / darob gehube / Er geriethe in schweres Nachdencken / also / daß er sich übel zufrieden geben wolte / In deme erfuhr er daß der Auffbruch selbiger geschehen / vnd fiele jhm wider zu Gemüthe die jederzeit gegen jhm gepflogene keusche Verhaltung / Sittsamkeit vnd Stille der Schäferin / auch der so hoch beschwornen bethewrten Trew vnd Liebe / vnd welcher gestalt jhme Momus vnd Fama das gezüchtete Bahr wol bekandt ware / Als fassete er ein besser Hertz / vnnd entschlosse sich in Schrancken seiner gebühr zu halten / weil er vnmüglich hielte / daß Vntrew darhinder stecken solte / In solchem gutem Vertrawen kam er endlich wider zuruck / weil der Winter schon guten theils verflossen / vnd die WinterQuartier der Armada nun außgetheilet waren / darvon er Nachrichtung hinterbrachte / auch von was Völckern wir in vnser Landschafft würden belegt werden / mit frewden vnnd ohne einiges argwöhnisches Nachdencken empfieng er die Schäferin / als seine Liebste vnd deren allerseits Angehörige / wurde auch anderst nicht scheinend als hinwiderumb von jhnen allerseits mit vorgebender Frewde empfangen vnd vmbfangen / Nach gehaltener Frage wie es beederseits ergangen were / kam die Mutter vnserer Schäferin mit der Vorklage / vorgebende / welcher gestalt sie mit Quartiern belegt / vnd immer so Ein- vnd Außlauffens / daß sie auch die Tochter an andere Ort zu verschicken gewolt gewesen / der Schäfer vexirend hielte sie alle etwas auff / vorgebend Er von dieser Leichtfertigkeit vnd Löffeley bey der Armada erfahren hätte / was darvon gesagt würde / zumal vnter den Soldaten köndten sie leicht an Fingern abzehlen / dergestalt würden sie bald in gantzen Landen vnnd vnter allen Armaden bekandt werden / gleich wie Andere in jhrer Nachtbarschafft / nicht geringer were daß jhme dem Schäfer solches zu grossem despect gereichete / in deme er eine solche Dama mit grosser Arbeit vnnd mühesamen Auffwartung liebete / die schandbarer Löffeley halben in allen Orten berühmbt vnd bekandt were / es würde der gestalt auß zwey Bösen eins vor Gut erwehlt / vnd eine andere Resolution welche sie etwan gerne sehen / sonder zweiffel auch darumb dem Schäfer alles widriges vnd leydes anthäten / gefast vnd angegangen werden müssen: Mutter vnd Tochter entschuldigten sich hierauff Höflich / mit begehren / solche vngleiche Gedancken über Sie / vnd daß sie nicht wüsten was sie thäten / nicht zu haben / die Schäferin auch gleichsam sich zornig stellende / den Mund über sich werffende / gab zu verstehen / daß es jhr zu Hertzen gienge / vnd sie den Schäfer zu Eyfer zu bewegen beliebung / denn anstatt sie eines vnd das andere entschuldigen solte / thät sie es vielmehr bejahen / noch mehr darzu reden / vnd sich zimlich hönisch beweisen / der Schäfer aber welcher sich vor jhren Zorn vnd Vngnad mehr als vor deß Gottes Jovis fürchtete / betrachtete bald wie schwer solche außzuwetzen were / so dorffte es in seinem Hertzen nicht viel entschuldigens / es ware schon entschuldiget / Derhalben fieng er an jhnen solches zu verstehen zu geben / sagende: Daß seine Trew / Lieb vnd Beständigkeit also gegründet were / daß sie sich solchen Vorgeben noch Vorhaben nicht bewegen liessen / er trawe seiner Schäferin viel ein anders / ja alles Liebes vnd gutes zu / so solten sie nicht gedencken / daß sie jhn so bald zu Eyfern bringen / vnd jhn dadurch außzulachen bekommen solten / er were in diesem passu so kalter vnn Phlegmatischer / anders theils aber so Hitziger vnd Sanguinischer Complexion, daß er auch so fundirt were / vnd sie also liebete / daß / wenn er auch darzu käme / einer bey jhr an der Seiten zu Betth lege / dannoch darüber / ob es wol etliche Nachdencken hätte / nicht eyfern sondern jhr alles Liebes vnd Redliches / jhren hochversicherten versprechen nach / zutrawen wolte / was er jetzo erwehnet / were mehr auß vexation als einigen Vnwillen oder Mißtrawen geschehen / Also wurden diese Mißverständnussen auffgehoben / vnd bliebe der verbländete Schäfer in seiner erblindeten Liebe / vngeacht er sonst in andern Fällen zimlich scharffsichtig vnd nachsinnig gnug ware / So viel er von seinen obhabenden Kriegs-Expeditionen abbrechen kondte / enthielt er sich mehrentheils bey seiner Schäferin / nach als vor.

Es verflossen aber wenig Tage / daß die Quartier der Armada, wie der Schäfer zeitlich berichtet hatte / bezogen worden / vnd vnsere Landschafft jhren starcken Antheil auch darvon bekam / nemlich eine Compagni Infanteri, der Schäfer bearbeitete sich / jedoch heimlich / daß seine Schäferin vnd die Ihrigen mit würcklicher Quartierung verschonet bleiben solten / welches auch etliche Tage geschahe / weil aber die Zahl der Soldaten zu- der Vatter aber deß Wercks sich nicht anname noch vorzubawen Obacht hatte / vnd der Schäfer es offentlich nicht wol thun dorffte / wurde auß solcher Verwarlosung oder vielmehr eygener jhrer Beliebung / jhnen von solcher Compagni der in der Lutronimia erfahrne vnn darauff bestellete / mit seiner Pagagi jhnen eingelegt / jedoch hatte er seine vor diesem mit sich geführte Concubina, mit welcher er an vnsern orten bekant war / vnd zuvor Kindtaufe daselbst außgerichtet / nicht bey sich / der Venerische jhme anhangende vnserm Schäfer bekandte Humor gab etwas Nachdencken / doch getröstete er sich in vnd über allen der Schäferin vermeynte Redligkeit / das Galanisiren fähet an so bald er ins Quartier kommt / vnser Schäfer erinnert Sie sämptlich seines berühmbten vnd bekandten leichten Gemüths / vnd weil sich der Schäfer seiner Gewonheit zu wider an jetzo zimlich vnter die gemeine Soldaten machte / welche wie auch der Einquartierte Lutroxius noch andere Officieri damals von vnsers Schäfers Liebe noch Vffwartung nichts wusten / erfuhr er die machende Anschläge auff solch Quartier vnd vnsere Schäferin / eine gute Zeit desto leichter / welchen er gemeiniglich vorzukommen sich bemühete / oder aber die seinigen zeitlich warnete / oder es sonst impedirete, dann er seine Liebe auch gegen diese gerne heimlich gehalten hätte / weil es aber außzubrechen vnd die Officieri vorsichtiger zu gehen begunten / wolte der Schäfer auch einen andern Modum ergreiffen / dann es jhm schimpfblich fallen wolte / gar zu offentlich Ihrer sich anzunemen / auch etwas zu hintertreiben / darzu sie in gesampt selbst lust hatten / Weil aber gleichwol seine Reputation darunter zu versiren begunte / resolvirt er sich das / denen Officirern vnnd Soldaten gab er resolut zu verstehen / daß diese Leute seine sonderbahr gute Freunde vnd redliche Leute weren / derhalben er sich jhrer anneme / auch also / daß / da jhnen was widriges geschehe / er es darvor hielte / als jhm geschehen / vnd solches reuanchiren wolte / gegen die Schäferin / als auch die Ihrigen / sagte er / die Sache der so grossen Gemeinschafft in jhrer Wohnung bey Tag vnd Nacht / vnd daß sie es nicht enderlen / daß es doch gantz füglich vnd wol thun / auch bey der Obrigkeit die Entledigung zu wege bringen köndten / gebe nicht allein ein scharffes Nachdencken vnnd Argwohn / sondern sein deß Schäfers Repudation lidte darunter Schaden / wenn er hören vnd sehen solte wie so verdächtig vnd übel Haußgehalten würde / Were derhalben an deme / daß er es jhnen erinnert haben / vnd nun mehro sehen wolte / ob jhnen in gesampt vnd zu förderst der Schäferin mehr an jhme dem Schäfer / oder aber an solchen vagabundirenden elenden Gesellen gelegen seyn / vnd ob sie deß Schäfers Freundschafft behalten oder verliehren wolten / mit Soldaten viel vnd vnordentlich vmbzugehen / were Ehrlichen FrawenZimmer die zumal jhre gewisse versicherte Liebhaber hätten / eusserst verdächtig / man käme dadurch bald ins Geschrey nicht allein im gantzen Lande / sondern auch bey allen Armaden, wie sie dessen lebhaffte Exempel an jhrer Seiten vnnd noch mehr in jhrer Nachtbarschafft hätten / Er selbst were ein Soldat / gienge doch nicht allemal gerne mit jhnen vmb / dann sie rühmbten sich gemeiniglich mehr als die Thaten weren / Er wolte sie dessen außführlich erinnert haben / vnd nunmehro zusehen / was sie in dieser Sache thun oder lassen würden: Sie entschuldigten sich hieraufs alle auffs höflichste / mit vorgeben sich deß Schäfers erinnern nach schon in acht zu nehmen wissen wolten / vnterdeß würden sie doch die beschwerung deß Quartiers im Hause behalten müssen: Es verlieffen nicht zwen Tage / so hatte der Einquartierte etliche seiner Cameraden zu Gaste an einem vngewönlichen Saturninischen Abende / von vngefähr kompt der Schäfer seiner Liebsten auffzuwarten / jhnen vnvermerckt / zu jhr / ware auch gewilt alsbald wider wegzugehen / wann es gleicher gestalt jhnen vnvermerckt geschehen hätte mögen / In deme er sich aber dieser Vrsach halben etwas enthält / vnter deß der Trunck Jene eingenommen / wird er gewar daß sie gar starck vnd mit etwas vngestümm nach der Schäferin zu fragen anfahen / wiewol sie vorher mit Glimpff auch stättig nach jhr sich beworben / mit vorgeben daß auch kein vnzüchtig Wort solte von jhnen geredet noch sie oder jemand wider jhr belieben von jhnen beleidigt werden / neben grossen Versprechungen dem Vatter vnnd Mutter gethan / wie sie in einem vnd andern jhnen dienen vnd beförderlich seyn wolten: Vnserm Schäfer machten diese Sachen zimliche Grillen / darzu dann kam / daß bey der Kurtzweil die Eltern von solchen Charlatanischen Quacksalberischen Auffschneidern sich einnemen scheinen liessen / ob hätten sie lust die Tochter diesen verdächtigen Leuten vnnd Trunckenpolten zu zu führen / die Mutter auch kommen / vnd der Tochter solches vortragen dorffte / mit befahrung es möchte schwärmerische Vngelegenheit darauß entstehen / Solches alles mißfiele dem Schäfer sehr / zumal daß es auch schiene sie so wenig Vertrawen zu jhm jhre Tochter bey jhm oder in seiner Versicherung gegen allen vnbillichen Gewalt / so jhr vnd jhnen allerseits entstehen möchte können / zulassen / Er entrüstete sich darüber bald / vorgebende / Sie solten sie hinführen / zu jhm aber ja nimmermehr widerbringen / weil er sehe / daß kurtz zuvor gemachter Regul nach / jhnen mehr an diesen verdächtigen Leuten / als an deß Schäfers versicherten Redligkeit gelegen were / Weil aber Mutter vnd Tochter das Werck weiter bedachten vnd es so plump nicht zugehen dorffte / bliebe sie bey dem Schäfer / der Schäfer hingegen ob diesen schweren Verenderungen bestürtzt entschlosse sich da zu verharren / den Fort- oder Außgang dieser Comædia zu erwarten / resolvirt sich vnd seine Liebste als auch die jhrigen mit der Gewalt deß Rapiers zu erretten / vnd das so er vorhin gesagt / mit dem Effetto erweisen wolte: Noch schmertzlicher ware es daß der Einquartierte mit einen liecht neben der Mutter alle Zimmer der Wohnungen durchgienge vnn die Schäferin gleich mit gewalt suchete / weil er aber zu jhnen nicht kam / der Schäfer damals auch nicht wuste worauff die Vmbsuchung angesehen / bliebe die machende Vngelegenheit vnterwegen / Gleichwol wurde der Schäfer deß darauff folgenden Morgens im Betthe durch frembde Leute / weil schon weit außgebreitet ware / verständigt: Ob hätte die Mutter zu Stillung der Importunität dieser Leute gesagt / daß der Schäfer bey jhrer Tochter in einem Zimmer / dannenhero sie die nicht wie sie neben jhrem Manne gerne wolte / jhnen zu führen köndte: ware der Schäfer nun hiebevor perplex, so geriethe er dardurch in weit grössern Jammer / vnd solches dieser zweyen wichtigen Vrsachen halben: Dann einmal wurde dadurch gantz ruchtbar / Er die Schäferin liebte / vors andere / daß die Schäferin in Gefahr vnn weitleufftigkeit gerahten were / wann er es mit seiner Anwesenheit vnnd Hinderbleiben nicht verhütete / darzu dann kam / daß der Schäfer spürete / die Schäferin nicht wenig lust zu solchem Handel hatte / vnd lieber bey dem vnordentlichem seeden schwärmenden Bachi vnd Veneris Knechten / als bey jhme ware / wann sie es eusserst gezwungen nicht thun müssen / sondern ein vnlaugbares Gemerck war dieses / so doch der Schäfer damals nicht observirte, daß sie jhme denselben gantzen Abend nach dem / vnd die übrige Zeit jhrer Beywesenheit nicht das geringste weder mit Reden noch lieblichen Liebes wercken jhrem hergebrachten Ehrlichen vnn züchtigen Jungfräwlichem Gebrauch nach zu Willen ware noch seyn wolte / welches er sich hernach erst erinnerte wohin es gemeynt gewesen! Deß draufffolgenden Tages ließ er seinen gefasten Vnwillen durch vermittlung einer WeibsPerson der Schäferin hinterbringen / auch was vor leichte Wäscherey vnter den gemeinen Volck were angestifftet worden / dann es noch nicht Morgen warworden / da hatten die Gäste hernach der Einquartirte Wirth selbst jhren Officirern gesagt was vorgangen / vnd die Eltern / zu letzt die Mutter vorgeben / von denen vnd sonst der Schäfer es bald wider erfuhr / Abends begab sich der Schäfer selbst zu jhnen / Aber sie kondten jhm also begegnen vnnd Augenklar ein ding auß dem Sinn reden / daß er sich darob auch leichtlich zu frieden gabe vnd überreden liesse / wann er zumal seine Liebste / dero Schönheit vnd holdseelige Geberden ansahe / ware jhm vnmüglich daß er etwas vngleiches gedencken oder ein vngetrews Hertz in jhr suchen köndte / so innbrünstig getrew war er / vnd kan hierauß die Macht der Trewverliebten jederman erkennen / die da also gegründet / daß / wann sie auch mit sichtbarn Augen vnd hörenden Ohren was verdächtiges von jhren Geliebten vernommen / dannoch vor anders nichts als billiche vnd Göttliche dinge gehalten / vnd jhren Geliebten zu gutem / ja zum besten außgedeutet / Also blieb er nach als vor getrew vnd beständig verliebt / seiner habenden Versicherung vnd der Schäferin Redligkeit sich versicherende / deßwegen Er es wenig achtete / ob gleich viel hohe Officieri vnd andere Frembde vnd Inligende früh vnd spat ab- vnd zugiengen! Mit zunemender Zeit der Kundschafft dieser Leute nahme aber auch zu die Kundschafft mit der Schäferin / vnd hörete vnser Schäfer zum öfftern wider von Anschlägen discurriren wie sie bald durch sich selbst / bald durch frembde Gäste / bald durch vnteutsche Außländische VenusBrüder jhr nachstelleten vnd das der Schäferin vnd den jhrigen wol damit seyn muste erkennen lernete / weil sie solches alles Consentirten als wol gethan vnd zu jhren grossen gefallen geschehend spüren dargegen erscheinen wolte / als ob sie den Schäfer vnd seiner Trew nit mehr groß achteten / daß auch nicht wunder noch vnmüglich / daß das getrewe Blut nicht dermal eins zu eyfern anfahen solte / die zufällige Vrsach war vnter andern vielen / daß die Schäferin wider deß Schäfers Rath sich vnversehens durch mehrgemeldeten Inheimischen Lutroxio einen Zahn außreissen liesse / welches vor jhm wol verborgen geblieben wann der Schäfer nicht von vngefehr zu wärendem actu kommen vnd eben das klägliche winsseln über den Schmertzen mit angehört / welches jhme ehe er erfuhre was es ware andere Gedancken gabe / ob nun er gleich wegen nicht gefolgten Raths etwas Melancholisch so vervrsachte doch das klägliche Geberden der damaligen Patientin daß er mit jhr Mitleiden truge / die Vrsach aber zu eyfern war neben diesen die meiste / daß der Künstler den herauß gerissenen Zahn lange mit sich herumm truge jederman sehen liesse vnnd vor ein Zeichen grosser Gnaden hielte / auch daß er sich darbey rühmete den Schäfer grossen Eintrag gethan vnnd etwan mehr favor als er selbst zu haben vorgebende / welche alles dann gar bald wider vor den Schäfer gebracht worden / daher er vervrsacht den Zahn von jhr zu bitten / so er auch erlangte vnnd hernach lange Zeit stätig im Mund spielend führete andern wider zur Vexation daß er nemblich der Victor were vorwiese vnnd zu einem Gnadenzeichen bey sich führete / der Meynung daß er dennoch bey sich haben vnnd führen werde / durch was Mittel aber sie denn von Lutroxio bekommen ist vnbewust / möchte sich aber doch von Argwöhnischen Leuten drumb bekümmert werden / vnser Schäfer hatte vor dieser Zeit vnterschiedliche Discurs geführt über den Eyfer / welcher vnter Mann vnnd Weib / Jungfrawen vnd Jungengesellen zu entstehen pflege / darüber auch zum öfftern in tieffe vnnd schwere Disputationes gerathen / in dem er jederzeit statuiret vnd behauptet / daß vnmüglich were / wo nur einige affection oder Zuneigung geschweigende rechtschaffene Trew vnd innbrünstige Liebe es jemals zu einigen Funcken des Eyfers gerathen könne / denn die Lieb solches nicht zulasse / alldieweil durch dieselbe der Liebhaber seinem Liebenden theil sich gantz ergibt vnd zu eygen machet / so wenig nun eine Person über sich selbst oder über einen Theil seines Leibes oder Gemüts eyfern kan / also wenig auch über seines Liebsten Liebenden theils verhalten oder verfahren eyfern könne / in Gegentheil thäte er es vnnd eyferte drüber / so müste keine Liebe vielweniger Trew oder affection da seyn / sintemal man wol wüste welches die rechten Eygenschafften der Hertzlichen Liebe weren / vnd die es nicht auß eygener Erfahrung dannoch auß Theologischen vnd Politischen vielfältigen Schrifften wüsten welcher gestalt darinne grosse langmütigkeit vnn freundlichkeit / ohne mutwillen vnn vffblehung / ohne vngebertigkeit vnn erbitterung / ohne schaden stifftung vnnd vngerechtigkeit mit erfrewung über die waarheit / mit allerley Vertragung / Glaubung Hoffnung vnd Erdultung ohne Müdigkeit in grosser Inbrunst vnd Hertzenstrew bestünde / wo konnte nun der Eyfergeist raum haben: Hierauff wurde dem Schäfer von scharffen Disputatorn eingeworffen / vnd a contrario statuirt, daß der Eyfer von Liebe herkommen müste / Vrsach wann man ein Ding nicht Liebe so eyfer man auch nicht drüber / es möchte denselben wol oder übel gehen / so habe man keinen Kummer drüber / es möge sich gebürlich oder vngebürlich verhalten / so frage man nichts darnach / Es möge denn Narcissum oder Æsopum lieben so habe man keine Sorge drüber es möchte leben oder sterben so halte man darvor es widerfahre jhm anderst nichts als was der Lauff der Natur mit sich brächte.

Im Gegentheil eyfere man so müsse man auch lieben / deßwegen zu geschehen pflege daß der Eyfer gleichsam einer leiblichen Vorsorge gleich geachtet werde / damit den Liebenden nichts widerwertiges beleidigen könne / oder möge / will sich was ereygnen so sucht man alle Mittel vnd Wege solchen vorzubawen oder den schon eingerissenen wider abzuhelffen / solte auch mit grossem Nachtheil geschehen / vil weniger könne einige Person in der Welt leiden daß das was er zu besitzen gedencket / ein Anderer zur Vngebür sich anmassen solte / welches man auch sehe an deß Menschen vnvernünfftigen Vieh / Thieren vnd Mobilien / daß er sich darinne weils jhme Legitimè zuständig nicht Einträg thun lasse: Wie vielmehr an liebenden vnnd erquickenden Menschlichen Hertzen: Daß die Liebe den brennenden verzehrenden Fewer verglichen würde auch alle vergleichende Eygenschafften hätte / dürffte keines Streits sondern were bekannt gnug / ist dem nun also so vergliechen wir gar endlich vnd billich die auß solchen verzehrenden LiebesFewer verbleibende Aschen / denn auß der Lieb herrührenden Eyfer vnnd wie kein Natürlich Fewer ohne Aschen also auch keine Liebe ohne Eyfer seyn könne. Hierauff vnser Schäfer denn replicando geschlossen daß es zwar an deme die Aschen von Fewer herkomme / aber dero Eygenschafft betrachtende were solche dem Fewr gantz contrari vnd zu wider denn Jederman wüste / daß das Fewer brünstig / hitzig vnd verzehrend / dargegen nichts kälters noch kühlenders als die Aschen / wanns mit den Eyfer auch also beschaffen weren sie dieser Strittigkeit eynig vnd liessen sie die Liebe dem Fewr / den Eyfer der Aschen gleich geschaffen beruhen vnd vergliechen / vnd würde darbey bleiben daß Liebe vnd Eyfer in jhren Naturen so weit von einander als Fewer vnd Aschen / vnd wo Eyfer ist / da ist keine Liebe sondern vielmehr ein bitterer Haß / auß solchen Disputationen nahm vnser Schäfer Vrsach den in seinem Sinn jederzeit verdächtig gehaltenen vnd Feindschafft getragenen Eyfer die Aschenfarbe Liebe oder auch den Aschenfarben Eyfer zu nennen / alldieweil es eine dem Eyfer zugethane Liberey als der da Melancholisch blaß / Wohnwitzig vnd endlich todt machet. Solche vnnd dergleichen mehr Disputirliche Discurs hab ich offters von vnserm Schäfer gehöret vnd hieher in etwas entwerffen wollen so viel zumal zu vnserm Propo dienlichen / sintemal ich nit weiß ob der Schäfer da er die Augen zu eröffnen vnd jhme der Eyfer das Gemüt einnehmend zu scheinen begunte / mehr in so hertzlicher verzuckter Liebe wie vorhin mag gewesen seyn / zwar hielt er sich noch stättich in Auffwartung seiner Liebsten / daß es aber mehr auß gnugthuung seiner seines Orths gethanen Versprechung als auß Liebe geschehen / halte ich fast ohne Zweiffel / er fienge wiederumb ein newes leiden an nach dem seine Contentirende Ergetzung wenig zeit gewehret oder so zusagen den Anfang noch nicht erreicht hatte vnd solches nicht soviel über seine Vnglückseeligkeit wie vorhin sondern vielmehr über seiner Liebsten scheinende meineydige Trewlosigkeit / solches verhielte sich dergestallt / es befande sich daselbst ein Jungergesell / so zwar ein Officier war / aber sonst vnsern Schäfer so gleich / als den Schäferischen Diensten nach zu rechnen war er weder vor ein Schäfer noch Meisterknecht noch Lämmerknecht zu gebrauchen noch zu halten / sondern wanns hoch kompt vor einen Hemmelknecht zu achten / solcher / nach wenig angewendeter Mühe sondern alleinigen Courtesieren, gerahtet in vnser Schäferin höchsten Favor, der Schäfer wolte es anfangs nicht glauben konte auch wol geschehen lassen / ohne einigen Eyfer daß er bey jhr ab- vnd zugienge vnd zu gast gehalten wurde / endlich aber wurde die Freundschafft zu familiar vnnd zu groß vnd zumal darinne wie jetzo zu vernehmen seyn wird / denn es hatte sich derselbe Hemmelknecht mit den seinigen weg begeben / darüber / Nach dem er von vnser Schäferin zum Valet beschencket vnd schon Abschied genommen / dannoch gerne noch einmal einen erquicklichen Abschied zu nemen suchte / welches vnser Schäfer durch subtile Mittel allein verobhinderte / darüber sage ich hätte die Schäferin grossen Kummer / also / daß auch wer sie oder die jhrigen sahe die getrewen Hertz gegen jhme bald ansehen mochten / deß andern Tages nach solchen Abreisen war wie es Abend vnser Schäfer bey jhnen / aber sie achteten jhm nicht so gut mit jhme zu reden / noch Platz in Hause zu vergönnen / sondern eines gieng da das andere dort hinauß den Schäfer schimpffend vnd allein lassende biß er trucken vnnd dürre wurde / was geschicht folgenden Tages kam vnser mehrgenambter Hemmelknecht sonder zweiffel auß reciprocirlicher Söhnung nach Geilheit darzu veranlast / bey guter Zeit wider zuruck / nicht ohne Entsetzung vnsers trewliebenden Schäfers / so wol deß gantzen Landes / weil er keinem theile etwas gutes mitbrachte ob zwar in vngleichen Sachen / die doch dem Schäfer so sehr betroffen vnnd zu Hertzen giengen als der andern keinen / in voller Curier kam er einher gehawet / vor der Schäferin Wohnung sich præsentirende / allda er mit hertzlichen frewden vnd wolkommen nit allein empfangen / sondern alsbald zur Collation zugeschickt wurde / der Vatter war in Amptsgeschäfften abwesende / die Mutter lieff in der Nachbarschafft fern vnnd nahe herumb einzuholen den so wolkommenen lieben Gast nach Überfluß zu tractiren / vnter deß hält er mit vnserer Schäferin alleine hauß / vnd das so lang vnd vil biß sie beederseits jhr genügen vollbracht hatten / daß er auch von jhr war gangen ehe die Mutter noch sonst jemand war widerkommen / An solcher verzehrten Collation war es nicht genug / sondern er wurd ordentlich ersucht bey der Abendmahlzeit wider zu erscheinen / weil dann der Appetit nit böß noch klein seyn können / die Tractamenta vor einen solchen Gesellen viel zu delicat, kan man leicht erachten / daß es vielles bittens nit bedorFte / Ich hätte es selbst angenommen vnd mich nicht lange bitten lassen; Nach solchem gehet der mehrberürte Hemmelknecht in sein Logiament auffs höchste content, wie sie pflegen / bald singt er / bald pfeifet er / bald erweist er sich sonst auffs lustigste / bald schnipt er mit den Fingern in die höhe / vnd singt:

 

Ich bin von Flandern /

ich gehe von einer zur andern

 

(dann er nichts bessere gekondt) seine Wirtin verwundert sich über solche vngewöhnliche Frewde / kan nit vnterlassen jhm auß freundligkeit zuzusprechen vnd zu fragen / woher jhm doch so grosse Frewde entstünde / Er seiner Schafknechtischen Art nach gesteht vnn redet gleich zu / er seye da vnn da gewesen / sich tapfer ergetzt vnd lustig gemacht / darüber sey er so wohl vergnügt. Die Wirtin antwortet / Ey wann das jhr Schäfer der vnd der erführe / was würde er dazu sagen? Der Hemmelknecht in frewden übernommen spricht: Was er darnach frage / er möchte sagen was er wolle / er hätte sein vergnügen vor sich / Nun ziehe er darvon / verwundere jhm daß der Schäfer so über sie gehalten habe / da doch jhr will nicht darbey were / vnd er es viel leichter hätte / nach solchem kompt er zu vnserm Schäfer / der hält aber den Hemmelknecht mit fleiß auff / vmb so viel müglich die Zeit vergehend zu machen / vnd alle gelegenheit zu argwohn vnd einträglichen schaden abzuschneiden / also / daß es als eben in den langen Mäyentagen schon nacht gewesen / da er sich dann länger nicht auffhalten ließ / sondern zu vnserer Schäferin widerkehrete / Kurtz davon zu reden / weils nicht gar anmütig / so ist er hernach selbige Nacht zum drittenmal in der Mittemachtstunde auffs heimlichste vnn stilleste in gröster dunckelheit zu jhrer wohnung eingekrochen / darvorhaltende / daß damals weder Vater noch Muter was darvon erfahren / sondern sie beyde jhren geylen Bulerischen Abschied biß gegen den morgen zu ende gebracht. Solche so vorneme tractationes hatte der Hemmelknecht seinen Qualitäten nach gleichwol auch nit vnbelohnet gelassen / mit solchen Præsenten nemlich / welche man nicht Damoisellen, sondern vielmehe Bettelleuten die Pr. L'amor di Dio anfallen zu reichen pflegt / über das auch von andern ehrlichen Leuten erst entraubt vnd dahin præsentirt worden / daß mans dem Comisshauß nit vnbillich vergleichen kan / so waren auch dieses sonderbare Galans Faueurs daß er jhnen vnd jhren nechsten Anverwandten das jhrige liesse vnd nit entraubete / dardurch er sein danckbares Gemüth erwiese / in dem aber die guten Leute suchten eine alte Kuhe zu erhalten / haben sie dargegen eine junge Kalbe in die schantz geschlagen / wo nicht gar verlohren: Solches alles vnd anders viel mehr (welches diß Orts wissentlich vnd geliebter kürtze willen übergangen / vnd darvor gehalten wird daß dieses zum außführlichen beweiß vnsers Proposito überflüssig seye) erfuhre der Schäfer gar bald dann weil selbige Nacht grosse vnruhe / gefahr vnd vnsicherheit vorhanden / ware jederman alart, vnd gabe auff deß andern vorhaben desto genawere achtung / so gienge vnser Schäfer selbst herumb / damit jhme das / so er mit sichtbarn Augen sahe / nicht betriegen köndte / Er hatte vorhero vmb mehrere vergewisserung vnd annoch bezeugenden getrew beständigen Gemüths willen die Schäferin vnd alle die jhren selbigen Abends der vorgestandenen gefahr halben sich in acht zu nemen warnen lassen / auch begert die Schäferin zu jhme biß solche vnruh worüber / zu schicken / oder aber jhnen von den seinigen SalvaQuardia zu geben / oder da sie es begerten / er sich selbst zu jhnen verfügen sie allerseits in Schutz vnd andere Sorgnussen übernemen wolte / Aber da ward eines so wenig als das andere / viel weniger das dritte oder vierdte beliebet / denn sie hatte jhre SalvaQuardia bey jhr / vnd wo nit näher / doch an der seiten / das doch der Schäfer damals fast noch nicht darvor hielte / Bey solchem ergehen aber muste der Schäfer wol gewar werden welcher gestalt er betrogen / vnd launisch daß er es nicht ehe als anjetzo zu seinen schweren vnd aller Welt bekandten schandbaren schaden verstehen wollen / dann er sich jetzo erst erinnerte / daß sieder der Ankunfft dieses Gesindes sie jhme mehr Feindseeligkeit als Freundseligkeit erwiesen / in jeden vnd allen jedesmals starck zuwider gewesen / sich vor jhm verstecket / verschlossen / vnn jhre Liebe gantz vor jhm abgewendet hatte / deßwegen er sie doch jederzeit bey jhme selbst entschuldiget ob geschehe es anderer Vrsach vnd verrichtungen halben / vnd daß er wol wuste / man nach der Jungfrawen heimligkeiten nicht fragen solte / Er erinnerte sich welcher gestalt er offt da gewesen / daß sie jhm nicht vnter Augen kommen / oder doch da sie kommen / kein Wort mit jhme geredet / viel weniger jhn gewürdigt ein vertraulichen Liebesdiscurs mit anhängendem Küßlein von jhr erhalten zu lassen / jhme fiel weiter bey / wie daß da er offtmals auffs heimlichste in jhrer Wohnung gewesen / sie zu zeigen nicht allein gethan als wann sie es nit wüste daß er vorhanden / jhn dannoch stehen / trucken vnd dürre werden / endlich also wider davon wandern lassen / sondern auch so bald er etwan von vngefehr vorhanden ware den Einquartierten ein geschwindes Zeichen geben daß der Schäfer vorhanden / vnd sie sich nicht etwan sie verdächtig zu machen vertieffen solten / biß sie jhn wider abgeschafft hätten / dann so bald sie merckten daß der Schäfer in der nähe hielten sie anderst mit einander hauß als sonsten / Ihme dem Schäfer gienge durchdringend zu hertzen / daß sie einsmals bey einer Collation sich mit den Einquartierten vertiefft hatten daß er jhnen allerseits lose Wort solte gegeben haben / vnd dannoch der Schäfer es hernach über sich nemen müssen / ob hätte die vnschuldige Seele viel vngebürliches von der Schäferin in gegenwart der Soldaten geredet / anderst aber zu keinem Ende / wie es hernach der Außgang gewiesen / als jhne zu ängstigen / oder seiner sich gantz zu entbrechen / desto bessere gelegenheit zu überkommen / jhrer Bulerey desto vngescheweter vnnd vngehindert nachzusetzen / dann daß sich es also nit gäntzlich wie jhme vorgebracht verhalten können / war darauß abzunemen / daß weder die Schäferin vor sich solches gegen den Einquartirten noch durch die jhrigen entschuldigen / noch auch dem Schäfer davon zu reden gestatten wolte / vnterdeß aber machte doch deß Schäfers vorsichtigkeit diesen Anschlag sich dardurch von jhme loß zu eissen nit allein zu nicht (welches doch vor jhm weit besser gewesen / vnn er hernach die vnglücklichen drauß entstandenen Zufälle nicht erfahren dörffen) sondern verursachte vielmehr auffs newe Verbündnuß / ja als mit weinenden Augen vnd Hertzen entschuldigte er seine Vnschuld mit auff den Knyen ligend aufgerichteten Fingern vnnd andern darzugehörigen Ceremonien geleisteten Eydschwure sagte er die Waarheit / darneben vnd auch schrifftlich versicherte er sie seiner hertzlichen ewigen Trewe / mit vorgeben / daß sie dardurch jhme mehr würden zu glauben haben / als einen andern vagabundirenden Landlauffer / Ihme fiel bey wie vor wenig Tagen eines Abends / da ein Bachanalisch Fest deß Mayens celebrirt wurde / sie demselben auch lange nachgelauffen ware / daß seine Abgefertigten sie zu etlich malen nicht einheimisch fanden / hernach da er zu jhr kam / sie sich so vnfreundlich gegen jhm bezuygte / daß sie jhn auch nit in jhr Zimmer begerte kommen zu lassen oder mit jhm gehen wolte. So war jhm gesagt worden / welcher gestalt sie in dem gemeinen Bad gewesen / vnd so bald der vornerwähnte Hämmelknecht es erfahren / neben andern seinen Jovisten sich dahin begeben / vnd gantz entblöst vnd nackend im Bad herum getantzt / über dieses alles jhme sehr nach dem Hertzen tratte / daß diese vnd dergleichen Schandthaten jhnen so wol vnd weit besser gefielen / als eines redlichen Gemüths redliche Thaten / sie auch darzu nicht einsmals scheel sahen / sondern jhnen als was sonderbares wol belieben liessen / dannenhero nunmehro leichtlich jhr Gemüth vnd wieviel es geschlagen / zu erforschen / Ferners hatte er erfahren welcher gestalt die schäferin bey dem Hemmelknechte vnd andern losen Gesinde offt vnd viel alleine in jhren Wohnungen gelassen worden / auch bey den Einquartirten / welches Zeitwärender kundschafft nicht ein einigmal vnserm getrewen Schäfer zugelassen / zwar auch von jhme nicht sonderlich begert worden / ja er wurde bericht / daß wann die Eltern dem Gottesdienst beywohneten / sie beyde allein beysammen zu Hauß gelassen wurden / da sie in einer Revier wohneten / vnd nemlich deß einquartirten Soldaten Zimmer vnverschlossen / der Jungfraw Zimmer vnfern darvon / vnn also daß sie einander auch mit reuspern ruffen können / gantz offen vnnd bloß / vnd also allen Leichtfertigkeiten gnugsame Gelegenheit gegeben worden / wie dann auch nach solchem wolverhalten er so vil verdienet / daß dem Schäfer zu alleinigen Trutz vnd Hinderung / jhnen aber zu besserer Bequemligkeit ein eygen Zimmer mit allen den besten Zugehörungen eingeraumbt ware / welches sich der Schäfer hiebevor gebraucht hatte / Welcher gestalt bey solchem ergehen sich deß Schäfers gantz nicht mehr geachtet warde / ist vnschwer zu ermessen / das gab noch mehr zu erkennen / daß durch solch übel verhalten er der Schäfer auch bey den Soldaten in verachtung kam / sintemal er sich hiebevor erklärt hatte / jhrer aller in allen dingen sich treulich anzunemen / nunmehr aber an dem ware / daß sie solcher seiner Annemung nicht begerten / weil sie andere Courtesanen zu gebrauchen / ob gleich wenig zugeniessen / darbey sie sich den Soldaten rotundè erklärt hatte / sie frage nach jhrem Schäfer nichts vnd achte seiner wenig / köndte auch seiner wol entrahten vnd gleich so wol vergessen / Weil dann der eygen gemachten von beederseits beliebten Regul so schnurstracks widerlebt wurde / bestehende / daß nach deme sie jhnen würden belieben lassen / entweder vnsern Schäfer als einen auffrichtigen getrewen bekandten vnd vornemen Liebhaber / oder aber die andern zu belieben / sie sich durch jhr verhalten bezeugen vnd demselben nachgegangen werden solte / sie also auß dem sinn gesetzt / vnd ein anders beliebt / dardurch sich seiner entschlagende / so hat der Schäfer sich endlich daß auch belieben lassen müssen / dann die Waarheit zu sagen / sahe es jhn also ehnlich / das jhme zuwider gethan wurde was sie auch nur jhm an Augen ansehen kondten / zumal mit grossem schmertzlichen Nachdencken / wie die bißheroige Erzehlungen guten theils zuvernemen geben / nacht vnd täglichen Leichtfertigkeiten vnn neben vielen Gastereyen / Fressen / Sauffen / andern Vppigkeiten / vnd endlich zu sagen / daß so lange die Galanisirung vnd Gegenwart der Soldaten tawerte vnser Schäfer den geringsten hertzlichen favor von jhr nicht empfangen hatte / so wolte weniger nicht seyn als solche Regul zu effectuiren vnd eine andere resolution zu fassen / Ich halte darvor der Schäfer hätte annochmals sich verblenden vnn jhme die angethanen Injurien leichtlich außreden lassen / dann er gar zu sehr vnd trewlich verliebt war / wenn solches nicht so bey den Soldaten als allen seinen Befreunden / den Inwohnern vnd Nachbarn / summa bey Kindern vnd alten Leuten jhme so vnwiderbringliche Schande gebracht / in dem er vrsach jhme vorzuwerffen geben hätte / als liebte er nicht allein eine Person die jhn von hertzen hassete / sondern auch daß er Anderer Schanddeckel seyn / sich mit Actæons federn zieren lassen / vnd eh keinen Spaß oder favor haben müste vnd köndte / als wann sonst gar kein Mensch in der Welt were / auch weder Schaf- Küh- noch Säwhirte noch Hemmelknecht so der Schäferin gefiele / so lang aber einer noch da were oder gelegenheit gabe das jhr einer in die Augen kam / so lang war sein Credit auß vnd vngeacht.

Nun begab sich daß nach dem letzten Vffbruch vnsers so schädlichen Hämmelknechts / die Schäferin weit mit mehr Betrübnuß vnd Melancholi vmbfangen war als bey dem ersten / dann ob sie wol bessern vnd vollkommenern auch lang gnug gedawerten Abschied mit vnd endlich von jhm genommen / darumb sie das erstemal vnser Schäfer höflich vnn etwas arglistig gebracht / so war hingegen die genossene Liebe desto entzündeter vnd darbey nit zu vermuthen / daß er so bald möchte wider zuruck kommen können oder dörffen / wie das erstemal / denn in starcker Gesellschafft es zu thun jhme nicht erlaubt würde / heimlich vnd eintzlich die gefahr so deß Feindes als der Landleute nicht zuliesse / also nicht fehlen köndte der Kummer desto grösser seyn müste / welches vnser getrewer vnd höchstbetrogener Schäfer auch leider gnug erfahren muste / dann von billichem Zorn / Eyfer vnd Vngedult eingenomen / verfügt er sich deß drufffolgenden Tages vnd da der Vffbruch etwan vor vier stunden geschehen / nach der Schäferin Wohnung / weil er aber wegen noch geschlossener Pforten nicht alsbald zu jhr kommen kondte / wird sie doch seiner durchs Fenster so bald gewar als er jhrer / die abgelöffelte gestalt vermehrte alsbald seinen Vnmuth vnnd Zorn / welchen sie im gleichen gewar wird / vnd so durch angeborne als weibliche Arglistigkeit auß deß Schäfers Physiognomi in übrigen auß jhren bösen Gewissen solchen tragenden Vnmuth erkennet / Er nähert sich dem Fenster vnd will sie mit etwas starcken worten anreden / Sie / mit Vnmuth zwar auß andern Vrsachen / auch vmbgeben / erhebt sich alsbald vnangehört vnd vngeredet einiges wortes vom Fenster vnd vom Schäfer hinweg / sich auß dem Zimmer begebende / der Schäfer gehet zur Haußthür findet die offen / vnd kompt jhr zuvor/da muste sie etwas zuruck bleiben / vnd der Schäfer enthielte etwas zu sagen / sie nur inniglich ansehende / mit dem Mund seufftzende / mit dem Hertzen weinende / die Schäferin lehnet sich vor vnmuth auff die Haußthür / vnd legte den Kopff auff jhren rechten Arm / gleichsam jhren melancholischen trawrigen Vnmuth darneben die Thür vnd fortzugehen jhme weisende / das wärete biß so lang er anfieng zu reden / Er hatte kaum drey wort geredet / so fähet sie an wider darvon in ein OberZimmer der Wohnung zu lauffen / den Schäfer mit der langen Naasen wie sie nun bißhero etlich vor diesem aber niemaln gethan stehenlassend / viel Vngelegenheit hierauff zu machen wolte der Schäfer nit thun / jhr viel nachzulauffen hielt er nachtheilig / weil er im werck ware sich jhrer so sehr als sie seiner eusern zu lernen / entschlosse sich also darvon zugehen / er hatte einen Bogen klaren überguldeten Postpapiers bey sich / das legt er in form eines Schreibbüchleins zusammen / vnd schrieb darein gleichsam zu einer Vorschrifft vmb nachzuschreiben folgende Wort:

 

Der vorhin ist betrogen / wird wol betrogen bleiben /

Sein kümmerliches leiden mit hertzens angst vertreiben.

 

Er legte solches ins Fenster / gegen dem Vatter der gleich da war / sagende: Es solte eine Vorschrifft der Schäferin sich darinne zu exerciren seyn / weil er jhr hiebevor angelegen im schreiben sich also zu üben / daß sie dem Schäfer schreiben / auch die von jhm empfangende lesen vnd verstehen köndte / dann er nicht wolte / daß die Eltern seinen eyferenden Vnmuth damals wissen solten / er gienge also zwar darvon / je mehr aber der Schäfer dem werck nachdachte / je mehr giengs jhme zu hertzen / dann er vor vnmüglich hielte / daß dergleichen Vntrew in der Welt zu erfinden were / vnnd liesse er seinen Aschenfarben Eyfer anjetzo recht wircken / dann er mehr todt als lebend / jmmer betrübt vnnd vngedultig / solches aber gantz nit auß Liebe / sondern allein auß Eyfer vnd deme darauf entstehenden geschärfften Haß / dann zwey starcke Verlust lidte er zugleich / der eine der Verlust seiner liebsten vnd alleinigen Besitzerin seines getrewen Hertzens / der andere der Verlust seiner Reputation, deren eines gnug gewesen were eine Seele zum Todt zubringen / Also gieng er gleich einem Schatten einher / mehr todt als lebend / liesse alles Vorhaben / Ob- vnd Anligen sincken vnd hencken / darauß hernach jhme grosser vnfall zustande / dannebendero er auß anhangender desperation anderst nichts wünschete / als wo nicht in die Elisischen Felder / doch auffs wenigste in den Tartarum durch den Charontem übergesetzt zu seyn / dardurch seiner zeitlichen Marter vnd anhangenden Schmach abzukommen / Es funden sich zwar gute Leute / jhn den Schäfer in etwas zu trösten / aber es wolte wenig wircken / denn solches kondte anders nit wol geschehen als mit der Schäferin verkleinerlichen Nachreden / vnd von jhr mehr zu erzehlen als er vorhin wuste / wann er dann was Newes hörte / machte es jhm auch newen schmertzen / nachdencken vnd verwunderung / über die Trewlosigkeit deß Weiblichen Geschlechtes / wie dann nach diesen ergangenen fällen viel wunderliche Begünnen sich noch ereugneten / so dem Schäfer zu Ohren gebracht worden / dannoch allhier als überflüssig vnd nicht anmutig übergehende / er raffelte sich zusammen vnd sein Hertz in etwas zu erleichtern / vnd sein Gemüth zuerkühlen / lieff er stracks wegs nach der Schäferin Wohnung / begerete doch nicht hinein zugehen / wurde auch vermuthlich von jhnen nicht begert / fande sie aber am Fenster jhrem Bübischen Gebrauch nach / die fragt er anfänglich / ob sie seiner erwarten vnd jhm etliche wort redend zuhören wolte? Sie gabe mit zornigem Gesichte vnd außgeworffenem Maule weder böses noch gutes zu verstehen / derhalben der Schäfer alsbald also zu reden anfienge: Ist das vnd kein anders der Effect der hiebevor so eyferig vnd freywillig erzeigten / hernach so thewer beschwornen Liebe vnd affectionirten Zuneygung / allertrewloseste Perelina / ist das die Belohnung so jhr euch vorbehalten meiner so langwirigen gedultigen Auffwartung vnd Dienste / ist das die Warheit der ehemals geschehen freywilligen Erklärungen / daß sie mich weit mehr als einigen auff der Welt / ja auch als jhre leibliche Eltern liebete / ist das die Wirckung derer mir zugerheilten Namen / da sie mich jhr getrewes Hertz / jhr Lieb zuschelten pflegte / Ist das das Zeugnuß über vnsere vereinbarte Namen / vnd NamensZeichen / das ach leider / so vereinbart die / so fern vnsere Gemüther von einander seynd / ist daß das so reciprocirliche sehnen vnd verlangen / darüber man auch das Gesicht verstellet / die farb verlohren vnnd sich gar kranck machen dörffen / ist das der Außgang gehabter vnnd erzehlter träume zumal den newlichst mir entdeckten anjetzo erst mir nachdencklich fallenden / ach wolten die Götter nur verhängen daß es also ergienge vnd dardurch meine Vnschuld an das Tagliecht bringen / seynd das die so tewerbaren gethanen Giuramenti, vnn darüber geleisteten Sacramenta, welche gleichwol die Gerechtigkeit der Götter in selbigen leistenten moment nicht vngewarnet lassen kondten vnd vor das Leben den Todt zu empfahen zur wolverdienten scheinbarlichen straffe rechtmessig ankündigten / O wehe denen mir ertheilten Liebesversicherungen / keine bösere art kan der Erdboden jemals getragen haben als euch / dann alle ewre Gedancken vnd Werck mir vnn meinetwegen erzeigt lauterer nunmehr augenscheinlicher biß anhero auß Weiblicher trewlosigkeit verdeckt hinterhaltener Lug vnn Betrug / daß ich nunmehr mit waarheit sage / mich von euch niemals einiger Odem auß ewrem Munde mit liebender Trew angehaugt / vielweniger das ein waares Wort auß solchem ewern Munde gangen / freylich / freylich weil jhr solche Vngerechtigkeit inn euch wie Wasser gesoffen vnd die trewlosigkeit euch alle Adern durchzogen vnd mit solchem gifft infecirt habt jhr weder meine noch anderer redlichen Leute Auffrichtigkeit vnd Waarheit achten noch belieben können / sondern ist euch vielmehr vnd lieber mit ewers gleichen monstrosischen Bestien gedient gewesen / vnd weil jhr der falsch schwerenden versicherungen sowol gebrauchet / derhalben habt jhr meinen trewen beschwornen versicherungen desto weniger geglaubt oder darvon gehalten / den bulerischen Canoni nachgehende / daß nemlich die Götter an Bulern keinen Meyneydt strafften / Aber weil darhinder viel ein anderer verstand steckt / vnsere action nit auff bulen bestanden / wie ewer Hertz wissen muß / ob es gleich nit will / vnd drüber die Sacramentische confirmationes vorhanden / so werden die Götter euch vngestrafft nit lassen / weil sie selbst darunter zum höchsten von euch beleidigt worden / das freche Gemüt vnd der tragente hochmut (scheinend jhr den Göttern selbst trutz bietetet) wird euch schon benommen werden / vnd das gewissennagende falsch schweren mit allzuspäter Rewe bey euch auffwachen / Was habt aber jhr allerfalschetes Weibsbild / doch vor genieß / daß jhr so vnschuldig Blut den jmmerwärenden Peinigern auffopffert / so ein getrewes Hertz mit so niemals erhörter verrätherey belohnet / so ein ehrliebend Gemüth also zuschanden machet / vnd so ein ohne das trübselig geführtes leben folgend wo nit mit ewrer Hand / doch mit ewrer Syrenischen liebligkeit vnd Pasilischkischen anblicken zum todte bringen / vnd auß dem Wege raumen wollet / in waarheit die so süsse rache bleibet nit aussen / nicht zwar von mir / der ich ewrer schone / mein ohnmächtiges trostloses / mehr als todtes leben solches auch nit zuvollbringen vermöchte / sondern durch wunderliche schickung der Götter wird es sich schon fügen / vnd auch so wol als an andern die dergleichen meineyd beliebt vollzogen werden / an euch aber vmb so viel desto schwerer / so viel ewre verrätherische betrügligkeit alle die übertrifft / welche jemals so lang die welt gestanden auff dem Erdboden seynd begangen worden / in solch Vrtheil der Götter ichs auch wil gestellet lassen / vnd mich anders nichts vnterfangen: Hierauff fieng er stuckweiß jhre begangene vntrew in etwas zu erzehlen / welche sie nacheinander doch zimlich kaltsinig entschuldigen wolte / aber es war jhr ernst nicht / waren auch zerstümmelte reden / darauß nichts zu nehmen / wie es zu zu gehen pflege wen man mit bösem Gewissen vnd Betrug vmbgehet / vnd es gerne beschönen wolte / die Erinnerungen aber ein vnn anderer vorgeloffenen Händel verursachten einen newen eyferigen vnlust / daß er sich entschlosse darvon zugehen / zuvor aber noch sie befragte / was doch das Korn dieser Zeit gelte / auch vor zwey oder drey tagen gegolten hätte / bald druff vnd da sie jhm mit entschuldigung die doch wider die kundbare jederman wolbewuste Waarheit lieffe / beantworten wolten / er darüber nicht wenig vnlustig darvon gienge / Es setzte sich der Schäfer vor / jhrer sich gäntzlich zu entschlagen / weil es jhm aber zu sehr im Gemüth lage / vermochte er nicht es so leichtlich zu vergessen / durch solch andencken nun hatte er seine beschwerliche Erinnerung / vnter andern gieng jhm der hierauß erwachsene Schimpft tieff zu hertzen / daß er so wol anfangs als jetzo in solcher verachtung leben solte / daß jhm auch geringe vnachtbare / ja solche Leute die vnser Schäfer seinem gemüth nach nicht vor einen Schatten gegen sich auch nicht so gut oder würdig daß sie seinen Schatten betretten oder sehen sollen / hielte / jhme so weit vorgezogen vnnd dannoch er darzu gröblich betrogen werden solte /nimmer mehr hätte es jhm so weh thun können wann einige Qualität an einer oder der andern Person welche vnserm Schäfer vnnd seinen Tugenden vorzuziehen gewesen were / daher er endlich die grösse der Schäferin leichtfertigkeit desto mehr schliessen muste vnd konte / in solchen betrübten Nachdencken herumb spatzirende gerieth er wider vor der Schäferin Wohnung / fieng an jhr trewloses / leichtfertiges / verrätherisches Gemüt jr zu beschreiben mit jetzt erzehlten Vmbständen vnd argumentirten Schlusse daß jhm nicht beschwerlich seyn solte auch solche Schande nimmermehr bringen können wann es von einem jhm vorzuziehen würdigen Cavallier geschehen were / dessen Tugenden / Qualitäten / Geschlecht / Ehr vnd Vermögen / sagt er mir vorzuziehen gewesen vnd mir zu gestanden jhme nach zusehen vnd den platz zu quitiren / aber da fande sich in jeden vnd allen das lautere Contrarium, geschehe nun das in dürren Holtze / was solte an grünen geschehen wann andere Galani kämen von hohen Stande von vornehmen Qualitäten / von vermögenden Reichthumb / von grösserer Macht vffs stattlichste in jhren güldenen Ketten vnnd andern Kleinodien gezieret/denen daß Courtesiren deß Frawenzimmers angebohren/ vnd die da wenig achteten ansehenliche Præsenta von Gold vnd Goldeswerth zu verrichten: In warheit ich würde sagt er nichts gewissere als einen Zierath von Actæons Federn vff mein Haupt zu gewarten haben / ich were gleich ab- oder anwesend Ja man mich wol zusehend darbey stehen lassen / auch da ich mich jhrer annehmen würde / wie ich jetzo anfangs gethan nichts gewissers als resolvirte Duell zu halten hätte / die ich zwar der Execution halben an jhr selbst nit schewete sondern daß man spreche es lieffe gleich ab vnd auß wie es wolle / es were einer Courtesanen halben geschehen / welcher sich doch Leoriander als seiner Liebsten angenommen vnn solche darvor vertheidigen wollen / da es doch wider jhren willen sie andere lieber vnd weder seiner noch seiner Aufwartung wider begerte. Solchen schweren Sachen bey obhabenden meinen Kriegsdiensten vnd Abwesen rathsamlich vorzukommen / will mir in alle Wege obliegen / vngeacht ichs lieber anderst vnd besser wüntschen möchte / ich muß mich aber damit trösten / daß dergleichen hiebevor auch wackern mir weit vorzuziehenden Leuten widerfahren / ja auch meinen bekandten Cammeraden vnd Befreunden / denn es begab sich vor kurtzen Jahren / daß ein vornehmer berümter Cavallier mit einer Adelichen Dama verheyratet / vnnd etliche Jahr in dem Ehestand mit jhr gelebt / vnnd mit Kindern gesegnet waren / diese Dama verliebt sich vnordentlich in eine Person die da bucklicht vnd höckericht ware / was solche gebrechliche Leute vor mehr Mangel zu haben pflegen weiß ein jeder wol / ich sage nur daß er Bucklicht / sie vertiefft sich auch also daß sie sich resolvirt jhre Ehe- Eheman- Kinder / Stand vnd gantzes Vermögen zuverlassen / vnd mit jhme dem Bucklichten darvon zu ziehen / ein anderer Cavallier Courtesirte eine sehr wackere vndvornehme Dama geraume Zeit mit schuldigster Auffwartung der Hoffnung sie dadurch zum Sacrament der Ehe zu erlangen massen sie gleiches Standes / vnter deß verreist die Dama an ein ander Ort / begünt jhres Galans zu vergessen auch also das da er jhr weiter auffzuwarten begert sie jhm solches nicht allein sondern auch die suchende Vermählung höfflich abschlegt / hingegen sich mit einem geringen Patritio vnansehenlicher Statur vnd Tugend verliebt vnd vermähtet da jenes ein Adelicher praver so wol versuchter als berümbter Cavallier war / sehet da die Verrätherische Trewlosigkeit der leichtsinnigen Weibspersonen wie jhr seyd (redlichen Damoisellen dadurch nit zu nahe geredt) damit kan vnn muß ich mich in diesen meinen Vnfal über euch auch etwaß trösten / mir felt bey die einsmals gelesene Historia von der Hipparchia welche gleiches Inhalts ist: Diese war eine Schwester deß Metroclis vnnd fiel inn grosse Liebe gegen den Philosophum Cratetem, nicht wegen seiner Schönheit denn er von Leibe vngestalt vnd höckericht war auch nicht wegen Reichthumbs denn er gar arm war / besondern wegen vnordentlicher Liebe / also daß sie jhren Eltern vnd Freunden trohete sie wolt jhr selber den Todt anthun wofern man jhr wehren würde den Cratetem zu freyen von diesen jhren seltzamen vornehmen vnd der so thörichten Liebe haben sie nicht können abbringen noch jhre Eltern noch Geschwister noch der Crates selbsten weder mit Güte noch mit bösen / endlich ist Crates auffgestanden vnd seinen Rucken darauff er einen grossen Hocker hatte geblösset sprechende / daß Niemand betrogen werde so sehet her das ist der Bräutigam / darneben hatte er seinen Stecken vnd Tasche (denn mehr hat er nicht gehabt) hingeworffen gesagt / vnn dieses ist mein Brautschatz hierüber mocht jhr euch bedencken / denn ich kein Weib nehmen kan / der dieses nit wol gefalle / durch diese vnd andere zu reden vnnd selbst zum öfftern gegebnen Korb ist Hipparchia endlich bewogen worden / von solcher vnartigen Liebe abzustehen / sehet nun jhr zu was euch widerfahre daß jhr nicht zwischen zweyen Stülen allein sondern hernach gar sitzen zu bleiben bekompt / darzu der letztere Discurs vnd der in Frewden singende Canzon gutes nachdencken gibt / geschweigende wie ruchtbar jhr sonst in aller Welt werdet gemacht werden / zumal bey den Soldaten vnd allen Armaden / Straffe muß doch seyn vnd wird nicht aussenbleiben / durch was mittel es aber zu geschehen das wird die Zeit vnnd ewer Vnglück geben / die ehemals mir zugefallene anagramatische Veränderung ewer Namen haben freylich nicht anders sagen wollen noch können / vngeacht meiner so vielen Bemühungen als was ewer Hertz in sich / nemblich / Vntrew / Gram / Haß / Arge / dieses Vnglück hat mich vorhero geahntet / nun ists mir richtig zu handen kommen / noch ein Vnglück gehet mir vor / es bestehe gleich worinn es wolle wanns die Götter nicht ändern / aber meine vertieffte Trawrigkeit macht mich so blind / daß ich nicht sehe was ich thue / oder zu thun habe / wird also an denen Vnglücken darein jhr mich bißher geführt gewiß nicht gnug seyn / sondern ich den Todt noch drüber erwarten müssen / welchen ich mit gröster Gedult hertzlich gerne erleiden will: Eines vnd das andere dieses deß Schäfers Discurs wurde zu Zeiten verantwortet / endlich zu verstehen geben / ob were mehr zu nötigung deß Schäfers als rechtmässige Vrsachen darhinter / vnd daß man diese Bossen längst gemerckt das man darmit were vmbgangen / weil aber die Zeit verflossen verantwortete es der Schäfer anderst nicht / als daß er sie auff jhr 1. eygen Gewissen da sie eines / 2. Auff die ergangene Schimpffliche ja böse Händel / 3. Auff die gemachte vnd beliebte Regul wisse nemblich den Schäfer oder die Soldaten fahren zu lassen welchs jhr am meisten beliebe / daß sie nun dardurch den Schäfer von sich gestossen / was könnte seine Vnschuld darzu / viel zu widerholen were vnnötig ja ein Vberfluß / bey allen Soldaten vnd im gantzen Lande were sie nun außgeschryen daß die Soldaten jhren Auffenthalt bey jhr sie kämen her wo sie wolten / jhre Nachtbarn sebst würden den Soldaten wann sie nach offentlichen Hurhäusern fragten sie zu weissen / vor solch gemein böß Geschrey hätte der Schäfer immer trewlich gewarnet / sehen die Soldaten vnd andere gleich fromb vnd erbar auß / so were mancher ein Schalck er sagte es nicht / vnd wüste den darzu höfflich zu verbergen / der Schäfer kennete die Welt bester als Sie / so dörffte es da ohne dem gantz keines Streits / denn was die Augen sehen daß glaubte das Hertz. Ja vielmehr das was sie selbst nicht widersprechen könten / die Thaten weren zu vnlaugbar vnd zu böse / er wolte sie lieber besser wüntschen nun aber were es vergebens / so were es je zumal eine schwere Sache / einen Corriual vnnd zumal gar verdächtigen Buhler mit etlichen Cameraden von der Seiten weg reiten oder gehen / zu zeiten von der Tafel auff stehen grads wegs zu seiner Liebsten vedächtig Tag vnd Nachts mit derselben vmbgehen zu sehen / der müste fürwar einen guten magen haben vnd mehr vertawen können / es were ein grosser Despectirlicher affront so bey den Mitbuhlern als den gemeinen Mann / darauß alles Vnglück erwachse / were es an dem daß je die Soldaten inn so guten Credit bey jhnen stünden vnd sie solches von vorigen mir vnbewusten zeiten also in Gewonheit gebracht / müste er sich so dann auch gefallen lassen darvon stille schweigen vnnd gedencken daß jhre freundliche Leutseeligkeit gegen die Soldaten er dadurch auch als ein Soldat genossen und müste deßwegen den Soldaten nicht aber jhnen dancksagen / zwar haben sich wol ehe andere frembde / Hofpursch / Jäger / gering Hudelsmans gesinde Possenreisser / Spielleute vnd sonst böse Buben / da man bey offenen Zimmern in Betthe gelegen wider auffzustehen sich gelüsten lassen vnd anders vielmehr so daheime als auff Hochzeiten vnnd dann in andern Winckeln was vorgangen berühmt so auch glaubwürdig / vnd wegen gebrochener Bahn jhnen Danck zu sagen hätte / aber darinne dannoch mich über jhr zu beschweren übrig bliebe / weil sie sich von den Schäfer als eine Jungfraw in Jungfräwlicher Zucht vnd Erbarkeit etliche Jahr mit grosser Gedult vnd Langmuth bedienen lassen / da es doch andere auff andere leichtere ich will nicht sagen leichtfertigere und geschwindere weisse gethan vnd erhalten / sie jhme auch auff ehemals gebetenes Ansuchen Heimbligkeit halben nicht zu gefallen auß einem Zimmer geschweigende auß den Hauß gehen / viel ehe vnnd lieber bey andern nackend in Betthe ligen wollen über daß sie sich mit solchen verbündlichen Träwen verobligirt so doch wider ein besseres wissen vnd Gewissen geloffen. Sie in Gegentheil jhme zugelassen / daß er sich auch gegen jhr mit häfftigen Obligaten verpflichtet welches alles sie jhrer leichten Condition nach billich nicht gestatten / sollen vnd deswegen hoch zu beschelten ist. Mit diesen Discoursen vnd verloffener Zeit gienge er davon / seine beliebende Einsamkeit vnd in deren die fernere Nachdenckung seines vnglücklichen vnd verächtlichen Standes zu suchen / liesse darüber allen Muth / Vorsorge vnd Achtsamkeit bey vorstehender grosser Gefahr dannoch gäntzlich auß dem Sinn vnd die Götter walten / vnd in dem er in seinem Zimmer auff vnd ab spatzierete fieng er an zu klagen vnd wider sich selbst zu reden / sprechende: Wann ich denn mein Ayd was das vor ein schweres Thun seye bedencke / kan ich mich nicht gnugsamb verwundern das solch schweres Laster in der Welt so gemein als sonst kaum einiges seye / denn solches betrachtende / wird man keinen einigen Menschen auff der weiten Weltkugel finden / welcher darinne nit verbrechlich betretten werde / vnnd mit einen Wort zu sagen / welcher nicht an seinen Nechsten meinaydig / der ist doch an den Göttern vnd seinen Bund brüchig worden / ein solcher meineydiger Mensch ist auch so frevelhafft / daß er darunter die Götter betriegen will in dem er sie anrufft mit dem Schwur: So war die Götter seynd vnd jhre Heyligen / so doch ein vnmüglich Werck / weil sie nicht allein in alle verborgene Winckel / sondern auch alle jnnerliche Hertzensgedancken sehen / daher dann gar offt geschicht / daß jnstehender Ablegung solcher trewlosen Beaydigung die Götter alsbald auff frischer That straffen / dardurch den Meinayd aller Welt an Tag bringen / ich wil anderer Historischen waarhafften Exempel geschweigen weil solches meine meinaydige Schäferin dermaleins am allerheiligsten Orte in Volckreicher Versamlung selbst betroffen: Ferner betreugt ein solch meinaydiges Geblüt seinen Nechsten gröblich / der auff solch hochbetewerlich Vermessen trawet vnd äusserst dardurch betrogen wird / zu Zeiten werden die Mittelspersonen oder Richterliche entscheidsLeute auch dardurch verkürtzt vnrechte Vrtheil vnd Außsprüche zufällen / an allermeisten aber betreugt sich das meineydige Blut selbsten / sich mit bösen Gewissen zeitlich vnd ewiger Straffe theilhafftig machende / auch zu geschehen pflegt / daß es offters auff jhre Kinder vnd Nachkommen geerbet vnd die Straffe an denselben nicht aussen blieben.

Was soll nun wol der meineydigsten Perelinen begegnen / welche an Gott vnd Menschen solche meineydige Verbrechung begangen / dergleichen niemals gehört worden / noch auch ins künfftig zu hören vor müglich zu halten ist / in Warheit ich selbst bey leidenter Not vnd Schande betawere sie dannoch der schweren Straffe die deßhalben sie vnd jhre Kinds-Kinder werden ertragen müssen / mich desto weniger auffs newe zu Aengstigen mag ich Stuck vor stuck nicht erzehlen / worinn ich von jhr betrogen worden / wundert mich aber häfftigst das solchen Leuten von den Göttern das Leben gegönnet wird / denn leichter ist nichts als dieses zu erachten das wann man sich nicht schewet dergleichen gegen die Götter zu thun vnd die verblenden zu betriegen / was man wol sterblichen Menschen thun solte / in Summa das Werck ist so arg vnd böse / daß ich mit wenig Worten sagen muß / es seye vnmüglich das einiger redlicher Blutstropffen in jhrem Leibe / Geblüt vnd Gemüt seyn könne / vnnd deswegen sich keines guten Athems / geschweigende Wortes oder Kusses auß jhrem Munde zu versehen seyn / ich halte darvor daß sie von der Ertztzauberinnen der Circe würcklich besessen / oder doch deren Künste / in Schönheit / Wolberedenheit vnnd Zauberey bestehende /wol außgelernet habe / einiger Mensch / so jemals gelebt ist ärger vnnd grösser nicht betrogen worden als ich armer / denn es nicht in einen allein bestanden / wie wol andern Menschen zumal Liebhabern widerfahren / sondern neben den erfahrnen Meineydnüssen darauff ich vorhin so vest tewer vnnd starck gebawet / hat mich die jhr getragene Liebe auch sehr betrogen / in dem sie sich von Jungfräwliche auff Buhlerische Liebe ziehen vnnd dardurch jhre LiebsMeynung entdecken auch jhren Meineyd beantworten vnd also sich selbst vnd alles in das freche Gemüt der Bulerey leichtsinnig begeben will / kein erquicklicher Wesen kan seyn / als eine wolgegründete vnd gerahtende Liebe vnd reciprocirliche gegenLiebe / welche Todte Lebendig / Krancke Gesund / Monstrosische vnd andere thörichte Vnholden vernünfftig vnnd alles Lebendig machet dessen die tägliche Erfahrung anweist / auch viele Historien solches bezeugen / vnter welchen nicht das geringste so der Italiänische Scribent Bacatius von Cymone den Aristippi auß Cypern Sohn vnd der Jungfraw Iphigenia saget.

Wolten die Götter ich solches vollkömlich erfahren solte / so wolte hernach desto vmbständiger darvon reden / aber Ach leider ich bin vnd bleibe betrogen / was in mir meine Trew vnd die von der verrätherischen meineydigen Perelinen zu zeiten nur mir erwiesene jedoch gantz vngegründete auß falschen Gemüt erflossene Gutthaten vor grosse ergetzliche Frewde gewircket deß erinnere ich mich / kan darbey abnehmen / was vor Paradisische Frewde vnd lebmachende Wollust eine vollkommene Liebe mit jhr ziehen muß / auch also daß es die erstorbnen Lebensgeister wider lebendig mache / in was erquicklicher reciprocirlicher Liebestrew Pyramus vnd Thisbe gelebet / also daß sie auch in Todte einander Lieb behalten / nit weniger Liander vnd Hero so sie mit beeder Todte bekräfftiget / dessen seynd die Historien voll vnd dardurch bekant / was hat nicht der so tapffere Ulysses erleiden müssen ehe er wider in geruhigen Ehestand mit seiner so getrewen als keuschen Penelopen gelanget / aber Ach Ach / was hilfft das gedencken vnd erinnern da der Effect doch so weit darvon / ja nunmehr vnmüglich darzu zu gelangen / weil die Götter mit einer so vngetrewen meineydigen vnd frechen Perelinen straffen wollen / dann es eine sonderbare Versehung der Götter seyn muß daß meine so hertzliche Trew vnd jnnbrünstige Liebe mit so langwüriger Gedult / grosser Arbeit vnd vnglaublicher Mühe das so inständig vnablößlich vnnd eyferig zu erwerben bedienen muß / welches andere auch vnachtbare Leute gleichsam vmbsonst vnd jhnen entgegen getragen haben können wann vnnd wie sie wollen / ist das nicht Göttliche straffe / daß ich allergetrewester / eine dergleichen allervngetreweste verrätherische Seele lieben / alle mein Thun vnd Lassen ja Leben vnnd Todt nach derselben richten vnnd anders nichts als Vnwillen / HohnLachen vnnd Verachtung zur Außbeute vnd Lohn haben muß / denn were solches der Götter Wille nicht gewessen / so were auch vnmüglich gewesen daß ich solche schmertzliche Arbeit ertragen / bey sehenden Augen so verblendet vnd bey vormals gehabten so gesunden Verstande also vnachtsam seyn können / durch verhängnuß der Götter bin ich von dieser Perelina also betrogen / daß ich mich billich den allerbetrübtesten vnnd betrognesten Liebhaber vnnd Schäfer nennen vnnd diesen Titul zu ewigen Zeiten behalten muß / welcher jemals den Erdboden betretten / verlohren / betrogen vnd belogen bin vnd bleib ich in ewigkeit: Darüber stund der Schäfer stille vnnd begunten jhm vor Trawrigkeit die Augen von Thränen zu übergehen / beweinte vnnd verfluchte seine vnglückliche GeburtsStunde vnnd stellete sich so vngebertig daß auch seine Diener solches vernommen vnnd deßwegen weil es zu Nachtzeit ware zulieffen / meynende der Schäfer zu ruhe zu begeben willens were / weil er aber noch ferrner seinen Gedancken nachhengen vnnd einen gäntzlichen Schluß seines fernern Vorhabens machen wolte / ließ er die Diener ferners allein bleibende von sich / vnnd in dem er sich wider erholt vnd dem Werck nach der länge nachgesonnen / fieng er wider an gegen sich selbst zu reden sprechende: Vnnd wie muß man jhm denn thun von meiner Perelina bin ich betrogen / werde auch den Namen deß betrogenen Schäfers Leorianders so gewiß als sie den Schandbaren Namen der vngetrewen Schäferin Perelina ewig behalten / ist Juno von Jupiter da er sie doch zur Liebe genötigt in soviel Wege / vielmehr aber Vulcanus durch Venerem seinen Gemahl betrogen warumb nicht ich der Götter geringstes Geschöpff vnnd Creatur / denn die ActæonsFedern stehen mir nicht ob ich gleich ein MartisKnecht vnnd das Feder tragen deren Kriegsmänntschen grösten Zierrathen eine / nicht aber solcher Art sondern deren so von Straussen herkommen / ist Menelaus hernach Paris von der allerschönsten Helena so verächtlich betrogen vnd sie beede mit eben dergleichen Actæonischen Cronen auff jhren Königlichen Hauptern gezieret worden / warumb soll ich armseeliger mich nicht auch vnter die allgewaltige Hand der höchsten Götter demütigen / in den vntrewen Weltlauff deß trewlosen Weibsgeschlecht schicken / die Rache den Obern befehlen vnnd meine jungen Tage zu besserer Erquickung anwenden können / es muß doch gewagt seyn / derhalben Adiou Adiou allertrewlosseste Perelina / allerfrechestes Weibsbild / allermeineydigste Verleumbderin der Götter vnnd Menschen / die jhre Straffe über dich so länger sie die verzögern so desto schwerer dir auff den Halß schicken werden / fahre hin du tyrannisirende Semiramis dann es nicht viel gemangelt / daß du mich durch deine Ehebrecherischen Buhler gleich wie jene kluglich auß dem Wege geräumbt / doch hernach mich zum Schanddeckel deiner vnzüchtigen Verübungen mit meinem Todte gebrauchen dörffen / hätte es wüntschens gegolten / so hätte ich die letzte Nacht deß Lemmerjungens Anwesenheit den Gott Vulcanum oder zum wenigsten seine kleine geschmidtete Kette gewünschet / weil alles so still / heimblich / verborgen / genaw vnd beysammen zugehen sollen / daß er sie gleich Ph&brkbar;bum vnn Venerem buhlend so vest zusammen gebunden / daß sie sich nicht hätten reegen können / zumal da sie in grosser stille gantz alleine gewesen / mit hertzlichen fernern wuntsch / daß solche Arbeit gleichmessige solche Früchte wie damals getragen hätte / billich würde dir du leichtsinnige der Namen antipenelope zugeeugnet / die du was du den Tag über gearbeitet deß Nachts nicht wider auffgewebet / ob du gleich auch vnmüssig gewesen / nicht mit auffweben sondern mit auffwarten Thür vnd Thor auffmachen / Nacht vnd Täglichen üppigen Courtesirenden Buhlerey / ja wann der hundertaugige immer wachsame Argus verhanden gewesen / man hätte jhre nur etliche Wochen hero begangene Vntrew vnd Trewlosigkeit zum wenigsten theil ersehen oder erwachen können / fahre hin du freche Geilheit weil Niemand Menschliches solches dir stillen wird / sondern deßwegen dich den Göttlichen Kräfften deß Jupiters vnd Herculis vnterwerffen vnd anbefehlen will / Summa der Pandoræ Büchsen ist in mein vermögen kommen / darauß alles Vnglück durch Weibliche betrügliche Listigkeit der Besitzerin solcher / über mich gegossen / daß ich auch nichts als was wenige Hoffnung übrig behalte / dannenhero ich mit vergeßlicher Hindansetzung deß ergangenen mich eines andern Lebens anzufahen beobachten muß.

In dem blieb er wider eine geraume weil still darauff anfahend: Ich werde doch endlich noch grossen Vnlust darob haben wann ich gar zu scharff verfahren will / denn sie gäntzlich zu vergessen ist vnmüglich so lang ich lebe / es sey auch jhr Andencken in guten oder in bösen / so werde ich doch darbey behertzigen / daß ich als Klager nicht auch selbst thätiger Richter gewesen seyn solte / vnn in dem ich jhr durch Versprechung vnd Trew verbunden / wird billich seyn wollen daß nicht auch ich gleich sie Aydbrüchig werde vnd betrüglich handele / derhalben nötig seyn wird in Schrancken der Gebür zu bleiben / vnd jhrer Vntrew nicht nach zufolgen / damit nicht ein Exempel darvon zu nehmen vnnd sie meine Vnschuld vielmehr der arglistigen Weiber gewonheit nach als ich jhre Schuld beschuldigen könnte / über das ists eine der hohen Tugenden sich also zu überwinden / daß man Vndanck mit Danck Vntrew mit Trew belohnen vnd also sich vntadelhafft verhalten könne / diesem ich billich nachfolge/mich dannenhero also freywillig bezeugen vnd zwingen will / jhre abschewliche Vntrew mit Trew vnd jhre Laster mit meiner Tugend zu belohnen vnd das Completirend zu erfüllen / so ich jhr versprochen vnd in gewisen zweyen Stucken beruhet damit sie hinfahren / der Götter Straff gewarten vnnd das höchstgethane vnrecht wo sie kan hertzlich berewen mag / daß sey mein endlicher vnnd eygentlicher Schluß daß ich nach äusserster Mügligkeit mich jhrer / jhrer Lieb vnd jhres Andenckens gäntzlich entschlagen / darbey dannoch meine gethane versprechen freywillig adimpliren vnnd ersetzen will.

Hierauff nun legte sich der matte vnnd trawrige Schäfer etwas zu ruhe / hatte aber wie leicht ermäßlich seine stätige getrawrige Gedancken welche jhn wenig weder schlaffen noch ruhen liessen / dennoch verbrachte er also folgends die Nacht / den drauffolgenden Tag gebrauchte er sich ebenmässiger nachdenckender Melancholi auch also daß er darüber alles vnd jedes was er seines obhabenden Status doch so hochnötig hatte hindansetzlich verwarlosete / auch also daß durch Vnglück vnd Verrätherey vnser Schäfer durch einen Feindlichen Einfall übereylet Chargiret vnnd endlich gefänglich bekommen vnn neben andern der seinigen zugethanen Soltaden vnd Officirern gefänglich weggeführt wurde.

Nun begab sich daß damals die Schäferin eben in einer Mühlen an der Strassen wo er von seinen Feinden gefänglich vorbey geführt wurde / daß er sie also noch ersahe vnd sie jhn widerumb / wiewol er sie selbiges Tages vnd kurtz zuvor auch gesehen hatte / in dem er sie nun ansahe / stellete sie sich mit wüschenden Augen vnd Angesicht ob weinete sie / vnmüglich war dem Schäfer daß solches jhme nicht solte zu Hertzen gehen / derhalben sie in etwas zu trösten / stellete er sich wolgemuth / voltesirte auff den jhme vntergebenen Trajonerpferde / lachte zum öfftern vnnd in nechsten bey jhr vorüber reiten gab er jhr ein Zeigen mit Neigung deß Haupts zur Wüntschung guter Nacht vnnd das so vnvermerckt daß es keiner von der gantzen Feindlichen Parthey gespüret / sie die Schäferin aber wol wainend hatten stehen sehen / doch wegen Feindlicher Eylfertigkeit sich nicht lange vmbsahen / sondern mit glückhafft gemachter Beute vnvmbgesehen fortgiengen /

Also wurden diese Personen getrennet welches sonst fast vor vnmüglich vngeacht verursachter Strittigkeiten gehalten / diese falsche Thränen aber giengen vnserm Schäfer auffs newe wider tieffer zu Hertzen als zu vermuthen / vnter deß warde durch diesen Vnfall erst recht vnsere Schäferey zur verödeten Wüsteney gemachet / denn ob gleich wie zu mehrmaln erzehlt worden solche hiebevor zu zeiten mit Raub zu zeiten mit Brand / zu zeiten mit andern Plünderungen vnd sonst Schändungen vervnehret vnd verödet worden / so war es doch anjetzo erst das aller ärgste vnd dardurch das Haupt verlierend alle Glieder verzagt matt vnd träg worden / daß wirs nicht vnbillich vnsere verödete Schäferey so wol als den allzugetrewen dannoch den betrogenen Schäfer sie aber die vngetrewe Schäferin nennen mögen / vnd können. Hierbey das Vnglück vnnd die Verfolgung so groß war daß der Schäfer in schwerer Gefängnuß lange Zeit gehalten wurde / daß auch die Wintertage wider herbey zu nahen begunten / vnter deß war jhm dannoch vnmüglich seiner Schäferin gäntzlich zu vergessen / sondern er hatte jhrer noch starcke Andencken / sie hingegen ließ jhm die so gar lange Zeit nit ein einigen Gruß zu entbieten geschweigende sonst ein einig Wort jhres Zustandes zu wissen machen / dardurch deß Schäfers billicher Eyfer vnd Meynung über jhre meineydige Trewlosigkeit desto mehr gestercket wurde / gleichwol bliebe er nach als vor darbey jhrer Vntrew oder Trew ferner vngeacht wolte er seine zweyfache bey sich befindente Schuldigkeit jhr in Würckligkeit erweisen vnd darthun. Bey solchen müssigen Tagen wurde das Andencken vnd erinnern deß Verlauffs dieses Handels desto stärcker / daß er sich auch resolvirte solches alles in die Feder zugeben vnd auff Papier zu bringen / daher er mir den Concipisten einen Verlauff nach dem andern erzehlte vnd auffzusetzen begerte / in solchen errinnerenden Nachdencken entschlosse er sich annochmals vest vnn steiff jhr wo müglich nimmermehr zu gedencken / jhres leichtfertigen Thuns sie warten zu lassen / dannoch das zu Effectuiren so er sich freywillig vernehmen lassen vnnd in zweyen Stücken bestehen solte / sintemal er dabey bliebe das Werck der grösten Tugenden an jhme selbst zu erweisen vnd Vntrew mit Trew böses mit guten zu belohnen jhre Trewlosigkeit auch das Gemüt seiner Tugend nit beschmälern noch beflecken solte inn dem er jhr nachahnete vnd durch solch Procediren seine Heroische Beständigkeit maculirte.

Also bliebe Er so beständig als getrew in seiner redlichen Meynung liesse sich auch davon nichts weder zur Rechten noch Lincken wenden / vnd weil ich jhme gefänglich hinterlassend mich hinweg begeben muste so hatte ich fernere Gelegenheit nicht dieser Zeit jhme Gesellschafft zuleisten / in dem ich aber betewerend versprechen müssen / zum Andencken vnd seiner Ergetzung wie nicht weniger Rach über seiner vermeynten Liebsten Vntrew / daß er mir zu entwerffen an die Hand gegeben in eine Ordnung vnd den Druck zu bringen / so hab ich es hierbey verrichten wollen / mich aber entschuldigente daß ich den Edlen liebhabenden Schäfer vnd seiner guten Intention kein sattsamliches genügen thun können. Alldieweil ich jhre gestalt besser als die grösse vnd vnaußforschlichkeit jhrer verfluchten Vntrew habe beschreiben oder zu erkennen geben noch vor Augen stellen können / es möchte sich zwar begeben wollen daß vom Gegentheil vnser vngetrewen Schäferin vnsern Schäfer Vntrew zugemuthet vnnd er bescholten werden wolte massen den leichten Gemüthern deß Weiblichen Geschlechtes jhrer angebornen requisiten eines zu seyn pfleget sich dardurch zu beschönen / aber der redliche in etwas wenigs beschriebene Zustand vnsers Schäfers gibt viel ein anders zu erkennen / so stelle ich über das zu bedencken anheim / ob auß einem vntrewen Gemüthe vnd da der Person nicht geachtet wird dergleichen / zu verrichten Arbeit auff sich zu nemen vnd alles in so scharffer auffmerckung wie dieses geschehen gehalten werden könnte / herhalben es nicht inn blossen zumal Weiblichen als offtermals betrüglichen Worten sondern in frischer munterer vnn auffrechter That bestehet / ob schon nicht alles auff einmal zugleich würcklich Effectuirt werden kan.

Hierbey ich nun Vrsach gewinne vnsern getrewen jedoch betrogenen Schäfer Leoriandern in feindlichen Handen vnd Hertzen vmbfangen verwarth vnd eingeschlossen / sitzen vnd der lieben Gedult vnd Andencken der Historischen Verfahrungen darbey vnsere vngetrewe Verrätherische Schäferin Perelina in die straffbare Rach der Götter übergeben vnd befohlen seyn zu lassen / mich aber gegen allermänniglich zu entschuldigen / daß auß einiger Passion oder Zunötigung ich weder denen hieherinne Interressirten Personen noch jemand anders zu nahe geredet oder getretten /sondern den vnpartheyischen Verlauff mir auffgetragener / erzehlter auch selbst bewuster massen zu entdecken gemeynt haben will / deßwegen ich dann bitte der gunsttragende Leser mich vnd meine Kriegsmannische Feder in seine angeborne Discretion anbefohlen seyn lassen wolle vnd werde.

Zum Beschluß hab ich diesen auff solchen Statum Componirten Canzon nachgesetzt anfügen vnd dardurch die tragende schmertzliche Vntrew vnd Betrübnuß desto ehe vnd mehr zu vernehmen geben wollen.