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B  I  B  L  I  O  T  H  E  C  A    A  U  G  U  S  T  A  N  A
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
  Johann Gottfried Schnabel
vor 1692 - nach 1750

 
 
   
   



W u n d e r l i c h e
F a t a   e i n i g e r
S e e f a h r e r


1 .   T e i l   ( 1 7 3 1 )
A n h a n g :
L e b e n s b e s c h r e i b u n g
d e s   D o n   C y r i l l o
S e i t e   5 9 6 - 6 0 8


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     [596] Dieses Erdbeben geschahe am 18den Jan. im Jahr Christi 1523. bey eintretender Nacht, und ich hoffe nicht unrecht zu haben, wenn ich solches ein würckliches Erdbeben oder Erschütterung dieser gantzen Insul nenne, weil ich selbiges selbst empfunden, auch nachhero viele Felsen=Risse und herabgeschossene Klumpen angemerckt, die vor der Zeit noch nicht dagewesen sind. Der Westliche Fluß fand zwar nach wenigen Wochen seinen geraumlichen Auslauff unter dem Felsen hindurch, nachdem er vielleicht die lockere Erde und Sand ausgewaschen und fortgetrieben hatte, und solchergestallt wurde auch das Westliche Thal wiederum von der Wasser=Fluth befreyet, jedoch die Hoffnung unserer baldigen Abfahrt war auf einmahl gäntzlich zerschmettert, indem das neu erbaute Schiff unter den ungeheuern Felsen=Stücken begraben lag.

     GOTT pflegt in der Natur dergleichen Wunder= und Schreck=Wercke selten umsonst zu zeigen. Dieses erkandte ich mehr als zu wohl, wolte solches auch meinen Gefährten in täglichen Gesprächen beybringen, und sie dahin bereden, daß wir ingesamt als Heilige Einsiedler unser Leben in dieser angenehmen und fruchtbaren Gegend um wenigstens so lange zubringen wolten, biß uns GOTT von ohngefähr Schiffe und Christen zuschickte, die uns von dannen führeten. Allein ich predigte tauben Ohren, denn wenige Zeit hernach, da ihnen abermahls die Lust ankam ein neues Schiff zu bauen, welches doch in Ermangelung so vielerley materialien ein lächerliches Vornehmen war, machten sie erstlich einen Anschlag, im Mittel der Insul den Nördlichen Fluß [597] abzustechen, mithin selbigen durch einen Canal in die kleine See zu führen, deren Ausfluß sich gegen Osten zu, in das Meer ergiesset.

     Dieser letztere Anschlag war mir eben nicht mißfällig, weiln ich allem Ansehen nach, leicht glauben konte, daß durch das Nördliche natürliche Felsen=Gewölbe, nach abgeführten Wasser=Flusse, ohnfehlbar ein bequemer Außgang nach der See zu finden seyn möchte. Derowegen legte meine Hände selbsten mit ans Werck, welches endlich, nach vielen sauern vergossenen Schweisse, im Sommer des 1525ten Jahres zu Stande gebracht wurde. Wir funden einen nach Nothdurfft erhöheten und weiten Gang, musten aber den Fuß=Boden wegen vieler tieffen Klüffte und steiler Abfälle, sehr mühsam mit Sand und Steinen beqvemlich ausfüllen und zurichten, biß wir endlich sehr erfreut das Tages=Licht und die offenbare See ausserhalb der Insul erblicken konten.

     Nach diesem glücklich ausgeschlagenen Vornehmen, solten aufs eiligste Anstallten zum abermahligen Schiff=Bau gemacht, und die zugerichteten Bäume durch den neu erfundenen Weg an den auswendigen Fuß des Felsens hinunter geschafft werden; Aber! ehe noch ein eintziger Baum darzu behauen war, legten sich die zwey schwächsten von meinen Lands=Leuten darnieder und starben, weil sie ohnedem sehr ungesundes Leibes waren, und sich noch darzu bißhero bey der ungezwungenen Arbeit allzuhefftig angegriffen haben mochten. Solchergestallt blieb der neue Schiff=Bau unterwegs, zu=[598]mahlen da ich und die mir getreuen zwey Indianer keine Hand mit anlegen wolten.

     Allein, indem ich aus gantz vernünfftigen Ursachen dieses tollkühne Werck gäntzlich zu hintertreiben suchte, und mich auf mein gutes Gewissen zu beruffen wuste, daß solches aus keiner andern Absicht geschähe, als den Allerhöchsten wegen einer unmittelbaren Erhaltung nicht zu versuchen, noch seiner Gnade zu mißbrauchen, da ich mich aus dem ruhigsten und gesegnetesten Lande nicht in die allersicherste Lebens Gefahr stürzen wolte; so konte doch einem andern gantz abscheulichen Ubel nicht vorbauen, als worüber ich in die alleräuserste Bestürzung geriethw, und welches einem jeden Christen einen sonderbaren Schauder erwecken wird.

     Es meldete mir nehmlich mein getreuer Christian, daß meine 3. noch übrigen Lands=Leute seit etlichen Monathen 3. Aeffinnen an sich gewöhnet hätten, mit welchen sie sehr öffters, so wohl bey Tage als Nacht eine solche schändliche Wollust zu treiben pflegten, die auch diesen ehemahligen Heyden recht eckelhafft und wider die Natur lauffend vorkam. Ich ließ mich keine Mühe verdriessen dieser wichtigen Sache, um welcher willen der Höchste die gantze Insul verderben können, recht gewiß zu werden, war auch endlich so glücklich, oder besser zu sagen, unglücklich, alles selbst in Augenschein zu nehmen, und ein lebendiger Zeuge davon zu seyn, worbey ich nichts mehr, als verdammte Wollust bestialischer Menschen, nechst dem, die ungewöhnliche Zuneigung solcher vierfüßigen Thiere, über alles dieses aber die besondere Langmuth GOttes zu bewun=[599]dern wuste. Folgendes Tages nahm ich die 3. Sodomiten ernstlich vor, und hielt ihnen, wegen ihres begangenen abscheulichen Lasters eine kräfftige Gesetz=Predigt, führete ihnen anbey den göttlichen Ausspruch zu Gemüthe: Wer bey einem Viehe schläfft, soll des Todes sterben etc. etc. Zwey von ihnen mochten sich ziemlich gerührt befinden, da aber der dritte, als ein junger freveler Mensch, ihnen zusprach, u. sich vernehmen ließ, daß ich bey itzigen Umständen mich um ihr Leben u. Wandel gar nichts zu bekümmern, vielweniger ihnen etwas zu befehlen hätte, giengen sie alle drei höchst verdrießlich von mir.

     Mittlerzeit aber, da ich diese Strafpredigt gehalten, hatten die zwey frommen Indianer Christianus und Petrus, auf meinen Befehl die drey verfluchten Affen=Huren glücklich erwürget, so bald nun die bestialischen Liebhaber dieses Spectakul ersahen, schienen sie gantz rasend zu werden, hätten auch meine Indianer ohnfehlbar erschossen, allein zu allem Glücke hatten sie zwar Gewehr, jedoch weder Pulver noch Bley, weiln der wenige Rest desselben in meiner Hütte verwahret lag. In der ersten Hitze machten sie zwar starcke Gebärden, einen Krieg mit mir und den Meinigen anzufangen, da ich aber meinen Leuten geladenes Gewehr und Schwerdter gab, zogen die schändlichen Buben zurücke, dahero ich ihnen zurieff: sie solten auf guten Glauben herzu kommen, und diejenigen Geräthschafften abholen, welche ich ihnen aus Barmhertzigkeit schenckte, nachhero aber sich nicht gelüsten lassen, über den Nord=Fluß, in unser Revier zu kommen, widrigenfalls wir sie als Hunde darnieder schiessen wolten, [600] weil geschrieben stünde: Du sollst den Bösen von dir thun.

     Hierauf kamen sie alle drey, und langeten ohne eintziges Wort sprechen diejenigen Geschirre und andere höchstnöthigen Sachen ab, welche ich durch die Indianer entgegen setzen ließ, und verlohren sich damit in das Ostliche Theil der Insul, so daß wir in etlichen Wochen nicht das geringste von ihnen zu sehen bekamen, doch war ich nebst den Meinen fleißig auf der Hut, damit sie uns nicht etwa bey nächtlicher Zeit überfallen und erschlagen möchten.

     Allein hiermit hatte es endlich keine Noth, denn ihr böses Gewissen und zaghaffte Furchtsamkeit mochte sie zurück halten, jedoch die Rache folgte ihnen auf dem Fusse nach, denn die Bösewichter musten kurtz hernach einander erschröcklicher Weise selbsten aufreiben, und den Lohn ihrer Boßheiten geben, weil sich niemand zum weltlichen Richter über sie aufwerfen wolte.

     Eines Tages in aller Frühe, da ich den dritten Theil der Nacht=Wache hielt, hörete ich etliche mahl nach einander meinen Nahmen Don Valaro von ferne laut ausruffen, nahm derowegen mein Gewehr, gieng vor die Hütte heraus, und erblickte auf dem gemachten Damme des Nord=Flusses, einen von den dreyen Bösewichten stehen, der mit der rechten Hand ein grosses Messer in die Höhe reckte. Sobald er mich ersahe, kam er eilends herzu gelauffen, da aber ich mein aufgezogenes Gewehr ihm entgegen hielt, blieb er etwa 20. Schritt vor mir stehen und schrye mit lauter Stimme: Mein Herr! mit diesem Messer habe ich in vergangener [601] Nacht meine Cameraden ermordet, weil sie mit mir um ein junges Affen=Weib Streit anfiengen. Der Weinbeer= und Palmen=Saft hatte uns rasend voll gemacht, sie sind beyde gestorben, ich aber rase noch, sie sind ihrer grausamen Sünden wegen abgestrafft, ich aber, der ich noch mehr als sie gesündiget habe, erwarte von euch einen tödtlichen Schuß, damit ich meiner Gewissens=Angst auf einmahl loß komme.

     Ich erstaunete über dergleichen entsetzliche Mord=Geschicht, hieß ihm das Messer hinweg werffen und näher kommen, allein nachdem er gefragt: Ob ich ihn erschiessen wolle? und ich ihm zur Antwort gegeben: Daß ich meine Hände nicht mit seinem Blute besudeln, sondern ihn GOTTES zeitlichen und ewigen Gerichten überlassen wolle; fassete er das lange Messer in seine beyden Fäuste, und stieß sich selbiges mit solcher Gewalt in die Brust hinein, daß der verzweiffelte Cörper sogleich zur Erden stürtzen und seine schandbare Seele ausblasen muste. Meine verschiedenen Gemüths=Bewegungen presseten mir viele Thränen aus den Augen, ohngeacht ich wohl wuste, daß solche lasterhaffte Personen derselben nicht werth waren, doch machte ich, mit Hülfe meiner beyden Getreuen, sogleich auf der Stelle ein Loch, und scharrete das Aas hinein. Hierauff durchstreiften wir die Ostliche Gegend, und fanden endlich nach langem Suchen die Hütte, worinnen die beyden Entleibten beysammen lagen, das teuflische Affen=Weib saß zwischen beyden inne, und wolte durchaus nicht von dannen weichen, weßwegen ich das schändliche Thier gleich auf der Stelle [602] erschoß, und selbiges in eine Stein=Klufft werfen ließ, die beyden Viehisch=Menschlichen Cörper aber begrub ich vor der Hütte, zerstörete dieselbe, und nahm die nützlichsten Sachen daraus mit zurück in unsere Haußhaltung. Dieses geschahe in der Weinlese=Zeit im Jahre 1527.

     Von nun an führte ich mit meinen beyden getreuen christlichen Indianern die allerordentlichste Lebens=Art, denn wie beteten täglich etliche Stunden mit einander, die übrige Zeit aber wurde theils mit nöthigen Verrichtungen, theils aber in vergnügter Ruhe zugebracht. Ich merckte an keinen von beyden, daß sie sonderliche Lust hätten, wiedrum zu andern Menschen zu gelangen, und noch vielweniger war eine Begierde zum Frauen=Volck an ihnen zu spüren, sondern sie lebten in ihrer guten Einfalt schlecht und gerecht. Ich vor meine Person empfand in meinem Hertzen den allergrösten Eckel an der Vermischung mit dem Weiblichen Geschlechte, und weil mir ausserdem der Appetit zu aller weltlichen Ehre, Würde, und den darmit verknüpfften Lustbarkeiten vergangen war, so fassete den gäntzlichen Schluß, daß, wenn mich ja der Höchste von dieser Insul hinweg, und etwa an andere christliche Oerter führen würde, daselbst zu seinen Ehren, vermittelst meiner kostbaren Schätze, ein Closter aufzubauen, und darinnen meine Lebens=Zeit in lauter GOttesfurcht zuzubringen.

     Im Jahr Christi 1538. starb auch der ehrliche getauffte Christ, Petrus Gutmann, welchen ich nebst dem Christiano hertzlich beweinete, und ihn [603] aufs ordentlichste zur Erde bestattete. Er war ohngefähr etliche 60. Jahr alt worden, und bißhero gantz gesunder Natur gewesen, ich glaube aber, daß ihn ein jählinger Trunck, welchen er etwas starck auf die Erhitzung gethan, ums Leben brachte, doch mag er auch sein ihm von GOtt bestimmtes, ordentliches Lebens=Ziel erreicht haben.

     Nach diesem Todes=Falle veränderten wir unsere Wohnung, und bezogen den grossen Hügel, welcher zwischen den beyden Flüssen fast mitten auf der Insul lieget, allda baueten wir eine geraumliche Hütte, überzogen dieselbe dermassen starck mit Laub=Werck, daß uns weder Wind noch Regen Verdruß anthun konte, und führeten darinnen ein solches geruhiges Leben, dergleichen sich wohl alle Menschen auf der gantzen Welt wünschen möchten.

     Wir haben nach der Zeit sehr viel zerscheiterte Schiffs=Stücken, grosse Ballen und Pack=Fässer auf den Sand=Bäncken vor unserer Insul anländen sehen, welches alles ich und mein Christian, vermittelst eines neugemachten Flosses, von dannen herüber auf unsere Insul holeten, und darinnen nicht allein noch mehrere kostbare Schätze an Gold, Silber, Perlen, Edlen=Steinen und allerley Hauß=Geräthe, sondern auch Kleider=Werck, Betten und andere vortreffliche Sachen fanden, welche letztern unsern Einsiedler=Orden von aller Strengigkeit befreyeten, indem wir, vermittelst desselben, die Lebens=Art aufs allerbequemste einrichten konten.

     [604] Neunzehn gantzer Jahre habe ich nach des Petri Tode mit meinem Christiano in dem allerruhigsten Vergnügen gelebt, da es endlich dem Himmel gefiel, auch diesen eintzigen getreuen Freund von meiner Seite, ja von dem Hertzen hinweg zu reissen. Denn im Frühlinge des 1557ten Jahres fing er nach und nach an, eine ungewöhnliche Mattigkeit in allen Gliedern zu empfinden, worzu ein starcker Schwindel des Haupts, nebst dem Eckel vor Speise und Tranck gesellete, dahero ihm in wenig Wochen alle Kräffte vergingen, biß er endlich am Tage Allerheiligen, nehmlich am 1. Novembr. selbigen Jahres früh bey Aufgang der Sonnen, sanft und seelig auf das Verdienst Christi verschied, nachdem er seine Seele in GOttes Hände befohlen hatte.

     Die Thränen fallen aus meinen Augen, indem ich dieses schreibe, weil dieser Verlust meines lieben Getreuen mir in meinem gantzen Leben am allerschmertzlichsten gewesen. Voritzo, da ich diesen meinen Lebens=Lauff zum andern mahle aufzuzeichnen im Begriff bin, stehe ich in meinem 105ten Jahre, und wünsche nur dieses:

     Meine Seele sterbe des Todes der Gerechten, und mein Ende werde wie meines getreuen Christians Ende.

     Den werthen Cörper meines allerbesten Freundes habe ich am Fuße dieses Hügels, gegen Morgen zu, begraben, und sein Grab mit einem grossen [605] Steine, worauf ein Creutz nebst der Jahres=Zahl seines Ablebens gehauen, bemerckt. Meine Augen sind nachhero in etlichen Wochen niemahls trocken von Thränen worden, jedoch, da ich nachhero den Allerhöchsten zum eintzigen Freunde erwehlte, so wurde auf gantz besondere Art getröstet, und in den Stand gesetzt, mein Verhängniß mit gröster Gedult zu ertragen.

     Drey Jahr nach meines liebsten Christians Tode, nehmlich im Jahr 1560. habe ich angefangen in den Hügel einzuarbeiten, und mir auf die Winters=Zeit eine bequeme Wohnung zuzurichten. Du! der du dieses liesest, und meinen Bau betrachtest, wirst genungsame Ursache haben, dich über die Unverdrossenheit eines eintzelnen Menschen zu verwundern, allein, bedencke auch die lange Weile, so ich gehabt habe. Was solte ich sonst nutzbares vornehmen? Zu meinem Acker=Bau brauchte ich wenige Tage Mühe, und bekam jederzeit hundertfachen Segen. Ich habe zwar gehofft, von hier hinweggeführet zu werden, und hoffe es noch, allein, es ist mir wenig daran gelegen, wenn meine Hoffnung, wie bißhero, vergeblich ist und bleibt.

     Den allergrösten Possen haben mir die Affen auf dieser Insul bewiesen, indem sie mir mein Tage=Buch, in welches ich alles, was mir seit dem Jahr 1509. biß auf das Jahr 1580. merckwürdiges begegnet, richtig aufgezeichnet hatte, schändlicher [606] Weise entführet, und in kleine Stücken zerrissen, also habe ich in dieser zweyten Ausfertigung meiner Lebens=Beschreibung nicht so ordentlich und gut verfahren können, als ich wohl gewollt, sondern mich eintzig und allein auf mein sonst gutes Gedächtniß verlassen müssen, welches doch Alters wegen ziemlich stumpff zu werden beginnet.

     Immittelst sind doch meine Augen noch nicht dunckel worden, auch bedüncket mich, daß ich an Kräfften und übriger Leibes=Beschaffenheit noch so starck, frisch und ansehnlich bin, als sonsten ein gesunder, etwa 40. biß 50. jähriger Mann ist.

     In der warmen Sommers=Zeit habe ich gemeiniglich in der grünen Laub=Hütte auf dem Hügel gewohnet, zur Regen= und Winters=Zeit aber, ist mir die ausgehaune Wohnung unter dem Hügel trefflich zu statten gekommen, hieselbst werden auch diejenigen, so vielleicht wohl lange nach meinem Tode etwa auf diese Stelle kommen, ohne besondere Mühe, meine ordentlich verwahrten Schätze und andere nützliche Sachen finden können, wenn ich ihnen offenbare, daß in der kleinsten Kammer gegen Osten, und dann unter meinem Steinernen Sessel das allerkostbarste anzutreffen ist.

     Ich beklage nochmahls, daß mir die leichtfertigen Affen mein schönes Tage=Buch zerrissen, denn wo dieses vorhanden wäre, wolte ich dir, mein zukünfftiger Leser, ohnfehlbar noch ein und andere nicht unangenehme Begebenheiten und Nachrichten beschrieben haben. Sey immittelst [607] zufrieden mit diesen wenigen, und wisse, daß ich den Vorsatz habe, solange ich sehen und schreiben kan, nicht müßig zu leben, sondern dich alles dessen, was mir hinfüro noch sonderbares und merckwürdiges vorkommen möchte, in andern kleinen Büchleins benachrichtigen werde. Voritzo aber will ich diese Beschreibung, welche ich nicht ohne Ursach auch ins Spanische übersetzt habe, beschliessen, und dieselbe bey Zeiten an ihren gehörigen Ort beylegen, allwo sie vor der Verwesung lange Zeit verwahret seyn kan, denn ich weiß nicht, wie bald mich der Todt übereilen, und solchergestalt alle meine Bemühung nebst dem guten Vorsatze, meinen Nachkommen einen Gefallen zu erweisen, gäntzlich zernichten möchte. Der GOtt, dem ich meine übrige Lebens=Zeit aufs allereiffrigste zu dienen mich verpflichte, erhöre doch, wenn es sein gnädiger Wille, und meiner Seelen Seeligkeit nicht schädlich ist, auch in diesem Stücke mein Gebeth, und lasse mich nicht plötzlich, sondern in dieser meiner Stein=Höle, entweder auf dem Lager, oder auf meinem Sessel geruhig sterben, damit mein Cörper den leichtfertigen Affen und andern Thieren nicht zum Spiele und Scheusal werde, solte auch demselben etwa die zukünfftige Ruhe in der Erde nicht zugedacht seyn: wohlan! so sey diese Höle mir an statt des Grabes, biß zur frölichen Auferstehung aller Todten.

     *  *  *

     [608] Soviel ists, was ich Eberhard Julius von des seeligen Don Cyrillo de Valaro Lebens=Beschreibung aus dem Lateinischen Exemplar zu übersetzen gefunden, kömmt es nicht allzu zierlich heraus, so ist doch dem Wercke selbst weder Abbruch noch Zusatz geschehen. Es sind noch ausser diesem etliche andere Manuscripta, und zwar mehrentheils in Spanischer Sprache vorhanden, allein, ich habe bißhero unterlassen, dieselben so wohl als die wenigen Lateinischen ins Deutsche zu übersetzen, welches jedoch mit der Zeit annoch geschehen kan, denn sein Artzeney=Buch, worinnen er den Nutzen und Gebrauch der auf dieser Insul wachsenden Kräuter, Wurtzeln und Früchte abhandelt, auch dabey allerley Kranckheiten und Schäden, die ihm und seinen Gefährten begegnet sind, erzehlet, verdienet wohl gelesen zu werden, wie denn auch sein Büchlein vom Acker= und Garten=Bau, ingleichen von allerhand nützlichen Regeln wegen der Witterung nicht zu verachten ist.

 
 
 
 
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