gefragte Persönlichkeiten berichten aus ihrem Berufsleben

 

In dieser Reihe möchten wir aufzeigen, welchen Weg unsere Alumni gehen, wie Sie auf ihr Studium zurückblicken und vor allem: welche Tipps sie unseren Studierenden auf den Weg mitgeben möchten.

Dezember 2021: Alumnus Daniel Spierer

 
Daniel Spierer
Daniel Spierer

Steckbrief

Name: Daniel Spierer

FH/HS-Studium in Augsburg: Betriebswirtschaft

Berufsbezeichnung: Geschäftsführer von Ruhe & Pol

Unternehmen: Ruhe & Pol Auszeiten

Homepage: https://ruheundpol.de/

Alter: 35

“Durch mein Coaching möchte ich einen äußeren Rahmen für inneres Wachstum schaffen.“

 
 
 
 
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Sie engagierten sich neben Ihrem Studium der Betriebswirtschaft bei der Unternehmensberatung academica e. V. Vermittelt das Programm Ihrer Meinung nach einen gewinnbringenden Überblick über das zu erwartende Berufsbild, das junge Studierende erwartet?

Zu meiner Zeit bei academica e. V. durchlebte die Unternehmensberatung einen Neustart. Wir fingen bei Null an – das heißt, wir akquirierten neue Mitglieder, neue Projekte und wir riefen auch die Career Days ins Leben. Wir bauten die Unternehmensberatung quasi von Grund neu auf, wir verbrachten unfassbar viel Zeit und hatten auch wirklich viel Spaß zusammen. Die studentische Unternehmensberatung vermittelt auf der einen Seite das Bild des Unternehmensberaters, aber es fördert vor allem die persönliche Entwicklung und Entfaltung der Studierenden. Bei academica e. V. können die Studierenden ihren Ideen freien Lauf lassen und sich mit Unternehmen aus der Wirtschaft vernetzen. Auch spannende Projekte können verwirklicht und umgesetzt werden, ebenso ist der Austausch und die Zusammenarbeit mit anderen studentischen Unternehmensberatungen wie beispielsweise über den Dachverband JC Network möglich.

Vor drei Jahren gründeten Sie gemeinsam mit Ihrer Ehefrau Anne Spierer Ruhe & Pol Coaching für Persönlichkeitsentwicklung. Was war für Sie der ausschlaggebende Grund, als Personalcontroller einem großen Konzern den Rücken zu kehren und den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen?

Es war weniger ein „weg von“ und mehr ein „hin zu“. Meine Vision, Menschen auf dem Weg ihrer Neuausrichtung zu begleiten, wurde immer stärker, sodass ich meinen kompletten Fokus darauf richten wollte. Unter anderem begleitet Ruhe & Pol Unternehmen auf dem Weg der Transformation in die neue Arbeitswelt. Hier sage ich nur: „New Work needs Inner Work“! Während der Transformationsphase ist es so essenziell, dass man neben den fortschreitenden Technologien und
den neuesten Innovationen wieder den Menschen in den Mittelpunkt rückt. Zwei Jahre lang haben meine Frau und ich Ruhe & Pol neben unseren Vollzeitjobs aufgebaut. Nun war es an der Zeit, die volle Energie in Ruhe & Pol zu stecken und beschlossen somit unseren Weg vollständig in die Selbstständigkeit einzuschlagen.

Unsere Arbeitswelt befindet sich im Wandel. Durch die Digitalisierung ist es möglich, flexibler und autonomer zu agieren, andererseits zeigen sich auch Auswirkungen wie Überbeanspruchung, Erschöpfung und Demotivation bei vielen Beschäftigten. Was sind Ihrer Meinung nach die größten Stressfaktoren der modernen Arbeitsstrukturen?

Der größte Stressfaktor ist ein mangelndes Bewusstsein für die eigene mentale und körperliche Gesundheit. Die Überbeanspruchung, Erschöpfung und Demotivation sind oft nur die Folgen, wenn wir unser „Limit“ überschritten haben. Aber die Wurzel liegt im Grunde viel tiefer. Wir dürfen uns wieder mit uns selbst beschäftigen und uns zuhören. Und es ist wichtig, die Zeitqualität wieder in den Fokus zu stellen, um nicht der Zeit „hinterherzulaufen“. Das bedeutet, es geht darum, unsere Gewohnheiten zu hinterfragen und gegebenenfalls anzupassen. Wie starte beziehungsweise beende ich beispielsweise meinen Tag? In Stress und Hektik oder in Ruhe und Gelassenheit? Ich selbst pflege morgens meine tägliche Routine, indem ich den Tag sehr früh beginne. Ich starte mit einem Glas Wasser mit frisch gepresster Zitrone und schaue mir täglich meinen „Wo stehe ich in fünf Jahren“-Plan an und gehe im Anschluss eine Runde laufen. Mit welchen Morgenroutinen man seinen optimalen Start in den Tag legt, ist ganz unterschiedlich und auch individuell.

 

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Wie sollte sich Ihrer Meinung nach das ideale Arbeitsmodell gestalten, um Körper und Geist optimal in Einklang zu bringen? Wie essenziell ist hier die Work Life Balance?

Der Begriff „Work Life Balance“ ist aus unserer Sicht nicht mehr ganz zeitgemäß. Gerade in Zeiten der Corona Pandemie haben wir bemerkt, dass Arbeits- und Lebenswelt mittlerweile ineinander übergehen und wir die beiden Welten noch schwer voneinander trennen können. Heutzutage spricht man oft schon vom sogenannten Work Life Blending / Integration. Hierbei geht es um eine Verschmelzung von Lebens- und Arbeitswelt. Doch auch hier stellt sich weiterhin die Frage, wie man gesund lebt und arbeitet. Gerade durch die Work Life Integration ist es so wichtig bewusst Grenzen zu setzen, wie beispielsweise das Einhalten diverser Pausen und nicht die beiden Lebensbereiche (Job & Privatleben) verschmelzen zu lassen. Aus unserer Sicht ist es daher enorm wichtig, dass wir mental und physisch gesund sind und das unabhängig von den verschiedenen Arbeitsmodellen. Die Arbeitsmodelle, welche uns dabei unterstützen, können für jeden Einzelnen von uns ganz unterschiedlich gestaltet sein. Es stellt sich vielmehr die Frage: Was kann ich für meine körperliche und geistige Gesundheit tun und wie setze ich es für mich am geeignetsten um?

Ihr Programm beschreibt die drei Lebensphasen – Aufbau-, Wachstums- und Verwirklichungsphase. Mit welchen Anliegen kommen die Menschen auf Sie zu?

Wir befinden uns alle sieben bis neun Jahre in einer neuen Lebensphase und die Menschen, die auf uns zukommen, sind oft am Übergang einer dieser Veränderungs- und Neuorientierungsphasen. Der Großteil unserer Mitglieder stößt auf Ruhe & Pol Auszeiten, um wieder neue Energie zu tanken, die aktuelle und derzeitige Situation zu betrachten, eine Vision zu entwickeln und die nächsten Schritte für deren Neuausrichtung zu bestimmen. Das kann beispielsweise eine berufliche Veränderung sein oder aber man bemerkt, dass man im Grunde alles hat und doch irgendetwas Bestimmtes fehlt. Hier entsteht oft der Wunsch, sich Zeit zur Reflexion und für sich selbst zu nehmen, um sich über ein paar Angelegenheiten Klarheit zu verschaffen.
Darüber hinaus ist die Neuausrichtung und die Suche nach neuen Perspektiven im beruflichen Umfeld ein großes Leistungsspektrum unseres Port Folios. Wir unterstützen Unternehmen und deren Teams bezüglich der Führungs- und Beziehungsqualitäten, stärken die Entscheidungsfähigkeit und setzen uns als Ziel die mentale Gesundheit jedes einzelnen Mitarbeiters zu verbessern. Hierzu schaffen wir den äußeren Rahmen für das innere Wachstum. Wer eine Neuausrichtung anstrebt, empfehle ich folgenden Dreiklang: „Mach mal neu“, „alte Gewohnheiten ausblenden und ein neues Umfeld suchen“ sowie „zu verstehen, was mich gerade hindert“.

Ruhe & Pol inspiriert und motiviert die Teilnehmer:innen in der freien Natur und nicht wie üblich in geschlossenen Tagungs- oder Seminarräumlichkeiten. Welchen besonderen Einfluss hat bei Ihrem Konzept die Natur auf die körperliche und mentale Gesundheit?

In der Natur findet der Mensch wieder ganz automatisch zu sich zurück. Wir sprechen hier von den drei Achsen: Verbindung zu sich selbst finden, Verbindung zu anderen Menschen und die Verbindung zur Natur. Wir merken vor allem bei den Reflexionsprozessen in der Natur, wie die Lebensfreude zurückkommt, die Kreativität wieder angeregt wird und wie man wieder mit sich selbst in Kontakt tritt. Jeder von uns kennt das tolle und freie Gefühl – einfach einmal die Seele baumeln lassen. Einerseits kommen wir hier zur Ruhe und andererseits entspringen hier viele neue Ideen und genau das nutzen wir auch bei unseren Seminaren. Wenn wir beispielsweise an den Zukunftsvisionen unserer Mitglieder arbeiten und dabei die Aussicht auf die Berge genießen, kommt dabei etwas ganz Anderes heraus, als wenn wir auf eine sterile weiße Wand in Seminarräumen blicken würden.

Falls Sie noch einmal die Wahl hätten, würden Sie sich erneut für ein Studium an der Hochschule Augsburg entscheiden?

Ja! Es werden neben der studentischen Unternehmensberatung noch so viele weitere spannende Angebote für die Studierenden angeboten. Man ist hier an der Hochschule Augsburg nicht nur eine Nummer, sondern es herrscht ein persönliches Miteinander zwischen Studierenden, Lehrbeauftragten und Professor:innen. Das zeichnet meiner Meinung nach eine kleinere Hochschule im Vergleich zu größeren anonymen Universitäten positiv aus.

Welche drei Stichworte bringen Sie mit Ihrem Studium an der Hochschule Augsburg spontan in Verbindung?

Persönlichkeitsentwicklung, Unterstützung, Nähe zur Wirtschaft

Welchen Tipp möchten Sie unseren Studierenden mit auf den Weg geben?

Du allein entscheidest, ob das Studium Dir das bringen wird, was Du erwartest und auch verfolgst. Nutze die zahlreichen Möglichkeiten und Angebote außerhalb des Studiums, ob als Werkstudent:in oder als Praktikant:in. Ich selbst war während meiner Studienzeit im Rahmen des Praktikums in Oxford – eine wahnsinnig tolle und wertvolle Erfahrung, die ich allen Studierenden ans Herz legen kann. Frühzeitige Praxiserfahrung, in welcher Form auch immer, ist wichtig, um für sich selbst den richtigen Weg ins Berufsleben zu finden.

 

Das Interview führte Miriam Forster

 
Daniel Spierer
Alumnus der Hochschule Augsburg: Daniel Spierer bei der Neuausrichtug in der Natur.