B  I  B  L  I  O  T  H  E  C  A    A  U  G  U  S  T  A  N  A
           
  Johann Georg Hamann
1730 -1788
     
   


A e s t h e t i c a   i n   n u c e

F u ß n o t e n

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1) Buch der Richt. V, 10.
2) Siehe Platons Kratylos. [396d] Ἑρμογένης· καὶ μὲν δή, ὦ Σώκρατες, ἀτεχνῶς γέ μοι δοκεῖς ὥσπερ οἱ ἐνθουσιῶντες ἐξαίφνης χρησμῳδεῖν. Σωκράτης· καὶ αἰτιῶμαί γε, ὦ Ἑρμόγενες, μάλιστα αὐτὴν ἀπὸ Εὐθύφρονος τοῦ Παντίου προσπεπτωκέναι μοι· ἕωθεν γὰρ πολλὰ αὐτῷ συνῆ καὶ παρεῖχον τὰ ὦτα. κινδυνεύει οὖν ἐνθουσιῶν οὐ μόνον τὰ ὦτά μου ἐμπλῆσαι τῆς δαιμονίας σοφίας, ἀλλὰ καὶ τῆς ψυχῆς ἐπειλῆφθαι· δοκεῖ οὖν μοι [396e] χρῆναι οὑτωσὶ ἡμᾶς ποιῆσαι, τὸ μὲν τήμερον εἶναι, χρήσασθαι αὐτῇ - αὔριον δ' ἂν καὶ ὑμῖν συνδοκῇ, ἀποδιοπομπησόμεθά τε αὐτὴν καὶ καθαρούμεθα, ἐξευρόντες ὅστις τὰ τοιαῦτα δεινὸς [397a] καθαίρειν, εἴτε τῶν ἱερέων τις, εἴτε τῶν σοφιστῶν - - - [407d] Σωκράτης· - - - προβαλλέ μοι, ὄφρα ἴδηαι οἷοι Εὐθύφρονος ἵπποι.
[Hermogenes: Allerdings scheinst du mir, Sokrates, gerade wie die Begeisterten plötzlich in Orakeln zu reden. Sokrates: Ich vermute, lieber Hermogenes, daß sie zumeist von Euthyphron aus Prospalta auf mich übergegangen ist; denn heute von früh an war ich lange mit ihm zusammen und hörte ihm zu. Nun hat er mir wahrscheinlich in seiner Begeisterung mit seiner übermenschlichen Weisheit nicht bloß die Ohren erfüllt, sondern auch die Seele in Beschlag genommen. Daher, denke ich, machen wir es so, daß wir uns für heute ihrer bedienen ..., morgen aber, wenn es euch so recht ist, wollen wir ihr den Laufpaß geben und uns reinigen lassen, wenn wir einen ausfindig machen, der sich auf dergleichen Reinigungen versteht, sei es ein Priester, sei es ein Sophist. - - - 407d - - - Sokrates:Wenn du aber über einiges andere Auskunft wünschest, so lege es mir vor, damit du siehst, wie trefflich des Euthyphron Rosse.]
3) – – vt hieroglyphica literis: sic parabolae argumentis antiquiores
[- - wie Hieroglyphen älter als Buchstaben sind, so auch Gleichnisse älter als Begründungen (Francis Bacon, The Works, ed. J. Spedding etc., London 1857, I 520)],
sagt Bacon, mein Euthyphron.
4) Πᾶν γὰρ τὸ φανερούμενον, φῶς ἐστιν. Ephes. V, 13.
[Denn alles, was offenbar wird, das ist Licht.]
5) Manilius Astron, Lib. IV.
6) Buch der Richt. IX.
[Jothams Fabel: 8. Die Bäume gingen hin, daß sie einen König über sich salbten, und sprachen zu dem Ölbaum: Sei unser König! 9. Aber der Ölbaum antwortete ihnen: Soll ich meine Fettigkeit lassen, die beide, Götter und Menschen, an mir preisen, und hingehen, daß ich schwebe über den Bäumen? 10. Da sprachen die Bäume zum Feigenbaum: Komm du und sei unser König! 11. Aber der Feigenbaum sprach zu ihnen: Soll ich meine Süßigkeit und meine gute Frucht lassen und hingehen, daß ich über den Bäumen schwebe? 12. Da sprachen die Bäume zum Weinstock: Komm du und sei unser König! 13. Aber der Weinstock sprach zu ihnen: Soll ich meinen Most lassen, der Götter und Menschen fröhlich macht, und hingehen, daß ich über den Bäumen schwebe? 14. Da sprachen die Bäume zum Dornbusch: Komm du und sei unser König! 15. Und der Dornbusch sprach zu den Bäumen: Ist's wahr, daß ihr mich zum König salbt über euch, so kommt und vertraut euch unter meinen Schatten; wo nicht, so gehe Feuer aus dem Dornbusch und verzehre die Zedern Libanons.]
2 Chron. XXV, 18.
[18. Aber Joas, der König Israels, sandte zu Amazja, dem König Juda's, und ließ ihm sagen: Der Dornstrauch im Libanon sandte zur Zeder im Libanon und ließ ihr sagen: Gib deine Tochter meinem Sohn zum Weibe! Aber das Wild im Libanon lief über den Dornstrauch und zertrat ihn.]
7) – – quum planta sit poesis, quae veluti à terra luxuriante absque certo semine germinauerit, supra ceteras doctrinas excreuit & diffusa est. Bacon de Augm. Scient. Lib. II. Cap. 13.
[- - da die Poesie wie ein Gewächs ist, das, ohne gesät zu sein, aus üppiger Erde hervorkeimt, über die übrigen Wissenschaften emporwuchs und sich verbreitete. (Bacon, Works I 521)]
Siehe des Herrn Hofraths Johann David Michaelis Anmerkungen zu Roberti Lowth de sacra poesi Praelectionibus Academicis Oxonii habitis. p. 100. (18)
8) Rescisso discas componere nomine versum;
Lucili vatis sic imitator eris
                         Ausonius Epist. V.
[Du lernst Verse machen mit zerteilten Namen;
du wirst so ein Nachahmer des Sängers Lucilius (Ausonius, Epist. XVI 37 f., Lucilius schrieb Satiren, von denen nur wenige Bruchstücke erhalten sind)]

9) Zur Erläuterung kann nachgesehen werden Wachters Naturae & Scripturae Concordia. Commentatio de literis ac numeris primaeuis aliisque rebus memorabilibus cum ortu literarum coniunctis. Lips. & Hafn. 1752. im ersten Abschnitt.
[Der Sprachforscher Johann Georg Wachter unterschied drei Entwicklungsstufen der Schrift: die kyriologische (Bilder der Dinge), die symbolische oder hieroglyphische (Bilder als Symbole von Unbildlichem), die charakteristische (Verwendung willkürlicher Zeichen zur Wiedergabe von Wörtern)]
10) Von dieser letztern Gattung Zeichen ist folgende Stelle im Petron zu verstehen, die ich mich genöthigt sehe in ihrem Zusammenhange anzuführen, gesetzt daß man auch selbige für eine Satyre auf den Philologen selbst [Michaelis, s.o.] und seine Zeitverwandten ansehen solte: nuper ventosa isthaec & enormis loquacitas Athenas ex Asia commigrauit, animosque iuuenum ad magna surgentes veluti pestilenti quodam sidere afflauit, simulque corrupta eloquentiae regula stetit & obmutuit. Quis postea ad summam Thucydidis? (Man nennt ihn den Pindar der Geschichtschreiber) quis Hyperidis (der den Busen der Phryne entblößte, um die Richter von seiner guten Sache zu überzeugen) ad famam processit? Ac ne carmen quidem sani coloris enituit; sed omnia, quasi eodem cibo pasta, non potuerunt vsque ad senectutem canescere. PICTVRA quoque non alium exitum fecit, postquam AEGYPTIORVM AVDACIA tam magnae artis COMPENDIARIAM inuenit.
[Noch vor weniger Zeit wanderte diese aufgedunsene und regellose Geschwätzigkeit von Asien nach Athen und hauchte die in die Höhe steigenden Genien der Jünglinge, wie eine Pestilenz an; zugleich wurde die wahre Beredtsamkeit geschändet und überschrien. Wer gelangte nach dieser Zeit zur Höhe des Thucydides? wer zum Ruhme des Hyperides? nicht einmal ein Gedicht von einer gesunden Farbe kam zum Vorscheine, sondern alles, gleichsam von einer Speise genährt, konnte nicht bis zum Alter reifen. Ebendenselben Weg mußte die Mahlerey gehen, da die Ägypter so verwegen waren, diese große Kunst ins Kleine zu bringen. (Petron, Satyricon 2)]
Man vergleiche hiemit die tiefsinnige Prophezeyung, welche Sokrates dem ägyptischen Könige Thamus über die Erfindung des Theuts in den Mund legt, daß Phädrus darüber ausruft: ὦ Σώκρατες, ῥαιδίως σὺ Αἰγυπτίους τε καὶ ὁποδαποὺς ἂν ἐθέληις λόγους ποιεῖς.
[O Sokrates, leicht erdichtest du uns ägyptische und was sonst für ausländische Reden du willst. (Platon, Phaidros 275b)]
11) Die eine Metapher ist aus des Grafen von Roscommon Essay on translated verse und Howel's Lettres [James Howell, Familiar Letters, 1705, S. 249 und 422]; beyde haben dies Gleichnis aus dem Saavedra [Miguel Cervantes de Saavedra] entlehnt, wo ich nicht irre; die andere aus einem der vorzüglichsten Wochenblätter (The Adventurer [No. 49, 24. April 1753]) entlehnt: Dort werden sie aber ad illustrationem (zur Verbrämung des Rockes); hier ad inuolucrum (zum Hemde auf bloßem Leibe) gebraucht, wie Euthyphrons Muse unterscheiden lehrt.
12) Ps. XXXIII, 9.
13) Joh. XX, 15-17.
14) Röm. IX, 21.
15) Siehe D. Youngs Schreiben an dem Verfasser des Grandison über die Originalwerke.
[Edward Young, Conjectures on Original Composition, in a Letter to the Author (= Samuel Richardson) of Sir Charles Grandison, 1759]
16) Apostelgesch. X. XI.
17) Lib. I. Od. 22.
[(1) Wer da lebet redlich und ohne Falschheit, / der bedarf nicht maurischer Speere, leistet / leicht Verzicht auf Bogen und gift'gen Pfeil im / Köcher, mein Fuscus, (2) plant er auch zu reisen im Syrtengluthauch, / auf des fernen Kaukasus wilden Höhen / oder in dem Land, das durchströmt Hydaspes, / sagenumwoben. (3) Das erfuhr ich jüngst im Sabinerwalde: / Als ich dort von Lalage sang und frei von / Sorgen meine Schritte vom Wege seitwärts / lenkte, ganz wehrlos, (4) flüchtet doch von dannen ein Wolf, ein Untier, / wie noch nie es nährte in Eichenwäldern / streitbar Daunerland, nicht die Wüste Iubas, / Heimat der Löwen. (5) Führt mich nach des eisigen Nordens Ebne, / wo kein Baum ergrünet in linden Lüften, / dorthin, wo nur Wolken und trüben Himmel / Jupiter sendet; (6) führt mich südwärts auch, wo der Sonnenwagen / nah der Erde rollt und kein Wohnen duldet: / Lieben werd ich Lalages holdes Lachen, / holdes Geplauder. ]
18) Orgia nec Pentheum nec Orpheum tolerant, Baco de Augm. Scient. Lib. II. Cap. XIII.
[Orgien lassen weder Pentheus noch Orpheus überleben (Bacon, Works I 538)]
19) Tibull. Libr. II. Eleg. I.
20) L'art de personifier ouvre un champ bien moins borné et plus fertile que l'ancienne Mythologie. Fontenelle sur la Poesie en general. Tom. VIII.
[Die Kunst der Personifikation öffnet ein Feld, das viel weniger eingeengt und weit fruchtbarer ist als die alte Mythologie (Oeuvres de Monsieur de Fontenelle. Nouvelle Edition. Tome VIII. Paris 1758. S. 300)]
21) Job. III, 11. – Der gröbsten Unwissenheit, die es sich am ersten einfallen lassen dörfte, gegenwärtige Nachahmung der kabbalistischen Schreibart für gut oder arg auszuschreyen, sucht man mit nachfolgender Stelle vorzubeugen: In interpretandi modo duo interueniunt excessus. Alter eiusmodi praesupponit in Scripturis perfectionem, vt etiam omnis Philosophia ex earum fontibus peti debeat, ac si Philosophia alia quaeuis res profana esset & ethnica. Haec intemperies in schola Paracelsi praecipue, nec non apud alios inualuit; initia autem eius à Rabbinis & CABBALISTIS defluxerunt. Verum istiusmodi homines non id assequuntur, quod volunt: neque enim honorem, vt putant, Scripturis deferunt, sed easdem potius deprimunt & polluunt. – Quemadmodum enim Theologiam in Philosophia quaerere, perinde est ac si viuos quaeras inter mortuos: ita Philosophiam in Theologia quaerere, non aliud est, quam mortuos inter viuos. Alter autem interpretandi modus (quem pro excessu statuimus) videtur primo intuitu sobrius & castus; sed tamen & Scripturas ipsas dedecorat, & plurimo Ecclesiam afficit detrimento. Is est (vt verbo dicamus) quando Scripturae diuinitus inspiratae eodem, quo scripta humana, explicantur modo. Meminisse autem oportet, DEO, Scripturarum Auctori, duo illa patere, quae humana ingenia fugiunt: Secreta nimirum cordis & successiones temporis. – – Quum Scripturarum dictamina talia sint, vt ad cor scribantur, & omnium seculorum vicissitudines complectantur; cum aeterna & certa praescientia omnium haeresium, contradictionum & status Ecclesiae varii & mutabilis, tum in communi, tum in electis singulis: interpretandae non sunt solummodo secundum latitudinem & obuium sensum loci: aut respiciendo ad occasionem, ex qua verba erant prolata: aut praecise ex contextu verborum praecedentium & sequentium; aut contemplando scopum dicti principalem: sed sic, vt intelligamus, complecti eas, non solum totaliter, aut collectiue, sed distributiue, etiam in clausulis & vocabulis singulis, innumeros doctrinae riuulos & venas, ad Ecclesiae singulas partes & animas fidelium irrigandas. Egregie enim obseruatum est, quod Responsa Saluatoris nostri ad quaestiones non paucas, ex iis, quae proponebantur, non videntur ad rem, sed quasi impertinentia. Cuius rei causa duplex est. Altera, quod quum cogitationes eorum, qui interrogabant, non ex verbis, vt nos homines solemus, sed immediate & ex sese cognouisset, ad cogitationes eorum, non ad verba respondet: Altera, quod non ad eos solum locutus est, qui tunc aderant, sed ad nos etiam, qui viuimus & ad omnis aeui ac loci homines, quibus Euangelium fuerit praedicandum. Quod etiam in aliis Scripturae locis obtinet. Baco de Augm. Lib. IX.
[In den Schriftauslegungen begegnen zwei Ausschweifungen. Die eine setzt in der Schrift eine solche Vollkommenheit voraus, daß auch jede und alle Philosophie aus ihren Quellen fließen müsse und jede andere Philosophie eine gottlose und heidnische Sache sein müßte. Diese Maßlosigkeit hat vornehmlich in der Schule Paracelsus', aber auch bei andern, stark zugenommen, ihren Ursprung hat sie jedoch bei den Rabbinern und Kabbalisten. Diese Leute erreichen dennoch ihr Ziel nicht, denn sie bringen der Schrift nicht Ehre, wie sie glauben, sondern sie erniedrigen sie und beflecken sie eher. - Denn wie die Suche nach der Theologie in der Philosophie nichts anderes ist, als die Lebendigen unter den Toten zu suchen, so ist die Suche nach der Philosophie in der Theologie auch nichts anderes, als die Toten unter den Lebendigen zu suchen. Die andere Auslegungsart, die wir als Ausschweifung bestimmten, scheint auf den ersten Blick nüchtern und rein, bringt aber in Wirklichkeit der Schrift Schande und der Kirche Schaden. Sie besteht, mit einem Wort, darin, daß man die göttlich inspirierte Schrift wie menschliche Schriften auslegt. Es ist aber zu bedenken, daß Gott als dem Urheber der Schrift jenes beides bekannt ist, das sich dem menschlichen Geist entzieht: die Geheimnisse des Herzens und die Zukunft. Weil die Worte der Schrift so sind, daß sie auf die Herzen zielen und aller Zeiten Umschwünge begreifen, mit einer ewigen und sicheren Voraussicht aller Irrlehren, alles Widerspruchs und des wechselnden und wandelbaren Standes der Kirche, sowohl im Allgemeinen als in den auserwählten Einzelnen, deshalb sind die Worte der Schrift nicht nur nach der vollen Tragweite und dem offenbaren Sinn der Stelle oder mit Hinsicht auf die Gelegenheit, bei der diese Worte geäußert wurden, oder genau aus dem Zusammenhange der vorangehenden und folgenden Worte oder in Erwägung ihres nächsten Zweckes auszulegen, sondern so, daß wir bei der Schriftbetrachtung die unzähligen Quellen und Bäche der Lehre wahrnehmen, die nicht nur insgesamt oder in dem Ganzen der Schrift, sondern an jeder Stelle, auch in den einzelnen Sätzen und Worten, zur Labung der einzelnen Teile der Kirche und der Seelen der Gläubigen rinnen. Denn es ist vortrefflich beobachtet worden, daß unseres Heilandes Antworten auf nicht wenige der Fragen, die ihm gestellt wurden, nicht zur Sache gehörig scheinen, sondern sie gleichsam nicht angehen. Dies hat eine doppelte Ursache: Die eine ist, daß er, da er die Gedanken der Fragenden nicht aus ihren Worten, wie wir Menschen tun, sondern unmittelbar und aus sich selbst wußte, auf ihre Gedanken und nicht auf ihre Worte antwortet; die andere ist, daß er nicht zu denen allein sprach, die damals zugegen waren, sondern auch zu uns, die wir jetzt leben, und zu den Menschen jedes Zeitalters und jedes Ortes, denen das Evangelium gegpredigt werden sollte. Und dies hat auch Gültigkeit für andere Stellen der Schrift. (Bacon, Works I 835 f.)]
22) S. die Kortholtsche Samml. der Briefe des H. von Leibnitz. Vol. 3. Ep. 29.
23) S. Kaysers Octauii Augusti poetisches Edict, kraft dessen Virgils letzter Wille de abolenda Aeneide [seine Aeneis zu vernichten] aufgehoben seyn soll – – Man kann mit beyden Händen zugeben, was D. George Benson [George Benson (1699-1762), liberaler englischer Theologe, kritischer Interpret neutestamentlicher Schriften. Unter der Annahme, daß kein Text der Heiligen Schrift mehr als eine Bedeutung hat, fordert er, der kritische Interpret sollte diesen einen wahren Sinn herausfinden, wie er den Sinn bei einem Text von Homer oder einem andern alten Schriftsteller herausfindet.]
über die Einheit des Verstandes mit wenig Nachsinn, Wahl und Salbung mehr zusammengeraft als ausgearbeitet. Wenn er uns einige irrdische Sätze über die Einheit der Lesart hätte mittheilen wollen; so würde uns seine Gründlichkeit sinnlicher fallen – – Man kann ohn ein sehr zweydeutiges Lächeln die vier Bände dieser paraphrastischen Erklärung nicht durchlaufen, und die häufige Stellen verfehlen, wo D. Benson mit einem Sparren des Pabstthums in seinem eigenen Augapfel, über die Splitter der römischen Kirche eyfert – und unsere theologische Hofräthe nachahmt, welche jeden übereilten blinden Einfall laut beklatschen, durch den das Geschöpf mehr als der Schöpfer geehrt wird – – Zuförderst müste man D. George Benson fragen: ob die Einheit mit der Mannigfaltigkeit nicht bestehen könne? – Ein Liebhaber des Homers läuft gleiche Gefahr durch einen französischen Paraphrasten, wie la Motte [Houdart de la Motte, französischer Übersetzer der Ilias], und durch einen tiefsinnigen Dogmatiker, wie Samuel Clarke [1675-1729, englischer Theologe, der bezüglich des Neuen Testaments an der Lehre vom mehrfachen Schriftsinn festhielt, in seiner lateinischen Homer-Übersetzung aber die «Einheit des Verstands» postulierte], die Einheit des Verstandes zu verlieren – – Der buchstäbliche oder grammatische, der fleischliche oder dialektische, der kapernaitische [symbolische] oder historische Sinn sind im höchsten Grade mystisch, und hängen von solchen augenblicklichen, spirituosen, willkührlichen Nebenbestimmungen und Umständen ab, daß man ohne hinauf gen Himmel zu fahren, die Schlüssel ihrer Erkenntnis nicht herabholen kann, und keine Reise über das Meer noch in die Gegenden solcher Schatten scheuen muß, die seit gestern oder vorgestern, seit hundert oder tausend Jahren – Geheimnisse! – geglaubt, geredt, gelitten haben, von denen uns die allgemeine Weltgeschichte kaum so viel Nachricht giebt, als auf dem schmallsten Leichenstein Raum hat, oder als Echo, die Nymphe vom lakonischen Gedächtnisse, auf einmal behalten kann. – – Derjenige muß freylich die Schlüssel des Himmels und der Hölle haben, der uns die Projecte vertrauen will, die Gedankenreiche Schriftsteller an einem kritischen Ort zur Bekehrung ihrer ungläubigen Brüder schmieden. – – Weil Moses das Leben im Blute setzt, so gräuelt allen getauften Rabbinen vor der Propheten Geist und Leben, wodurch der Wortverstand, als ein einzig Schooskind ἐν παραβολῆι [zum Vorbilde, vgl. Hebr. 11, 19] aufgeopfert, und die Bäche morgenländischer Weisheit in Blut verwandelt werden. – – Die Anwendung dieser erstickten Gedanken gehört für keinen verwöhnten Magen. – Abstracta initiis occultis; Concreta maturitati conueniunt [das Abstrakte ziemt den verborgenen Anfängen, das Konkrete der Reifezeit], nach Bengels Sonnenweiser [Gnomon Novi Testamenti (1742) des Johann Albrecht Bengel, Philologe und Exeget, 1687-1752] (plane pollex, non index [durchaus ein Daumen, kein Zeigefinger (vgl. Cic. ad Att. XIII 46)]).
24) Apostelgesch. II, 19.
25) Ps. LXXIII, 21. 22.
26) La seule politique dans un Poeme doit être de faire de bons vers
[Die einzige Politik in einem Gedicht soll die sein, gute Verse zu machen (Voltaire, Idée de la Henriade, Oeuvres completes de Voltaire, Paris 1785, tome X, S. 44)]
sagt der Herr von Voltaire in seinem Glaubensbekenntnis über die Epopee.
27) Was der Herr von Voltaire unter Religion verstehen mag, Grammatici certant & adhuc sub Iudice lis est [darüber streiten die Sprachgelehrten, und der Handel ist noch unentschieden. (Horaz, ars poet. 78)]; hierum hat sich auch der Philolog so wenig als seine Leser zu bekümmern. Man mag die Freyheiten der gallikanischen Kirche, oder die Schwefelblumen des geläuterten Naturalismus dafür ansehen: so werden beyde Erklärungen der Einheit des Verstandes keinen Eintrag thun.
28) Fabulae mythologicae videntur esse instar tenuis cuiusdam aurae, quae ex traditionibus nationum magis antiquarum in Graecorum fistulas inciderunt. De Augm. Scient. Lib. II, Cap. XIII.
[Die mythologischen Fabeln scheinen wie ein zarter Lufthauch zu sein, aus den Überlieferungen weit älterer Völker in die Hirtenflöten der Griechen geraten. (Bacon, Works I 521)]
29) Qu'un homme ait du jugement ou non, il profite egalement de vos ouvrages: il ne lui faut que de la MEMOIRE, sagt ein Schriftsteller, in dessen Munde Weissagung ist, dem Herrn von Voltaire ins Gesicht – –
[Ob ein Mensch Urteilsvermögen besitzt oder nicht, er profitiert gleichermaßen von Ihren Werken. Er braucht nur ein gutes GEDÄCHTNIS (Voltaire, Le temple de goût, 1733)]
καί τοι οὐκ ἂν πρέποι γε ἐπιλήσμονα εἶναι ῥαψωιδὸν ἄνδρα.
[Das ziemt ja wohl einem Rhapsoden nicht, vergeßlich zu sein. (Platon, Ion 539e)]
Sokrates in Platons Jon.
30) Photius (in den Amphilochiis Quaest. CXX, welche Joh. Chr. Wolf [Johann Christoph Wolf, Theologe und Philologe, 1683-1739] seinem Füllhorn philologischer und kritischer Grillen angesetzt hat) sucht in den Worten Herodes zu den Weisen aus Morgenland: «damit ich auch komme, und ihn anbete» eine Prophezeyung, vergleicht sie mit Kaiphas Ausspruch Joh. XI, 49-52. und macht die Anmerkung: Ἴδοις δ' ἂν παραπλησίως τούτοις καὶ ἕτερά τινα κακούργωι μὲν γνώμηι καὶ ὁρμῆι μιαιφόνωι προενηνεγμένα, πέρας δὲ προφητικὸν εἰληφότα.
[Man sollte bemerken, daß auch andere derartige, aus bösem Gemüt und blutrünstiger Aufwallung gesagten Worte am Ende Prophezeiungen gewesen sind. (Photius-Zitat in Wolfs Curae philologicae et criticae IV, Hamburg 1735)]
Photius denkt sich im Herodes einen Ianus bifrons [zweigesichtiger Ianus], der nach seinem Geschlechte die Heiden, nach seiner Würde die Juden vorstellte. – Sehr viele hämische und unnütze Einfälle, (womit sich Herren und Diener brüsten [vgl. Friedrich Karl von Moser, Der Herr und der Diener (1757)]) würden ein ganz ander Licht für uns gewinnen, wenn wir uns bisweilen erinnern möchten: ob sie von sich selbst reden oder weissagend verstanden werden müssen? – –
31) Fontenelle sur la Poesie en General. Quand on saura employer d'une maniere nouvelle les images fabuleuses, il est sûr qu'elles feront un grand effet.
[Wenn man erst versteht, die mythologischen Bilder auf eine neue Art zu verwenden, werden sie gewiß eine große Wirkung haben (Oeuvres de Monsieur de Fontenelle. Nouvelle Edition. Tome VIII. Paris 1758. S. 296)]
32) – – & notho – – –
– lumine –
          Catull. Carm. Sec. ad Dian.
[mit fremdem Licht (Catull 34, 15 f.)]
33) – – micat inter omnes
Iulium sidus, velut inter ignes
          Luna minores. Horat. Lib. I. Od. XII.
[- - unter allen funkelt das julische Gestirn wie der Mond unter den kleinen Himmelslichtern (Horaz, Oden I 12)]
34) 2 Kor. IV, 6.
35) Offenb. XVI, 15.
36) – εἰκὼν τοῦ θεοῦ τοῦ ἀοράτου. Koloss. I, 15.
[- das Ebenbild des unsichtbaren Gottes]
37) – – θείας κοινωνοὶ φύσεως. 2. Petr. I, 4.
[- - teilhaftig der göttlichen Natur]
συμμόρφους τῆς εἰκόνος τοῦ υἱοῦ αὐτοῦ. Röm. 8, 29.
[gleich dem Ebenbild seines Sohnes]
38) Apostelgesch. XVII, 27. etc.
39) Maleachi III, 2.
40) Bacon de interpretatione Naturae & regno Hominis. Aphorism. CXXIV. Modulos ineptos mundorum & tanquam simiolas, quas in Philosophiis (in den Theorien der Wissenschaften) phantasiae hominum exstruxerunt, omnino dissipandas edicimus. Sciant itaque homines, quantum intersit inter humanae mentis Idola & diuinae mentis Ideas. Humanae mentis idola nil aliud sunt quam abstractiones ad placitum: Diuinae mentis ideae sunt vera signacula Creatoris super creaturas, prout in materia per lineas veras & exquisitas imprimuntur & terminantur. Itaque ipsissimae res sunt Veritas & Vtilitas: atque Opera ipsa pluris facienda sunt, quatenus sunt veritatis pignora, quam propter vitae commoda (um des Bauchs willen).
[Bacon, Von der Auslegung der Natur und der Herrschaft des Menschen. Aphorism. CXXIV: Die grundlosen und gleichsam nachgeäfften Weltmodelle, welche die menschliche Phantasie in den mancherlei philosophischen Systemen errichtet hat, muß ich vorher gänzlich schleifen. Man bedenke ja den großen Abstand zwischen den Vorurteilsgötzen des menschlichen, und zwischen den Ideen des göttlichen Verstandes. Jene sind nichts weiter als willkürliche Abstraktionen; diese aber sind das echte Gepräge des Schöpfers auf den Geschöpfen, so wie wir sie in der Körperwelt durch die richtigsten und ausgesuchtesten Formen abgedruckt und bestimmt finden. Wahrheit und Nützlichkeit sind hier also völlig einerlei; und die Werke der Natur verdienen mehr darum Achtung, weil sie Unterpfänder der Wahrheit, als weil sie vorteilhaft für das menschliche Leben sind. (Bacon, Works I 218)]
Anderswo wiederholt er diese Erinnerung, daß man alle Werke der Natur nicht nur als beneficia vitae [Wohltaten des Leibes], sondern auch als veritatis pignora [Unterpfänder der Wahrheit] nutzen sollte.
41) – φιλοπαίγμονες γὰρ καὶ οἱ Θεοί. Sokrates im Kratylus.
[- denn diese Götter selbst lieben den Scherz (Platon, Kratylos 406c)]
42) Sokrates zum Phädrus: Οἱ δέ, ὦ φίλε, ἐν τῶι τοῦ Διὸς τοῦ Δωδωναίου ἱερῶι δρυὸς λόγους ἔφησαν μαντικοὺς πρώτους γενέσθαι· τοῖς μὲν οὖν τότε ἅτε οὐκ οὖσι σοφοῖς, ὥσπερ ὑμεῖς οἱ νέοι, ἀπέχρη δρυὸς δὲ καὶ πέτρας ἀκούειν ὑπ' εὐηθείας, εἰ μόνον ἀληθῆ λέγοιεν. Σοὶ δ' ἴσως διαφέρει, τίς ὁ λέγων καὶ ποδαπός, οὐ γὰρ ἐκεῖνο μόνον σκοπεῖς, εἴτε οὕτως εἴτε ἄλλως ἔχει.
[Es sagen ja gar welche, die ersten wahrsagerischen Reden seien die einer Eiche im Tempel des Zeus in Dodona gewesen. Den damals Lebenden also, die eben keine Weisen waren wie ihr Jüngeren, genügte es, in Einfalt den Baum und den Fels anzuhören, wenn sie nur Wahres redeten. Dir aber ist es vielleicht ein Unterschied, wer der Redende und wo er heimisch ist? Denn nicht auf jenes allein siehst du, ob es sich so, ob anders verhält. (Platon, Phaidros 275b-c)]
43) 1 Sam. XIV, 24.
44) Brief as the lightning in the collied night,
That (in a spleen) unfolds heav'n and earth
And ere man has power to say: Behold!
The jaws of darkness do devour it up.
          Shakespeare im Midsummer-Night's Dream.
[Schnell, wie der Blitz, der in geschwärzter Nacht / Himmel und Erd' in einem Wink entfaltet; / Doch eh' ein Mensch vermag zu sagen: schaut! / Schlingt gierig ihn die Finsternis hinab. (Shakesp. Sommernachtstraum I 1, 145)]
45) C'est l'effet ordinaire de notre ignorance de nous peindre tout semblable à nous et de repandre nos portraits dans toute la nature, sagt Fontenelle in der Histoire du Theatre Franç. [Es ist die gewöhnliche Wirkung unserer Unwissenheit, daß wir uns alles als uns ähnlich ausmalen und unser Bild über die ganze Natur breiten (Oeuvres de Monsieur de Fontenelle. Nouvelle Edition. Tome III. Paris 1758. S. 27f.)]
Une grande passion est une espece d'Ame, immortelle à sa maniere et presque independante des Organes. Fontenelle in Eloge de M. du Verney. [Eine große Leidenschaft ist eine Art Seele, auf ihre Weise unsterblich und von den Organen fast unabhängig (Oeuvres de Monsieur de Fontenelle. Nouvelle Edition. Tome VI. Paris 1758. S.460)]
46) Plato enim mihi VNVS instar omnium est. Cicero in Brut. [Denn EIN Platon gilt mir soviel wie alle andern. (Cic. Brutus 51, 191)]
47) Ps. LIX, 13.
48) Siehe den ganzen XI. Theil der Briefe, die neueste Litteratur betreffend, hie ein wenig, da ein wenig, eigentlich aber Seite 131.
49) Ouid. Metamorph. Lib. III.
– bibit visae correptus imagine formae.
Spem sine corpore amat, corpus putat esse, quod vmbra est.
Adstupet ipse sibi, vultuque immotus eodem
Haeret vt e Pario formatum marmore signum.
Spectat humi positus geminum, sua lumina, sidus,
Et dignos Baccho, dignos & Apolline crines,
Impubesque genas & eburnea colla, decusque
Oris, & in niueo mistum candore ruborem;
Cunctaque miratur, quibus est mirabilis ipse.
– – opaca fusus in herba
Spectat inexpleto mendacem lumine formam,
Perque oculos perit ipse suos; paulumque leuatus
Ad circumstantes tendens sua brachia siluas:
«Ecquis io! siluae, crudelius, inquit, amauit?
(Scitis enim & multis latebra opportuna fuistis) – – –
Et placet & video; sed quod videoque placetque
Non tamen inuenio. Tantus tenet error amantem!
Quoque magis doleam, nec nos mare separat ingens
Nec via, nec montes, nec clausis moenia portis.
Exigua prohibemur aqua – – –
Posse putes tangi. MINIMVM est quod amantibus obstat.
Quisquis es, huc exi! – – –
Spem mihi nescio quam vultu promittis –
– – lacrymas quoque saepe notaui
Me lacrymante tuas, nutu quoque signa remittis –
In te ego sum. Sensi, nec me mea fallit imago –
Quod cupio, meum est: inopem me copia fecit.
O vtinam nostro secedere corpore possem!
Votum in amantem nouum – – –»
DIXIT & ad faciem rediit male sanus eandem,
Et lacrymis turbauit aquas, obscuraque moto
Reddita forma lacu est. Quam quum vidisset abire
– – clamauit: «Liceat quod tangere non est
Aspicere & misero praebere alimenta furori» –
Ille caput viridi fessum submisit in herba;
Lumina nox clausit domini mirantia formam.
Tum quoque se, postquam est inferna sede receptus,
In Stygia spectabat aqua – – –
Planxerunt Dryades; plangentibus assonat Echo,
Iamque rogum quassasque faces feretrumque parabant,
Nusquarn corpus erat. Croceum pro corpore florem
Inueniunt foliis medium cingentibus albis.
[Denn im Trinken vom Schein des gesehenen Bildes bezaubert,
Liebet er nichtigen Wahn: er hält für Körper, was Schatten.
Sich selbst staunet er an, und starr mit dem nämlichen Blicke
Ist er gebannt wie ein Bild, aus parischem Marmor gefertigt:
Liegend betrachtet er stets gleichwie zwei Sterne die Augen,
Schaut mit Entzücken das Haar, das Apollos würdig und Bacchus',
Schauet den elfenen Hals und die Glätte der bartlosen Wangen
Und des Gesichts Anmut und in schneeiger Weiße die Röte;
Alles bewundert er selbst, was wert ihn macht der Bewundrung;
. . . . . . . . . im beschatteten Grase gelagert,
Schaut er die leere Gestalt mit unersättlichen Blicken,
Und er vergeht durch das eigne Gesicht, und ein wenig erhoben,
Spricht er, die Arme gestreckt zu den ringsum stehenden Wäldern:
"Hat je einer geliebt, ihr Wälder, mit härteren Qualen?
Denn ihr wißt es und wart schon vielen gelegener Schlupfort.
. . . . . . . . .
Vor mir steht es und lockt; doch was da steht, so verlockend,
Ach, ich find es ja nicht. So fesselt den Liebenden Irrwahn.
Was noch mehret den Schmerz, nicht trennt uns Weite des Meeres,
Nicht ein Gebirg, ein Weg, noch Mauern mit sperrenden Toren:
Karges Gewässer verbietet zu nahn. . . . . . . . . .
Fast, fast scheint er berührt. Wie klein, was die Liebenden scheidet!
Wer du auch seist, komm her! . . . . . . . . .
Hoffnung, ich weiß nicht welche, verheißt dein freundliches Antlitz;
. . . . . . . . . auch sah ich zum öfteren Tränen,
Wenn ich weinte, bei dir; dem Wink auch winkst du entgegen,
. . . . . . . . .
Ich bin, merk ich, es selbst. Nicht täuscht mich länger mein Abbild.
. . . . . . . . .
Was ich begehre, ist mein. Zum Darbenden macht mich der Reichtum.
Daß ich vom eigenen Leib mich doch zu trennen vermöchte!
Was kein Liebender wünscht, . . . . . . . . .
Sprach's und kehrte zurück sinnlos zu dem nämlichen Bilde,
Und trüb macht' er mit Zähren die Flut, und im kreisenden Wasser
Wurde verdunkelt das Bild. Wie er weggehn sah die Erscheinung,
Rief er: " . . . . . . . . .
Laß mich wenigstens schaun und nähren den traurigen Wahnsinn."
. . . . . . . . .
Kraftlos ließ er das Haupt nun sinken auf grünenden Rasen;
Tod schließt die Augen ihm zu und bewundert die Schönheit des Jünglings.
Da auch noch, als er längst dem Reiche der Toten gehörte,
Schaut' er sich selbst in der stygischen Flut. . . . . . . . . es trauern
Auch die Dryaden um ihn, beistimmet den Trauernden Echo.
Scheite besorgte man schon und schwingende Fackeln und Bahre:
Da war nirgend der Leib. Sie finden für ihn nur ein Blümlein,
Safrangelb, um die Mitte besetzt mit schneeigen Blättern.
(Ovid, Metamorph. III, 415 - 510, mit Auslassungen)]

50) Jakob. II, 7.
51) MAGIA in eo potissimum versabatur, vt architecturas & fabricas rerum naturalium & ciuilium symbolisantes notaret – – Nec similitudines merae sunt (quales hominibus fortasse parum perspicacibus videri possint) sed plane vna eademque naturae vestigia aut signacula diversis materiis & subiectis impressa. Bacon im dritten Buch de augmentis scientiarum; wo er die Magie auch durch eine scientiam consensuum rerum vniuersalium [Wissenschaft von der Übereinstimmung aller Dinge] und bey diesem Schimmer die Erscheinung der Weisen zu Bethlehem zu erklären meynt.
[Die Magie beschäftigte sich hauptsächlich damit, Übereinstimmungen im Grundriß und Bau zwischen der Welt der Natur und der des Menschen wahrzunehmen. Auch sind diese keine bloßen Ähnlichkeiten (wie es vielleicht den weniger einsichtsvollen Menschen scheinen könnte), sondern deutlich dieselben Fußstapfen der Natur oder Zeichen, verschiedenem Stoff und Grund eingedrückt (Bacon, Works I 542)]
52) – καὶ ἔτι καθ᾽ ὑπερβολὴν ὁδὸν ὑμῖν δείκνυμι. 1. Kor. XII. 31.
[ - und ich will euch noch einen köstlicheren Weg zeigen]
53) Offenb. XIX, 10.
54) S. die Beantwortung der Frage von dem Einflusse der Meynungen in die Sprache und der Sprache in die Meynungen, welche den von der königlichen Akademie der Wissenschaften für das Jahr 1759. gesetzten Preiß erhalten hat. S. 66. 67. [In dieser Preisschrift Michaelis' heißt es über Augustinus «. . . ein Mann von hitziger Einbildungskraft und schlechter Gelehrsamkeit, und dabei ein Africaner... Es ist wahr, in den Städten von Africa sprach man lateinisch, allein nicht so wie in Rom ... lateinische Wörter waren der Leib, in den eine punische Denkungsart gefahren war. Über das verstand Augustinus das Punische ... als seine Muttersprache, wie er es denn zuweilen zur Erläuterung hebräischer Redensarten anbringet. Der gute Bischof sprach also, ohne es zu wissen, hebräisch.» Hamann belustigt sich über Michaelis, indem er sich auf ein Swift (heute gilt Thomas Sheridan als Verfasser) zugeschriebenes Werk mit dem Titel Ars Pun-ica bezieht, was «Die punische Kunst» wie auch «Die Kunst des Wortspiels» bedeuten kann.]
Hiebey kann füglich zu Rath gezogen werden: Ars Pun-ica, siue Flos Linguarum: The Art of Punning, or the Flower of Languages in seventy-nine Rules for the farther Improvement of Conversation and Help of Memory. By the Labour and Industry of TUM PUN-SIBI. [Die Kunst des Wortspiels, oder die Blüte der Sprachen in 79 Regeln für die weitere Verbesserung der Gesprächskunst und um das Gedächtnis zu stützen. Durch die Arbeit und den Fleiß von TUN PUN-SIBI. (3. Auflage 1719)]
Ex ambiguo dicta vel argutissima putantur; sed non semper in ioco, sed etiam in grauitate versantur – Ingeniosi enim videtur vim verbi in aliud atque ceteri accipiant, posse dicere.[Der Witz, der seinen Ursprung in der Doppelsinnigkeit hat, wird als der geistreichste betrachtet; er beschäftigt sich aber nicht nur mit dem Scherzhaften, sondern auch mit dem Ernsten. - Es scheint in der Tat die Sache eines Talentvollen zu sein, dem Wort eine ganz andere Bedeutung geben zu können als die, in der es die übrigen Menschen verstehen. (vgl. Cicero, de orat. II 250, 254)]
Cicero de Orat. lib. 2. The second Edition 1719. 8. Dieses gelehrte Werk (von dem ich leider! nur ein defectes Exemplar besitze) hat zum Verfasser – Swift, den Ruhm der Geistlichkeit (Hagedorn [Friedrich Hagedorn (1708-54) ist der Übersetzer des Pope-Zitats]), (The glory of the Priesthood and the shame!) Essay on Criticism.
[Der Ruhm der Geistlichkeit und ihre Schande! (Alexander Pope über Erasmus von Rotterdam, Essay on Criticism 694)]
und fängt sich mit einer logischen, physischen und moralischen Definition an. Im logischen Verstande Punnata dicuntur id ipsum quod sunt aliorum esse dicuntur aut alio quouis modo ad aliud referuntur.
[Das Wortspiel ist seinem Wesen nach etwas, wovon gesagt wird, daß es anderem zukommt oder in jeder beliebigen Art auf andere bezogen wird (dies ist eine Parodie der aristotelischen Definition des Relativen: «Relativ heißt solches, dem das, was es begrifflich ist, im Vergleich zu einem anderen oder irgendeinem sonstigen Verhältnis zu einem anderen beigelegt wird.», Arist. Kategorien 6a)]
Nach der Naturlehre (des äbentheuerlichen und grillenfängerischen Cardans [Hieronymus Cardanus (1501-76), italienischer Arzt, rationalistischer Philosoph und Naturwissenschaftler, schrieb eine berühmte Autobiographie.]) in Punning is an Art of harmonious Jinggling upon Words, which passing in at the Ears and falling upon the Diaphragma, excites a titillary Motion in those Parts, and this being convey'd by the Animal Spirits into the Muscles of the Face raises the Cockles of the Heart.
[Im Wortspiel liegt eine Kunst des harmonischen Geklingels mit Worten, das durch die Ohren eindringt und zum Zwerchfell gelangt und dort eine kitzelnde Bewegung erregt, die, von den Lebensgeistern in die Gesichtsmuskeln befördert, das Innerste des Herzens belebt.]
Nach der Casuistick [Lehre von der Anwendung moralischer Grundsätze auf den einzelnen Gewissensfall] aber ist es a Virtue, that most effectually promotes the End of good Fellowship [eine Tugend, die sehr wirksam zum Ende guter Freundschaft beiträgt] – – Ein Exempel von dieser künstlichen Tugend findt man unter andern von gleichem Schlage, in obangeführter Beantwortung an der punischen Vergleichung zwischen Mahometh, dem Propheten und Augustin, dem Kirchenvater [Michaelis' Vergleichung von Mohammed und Augustinus geht von deren angeblich fehlendem Verständnis für bildhafte Sprache aus], die einem amphibologischen [doppelsinnigen] Liebhaber der Poesie von halb enthusiastischer halb scholastischer Einbildungskraft ähnlich sieht, der noch lange nicht gelehrt genug zu seyn scheint, den Gebrauch der figürlichen Sprache gehörig einzusehen, geschweige geistliche Erfahrungen prüfen zu können. Der gute Bischof sprach ohne es zu wissen hebräisch, wie der bürgerliche Edelmann [vgl. Molières Komödie Le Bourgois gentilhomme (1670)] ohne es zu wissen Prose, und wie man noch heut zu Tage durch gelehrte Fragen und ihre Beantwortung ohne es zu wissen, die Barbarey seiner Zeiten und die Tücke seines Herzens [Apg. 8,22] verrathen kann, zum Preiß der tiefsinnigen Wahrheit: daß alle Sünder sind und des Ruhms mangeln [Röm. 3,23], der ihnen angedichtet wird, der arabische Lügenprophet sowohl als der gute afrikanische Hirte und der witzige Kopf, (den ich zuerst hätte nennen sollen) dem es eingefallen durch so lächerliche Parallelstellen jene zween Bekenner der Providentz bey den Haaren in Vergleichung zu ziehen, der punischen Vernunftlehre unserer heutigen Kabbalisten gemäß, denen jedes Feigenblatt einen zureichenden Grund [Anspielung auf den Satz vom zureichenden Grund - principium rationis sufficientis], und jede Anspielung eine Erfüllung abgiebt.
55) Worte unsers Luthers (der sich durch Lesung des Augustins seinen Geschmack ein wenig verdorben haben soll) aus dessen bekannter Vorrede über den Brief an die Römer, an der ich mich eben so wenig müde lesen kann, als an seiner Vorrede zum Psalter. Ich habe diese Stelle durch eine sogenannte Accommodation [Anpassung - Begriff der Theologie der Aufklärung: danach sind etwa die Worte Jesu über Dämonen und Engel Akkomodationen an die primitiven Vorstellungen der damaligen Juden] hier angeführt, weil Luther am angeführten Orte von dem Abgrunde Göttlicher Vorsehung spricht, und nach seiner löblichen Gewohnheit auf seinen Ausspruch versichert, «daß man ohne Leiden, Kreuz und Todesnöthen die Vorsehung nicht ohne Schaden und heimlichen Zorn wider GOTT handeln könne.»
56) Den Kirchenliederischen Fall dieses Abschnittes wird der andächtige Leser selbst ergänzen. Mein Gedächtnis verläßt mich aus bloßem Eigensinn; – Semper ad euentum – – & quae desperat – relinquit.[stets zum Ende fort - - und was er aufgibt - läßt er liegen (Horaz, De arte poet. 148)]
57) 2 Petr. II, 8.
58) Siehe zu Lowthii Praelect. XV. die 76. Note des Herausgebers. Algarotti. Vol. III.
59) Sanft schleichet sich der Reim ins
           Herz, wenn er sich ungezwungen findet;
      Er stützt und ziert die Harmonie, und
           leimt die Rede ins Gedächtnis.
                Elegien und Briefe. Strasburg, 1760.
[Verfasser: Ludwig Heinrich von Nicolay (1737-1820)]
60) Siehe zu Lowths dritten Vorlesung die vierte Anmerkung des Herausgebers S. 149 und im dritten Theil der Briefe die neueste Litteratur betreffend den ein und funfzigsten.
61) Würde es nicht poßierlich seyn, wenn Herr Klopstock seinem Setzer, oder einer Margot la Ravaudeuse [Roman von Fougeret de Monbron (1706-1760)], wie die Muse des Philologen ist, die Ursachen angeben wollte, warum er seine dichterische Empfindungen, die qualitates occultas [verborgene Eigenschaften; bei den Scholastikern besondere Kräfte, welche aus den Qualitäten erster Art nicht abzuleiten sind] für den Pöbel zum Gegenstande haben und in galanter Sprache Empfindungen par excellence heissen, mit abgesetzten Zeilen drucken läßt. Ohngeachtet meiner kauderwelschen Mundart würde ich sehr willig seyn, des Herrn Klopstocks prosaische Schreibart für ein Muster von klaßischer Vollkommenheit zu erkennen. Aus kleinen Proben davon trau ich diesem Autor eine so tiefe Kenntnis seiner Muttersprache, und besonders ihrer Prosodie zu, daß sein musikalisches Sylbenmaaß einem Sänger, der nicht gemein seyn will, zum Feyerkleide der lyrischen Dichtkunst am angemessensten zu seyn scheint. – Ich unterscheide die Originalstücke unsers Assaphs [Psalmendichter, vgl. Ps. 50, Ps. 73-83] von seinen Verwandlungen der alten Kirchenlieder [Klopstock, Geistliche Lieder 1758, darin «Veränderte Lieder»], ja selbst von seiner Epopee [Der Messias], deren Geschichte bekannt, und mit Miltons [Paradise Lost] seiner, wo nicht ganz, doch im Profil, ähnlich ist.
62) – οἱ ῥαψωιδοὶ – ἑρμηνέων ἑρμηνεῖς. Sokrates in Platons Ion.
63) Procop. de bello persico. I. 18. [Prokopios, griechischer Geschichtsschreiber um 500 n. Chr.]
64) Asteriscus illucescere facit; obeliscus iugulat et confodit [Sternchen macht leuchten, Spieß ersticht und niedersticht (Nach Diogenes Laertius, bezeichnen Spieße in den alten Platonausgaben Unechtes, Sternchen übereinstimmende Meinung, Diog. Laert. III 66)]: Hieronymus in praefat. Pentateuchi. Conf. Laertius in Platone. Ein geschickter Gebrauch dieser massoretischen Zeichen [Zeichen, die jüdische Gelehrte zur Kommentierung der hebräischen Bibel verwendet haben] könnte eben so gut dienen, die salomonischen Schriften zu verjüngen, als einer der neuesten Ausleger zween Briefe Pauli durch die Methode der §. §. und Tabellen erläutert hat.