BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Hans Beimler

1895 - 1936

 

Im Mörderlager Dachau

 

____________________________________________________

 

 

 

„Leg dich 'nüber, los!“

 

Leg dich 'nüber, los!“ war die Aufforderung des Steinbrenner. „Komm, komm!“ schrie er schon gleich im Anschluß, und nun sollte ich bestätigt bekommen, was Götz am Tage zu mir gesagt hatte. Es war wirklich schlimmer, ja dreifach schlimmer als das, was ich bis zu dieser Schlägerei am eigenen Leib verspürt habe.

Während zwei von der linken und zwei von der rechten Seite her auf mich einschlugen, sekundierten die anderen „Unbeschäftigten“ mit einer Reihe von Zwischenrufen, wie „Rot Front!“ – „Heil Moskau!“ – „Hoch Thälmann!“ – „Hoch die Weltrevolution!“ und andere mehr. Wenn ich mich vor Schmerzen krümmte und auf die Seite wälzte, schlugen sie solange auf Arme und Beine, bis ich mich wieder auf den Bauch wälzte. Es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, daß jede von den Bestien mindestens 40 bis 50 Schläge geführt hat. Das war ihnen nicht genug. Nun mußte ich erst die linke und dann die rechte Hand wie ein Schüler dem Lehrer hinhalten, damit sie mir mit dem Ochsenziemer auf jede Hand je zehnmal auf die Fingerspitzen schlagen konnten. Darauf ebensooft auf den Handrücken. Die Finger und Handrücken waren so aufgeschwollen, daß ich tagelang kaum etwas anfassen konnte. Als sie endlich die Zelle verließen, und ich glaubte, daß nun Ruhe eintreten würde, konnte ich mich bald überzeugen, daß ich mich wieder getäuscht hatte. Sie hatten sich inzwischen eine Anzahl Juden aus dem Lager geholt und verprügelten einen nach dem anderen in der „leeren“ Zelle neben mir. Als so um zehn Uhr nachts endlich „Ruhe“ eingetreten war, versuchte ich mich hinzulegen. Von Schlafen war keine Rede, denn ich wußte ja nicht, wohin ich meinen zerschlagenen Körper legen sollte.