BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Daniel Stoppe

1697 - 1747

 

Drama auf den erlebten Namenstag

Frauen Annen Barbaren Emrichten

 

1732

 

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ACTUS III.

 

Scena I.

 

Passatempo allein.

Der Henker mag Schildwache stehn und ich nicht. Ich habe dieses weitaussehende Amt eine Stunde lang verwaltet, ich weis am besten was ich dabey ausgestanden habe. Ich müßte meine Nase gestohlen haben. Die Städter müssen die Nasenstüber sehr wohlfeil einkaufen, weil sie sie umsonst weggeben können. Wenn ich ihnen noch so leutselig begegnete und das Gewehr noch so höflich präsentirte: so war doch nichts als Stank vor Dank bey ihnen zu hoffen. Ohne Lügen zu reden, ich weis, daß ich wohl sechsmal die Mütze vor den unhöflichen Gästen abgenommen und ihnen im Namen der löblichen Gerichte gemeldet, der Herr Scholze und seine Collegen würden es ungütig nehmen, daß sie das ausgesäte Geld nicht liegen liessen; allein es war grade als wenn sie eine Gans anpfiffe. Sie haben mir mit lauter Nasenstübern geantwortet. Weiter hab ich kein Wort aus den elementschten Kerlen bringen können. Ich hatte zwar Befehl, wenn sie nicht gutwillig bey Seite giengen, Feuer unter sie zu geben; allein ich war zu gewissenhaftig darzu eine so grausame Ordre zu bewerkstelligen. Wie leichte hätte ich einen oder den andern auf der Stelle erschiesen können. Narrenspiel will Raum haben. Jener Bauer hatte mit dem Rechenstiele nur nach dem Haasen gezielt und nicht einmal Willens gehabt, einen Mord zu begehen; gleichwohl geht ihm der Bettel unversehens los, daß er den armen Hasen wieder sein besser Wissen und Gewissen in Sünden drinn erscheust. Wie geschwinde hätte mirs auch so arriviren können! Und darnach würde es doch wohl geheissen haben, ich hätte den Kerl mit Fleiß erschossen. Daß ich ein Narr wäre u. brächte mich in eine so üble Nachrede. Wenn ich darnach in die Stadt käme, so wär ich nicht sicher, daß mir die Jungen auf der Strasse nachliefen und immer hinter mir drein schrien: Da geht der Mörder! da geht der Mörder! Ich weis auch nicht, wie es zugegangen ist. Wie ich die Leute auf dem Acker nur gesehen habe, so fiel mir die Flinte aus der Hand. Mich darnach zu bücken, schien mir nicht rathsam zu seyn. Denn die Leute hättens mögen gewahr werden, daß sie meine wäre und den bösen Argwohn von mir schöpfen, als wenn ich eine Mordthat im Sinne hätte, da ich doch nicht willens war, jemanden was zu Leide zu thun. Mögen sie doch nu stehlen, wie sie wollen, hab ich doch nicht mit gesäet. Wem die Kuhe gehört, der mag sie selber bey dem Schwanze ziehn. Meine Hände leih ich dazu nicht.