BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Johann Peter Hebel

1760 - 1826

 

Allemannische Gedichte

Für Freunde ländlicher Natur und Sitten

 

1803

 

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[162]

Auf einem Grabe.

 

Schlof wohl, schlof wohl im chüele Bett!

De ligsch zwor hert uf Sand und Chies;

doch spürts di müede Rucke nit.

Schlof sanft und wohl!

 

Und 's Deckbett lit der, dick und schwer

in d' Höchi gschüttlet, uffem Herz;

Doch schlofsch im Friede, 's druckt di nit.

Schlof sanft und wohl!

 

De schlofsch und hörsch mi Bhütdi Gott,

de hörsch mi sehnli Chlage nit.

Wärs besser, wenn de 's höre chönntsch?

Nei, weger nei!

 

[163]

O, 's isch der wohl, es isch der wohl!

Und wenni numme by der wär,

se wär schon alles recht und gut.

Mer toltenis!

 

De schlofsch und achtisch 's Unrueih nit

im Chilche-Thurn die langi Nacht,

und wenn der Wächter Zwölfi rüeft

im stille Dorf.

 

Und wenns am schwarze Himmel blizt,

und Gwülch an Gwülch im Donner chracht

se fahrtder 's Wetter über's Grab,

und weckt di nit.

 

Und was di früeih im Morgeroth

bis spot in d' Mittnacht bchümmert het,

Gottlob, es ficht di nümmen a

im stille Grab.

 

[164]

Es isch der wohl, o 's isch der wohl!

und alles was de glitte hesch,

Gottlob und Dank, im chüele Grund

thuts nümme weh.

 

Drum, wenni numme by der wär,

so wär io alles recht und gut;

iez sitzi do, und weiß kei Trost

mi'm tiefe Schmerz.

 

Doch öbbe bald, wenns Gottswill isch,

se chunnt mi Samstig z' oben an,

und druf, se grabt der Nochber Chlaus

mir au ne Bett.

 

Und wenni lig, und nümme schnuuf,

und wenn sie 's Schloflied gsunge hen,

se schüttle sie mer 's Deckbett uf,

und – Bhütdi Gott!

 

[165]

I schlof derno so sanft wie du,

und hör' im Chilch-Thurn 's Unrueih nit!

mer schlofe, bis am Sunntig früeih

der Morge thaut.

 

Und wenn emol der Sunntig tagt,

und d' Engel singe 's Morgelied,

se stöhn mer mit enanderno uf,

erquickt und gsund.

 

Und 's stoht e neui Chilche do,

hel funklet sie im Morgeroth.

Mer göhn, und singen am Altar

's Hallelujah!