BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Schubartgymnasium Aalen

gegründet 1912

 

Aus den Zeiten der Lateinschule

 

Oberstudienrat Herbert Plickert:

Aus der Geschichte unserer Schule

(bis 1914)

 

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Das Schulhaus

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Am Haus Schulstraße 4 (jetzt: Am Kirchplatz 4) neben der Stadt­kirche findet sich eine Steintafel mit der Inschrift

 

 

16 · D[eo] · O[ptimo] · M[aximo] · S[acrum] · 16

JUVENTUTI · PIETATE · LIBERALIBUS

QUE · INFORMANDAE · ARTIBUS · COSS

AC · SENATUS · ALENSIS · LUDUM ·

HUNC · LITERARIUM · E[f]F[icerunt] · ANNO MDCXVI

 

1616 Dem allgütigen, allmächtigen Gotte geweiht.

Damit die Jugend in der Gottesfurcht und in den Freien Künsten

unterwiesen werde, haben Bürgermeister und

Rat von Aalen diese Schule errichten lassen im Jahre 1616.

 

Ein Schulhaus „neben der Kirche“ findet sich schon im 15. Jahr­hundert erwähnt. Bei dem Stadtbrand von 1634, also nur 18 Jahre nach der Erbauung, fiel das Gebäude den Flammen zum Opfer. 1672 war es wieder hergestellt.

Aus den folgenden 100 Jahren stammen nur zwei Nachrichten über das Schulhaus, nämlich daß man einen Ofen in eine der Stuben hineinstellen wolle und daß eine Woche lang Reparaturen ausgeführt werden sollten. Als 1675 der Turm der Stadtkirche einstürzte, erlitt „die so nahe stehende Schule nur einigen Schaden durch das Kupferdach, welches einige Fenster und wenige Mauer einschlug“, erzählt der Chronist Johann Leonhard Kauffmann und führt fort, daß „die Herren Praeceptores mit der gantzen Schuljugend in Todes-Ängsten“ geschwebt hätten.

Als besonders seit der Mitte des 19. Jahrhunderts die Einwohnerzahl zunahm, machte sich auch ein erhöhter Bedarf an Unterrichtsräumen bemerkbar. Schon seit 1803 waren die Lateiner in einem Raum des ersten Stocks der bisherigen städt. Kanzlei (heute Haus Hauptstr. 13) untergebracht. Nachdem 1860 die Ritterschule erbaut worden war, erhielten 1867 auch die Latein- und die Realschule ein neues Gebäude, welches heute unter dem Namen „Alte Gewerbeschule“ bekannt ist (Schillerstraße 21).

 

 

Den „Lateinern“ standen 3 Zimmer im zweiten Stock, den „Realisten“ die übrigen Räume zur Verfügung. Wie die Schulstuben aussahen, berichtet Hermann Stützel: „Lauter lange aus rohem Tannenholz gezimmerte Bänke für je 4 Schüler ... Die Sitzflächen waren keineswegs splittersicher und dabei so breit, daß man kaum mit ausgestreckten Beinen stehen konnte. Ein Katheder auf hohem Podest, eine Wandtafel und eine sogenannte Rechenmaschine vervollständigten die Einrichtung.“

Bald reichte das Gebäude nicht mehr aus. Im September 1909 hatten die Realschule und das Realprogymnasium (als Nachfolger der Lateinschule) zusammen 387 Schüler. So entstand der Plan zu einem Neubau.

Zunächst war die Frage, wo er errichtet werden sollte, nicht nur im Gemeinderat und im Bürgerausschuß, sondern auch in der Öffentlichkeit heftig umstritten. Zur Debatte standen ein Platz an der Ecke Langestraße/Wasserstraße, wo das Gebäude seine Hauptfront nach der letzteren haben sollte; ferner der Platz vor der Bohlschule, hier mit zwei Varianten: Der eine Entwurf wollte den Neubau unmittelbar am Westufer des Kocher errichten, wodurch er ziemlich dicht an die Bohlschule herangekommen wäre; der andere sah vor, daß man das Bachbett ein wenig nach Westen verlegte, es dann überdeckte und darüber die neue Schule erstehen ließ, wobei ihre Ostfront dicht an den Bauhof (den heutigen Fahrzeugschuppen des Stadtbauamts) heran­rückte. Beide Projekte waren in gleicher Weise problematisch. So war man froh, als der Vorschlag gemacht wurde, den Teil des „Festplatzes“, der an den Ostrand des Rohrwang anstieß, als Baugelände zu wählen.

Diese Idee fand auch die Zustimmung des zu Rate gezogenen jungen Stuttgarter Architekten Professor Paul Bonatz, dessen Name schon damals weit bekannt war. Er übernahm den Entwurf und die Bauleitung. Während die meisten Arbeiten Aalener Firmen übertragen wurden, vertraute man die Schaffung des figürlichen Schmucks an der Ostfront dem Stuttgarter Bildhauer Zeitler an.

 

 

Mit Recht konnte bei der Einweihung am 4. März 1912 Oberbür­germeister Schwarz von dem Neubau sagen: „In Majestät und harmonischer Ruhe steht er da, von feierlicher Höhe die Stadt beherrschend, ein stolzes Zeugnis opferwilligen Bürgersinns, ein Denkmal und Wahrzeichen der Stadt für uns und spätere Geschlechter.“ Und er fuhr fort: „Möge er sein ein Träger der Kultur, eine Pflanzstätte wahrer Bildung, die nicht Wissen allein bringt, sondern die auch Ideale schafft und Charaktere bildet.“ Auch heute könnte man keinen besseren Wunsch ersinnen für eine Schule und für die, welche dort ein- und ausgehen.