Ein E2D-Lernort der Hochschule Augsburg im Bestand der JVA im Prinz Karl Viertel

 
Energieeffizientes Planen und Bauen – E2D

Projektbeschreibung

Bachelorarbeit Josef Sailer, WS 2018-19
Betreuung: Prof. Dr. Wolfgang Nowak, Prof. Michael Schmidt
Studiengang: Energieeffizientes Planen und Bauen - E2D

Aus der Aufgabenstellung:

Die Zahl der Studierenden an der Hochschule Augsburg ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen und auch in Zukunft ist ein moderates Wachstum geplant. Im Zuge dessen ist die Hochschule auf der Suche nach neuen Gebäuden, um den nötigen Platzbedarf decken zu können. Das Areal der ehemaligen Justizvollzugsanstalt auf dem Hochfeld „Prinz-Karl“ soll hierbei als Erweiterungsfläche genutzt werden. Hier soll ein gemeinsamer Lernort des Studiengangs E2D entstehen, der dem pädagogischen Ansatz einer Lernwerkstatt folgt.

Auf Grundlage dieses Ansatzes war es Aufgabe dieser Bachelorarbeit, ein neues Konzept für die zwei Bestandsgebäude der ehemaligen JVA Augsburg zu entwickeln, ohne dabei die Kubatur grundlegend zu verändern. Der Verbindungsbau des Vorder- und Rückgebäudes durfte hierbei komplett neu entworfen werden. Neben den neuen Raumanforderungen mit zahlreichen Arbeitsräumen und Werkstätten sowie einem Gruppenraum im Dachgeschoss sollte eine neue Fassade für das Rückgebäude entwickelt werden. Durch diese Maßnahme soll eine adäquate Belichtung mit einem ausgewogenen Maß an Sonnen- und Blendschutz der dort entstehenden Arbeitsräume erfüllt werden. Der zweite Schwerpunkt dieser Bachelorarbeit liegt auf dem Entwurf und im besonderen Maße auf der planerischen und gestalterischen Integration der haustechnischen Anlagen.

 

Erläuterung des Entwurfs

Architektonischer Entwurf:

Ziel des Entwurfs mit dem Namen "Prison Break" war es, aus der früheren Gefängnisstruktur auszubrechen und eine Lernwerkstatt für den Studiengang E2D zu entwickeln. Diese zeichnet sich neben der Möglichkeit, individuell zu experimentieren, besonders durch den intensiven Austausch und das gemeinschaftliche Lernen aus. Aus diesem Grund entstand eine Mischung von Individual- und Gruppenbereichen. Dieses Konzept bestehend aus einem Gemeinschaftskern und umliegenden Individualbereichen zieht sich durch die Grundstruktur des Gebäudes bis hin zu den Arbeitsräumen. Im Gemeinschaftskern befindet sich der neue Haupteingang zum Gebäude, zu welchem man über eine große Treppe mit Sitzgelegenheit gelangt. Der ehemalige Verbindungstrakt wurde durch eine Glasfassade ersetzt, wodurch ein lichtdurchflutetes Foyer entsteht.

Lage des Bestandes der JVA im Prinz-Karl Viertel, im Osten angrenzend die Hochfeldstraße (Abb.: Josef Sailer)
Lage des Bestandes der JVA im Prinz-Karl Viertel, im Osten angrenzend die Hochfeldstraße (Abb.: Josef Sailer)
Grundriss Erdgeschoss (Abb.: Josef Sailer)
Grundriss Erdgeschoss (Abb.: Josef Sailer)

Das Konzept des Ausbruchs aus der ehemaligen Struktur beschränkt sich jedoch nicht nur auf das Innere des Gebäudes, sondern wird auch nach außen hin sichtbar. So wurden Auskragungen in den verschiedenen Arbeitsräumen geplant, durch welche neue Gemeinschafts- und Entspannungsbereiche generiert werden.

Perspektive der Westseite mit neuen Öffnungen im Bestand. (Abb.: Josef Sailer)
Perspektive der Westseite mit neuen Öffnungen im Bestand. (Abb.: Josef Sailer)

Der zuvor ungenutzte Dachraum im Vordergebäude wurde im Zuge der Neukonzeptionierung der ehemaligen JVA als Präsentationsraum gestaltet. Um den zuvor sehr dunklen Raum adäquat zu belichten, wurde ein Oberlicht geplant, welches den Raum mit ausreichend Tageslicht durchflutet.

Perspektive in den neu gestalteten Dachbereich (Abb.: Josef Sailer)
Perspektive in den neu gestalteten Dachbereich (Abb.: Josef Sailer)

Tages- und Kunstlicht-Simulation

Um die Arbeitsräume mit ausreichend Tageslicht zu versorgen, wurden die ehemaligen Zellenfenster bis auf Schreibtischhöhe vergrößert. Hierdurch konnte eine ausreichende Tageslichtversorgung der Arbeitsplätze für ein produktives Lernen erzielt werden, was durch eine Tageslichtsimulation nachgewiesen werden konnte. Auch die Kunstlicht-Simulation belegte eine ausreichende Lichtversorgung durch das neue Kunstlichtkonzept.

Lichtsimulation bei Tages- und Kunstlicht (Abb.: Josef Sailer)
Lichtsimulation bei Tages- und Kunstlicht (Abb.: Josef Sailer)

Lüftungskonzept: Mechanische Lüftung

Beim mechanischen Lüftungskonzept wurden die Lüftungsleitungen und somit die Bereiche mit einer abgehängten Decke auf ein Minimum reduziert. Um unnötige Leitungswege zu vermeiden, wurden zwei Lüftungsgeräte mit Wärmerückgewinnung geplant. Somit konnte im Foyer eine Abhängung der Decke vermieden werden. Auch in den Arbeitsräumen durchlaufen die Lüftungsleitungen nur einen Teilbereich, wodurch auch hier die großen Raumhöhen erhalten bleiben.

Lüftungskonzept Mechanische Lüftung, Erdgeschoss (Abb.: Josef Sailer)
Lüftungskonzept Mechanische Lüftung, Erdgeschoss (Abb.: Josef Sailer)

Lüftungskonzept: Freie Lüftung

Motorisch angetriebene Fenster können besonders in den Sommernächten automatisch geöffnet werden und so eine Querlüftung der Räume und dadurch eine Nachtauskühlung gewährleisten. Ebenso befinden sich motorisch gesteuerte Lüftungsklappen im Foyer, wo durch eine Deckenöffnung eine natürliche Lüftung über zwei Geschosse erfolgt.

Lüftungskonzept Freie Lüftung, Foyer (links) und Arbeitsräume (rechts) (Abb.: Josef Sailer)
Lüftungskonzept Freie Lüftung, Foyer (links) und Arbeitsräume (rechts) (Abb.: Josef Sailer)

Wärmeversorgung

Das Gebäude wird an das Fernwärmenetz der Stadtwerke Augsburg angeschlossen. Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung ergab, dass auf 20 Jahre gesehen dieser Wärmeerzeuger teurer ist als die Alternative Erdgas, jedoch schneidet Fernwärme im Vergleich hinsichtlich ökologischer Aspekte (Primärenergiefaktor von fp= 0,03), Wartungsaufwand und Versorgungssicherheit, am besten ab. Die Wärmeübergabe erfolgt über eine neu eingebrachte Fußbodenheizung, welche die Heizlast in allen Räumen decken kann.

Wärmeversorgung (Abb.: Josef Sailer)
Wärmeversorgung (Abb.: Josef Sailer)

Photovoltaik-Anlage

Aus denkmalschutzrechtlichen Gründen ist eine Photovoltaikanlage nur auf dem straßenabgewandten Westdach möglich. Nach einer Berechnung konnte aufgezeigt werden, dass der überschlägige Strombedarf wesentlich höher ist als der errechnete Strom aus der Photovoltaikanlage. Somit kann bei intelligenter Nutzung der erzeugte Strom direkt im Gebäude genutzt werden.

Photovoltaik-Anlage, Verlauf der monatlichen Stromproduktion (Abb.: Josef Sailer)
Photovoltaik-Anlage, Verlauf der monatlichen Stromproduktion (Abb.: Josef Sailer)
Update 2019: Architektonische und energetische Neudefinition der Fassadenschnitt im Bestand (Abb.: Josef Sailer)
Update 2019: Architektonische und energetische Neudefinition der Fassadenschnitt im Bestand (Abb.: Josef Sailer)