BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Siegfried Keßler

1883 - 1943

 

Berthold Auerbach als Erzieher

 

Text

 

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VI.

Erziehung zur Menschenliebe

 

Auerbach ist ein Kind des 19. Jahrhunderts, aber in seinen Werken finden wir einen Niederschlag der Ideen, die die Großen des 18. Jahrhunderts beseelten und zu unsterblichen Werken begeisterten. Die Probleme des Aufklärungszeitalters: Betonung der Menschenrechte, Ablehnung aller Unterschiede des Standes, der Geburt und der Religion, Betätigung reinster Menschenliebe, wie sie ihren Niederschlag findet in den Schriften Herders, Lessings, Mendelssohns u. a., wie sie ihren begeisterten Ausdruck findet in Mozarts „Zauberflöte“ und der gewaltigen IX. Symphonie Beethovens mit dem Jubelrufe: „Alle Menschen werden Brüder!“, alle diese Gedanken finden sich naturgemäß auch in den Schriften des Humanitätsapostels Berthold Auerbach.

Es ist daher auch wohl zu verstehen, daß er eine besondere Vorliebe für jene Persönlichkeiten empfand, die ihm als vorbildliche Vertreter des Humanitätsgedankens erschienen. Eine solche Persönlichkeit war Joseph II. Es ist bereits oben (S. 32 ff.) über die Beziehungen Österreichs zur Heimat Auerbachs gesprochen und darauf hingewiesen worden, daß Auerbach bei seinem ersten Besuche in Wien im Jahre 1848 zuerst in Wien das Denkmal Josephs II. aufsuchte, das er das edelste Heiligtum Wiens nannte.

„Unablässig hat er Joseph II. in seinen Kalendergeschichten von der Kaiserfurche, vom Kuß des Kaisers usw. als Volksheiligen, als Weltheiligen angesehen. Eine Verherrlichung, in der ihm der [39] Patriarch der deutschen Volksschrift, J. P. Hebel, in der klassischen Kaiser-Joseph-Anekdote des Rheinischen Hausfreundes „Ein gutes Rezept“ 102) vorangegangen war. „In diesem Urteil begegneten sich Hebel und Auerbach mit den ersten Männern des alten Österreichs, mit Grillparzer und Anastasius Grün. In dieser Propaganda für Joseph II. und seine Ideen war Auerbach ein Wegweiser für alle nachwachsenden Volksschriftsteller. Der „Josephinismus„ war für ihn der Inbegriff aller heilsamen Gedanken über Staat und Kirche, Duldung und Gewissensfreiheit, Schule und Volkserziehung, Herrscherpflichten und Bürgerrechte.“ 103)

Was aber ist das eigentliche Wesen des wahren Menschentums? Darauf erhalten wir erschöpfende Auskunft in dem Aufsatze: „Was ist Humanität? „ Er sagt dort: 104) „Anerkennung der Menschenwürde in jedem Mitmenschen. Die allgemeinen menschlichen Ehrenrechte sind unabhängig von Abstammung, Staat, Religion und gesellschaftlicher Stellung. Die Gleichberechtigung aller Menschen ist hiermit festgestellt: Humanität heißt zu deutsch: Menschentum! Vielleicht fassen wir besser, was Humanität heißen will, wenn wir den Gegensatz von Humanität bezeichnen, und der heißt: Brutalität, zu deutsch: Tierheit.“

Man hat Humanität Schwäche genannt, aber sie ist Kraft; die Kraft, andere Gleichberechtigte nicht nur zu schonen und zu hegen, sondern auch ihnen beizustehen. Keine Nation und keine Religion hat einen besonderen Anspruch auf Humanität; es kann keine deutsche, französische oder englische Humanität, auch keine christliche, jüdische oder muhamedanische Humanität geben. Es kann ein Volk, eine Konfession die Gebote der Humanität eindringlicher lehren und häufiger üben, aber das kommt nicht aus einer Besonderheit einer Nation oder Konfession, sondern aus dem allgemeinen, allen innewohnendem Menschentum.“

Die gleichen Ideen veranschaulicht uns Auerbach in der kleinen Erzählung: „Gleiche Wärme für alle.“ 105) In einem gutgeheizten [40] Eisenbahnabteil II. Klasse treffen verschiedene Reisende zusammen. Man unterhält sich über die Behaglichkeit des Reisens in den gutgeheizten Wagen. Einer der Reisenden bedauert die Fahrtgenossen, die in der 3. Wagenklasse, gering bekleidet, schlecht genährt, im Kalten sitzen müssen und meint: „Die Bahnverwaltung muß für gleiche Wärme aller Wagenklassen Sorge tragen.“ Sein Gegenüber ist anderer Ansicht, und so entwickelt sich schließlich ein Gespräch über Humanität auf der Bahnfahrt, das in den Worten gipfelt: „Alle Menschen sind gleich. Die Erfindung des Schießpulvers hat den Starken und den Schwachen vor dem Tode gleich gemacht. Die Eisenbahnen bewerkstelligen ein gut Stück Gleichheit im Leben. Der König fährt nicht schneller als der Handwerksbursch, wie auch der Herzschlag des einen und des andern gleichen Rhythmus hat . . . Auf dieser Welt, wie in diesem Zuge sind wir alle nur Passagiere, und wer weiß, wann unsere Station kommt, wo es heißt: „Aussteigen zur ewigen Ruhe!“ . . . Haben wir in den verschiedenen Gauen und Berufsarten nur die gleiche innere Wärme, dann bringen wir gewiß auch die gleiche Wärme für alle zustande.“

Wie diese Theorie in der Praxis zur beglückenden Tat werden kann, zeigt uns Auerbach in der köstlichen Erzählung „Lederherz“, die er mit folgenden Worten einleitet: 106) „Wahre Menschenfreundlichkeit zeigt sich darin, daß wir jedem Mitlebenden, der uns unbekannt und flüchtig begegnet, die gemeinsam gegebenen Augenblicke mit Gutem zu erfüllen trachten. Die wahre Menschenliebe betätigt sich darin, daß wir den Gedanken der Zusammengehörigkeit festhalten, auch da, wo wir Widerspruch und Gegensatz vor uns haben. Nur wenn wir liebevoll gegen Menschen anderen Glaubens, anderer Überzeugung uns bewähren, nur dann haben wir das Recht, uns Bekenner der Religion der Liebe zu nennen. Menschenfreundlichkeit, die sich nur auf Bekannte, Menschenliebe, die sich nur auf Glaubensgenossen beschränkt, verdienen diesen Namen nicht. „Und nun erzählt uns Auerbach, wie der Hausierer Lederherz, ein jüdischer Händler, vom Fieber gepackt, im Hause seines Gastfreundes, des Schusters Lipp, sein Ende herannahen fühlt, aber nicht sterben kann, da ihm niemand das „Sch'ma“ 107) vorzusprechen vermag, denn weit und breit wohnt kein Glaubensgenosse des Sterbenden. Der Pfarrer berichtet in der Erzählung folgendes: „Angstvoll kam der Lipp zu mir ins Pfarrhaus und erzählte alles. „Und was will er denn nur mit dem Sch'ma?“, fragte er zitternd. Ich erklärte ihm, daß das die Verse 4–8 im 5. Buch Moses 108) bedeutet. Diese Worte bilden das Glaubensbekenntnis der Juden, und mit diesen Worten auf [41] den Lippen hauchen sie gläubig ihren letzten Atem aus. „Was sollen wir tun?“, fragte Lipp: „Was wir tun können,“ antwortete ich, nahm meine hebräische Bibel, suchte die Stelle und begleitete Lipp nach Hause. Als ich eintrat, rief der Kranke: „Kommt ihr, ich bin bereit!“ Ich begann nun die Worte: „Höre, Israel, der Herr unser Gott ist ein einziger Gott. Und du sollst den Herrn deinen Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit aller Kraft . . .“ Als ich dies in hebräischer Sprache laut las, sah mich Lederherz groß an, mit jenem wunderbar strahlenden Blicke, in dem das Menschenauge nur in der Todesstunde erglänzt. Ich weiß nicht, ob er mich erkannte, aber kaum hatte ich die ersten Worte gesprochen, als er einfiel und mit erschütternder Stimme die Worte nachsprach, und wenn ich innehielt, winkte er, daß ich fortfahren sollte, und ich wiederholte es fort und fort. – Mit dem Wort „Adonai“ (Gott) hauchte er seinen letzten Atem aus, und ich drückte ihm die Augen zu . . .

Ich glaube, daß ich nie getreuer ein Diener am Worte und im Geiste der Liebe gewesen bin, als jetzt, da ich, der christliche Geistliche, einem Juden in der letzten Lebensstunde sein Gebet verrichten half. Eine besondere Erhebung ist es mir, daß das ganze Dorf es in Wahrheit erkannte, wie ich an Lederherz im Geiste der wahren Religion der Liebe gehandelt. Was ich getan, wurde damit zum inneren Segen für alle.“ 109)

Wahres Menschentum offenbart sich vor allem aber denen gegenüber, die im allgemeinen Urteile der Menschheit als „Gezeichnete„ durchs Leben gehen, den vom Gericht Verurteilten. Auch für sie hat Auerbach eine Lanze gebrochen in den Erzählungen „Sträflinge“ und deren Fortsetzung „Das Nest an der Bahn“. Ihr Grundmotiv ist von ergreifender Tragik. „Ein im Grunde gutherziger und braver Mensch kommt wegen einer unüberlegten Tat ins Zuchthaus und muß eine unverhältnismäßig hohe Strafe abbüßen, die noch durch das strenge Verbot des Redens verschärft wird. Den Dorfleuten bleibt er nach der Entlassung aus dem Gefängnis der Sträfling, dem man überall mit Mißtrauen und Verachtung begegnet. Der Unglückliche wird eine verdüsterte, trotzige Natur, der die Menschen haßt und ihnen ausweicht. Das nämliche Schicksal erleidet die zweite Hauptperson der Erzählung, die unschuldig verurteilte Magdalena. Ihre seelischen Leiden sind noch schmerzlicher, weil sie freiwillig die Schuld ihres verbrecherischen Vaters auf sich genommen hat. 110) Auerbachs Schrift enthält eine scharfe Anklage gegen das Gerichts- [41] und Gefängnissystem der damaligen Zeit und auch gegen den Staat, der sich um entlassene Sträflinge nicht mehr kümmerte; eine Anklage auch gegen die Menschheit, die solche Unglückliche zurückstößt und verfemt und ihnen die Rückkehr zu einem ehrlichen Leben unmöglich macht. 111) Das Hauptmotiv der Erzählung: „Brigitta“ faßt Auerbach in die Worte zusammen: „Man kann sich nicht zwingen, seinen Feind zu lieben, aber man kann sich zwingen, ihm zu helfen und ihm Gutes zu tun.“ 112)

Sein energisches Eintreten für die Abschaffung der Todesstrafe, seine Verteidigung dieses „humanen Postulats“, zieht ihm sogar den Zorn des Staatsanwalts zu, und nur dadurch wird er vor dem Erscheinen vor dem Strafrichter bewahrt, daß für die in Frage kommende Stelle ein „Karton“ gedruckt wird. 113)

Auch in Bezug auf die Dienstbotenfrage ist es manchmal angebracht, die Frage der Menschenrechte zu erörtern. 114) Das gilt in erster Linie von den Stadtbewohnern; denn auf dem Lande ist es nicht selten, daß Dienstboten Jahrzehnte lang dem gleichen Herrn gedient haben. Im Volkskalender von 1878 berichtet Auerbach in der Erzählung: „Adam und Eva auf dem landwirtschaftlichen Fest“ von einem Knecht und einer Magd, die beide je neunzehn Jahre bei ihrem Meister waren. Lorle kann sich, selbst als sie Frau Professorin geworden, nicht von ihrer treuen Magd Bärbel trennen. Die Alte zieht mit in die Stadt und hält getreulich bei dem unglücklichen Lorle aus. Nazi ist der treueste Freund und Berater des jungen Ivo, dem er nahezu einen Spielkameraden ersetzt, ja, mehr noch, er ist ihm ein mit feinem pädagogischen Takt begabter Lehrer und Erzieher, der unermüdlich die zahllosen Fragen des Kindes beantwortet, seinen Tätigkeitstrieb zu befriedigen und das Interesse des Kindes zu wecken und zu fördern weiß. 115) Nazi ist es auch, der nach Ivos Flucht aus dem Kloster die entscheidende Wendung in dessen Leben herbeiführt. Daher müssen wir Auerbach beipflichten, wenn er sagt: 116) „Man nennt bei uns die Dienstboten „Ehhalten“, was ihre Bedeutung gar schön bezeichnet. Und wie man sie schon in der Stadt das Unterschicksal des Familienlebens nennen kann, so sind sie das noch weit mehr im Dorfe, wo das ganze Leben des Hauses ein [43] in Arbeit und Genuß gemeinsames ist. Weil nun in einer guten Haushaltung die Eltern und Gesinde friedlich zusammenleben, kann man um so gefahrloser die Kinder dem Einflüsse des Gesindes überlassen, da man sie genau kennt.“

Ein weiteres Muster eines solch guten Hausgenossen schildert uns Auerbach in der Erzählung: „Der gute Knecht.“ 117) Konrad ist ein leidenschaftlicher Raucher, der dennoch sein Pfeiflein, das eines Mittags zwischen die Pferde gefallen war, ruhig liegen läßt und auf den gewohnten Genuß lieber verzichtet, als daß er die Pferde in ihrer Ruhe stört. „Schon wollte Konrad herabsteigen und durch die Türe in den Stall gehen, um den Pfeifenkopf zu holen, aber plötzlich hielt er inne, er sah, daß sich die Pferde niedergelegt hatten, und er wußte, daß sie alsbald aus ihrer so nötigen Ruhe aufspringen würden, wenn er in den Stall träte; er setzte sich daher wieder ruhig nieder und hielt das Rohr mit dem Wassersacke rauchlos im Munde. Der Landwirt Vormann, der das alles aus seinem Fenster mit angesehen hatte, trat jetzt auf Konrad zu und fragte ihn: „Warum rauchst du nicht? Hast du deine Pfeife zerbrochen?“ – „Nein, sie ist nur da hinabgerutscht, ich will aber die Gäule nicht aufwecken, will lieber warten, bis es wieder ins Feld geht.“ – „Du bist ein braver Knecht,“ sagte Vormann und reichte ihm die eigene silberbeschlagene Pfeife aus dem Munde. „Da nimm, und behalte das zum Danke dafür. Es wird dir gut gehen, denn wer die Lebensstunde eines Tieres schont, der ist auch rechtschaffen gegen Menschen!“

Mit feinem Sinn und großem Geschick verbindet der Dichter hier mit der Charakteristik des Knechtes die eindringliche Mahnung, auch im Tiere das Wirken der göttlichen Allmacht zu achten. Ja, er ist stolz darauf, daß gerade die Liebe zum Tiere eine Eigenart des deutschen Volkscharakters ist. „Das liebe Vieh! Kein anderes Volk der Erde und keine andere Sprache hat diesen Ausdruck, er ist dem Deutschen allein eigen . . . Es ist der Gradmesser von der Herzensbildung eines Volkes und eines Menschen, wenn man aufmerkt, wie sie die Tiere betrachten und behandeln.“ 118)

Wir können es nach dem oben Gesagten verstehen, wie schwer es Auerbach verletzen mußte, als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die antisemitische Welle die deutschen Juden zu Staatsbürgern zweiter Ordnung stempeln und aus blindem Fanatismus einen Klassen- und Rassenhaß entfesseln wollte. In zahllosen Schriften und Abhandlungen 119) war er für seine angefeindeten [44] Glaubensbrüder und gegen die Herabwürdigung der Menschlichkeitsidee eingetreten, er, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hatte, „deutsche Größe in Kunst und Staat zu fördern, das Vermächtnis der Meister des Zeitalters der Humanität zu hüten, Lessings Lehren in Leben umzusetzen, deutscher Natur in Bauernschaft und Bürgertum, am Hof und im Heere gerecht zu werden.“ (Bettelheim, S. 362.)

Darum erhebt er seine Stimme gegen den blindwütigen Haß und ruft mahnend aus: 120)

 

„O deutsches Volk, du Volk der Denker,

erheitre deinen trüben Blick,

sieh hin auf deine Geisteslenker,

und führ ins Leben sie zurück!

 

Ein Volk, das so Schönes und Hohes empfunden,

das muß, das muß zur Freiheit gesunden!

Das Große, das deine Geister geschaffen,

laß nicht, daß nur es in Büchern steht.

O, laß die Kraft und den Mut nicht erschlaffen,

und sei das Volk der Humanität?“

 

Zwar ebbt die Welle des Hasses noch nicht ganz zurück, selbst das Parlament muß sich mit der sog. „Judenfrage“ befassen 121), aber die Morgenröte der Erkenntnis strahlt am Firmament, und führende Männer wagen ein ernstes Wort der Abwehr und Mahnung. 122)

Aber Auerbachs unverwüstlicher Optimismus glaubt trotz der bitteren Enttäuschungen doch an den endlichen Sieg der Wahrheit und des Guten im Menschen, und wie ein prophetisches Vermächtnis klingt daher seine Mahnung: 123) „Wenn Nathan heute unter uns Deutschen erschiene, dürfen wir ausdenken, was er wohl [45] sagen würde? – Es sei! Nathan würde sagen: „Ich sehe, wie die Religion der Liebe verkehrt wird, um Haß und Neid und alle niedrigen Leidenschaften gegen die Juden aufzustacheln; ich sehe, wie die Erforschung der Wahrheit gefälscht wird, um vor Augen liegende Tatsachen zu verleugnen. Ich sehe den traurigen Verderb der Gemüter. Aber ich fürchte schließlich weit weniger, daß eine Seelenverderbnis im deutschen Volke christlicher Abstammung einwurzele; die Rechtschaffenen und Einsichtigen werden nicht davon berührt, die Braven schämen sich, daß man wagt, eine sog. Judenfrage aufzustellen, und damit allerlei Gehässigkeiten gegen die Juden auszuhecken. Aber, die noch im Unklaren stehen, werden zur Erkenntnis kommen . . . Ich fürchte weit mehr, daß unter uns Juden eine Verbitterung eintrete, Lässigkeit im Vaterländischen und Verdrossenheit in humanen Betätigungen; hat man ja doch sogar den Wohltätigkeitssinn und das Bildungsstreben der Juden verleumdet.

Haltet fest, laßt euch von keinem Ungemach und keiner Bosheit die Menschenliebe rauben! Seid zu stolz, euch unglücklich zu denken! Aus allen Erschütterungen des Gemüts, aus allen Versuchungen der Verzweiflung heraus ruft mit mir:

Und doch ist Gott!

Und doch wird der Geist der Humanität siegen!

 

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102) Hebel. Schatzkästlein. S. 181. 

103) Bettelheim, Auerbach und Anzengruber. Vortrag, gehalten zum 70. Gedenktag der Geburt Anzengrubers. Der Zeitgeist. 29.11., 6. u. 13. 12. 1909. Wie tief dieser Kaiser-Joseph-Kultus in den größten Volksdichtern des neuen Österreichs ging, beweist eine Geschichte aus Roseggers Kindheit: „Wie ich den Kaiser Joseph suchte.“ In seinen Knabentagen lief er aus seinem Heimatdorf nach Wien, um den Kaiser Joseph zu sehen; nachdem er sich eine Weile in der Reichshauptstadt durchgefragt, führte ihn ein wohlwollender alter Mann zum Sarge des Volkskaisers. Zeitlebens hat Rosegger dafür gesorgt, daß dort nur der Leib, nicht aber der Geist Josephs II. begraben blieb. Und eines Sinnes mit Rosegger, hat Anzengruber das Heil des Vaterlandes vom Josephinismus erhofft. In seiner frühesten Jugenderzählung „Tod und Teufel“ preist er Joseph als den „Despoten aus Humanität“. 

104) Ill. Volksbücher. 1880. S. 127.  

105) Volkskalender 1865. 

106) Volkskalender 1862. 

107) Das jüd. Glaubensbekenntnis. V. Buch Moses. Kap. VI. Vers 4 ff. 

108) Ebd. 

109) Über den Trost des Gebetes äußert sich A. auch in der Erzählung: „Die Frau Professorin.“ Werke V. S. 144. 

110) Dieses Motiv findet sich auch in der Erzählung: „Hopfen und Gerste“, nur nicht mit tragischem Ausgang. Sudermann verwertet es in seinem Roman „Der Katzensteg“. 

111) Anton v. Perfall behandelt in der Erzählung: „Der Begnadigte“ das gleiche Motiv aus dem Leben eines Gebirgsbewohners. 

112) Roggen, S. 81 ff. Das gleiche Thema ist von Schillers „Verbrecher aus verlorener Ehre“ bis zu Sudermanns „Stein unter Steinen“ unzähligemal behandelt worden. 

113) Briefe. I. S. 316 ff. 

114) Siehe auch Klara Viebigs Roman: Das tägliche Brot. A. ist in seinen Ansichten ein Vorläufer der „Moralpädagogen“. Siehe auch: Foerster. Jugendlehre. Berlin. 1907. S. 354.  

115) Siehe auch oben S. [Angabe fehlt (U.H.)] 

116) Werke. Bd. II. S. 12. 

117) Schatzkästlein S. 291. 

118) Volkskalender. 1867. S. 131. Ähnliche Gedanken äußert er auch in der Abhandlung: „Zum Tierschutz.“ Volkskalender. 1880. 

119) A. schrieb u. a.: Das Judentum und die neueste Literatur. Stuttgart. 1836. Offener Brief an Billroth. Gegenwart. 1875. Ein Pranger für alle. Schatzkästlein. S. 9. (Siehe auch: Hebel, Eine Stunde ein Jude.) 

120) Epilog zur Lessingfeier. 1850. 

121) Die zweitägige Judendebatte im Reichstage drängte im November dem im ersten Schmerz Verzweifelnden den Wehruf auf die Lippen: „Vergebens gelebt und gearbeitet!“ (Briefe. II. 442.) Vgl. dazu Erich Schmidt, Charakteristiken. S. 433. 

122) So z. B. Ignatz v. Döllinger. Die Juden in Europa. Rede, gehalten in der Festsitzung der Münchener Akademie am 25. Juli 1881. Auerbach schreibt ihm darüber am 7. August 1881 (es war das letzte, was von A. im Druck erschien): „Sie haben denen, die das Wort von der Religion der Liebe zu lügnerischer Phrase mißbrauchten . . . den Frevelmut ihres Tuns vor Augen gestellt . . . Wir deutschen Juden, die wir mit aller Kraft unser deutsches Vaterland lieben, wir atmen auf. Das danken wir Ihnen! Eine unabsehbare Schar von Christen und Juden reiht sich unter die Fahne, der Sie den Wahlspruch der sophokleischen Antigone gegeben haben: „Nicht mitzuhassen, mitzulieben bin ich da!“ (Bettelheim. 376.) 

123) Die Genesis des Nathan. 1881.