BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Magdalena von Dobeneck

1808 - 1891

 

Briefe und Tagebuchblätter

aus Frankreich, Irland und Italien

 

1843

 

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im Kreis eine Riesenmasse, und ganz oben sind allerlei Fratzen, Pferde als Verzierungen angebracht. Die sanften und mächtigen Töne der Orgel zogen mich nun in das Innere. Es war eben Vesper. Zwölf weißgekleidete Chorknaben standen zu jeder Seite des Predigers und sangen ihre Psalmen. Ich war bewegt, und konnte nicht beten, nicht weinen, aber still in mich zurückkehrend sank ich in Andacht auf meine Kniee nieder. Ich blickte aufwärts. Hoch oben schwamm ein blauer Nebel und zertheilte sich in zarte Wölkchen; die spitzigen Schwingbogen stiegen ins Unermeßliche, und so glaubte ich in den Himmel selbst zu schauen. Aber nun verlängerten sich die Schatten um mich her, und spärlicher schimmerte das Licht durch die Fenster der Kirche; die hereinbrechende Dämmerung mahnte mich nach Hause. Noch durchwanderte ich die Hallen, deren einige umzäunt oder verbaut sind, ein für die Begeisterung lähmender Anblick! Von den vielen Grabmälern erinnere ich mich noch der von Maria, Königin von Schottland, und der Königin Elisabeth; prächtig sind ihre Bildnisse, in weißem Marmor ausgeführt. Ferner die Statuen Addisons und Händels, sowie von Milton und Shakespeare. Aus seinem Drama: der Sturm, ist folgende Inschrift beigefügt

 

The cloud-capt towers, the gorgeous palaces,

The solemn temples, the great globe itself,

Yea, all which it inherit, shall dissolve;

And, like this insubstantial pageant faded,

Leave not a rack behind.

(The Tempest, Act IV, Scene I).

 

Die wolkendrohenden Thürme, die prächtigsten Palläste,

die heiligsten Tempel, selbst der große Erdball,

ja Alles, was irdisch ist, wird vergehen,

und wie das grundlose Gebäude einer Vision

auch keine Spur zurücklassen.

 

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Als ich vor der Margarethen-Kirche wieder stand, schwang das graue Männchen noch seinen Besen, und fragte freundlich: wie die Abtey mir gefallen? „It is so beautyfull,“ sagte ich, „that even God may be pleased of it!“ (Sie ist so schön, daß auch Gott daran Wohlgefallen haben möchte!) Dabei hob er die Mütze jubelnd in die Luft und wünschte mir, recht wohl zu leben. Der gelbe Nebel ward immer dichter, schon brannten die Lampen an den Straßenpfählen, und noch galt es einen dreiviertel Stunden langen Weg zurück zu legen. Ich lief und lief, denn die Angst, mich zu verirren, packte mich noch ein wenig. Ohne weiteres Abentheuer kam ich endlich glücklich nach Hause. Ein Engländer, dem ich von meiner unter­nehmenden Wanderung erzählt, wunderte sich gewaltig und meinte, er selbst wage nie in London ohne Karte auszugehen, da ein Verirrter schwerlich sich wiederfinden könne. –

Samstag fuhren wir, unter beständigem, heftigen Regen über Rochester nach Dover. Die Nacht war undurchdringlich; donnernd brach das Meer sich an der Küste,  während  der  Sturmwind  bald  winselnd,  bald laut  heulend  daher brauste.  Mühsam schleppten die Pfer­de  den  Wagen.  Wir  waren  vor  dem Hause der Lady B...

 

 


 

Die Margarethenkirche.