Seitenpfad:

Fassade 19: Die standsichere Fassade – Bemessung, Befestigung, Montage

Tagung des Instituts für Bau und Immobilie der Hochschule Augsburg

 
Fassade 19: Vollbesetztes Auditorium in der Handwerkskammer für Schwaben, Augsburg. Foto: Sonja Schön
22.02.2019

Als fixer Termin im Jahreskalender von Fassadenspezialisten gilt die renommierte Fassadentagung, die das Institut für Bau und Immobilie der Hochschule Augsburg jährlich ausrichtet. Über 230 Gäste aus Wissenschaft und Lehre, Fassadenbau und -planung kamen am Donnerstag, 21. Februar 2019 nach Augsburg zur Handwerkskammer für Schwaben und hörten die Fachvorträge der Referenten zum Thema "Die standsichere Fassade – Bemessung, Befestigung, Montage", besuchten die begleitende Ausstellung, trafen Fachkollegen und diskutierten die aktuellsten Themen. „Uns als Hochschule ist Weiterbildung und Wissenstransfer ein wichtiges Anliegen. Wir pflegen sehr gerne unsere fachlichen Netzwerke und beteiligen uns an aktuellen Diskussionen. Das ist für alle Seiten fruchtbar,“ sagte Prof. Dr. Elisabeth Krön, Vizepräsidentin für Weiterbildung und Wissenstransfer der Hochschule Augsburg im bis auf den letzten Platz besetzten Auditorium der Handwerkskammer für Schwaben.

 

Holger Hinz, (Teamleiter und Prokurist der Werner Sobek Stuttgart AG), erläuterte zum Auftakt der Tagung die besonderen Herausforderungen bei der Planung und Realisierung des Testturms Rottweil. Die textile Bekleidung des 246 Meter hohen Turms überzeugt nicht nur durch die außergewöhnliche Anmutungsqualität, sie erfüllt auch konkrete konstruktive Anforderungen. Zum einen bietet die textile Verkleidung einen Witterungsschutz. Sie verschattet die Betonstruktur und reduziert so die durch Sonneneinstrahlung induzierten, teilweise erheblichen Spannungen. Zum anderen entsteht durch die spiralförmige Anordnung eine sogenannte Scruton-Wendel. Diese beeinflusst die Wirbelablösung am Turm und verringert die Beanspruchung durch Querschwingungen um ca. 40 %.

Einen Überblick über mögliche Befestigungs- und Verankerungslösungen bei vorgehängten hinterlüfteten Fassaden stellte der Sachverständige für Betontechnologie und Präsident der Baukammer Berlin, Dr.-Ing. Ralf Ruhnau (CRP Bauingenieure Berlin) vor. Besonders hob er hervor, dass die Vielfalt der Normen- und Regelungswelt nicht den kreativ denkenden Ingenieur ersetzt, sondern ihn umso notwendiger macht. 

Falk Beckmann (Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt), Berlin), sprach über Zulassung und Genehmigungsverfahren für thermisch getrennte Befestigungen für vorgehängte hinterlüftete Fassaden, die zwar in Analogie, aber noch außerhalb des Eurocode zu führen sind.

Wolfgang Jehl (Produktmanager, stellvertretender Prüfstellenleiter, Sachverständiger sowie Auditor am ift Rosenheim) stellte den RAL-Montageleitfaden für Fenster und Türen in seiner aktuellen Fassung vor. Er zeigte unter Anderem, dass das Flügelformat entscheidenden Einfluss auf die Horizontalkräfte hat, die auf die Lager einwirken.

Prof. Michael Lange (Hannover, Berlin, Hamburg, Sachverständiger, Honorarprofessor an der Leibniz Universität Hannover und langjähriger Dozent im Studiengang Fachingenieur Fassade an der Hochschule Augsburg) stellte den erstmals erschienen RAL-Montageleitfaden zur „Montage von Vorhangfassaden – Planung und Ausführung der Montage für Neubau und Renovierung“ vor und erläuterte an zahlreichen Details insbesondere die sich überlagernden Anforderungen an Dichtigkeit, Stabilität und Montagegerechtigkeit.

Den diskussionsintensiven Prozess der Homogenisierung der europäischen Normenwelt, gegebenenfalls auch die notwendigen Kompromisse im Vergleich zur bisherigen nationalen Normung erläuterte Prof. Dr. Christian Schuler (Professor für Glas- und Fassadenbau an der Hochschule München) im Vortrag “Bemessung und Befestigung von Glaselementen – Nationale Anwendung versus europäische Bemessung“ anhand der E DIN 18008 T1/T2 im Vergleich zu E DIN EN 16612 und EC 11.

Dr. Anette Ritter-Höll, Dr. rer. nat. Diplom-Geologin, ö.b.u.v. Sachverständige der IHK München-Oberbayern für „Bewertung und Beurteilung von Naturstein im Bauwesen und in der Denkmalpflege“, setzte sich mit der neuen DIN 18516 Teil 3 auseinander. Insbesondere der inzwischen in der Norm geforderten Nenndicke für Natursteinplatten (die auch eine Unterschreitung des Wertes um 10% grundsätzlich einschließt) steht sie aus Sachverständigensicht kritisch gegenüber und empfiehlt Bauherren, ausschreibungstechnisch und vertraglich – und damit über die Mindestanforderung der Norm hinausgehend, eine Mindestdicke von 30 mm zu fixieren. Nur so, so Höll, lassen sich gravierende technische Mängel und Schäden auch in Zukunft vermeiden.  

Es zeigte sich, dass der Themenkomplex der Bemessung, Befestigung und Montage sehr umfangreich ist und viele neue Entwicklungen reichlich Stoff für Diskussion und thematische Auseinandersetzung bot. Die Tagungsteilnehmer zeigten sich hochzufrieden.

Fassade 19 - Impressionen