BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Magdalena von Dobeneck

1808 - 1891

 

Briefe und Tagebuchblätter

aus Frankreich, Irland und Italien

 

1843

 

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frische und liebliche Gesichter. Doch mit all diesem tragen Englands Gegenden einen auffallend düstern Charakter; es fehlen hier: Luft und Sonne. Grauer Himmel, rothbraune Häuser, dunkles Epheugrün und nichts als Dunkel und Schatten geben kein heiteres Gemälde. Darum ist es gut, daß der Engländer, statt den Glanz der Sonne, doch wenigstens den des Goldes hat.

Dienstag speisten wir in Liverpool, einer ansehnlichen Stadt. Die Luft war verdichtet durch die Rauchfäulen der vielen Fabriken – ich sah und sah nichts. Um halb vier Uhr fuhren wir an den Hafen. Die große Menge von Schiffen, weit mehr als im Hafen von Calais, setzte mich auf's Neue in Erstaunen. Wir flogen dahin in einem schönen Dampfschiffe, Irland zu. Der hohe Leuchtthurm, an dem vergebens die Wellen mit Ungestüm sich brachen, gefiel mir sehr, wenn ich dachte, daß er Hülfe und Trost gewähren kann. Links sah man viele spitze Felsen, als Zeichen gefährlicher Stellen. Wirklich gilt die Irländische See für eine der gefährlichsten und ist heimtückisch genug – oft stranden hier Schiffe. Ich plauderte und spielte mit Emily ganz munter auf dem Verdecke, und wollte nichts von Seekrankheit wissen. Ich machte es wie damals in meinen Kinderjahren, wo, so oft mich im dunkeln Zimmer Gespensterfurcht  beschlich,  ich  anfieng  laut zu singen, als  wäre  ich  die größte  Heldin.  –  Die  Sonne  ging  blutroth im Meere unter. Hinter mir, gegen Liverpool, einen  von  Rauch  und Nebel  geschwärzten  Himmel  –  rechts  die  offene  See,  links  noch  die  Aussicht  auf bewohnte  Ufer  hin, Berge,  Schlösser,  Städte  und Dörfer. –

 

 

Um acht Uhr kroch ich in die Cajüte. Ach! wie ward mir! Ich sprang von dem Bett auf das Sopha, von da in's Bette. Ich seufzte, ich stöhnte, und gern hätte ich auch die Seele übergeben, so lebenssatt war ich. Columbus hatte sicher nicht so freudig das Land begrüßt, als ich den Hafen von Kingstown. Wir kamen in Dublin um acht Uhr Morgens an, und blieben bis Freitag. Da will ich nun auch Halt machen, und selbst das Verlangen, Dir noch mehr vorzuplaudern, kann mich keinen Schritt mehr weiter bringen. Eben schlägt es eilf Uhr; ich fühle zu sehr das Bedürfniß, mich nun von meinen Heldenthaten durch den Schlaf zu erholen. Ich kann nicht mehr denken, und viel weniger schreiben. Schon zweimal ist mir die Feder aus der Hand gefallen. Ein gelehrter Tintenklecks prangt gleich einem Schönheitspflästerchen auf dem rosigen Antlitz meines englischen Briefpapiers – ein zweiter sammelt sich drohend in meiner stolpernden Feder. Könntest Du mich sehen, Du hättest Mitleiden, und würdest rufen: bon soir, dormez bien!

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Am 2. Juny.   

Dublin ist ganz im Style von London und die Eindrücke, die es mir gab, dieselben wie dort; nur sah ich unaufhörlich die Leichenwagen rollen, denn die Cholera ist auch hier, wie in Paris, nicht schonender. Ich gedachte jenes Landmanns, der vor dem Thore von Paris unsrem Wagen nachrief: lauft nur der Cholera aus dem Weg, sie holt   euch   doch   ein!  – Wir   reisten   abermals  an  einem

 

 

 


 

Der Hafen in Liverpool

 

Der Hafen in Kingstown

Blick auf Kingstown

 

Dublin