BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Sophie Juliane Weiler

1750 - 1810

 

Augsburgisches Kochbuch

 

An meine Leserinnen

 

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An meine

Leserinnen.

 

In der Nachricht, welche ich vor Unternehmung dieses Werkes habe im Drucke ausgehen lassen, habe ich bereits die Ursachen angeführt, welche mich auf den Gedanken brachten, ein brauchbares Kochbuch, um mehrerer Deutlichkeit willen, umzuarbeiten. Hier liefere ich nun die Erfüllung meines Versprechens.

So wenig die Furchtsamkeit mein Temperamentsfehler ist; so trat ich doch das Werk schüchtern an; setzte es mit Schüchternheit fort, und sie verläßt mich auch jetzt, da ich über die Endigung der Arbeit am meisten froh seyn sollte, doch noch nicht ganz; jetzt, da ich das Ganze Lesern und Leserinnen zur Beurtheilung nicht übergebe, sondern überlassen muß. Hievon muß ich einige Rechenschaft geben.

Meine Haus- und Familiengeschäfte sind so weitläuftig, daß ich gleich bey dem ersten Einfall sorgte, die Zeit und Kräfte möchten mir zur Ausführung desselben nicht hinreichen, um meine Sache recht zu machen. Halbgemachte Werke dieser Art sind schon genug in der Welt, denen man das Gepräge der Eilfertigkeit, oder der Unthunlichkeit bey der Ausführung der Kochvorschriften, nicht wegwischen kann. Aber ein recht gutes, brauchbares, allgemeinverständliches, treu und genau anweisendes, und doch nicht allzuweitläuftiges Kochbuch für höhere und geringere Personen, so eins wünschte ich. Aber das ist schwer, allen diesen Leuten recht zu thun; davor fürchtete ich mir.

Man kann denken: Hat sies ja Niemand geheißen? Ist wahr! Weil mein Gedächtniß und mein Beutel keine Personen sind: so hat michs freylich Niemand geheißen. Aber ich habe schon oft, seitdem ich in Augsburg bin, gefühlt, wie sehr ich so manches zu kochen vergessen habe, das ich anderswo zuzubereiten gelernt, gekocht, und so oft gegessen habe. Daran wurde ich durch obberührtes Buch nun auch wiedererinnert. Es kam noch die Ermunterung mancher Freunde und Freundinnen dazu, daß ich ein solch Werk unternehmen möchte. Nebst dem scheint die Fürsehung mich und die Meinen also führen zu wollen, daß ich und sie unser eigenes nicht nur selbst erworbenes, sondern sauer erworbenes Brod essen sollen. Niemand also, es ist wahr, aber diese Umstände haben es mich geheißen, ein Kochbuch zu schreiben, so schwer ich daran kam.

Eben so schwer und sauer wurde mir auch die Ausarbeitung, da mich mancherley schiefe Urtheile, welche bey der wöchentlichen Ausgabe einzelner Bogen fielen, furchtsam, fast möchte ich sagen, oft toll machten. Einige sagten: Ich wollte nur meine Weisheit auskramen. Andere meynten: die fremden Frauen geberden sich nur so gescheid, und man gebe es am Ende doch für ein Augsburgisches Kochbuch aus. – Ja, ich gebe es auch dafür aus, und das nach meiner Meinung mit allem Rechte. Denn es ist von mir hier umgearbeitet, hier gedruckt, verlegt, und nach hiesigem Maas, Gewicht, Mundart u. dergl. eingerichtet worden. Damit hat es aber nicht die Meinung, als wenn man es nur hier kaufen und brauchen müßte. Es wurden auch gleich Anfangs mehrere auswärts bestellt, als hier. Auf hiesigen Verschluß hätte ich es gar nicht wagen können, die Kosten aufzuwenden. Man wird es mir daher mit Grund gar nicht übel nehmen können, daß ich, ungeachtet des Titels, auch auf Auswärtige oft Rücksicht genommen habe, da ich ohnedem manche auswärtige Koch- und Haushaltungsarten auch so ziemlich kenne.

Noch mehr aber, als die bisher erwähnten schiefen Urtheile, hat mich der Scharfsinn mancher Personen betrübt, und manchesmal auch wieder lachend gemacht, welche von mir und meiner Familie der Meynung waren: Die Leute müssen doch sehr gut und delikat leben! Warum? Weil die Frau vom Hause so vielerley kochen kann.– Viel Scharfsinn! Eben so viel, als wenn ein Bauer denkt: Ein Apotheker und seine Familie muß sehr oft krank seyn; weil der Hausvater so viele Arzeneyen zu bereiten weis. –

Manche meynten auch, daß zu viele Gewürze bey Bereitung der Speisen vorgeschrieben wären. – Es ist wahr, unserer Gesundheit und unserm Beutel wäre es besser, wenn wir sie nicht hätten noch gebrauchten, und dafür unsere einheimischen Kräuter, wie bey vielen Speisen angezeigt worden ist, mehr benutzten. – Aber, ob das eine Verfasserin von Kochvorschriften im Stande ist zu erzwingen? Durch Vorschriften konnte ich ja nicht befehlen, daß alle, die sie brauchen wollen, sie genau befolgen.

Ausländische Gewürze stehen also freylich in meinem Kochbuche da; aber keineswegs in der Meynung, daß man sie gebrauchen müßte; sondern in der Absicht, daß, wer Gewürz liebt, wisse, theils wie vieles, theils was für Gewürz sich zu der und jener Speise schicke. Endlich machten mir nicht nur Einige noch den Vorwurf, als hätte ich kostbar kochen gelehrt; sondern Andere tadelten es dagegen auch, daß so viele gemeine Speisen in den Vorschriften enthatlen wären, die man schon zu kochen wisse. – Ich antworte: Kochen, und schmackhaft, doch aber sparsam dabei kochen, ist zweyerley. Nur dieß habe ich lehren wollen; wie ich es auch in meiner gedruckten Anzeige versprochen habe, und daher Wort halten mußte. Ich wollte allen allerley werden.

Nach Gutdünken und Belieben, und dergleichen, stand auch nicht Jedermann an. Es ist wahr, ich bediente mich dieser Ausdrücke oftmals; aber nur da, wo ichs derWillkühr überlassen konnte und mußte; nur da, wo eine Köchin wissen muß, ob ihre Gäste mit oder ohne Gewürz, Zwiebeln etc., ob sie süß oder sauer – weich (lind) oder derb (keif) gekochte und gebratene Speisen lieben; nur da, wo es darauf ankam, ob der Personen bey Tische mehrere oder wenigere sind.

Aus der Fremde her hat mich von allen denen, die schon so manchen Bogen erhielten, kein einziger Tadel belästiget, als dieser, daß ich das Maas und Gewicht hätte allgemeiner bestimmm sollen. Da man mir dieß unter das Gesicht schrieb, so verdienet es auch vornehmlich einer Antwort. Hier ist sie. Eine recht genaue Bestimmung alles Maases und Gewichts unseres lieben deutschen Vaterlandes, welche allgemein verständlich wäre, ist entweder zu gelehrt oder zu weitläuftig; und beydes ist wider meinen Zweck. Genug, unser Augsburgisches Maas und Gewicht ist eines der kleinsten im ganzen Reiche. Also erst nur mit Wenigem probirt nach Vorschrift, nach Gutdünken; und wenns nicht geräth, gemindert und gemehrt. Laßt seyn, daß das Probiren, wenn es das erstemahl nicht geräth, Schaden bringt: durch Schaden wird man klüger. Doch ich könnte mich, wegen dieser Sache, auch blos hinter den Titel: Augsburgisches Kochbuch, verbergen, und darunter Rechtfertigung hoffen.

Wenn ich aber auch alle diese mich schüchtern machende Urtheile überstanden und beantwortet habe: so kommt nun erst meine größte Sorge, welcher ich, so viel ich kann, hier vorbeugen möchte. Diese Sorge erwecken in mir die Herren Rezensenten. Zwar ist das Buch nicht werth, daß sich die gelehrten Herren mit ihrer Beurtheilung darüber machen, oder es auch nur anzeigen, wie es ausgefallen ist; aber weil ich theils schon oft die Gelehrten untereinander habe sprechen hören, daß sich manche dieser Herren Bücherrichter es herausnehmen, über Sachen Urtheile zu fällen, worinnen man keine Kenntnisse von ihnen fordern und erwarten kann; theils mich selbst schon oft wundern mußte, wann ich in dergleichen fliegenden Blättern zufälliger Weise sahe, wie sich diese Herren über ihren armen Nächsten so unbarmherzig hermachen können: so wollte ich mir lieber alle Beurtheilung dieser meiner Arbeit aufs höflichste ganz verbitten; oder wenn es ja rezensirt seyn muß, so bitte ich, daß dabey nicht vergessen werde, es betreffe eine Weibersache, worinnen also die Männer (von Köchen rede ich nicht) von uns lernen müssen.

Was das Uebrige am Buche betrift, das in dem Gebiete der Männer liegen kann, das will ich lieber hier selbst bekritisiren, um andern die Mühe zu ersparen. Die Schreibart ist nicht nachläßig, aber auch nicht zierlich: weil ich glaube, man hat hier nicht das Recht, Zierlichkeit zu verlangen. Denn es giebt eben so gewiß ein Küchendeutsch, als ein Küchenlatein. Welcher Mann dieß nicht glaubt, dem wünschte ich zur Strafe, daß er ein recht schön stylisirtes Kochbuch schreiben, und dann sich von Leuten, die kochen lernen wollen, und von Frauen, die schon kochen können, rezensiren lassen müßte. Uebrigens überführt manchen meiner Herren Leser vielleicht diese Vorrede, daß ich auch das Buch selbst besser zu stylisiren im Stande gewesen wäre.

Fast eben dieß habe ich in Ansehung der Ausdrücke zu melden. Es ist ein Augsburgisches Kochbuch. Ich nahm daher Ausdrücke auf, welche hier bey uns vornehmlich verständlich sind, ohne darum Auswärtigen ganz unverständlich zu werden. Die aus fremden, meistens aus der französischen Sprache entlehnten Wörter habe ich lieber beybehalten, und sie entweder daneben deutsch gegeben, oder doch mit deutschen Buchstaben so geschrieben, wie man sie aussprechen soll, damit auch jede Magd die ganze Sache recht nennen kann. Belesenen, gut erzogenen Frauenzimmern hätte ichs freylich zutrauen können, daß sie dieß nicht brauchen von mir erst zu lernen, so wenig als ich von Ihnen, wie man die französischen Kochkunst-Wörter im Französischen schreibt.

An der ganzen Anordnung und Einrichtung eines jeden Kochbuches läßt sich nicht viel kritisiren. Die hat ohnedem schon ihren gewei[s]ten Weg. Wie man eine Speise nach der andern aufzutragen pflegt, das ist auch die Ordnung, wie sie nach einander zu verfertigen gelehret werden. Den Anhang einer Kranken-Küche rechnen mir, von meinem Geschlechte nichts zu sagen, vielleicht die Herren Aerzte am allermeisten für eine Nasenweisheit aus. Allein zu meiner Vertheidigung gestehe ich Ihnen, daß ich nicht für mich selbst allein so klug wäre; sondern da in die Schule gegangen bin, wo sie selbsten sich nicht schämen noch zu lernen, nähmlich in den Büchern solcher älterer und neuerer Aerzte, welche von der Lebensordnung in Ansehung der Speise und Getränke, und deren Zubereitung geschrieben haben, und derer berühmte Nahmen ich [I]hnen nicht zu nennen brauche. Warum ich sie aber für mein Kochbuch geplündert habe? Weil ich glaube, daß eine Hausmutter, die eine gute Köchin seyn will, dieß wissen soll. Denn man hat bisweilen Kranke im Hause, deren Diät es höchst nöthig erfordert, daß man besondere Speisen und Getränke zubereiten muß.

Endlich muß ich mich wegen einiger Druckfehler entschuldigen: denn ich schließe mich davon nicht aus, daß auch meinem Buche, wie allen menschlichen Werken das Menschliche anhängt, das ist, Fehlbarkeit. Doch werden manches nur vermeinte Fehler seyn, zum Exempel, wenn ich hier und da, zumahl bey den Suppen, des Salzes gar nicht; oder doch nicht erwähnt habe, wie viel zu einer Speise Salz zu nehmen sey? Wo ich es gar nicht genannt habe, da verließ ich mich darauf, daß sich dieß von selbst verstehe, weil man ja keine Suppe ohne Salz zu genießen pflegt. Wenn ich aber da, wo ich dieß unentbehrliche Gewürz nannte, nicht bestimmt habe, wie viel: so geschah das darum nicht, weil es ja theils auf die Güte des Salzes ankommt, welche so sehr verschieden ist; theils auf das Belieben, ob man gerne stark oder wenig gesalzene Speisen genießt. Diejenigen Druckfehler, welche in den erstern Ausgaben hie und da, sonderlich im Register, stehen geblieben sind, habe ich gewiß gesorgt hier zu verbessern; ob ich aber keine neuen begangen habe? So viel bin ich nur bewußt, daß ich keine habe begehen wollen. Sollten aber doch meiner Aufmerksamkeit einige entschlüpft seyn: so sind es so wenige, daß ich von meinen geneigten Leserinnen gewiß desto leichter Nachsicht und Entschuldigung hoffen darf, je größer das Gewühl von Geschäften ist, in welchem ich arbeiten mußte.

Entspricht der fernere Beyfall derjenigen Brauchbarkeit dieser Kochvorschriften, die mir schriftlich und mündlich schon bisher während der Ausgabe der ersten Paar Bogen zugesichert worden ist: so freue ich mich, Freundinnen der Kochkunst einigen Dienst erwiesen zu haben; wünsche, daß niemand von Ihnen und den Ihrigen die Vorschriften auf dem letzten Bogen je benöthiget sey, und empfehle mich und meine Arbeit zu gütigem Wohlwollen.

 

Sophia Iuliana Weilerin.