B  I  B  L  I  O  T  H  E  C  A    A  U  G  U  S  T  A  N  A
           
  Georg Wickram
um 1505 - vor 1562
     
   



D i e   H i s t o r y   d e s
t h e ü r e n   R i t t e r s   G a l m y
a u ß   S c h o t t e n l a n d .


Cap. XL - XLIX

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      Wie der schandtlich
      Marschalck zû der
      Hertzogin kam / und
      was er mit ir redt.


            Das XL. Capitel.

      ‹Z4v› DEs andren tags / als der Marschalck von dem beth auffgestanden was / sich von stund an zû der Hertzogin fúget / [151] die er gantz traurig under iren Junckfrauwen sitzen fandt / sye all zû mal freündtlich grússen thet / on erlaupt sich neben die Hertzogin nidersatzt / auff solliche meynung mit ir anfieng zû reden. «Gnädige Fraw / ist eüch das geschrey / so nun zû mal gantz Britanien voll ist / auch zû wissen / warlich wo im also wär / ich nit wol vor meinem Herren beston würd.» Die Hertzogin nit gedencken mocht / das ir das übel durch den Eerlosen mann zû gericht was / anfieng und ir leyd von neüwem zû klagen / ir unschuld gegen Gott bezeüget / sye sagt auch / sye mit wissen den schandtlichen bûben nye gesehen hett. Als nun der falsch bößwicht der Hertzogin klag vernummen het / anfieng und sagt / «Warlich Fraw es eüch für ein grosse schand zû achten wär / wo ir in der sach schuldig sein solten / damit man aber erfaren müg wie der sach sey / will ich heüt des tags den kuchen knecht fahen / und die sach / damit er umbgat / erfaren / handt ir dann / wie man sagt / mit im in solcher gestalt gehandlet / soll mich ewer Adeliche gstalt rewen.» Hiemit der [152] Marschalck von der Hertzogin gieng / sye in grossem leyd sitzen ließ / zûhandt der falsch mann etlich des Hertzogen rhät berúffen ließ / sye in der sach / als ob es im ein frembd ding wer / rhats fragen thet / zû hant von inen allen beschlossen ward / das man den bûben in gefengkniß verwaren / und die recht mer an im erkundigen / der Marschalck sprach / «lieben Herren / es gefalt mir eüwer rhatschlag fast wol / doch wer mein meynung / das ‹f.92 = Aa1r› man den bûben mit erst für uns berúffen ließ / unnd in der sach gútlich befraget / dann solt man eins mals mit im eilen und in gefengklich annemen / so ist er nit über sein sechzehen Jar / er möchte von der warheyt fallen / und ein anders für dhand nemen.» Dise meynung in allen samen wol gefallen thet / eilens nach dem bûben schickten / der sich nit lang saumen thet / zû im kam / die Herren / so in noch nye gesehen hatten / groß wunder von seiner köstlichen kleydung namen / dann sye in nye anderst / dann ein schmutzigen kuchenbûben erkandt hatten. Als er nun vor den Herren allen gantz verwegenlichen ston thett / der Herren einer mit im anfieng zû reden / und sprach. «Junger wer / oder von wannen du seyest / mir gantz verborgen ist / ich aber dich nie anderst dann in schlechter unnützer kleydung in der kuchen gesehen hab / spúlen und holtz tragen / yetz aber du ein zeitlang einem solichen sudler gantz ungleich gangen bist / und damit ichs bekürtz / keyn Edelman dir an kleydung / zerung und köstligkeyt zû kummen mag. Deßhalb du dich nit verwundern solt / das wir also nach dir geschikt handt / dieweil uns dein harkummen verborgen / und unser keyner wissen mag / wo dir solch gelt und gût harkummet. Deßhalb uns ein sollichs zû wissen thû / dann wo dir sollich gût von rechten zeügen herkumpt / wir dir sollichs gern mit gûter rhû verzeren wöllen lassen / wo aber nit / mûst du yhe sagen / von wannen dir solliches kumpt.» Der bûb mit frefeln worten anfieng und sprach. «Ir Herren all in gemeyn / wie ir mich dann beschicket hand / so meyn ich / ir haben nun mer wol von andren gehört / von wannen mir diß gelt und kleyder kummen / dann ‹Aa1v› [153] ich mich sein noch nye geborgen hab / dieweyl ir mich aber auch fragen / so sag ich / das mir sollichs alles von der Hertzogin kummet / anders ich mich noch nye hab hören lassen.» Als nu die rhät des Hertzogen von dem bûben all ding gehört hatten / hand sie in von stund an in gefengkniß lassen legen / ein sollichs der Marschalck alles zûvor angerichtet hat. Da nun der abendt kummen ist / der Marschalck sich heymlich durch verborgene weg zû dem kuchen bûben inn die gefengkniß mit kostlicher wol bereytener speiß / unnd tranck gemachet hat / den verwenten bûben inn seim schandtlichen und bösen fürnemen getröstet und gesterckt / im gesagt / wie man morndeß zû im kummen / und etwas reichers mit im reden / so man dann schon etwas peinlich mit im fürnemen wolt / solt er keyn anders / dann eben die alt red bekennen / und wann es schon dahin käm / das man in zû dem galgen fúret / und er schon den strick am halß hab / wöll er in dannocht wol vor allem leyd entheben / er wiß doch nyemant nun zû mal / dann in alleyn / den höchsten gwalt in allem Britanien zû tragen. «Darumb biß getröst / das ich dir nit zû kurtz geschehen lassen will / mit keynerley ding / wann ich dich schon dem volck zû lieb die leyter hinauff fúren laß / und du schon yetz den strick an dem halß hast / sol dir dannocht nichts args widerfaren / und von mir wol errettet werden / dann mein anschlag durch sollich ding / wie du von mir vernummen hast / zû mûß gan.» Dem kuchen bûben die sach anfieng nit bey dem basten gefallen. «Warlich Herr die sach fast mißlich zû wagen sein würdt / dann es sich begeben möcht / das der hencker das wortzeychen unrecht ver‹f.93 = Aa2r›ston würdt / und so er mich wider abher fúren solt / er mich abher stossen / und mich an dem galgen erwirgen lassen / wann ir darnach schon vil mit mir machen wolten / so wer es gethon umb mich / hierumb ich alles thûn will / sunder den strick an den hals kummen lassen.» Der Marschalck dem bûben antwurt und sprach / «hast du mich dann inn meinem zûsagen ye anderst dann gerecht erfunden / und woltest dich erst an dem notwendigsten ort von [154] mir wenden? Ich sag also / wann man dich yetzundt ußgefúrt hat / will ich dich und den hencker alleyn auff ein ort nemen / unnd mit im reden / das du alle ding hören mûst / dann solt du selb hören / was ich im bey hoher peen gebieten will / thûst du dann nach meinem rhat / du dein leptag gnûg haben solt / und dir an geldt und goldt minder dann biß her gebrechen / deß nimm hin mein trew zû einem sicheren pfandt.» Der einfeltig bûb / wiewol er ein grosse sorg hat / noch dannoch dem Marschalck versprache / seinem rhat gantz nach zû kummen. Der Marschalck gantz still schweigendt von im gieng / zû beth sich nider leyt / die nacht mit grossen sorgen zû endt bracht / stätigs forcht der bûb an dem letsten nicht beston würd / und sein des Marschalcks list entdecken.
 

      Wie die Landts herren aber zû
      dem kuchen bûben kummen /
      in underston peynlich zû fragen.


            Das XLI. Capitel.

      ‹Aa2v› DEs andren tags / an dem morgen frú der Marschalck sein ordnungen gemacht hat / das alle Landts herren zû Vannes erscheinen solten. Als sye yetz auff gestanden waren / sich in ein weiten sal versamlet hetten / so stat der Marschalck under in allen auff solliche meynung mit in anfieng zû reden. «Ir aller liebsten freünt / eüch allen ist unverborgen / in was gestalt der kuchenbûb jetz ettlich tag hie gangen / sich auch offendtlichen be‹f.94 = Aa3r›rúmpt / wie er sollich gelt alleyn von der Hertzogin überkummen hab / wo sich dann ein sollichs weiter von im gehört würd / und wir in also ungestrafft lassen solten / würd es uns warlich ein grossen nachtheyl gegen unserm [155] Herren bringen / darumb mein endtlich meynung wer / so baldt er sich der wort noch ein mal hören laßt / das wir in von stund an / an den galgen hencken lassen / und die Hertzogin des Hertzogen straff erwarten / biß zû seiner zû kunfft.» Nyemants was under den Herren allen / dem solcher rhat mißfallen thet / mit einander uff ein newes zû dem kuchenbûben giengen / sich gegen im mit dapffern worten hören liessen / wo er darauff beharren / und die sach nit widerrúffen wolt / sye in zû handt hencken würden. Der verwent bûb anfieng / und sprach. «Machent und handlent mit mir / was eüch gefalt / so wert ir mich nit anderst einmal als das ander reden hören / und ob ir mich gleich schon hencken / würd ich doch nimmer anderst bekennen / dann wie allwegen / deßhalben hörendt mich nummen auff zû fragen.» Als nun die Landts herren des bûben red gantz verstanden hatten / groß betaurens mit der Hertzogin gewanen / von im uß der gefengkniß giengen. Da sie nu herauß kummen waren / der schantlich Marschalck noch nit ein genúgen [156] an seinem bösen fürnemen hat / stätig in sorgen stûnd / der bûb würd schwancken / zû den herren sprach. «Mich dunckt gût sein / wann ich zû dem bûben gangen wer / unnd alleyn mit im versûcht zû reden / ob er mehr umb mein red geben wolt / dann umb die ewer / ich mit im will versûchen / möcht ich in einmal dahin bringen / das er die Hertzogin unschuldig bekendt / wolten wir ‹Aa3v› mit im eilendts handlen / damit er mit seinen worten die Hertzogin nit zû schanden brächt.» Den Herren des Marschalcks red wol gefallen thet / zû hant wider zû dem bûben kam / in von newem loben und stercken thet. Als er nun wider zû den Herren kam / anfieng / «Warlich» sprach er / «ich weder mit gûten noch bösen worten / anderst nichts / dann wie ir alle / von im bringen kan.» Die Herren zûhandt einhelligklich meynten / man solt den bûben heymlich ertrencken / damit es nit vor aller menge beschech / dann solt man offentlich mit im handeln / wer noch nit davon wißt / wúrd die sach erst erfaren / Da wider alleyn der Marschalck was / fürwandt und saget. «Daran nichts zû fürkummen ist / ihr wissendt das dise red land und Statt voll ist. Darumb mein entlich fürnemmen ist / den schalckhafften bûben offendtlich bey disem tag zû hencken» / Nyemandts was / so wider den feygen Marschalck reden dorfft / von dannen giengen. Der Marschalck an der stett nach dem hencker schicket / also mit im reden thet / «Richter / darumb ich nach dir geschickt hab / ist darumb beschehen / du solt wissen / das ich ein bûben inn gefengkniß hab / den ich heüt deß tags will lassen hencken / dem solt du also nachkummen / und dich nichts daran keren / was ich fürter mit dir reden würd / ich will den bûben des trösten / das im nichts geschehen soll / unnd ob er schon den strick an dem halß hab / den trost soltu im auch geben / so baldt ich dir aber mit meinem stab winck / so stoß in über die leyter hinab.» [157]
 

‹f.95 = Aa4r›

      Wie man den kuchenbûben
      henckt / und er biß an sein
      end auff einer red bleibt /
      davon all welt die Hertzogin
      schuldig sein meynten.


            Das XLII. Capitel.

      DIe gantz statt Vannes des bald innen ward / das man den kuchen bûben hencken wolt / ein grosse menge des volcks zû dem galgen kamen / das sye sehen wolten / ob doch der bûb auff seinem schandtlichen fürnemen beharren wolt. Als nu die zeit kam / und man den ‹Aa4v› ellenden bûben yetzundt außfûrt / der schantlich Marschalck stätigs neben im reytt / unnd wo er am meysten volck bey einander sach / er den bûben fragen thet / ob er noch auff seiner red bestúnd / der im nit anderst / dann all wegen bekennen thett. Als er nun an die halß statt kam / und in der hencker yetz ußziehen wolt / der [158] Marschalck all welt weit von im treiben thett / er alleyn zû dem hencker und bûben ritt / also sprach / «richter / merck was ich dir gebeüt / wann du dem jungen den strick an den halß geleyt hast / so gedenck das du nit weiter mit im fürnemest / so bald ich in gefragt hab / wie alweg / und er nit anderst bekent / soltu in wider ledig herab lassen» / Der richter dem Marschalck zûsagt semlichem gebott nach zû kummen / «thûstu das / es sol dir frumen bringen / Wo aber dem jungen eincherley von dir widerfúr / ich dich zûstund an den galgen wolt lassen hencken» / der richter des Marschalcks anschlag wol verston kund / zûhandt für fûr / als er nun zû halber leiter kam / der Marschalck ein still anblasen hieß / do nu mencklich still ward / fieng er an und sprach / «jüngling noch kämst du nit zû spot / wann du min Gnedige fraw unschuldig gäbest / wolt ich dich ledig on all engeltnis lassen lauffen.» Der bûb anfieng und sprach / «Herr Marschalck / ich mag sein nimmer mer gelaugnen / das / so ich auff mich gesagt / im ist auch nit anderst / erfint sich auch nimmer mer anderst / was mir joch von eüch darumb widerfaret.» Der hencker den bûben voll hinauff fûrt / im den strick an sein halß leget. Der Marschalck zû dem bûben rûfft / ob er die Hertzogin nit lidig sagen wolt / darauff antwurt er / «neyn / heüt und nimmer mer.» Der falsch Marschalck ‹f.96 = Bb1r› dem hencker mit seinem stab ein wortzeychen geben thet / zû handt er den bûben schipffet / der nachmals gern widerrúfft het / aber nimme sein mocht / der seckel was im verknüpfft / Gott wolt allen denen sollicher lon würd / so sich dahin bringen liessen / umb gab / schenck oder liebkosens willen ein mensch also unschuldig überzeügten / als dann leyder zû vil molen beschicht / den selben aber mit der zeit / wie disem bösen vogel gelont werden soll. Der schandtlich Marschalck sein bösen anschlag yetz nach seinem begeren gantz vollbracht hat / all welt wider heym reyt / nyemandt anderst gedencken hat / dann der Hertzogin recht geschehe / Da sye den bûben also verwegenlich hatten sehen hencken / und er biß in sein end darauff beharrt was / Nieman aber wissen mocht / den falschen erdachten anschlag [159] / so der Marschalck selb gemacht hat / Darumb das die Hertzogin seinem bösen fürnemen nit hat wöllen statt geben. Als nun der schantlich Marschalck noch keyn vernúgen an seinem bösen verbrachten übel / unnd der Hertzogin noch nit trúbsals genûg zûgefúget hat / so bald er heym kam / sich bald zû der Hertzogin machet / die er gantz betrúbt alleyn in irem gemach fand / darinn sye Gott ir unschuld klagen thet / in bitten / er ir Eer zû bewaren / darmit sye nit also unschuldig ir gûten limût und eer verlür. Als nun der Eeren hol unnd schandtlich verrhäter zû der Hertzogin kam / sye also klagen und weynen fand / sye anfieng auß einem falschen grundt zû trösten / uff nachfolgende meynung zû ir sprach. «Gnädige Fraw / gehabend eüch wol / dann der bûb ist erhangen / so eüch ein solichs geschrey bracht hat / was hand ir eüch doch zigen? ‹Bb1v› das ir ewern stoltzen leib einem sollichen schandtlichen bûben underworffen handt / in dem doch keyn verschwigenheyt hat mügen wonen / und mich / der eüch so inn gantzer warer trew und lieb angesûcht hat / ußgeschlossen und disen stinckenden bûben selb zû eüwer lieb gereytzt.» Die Hertzogin an sollichen worten wol abnemen mocht / das der Marschalck nit die kleynst ursach irs leidens was / im uff sein verlogne red antwurt gab. «O Marschalck» / sprach sie / «Gott verzeyh eüch das übel / so mir mit aller unwarheyt zû gelegt würt / daran nyemants / dann ir alleyn schuld tragen / wo von das kumpt / ich an ewer vergangnen und yetzigen red wol abgenummen hab / hett ich ewerm bösen und schandtlichen willen statt geben wöllen / mir solliches von eüch nicht begegnet wer / ich aber darumb sollich schmach / und was mir noch weiter zû ston mag / willigklich ertragen wil / dann solt ich an meinem aller liebsten Herren und gemahel brichig worden sein / an dem doch meine gedancken nye geschwancket handt / Ich aber treüw Gott dem allmechtigen / der anschlag gût oder böß verborgen ist / er werd mein unschuld an tag bringen / und ob ich schon darumb sterben mûß / hoff ich dannocht / mein unschuld nach meinem tod an tag kummen [160] sol.» Der Marschalck anfieng und sprach / «das ir sprechen Hertzogin / die ding durch mich angricht sein / wie möcht sich doch einer von meiner red wegen inn den tod geben? Nun weyßt mengklich das ich den bûben an seinem letsten end / als er schon den strick am halß ghabt hat / gemandt und gebetten / zû widerrúffen / wöll ich in lidig on all endtgeltniß lassen lauffen / aber umb keyn ding an im ‹f.97 = Bb2r› mügen zû wegen bringen / also vor aller meng des volcks auff sein letst endt genummen hat / das der sach nit anderst sey / dann wie er allweg bekandt hab. Deßhalben Hertzogin ir mich der sach nit schuldigen mügen / Ich hab auch noch vil gût und gelt / so man bey im funden hat / das ich dann meinem Genädigen Herren / so bald er zû landt kumpt / übergeben will / wo wolt im ein sollich gût harkummen? Nun weyßt doch mengklich von seiner armût zû sagen. Hierumb Fraw die sach gröber am tag leit / dann mir lieb ist / ich weyß das ich meinem Herren ein schweren und harten stand thûn mûß / Dieweil er mir ewer leib und gût / auch land unnd leüt befohlen hat / die ich hoff warlich und eerlich geregiert haben / aber ewern halb nit wol beston würd / das mir warlich schwer anligt.» Die Hertzogin von der red des Marschalcks grossen schrecken empfienge / kläglichen anhûb zû weynen / und sprach. «O du schandtlicher zernichter verrhäter / warlich hast du gesagt / deinem herren ein schweren stand thûn mússest / dann so das hie nit beschicht / du warlich vor Gott dem Almechtigen antwurt geben mûst. Dir hat / wie du sagst / mein aller liebster gemahel und Herr / mein eer befolhen / du aber der mann bist / so mich deren hast heymlich begert zû berauben / du bist der / so mit deiner falsch erdachten prattig mich umb all mein Eer und gûtes lob bracht hat / du würst auch an meinem tod schuldig werden / aber Gott mein schöpffer mich an dir rechen würt / und dich bey deinem leben inn grosser schand versincken lassen.» Der Marschalck zornig ward / umb das in die Hertzogin also übel schelten thet / anfieng und sprach / «Fraw ich bitt euch ‹Bb2v› wöllendt mich der scheltwort erlassen / dann mir die nit zû vertragen seind / [161] ich hab mein standt und wesen inn grossen würden und Eeren harbarcht / und binn auch allzeit bey meinem Herren in grosser würde gehalten worden / solt mir dann von eüch ein solche schand zûgelegt werden / ich nit wol leiden möcht / was mag ich an ewer boßheyt und mûtwillen entgelten? Ich will aber eüch darumb nit urteylen / sunder meinem Gnedigen Herrn die sach / so im Gott zû landt hilfft / befehlen.» Mit disen worten von der Hertzogin schied. Die ellend und betrúbt Hertzogin ir zeit in jämerlichem klagen und weynen verzeren thet / Gott den allmechtigen offt von grundt ires hertzens anrúffet / das er sein göttlich gnad mit ir teylen wolt / und ir groß unschuld an tag kummen lassen. In der zeit all freüd an dem hoff erloschen was / all gemeyngklich mitleiden mit der Hertzogin hatten / und in sunders der getrew Friderich / welcher offt willen hat / den Marschalck zû tödten / und dann in Schottenland zû seinem liebsten Galmien zû reiten / aber alleyn umb der Hertzogin willen underwegen ließ. Diß lassen wir also ston / und kummen wider an den Hertzogen / Wie er mit grossen freüden ans land kumpt.
 

      Wie der Hertzog mit
      grossen freüden wider
      inn Britanien schiffet.


            Das XLIII. Capitel.

      ‹f.98 = Bb3r› ALs nun der Hertzog mit grosser múh sein angefangne reyß mit grossen freüden vollent hat / und yetzunt sein landt wider erreycht hat / ein tag oder etlich in Franckreich still lag / ein botten vor im heymschicket / seine zû kunfft verkünden ließ / vermeynt / der Marschalck groß freüd und fest [162] zû richten würd / seiner frauwen auch sein zû kunfft sunderlich zû wissen thet / wenig gedencken / was grossen leyds in gantzem Britanien für‹Bb3v›gieng. Als nu der Hertzog meynt / man seiner zû kunfft innen worden wär / zû hant mit seinem zeüg auff brach / den nächsten in Britanien zû reitten für sich nam. Als nun der verrhätersch Marschalck innen ward / das der Hertzog nit weit mer von Vannes war / zûhandt inn schwartzer kleydung im mit einer kleynen geselschafft entgegen geritten kam. Der Hertzog von weitem das stillschweigendt volck gegen im reiten sach / sich gegen seinem Herren keret / und sprach / «Ir lieben brúder sehend ir auch das stillschweigend völckly gegen uns reiten / Fürwar mich dunckt sye sich nit fast frölich erzeygen thúgen. Ist es meins hoffgsinds / so gefalt mir die sach gar nichts / Dann sye uns warlich keyn fröliche bottschafft bringen.» Mit disen worten sye dem leydigen volcke ye lenger ye neher kummen thetten / in dem der Hertzog seinen Marschalck erkennet. Als nun der Marschalck mit seiner gesellschafft [163] dem Hertzogen nahent kummen waren / ab von iren pferden sassen / dem Hertzogen den übrigen weg endtgegen giengen. Als nun der Marschalck nach zû dem Hertzogen kam / in mit gebognen knyen empfahen thett / aber sich gantz traurig gegen im erzeyget. Darvon der Hertzog nit wenig schrecken empfahen thet. Zûhant den Marschalck hieß uffston / wider auff sein pferdt sitzen / deßgleichen auch die anderen / den Marschalck neben im reytten hieß / in zûstundt fraget / wie es umb sein land unnd leüt stúnde? «Gnädiger Herr» / sprach der Marschalck / «ich hoff / ich hab solichs geregiert / das ewer Gnad ein groß wolgefallen darinn haben soll.» Der Hertzog von stund an fragen ward / wie es umb sein liebsten gemahel stúnd / ‹f.99 = Bb4r› ob sye frisch und wol vermügen wär? auff soliche frag / der Marschalck gantz keyn antwurt geben thett / darvon der Hertzog on massen seer erschrack / das er kaum auff seinem roß sitzen belib. Mit heller stimm anfienge / das alle die / so mit im ritten / wol hören mochten / «Wee mir» sprach er / «Hab ich mein aller liebste Fraw verloren / Wie mag ichs dann yhmmer frölich werden.» Der Marschalck erschracke seer von des Hertzogen worten / unnd sprach / «nit also / Gnädiger Herr / die Hertzogin lebt / und ist gesundt.» «Warumb» / sprach der Hertzog / «gabendt ir mir nit antwurt / als ich eüch fraget / Wie es umb sye stúnde?» «Genädiger Herr» / sprach der Marschalck / «ein semliches ich eüch nit sagen will / ihr mússend es von andren leüten erfaren.» Der Hertzog inn einem grossen zorn gegen dem Marschalck beweget ward / Anfieng / unnd sprach. «Marschalck / ich gebeütt eüch bey hoher peen / mir sollichs nit zû verhalten / und mir alle sachen zû entdecken / oder ir mússendt aller meiner trew beraubet sein.» «Die weil ich eüch dann Gnädiger Herr» / sprach der Marschalck / «yhe die warheyt bekennen unnd sagen mûß / so ist es mir leyd / das die sach nit anderst / und besser an ir selbs ist / Dann ich weyß eüwer Gnad inn grossen zorn und unmût fallen würdt. Es hat sich begeben / Gnädiger Herr / das an eüwerem hoff zû Vannes ein junger geradner kuchen bûb gewesen ist. [164] Da nun eüwer Genad von landt gescheyden / hat sich mein Gnad mit ihm über sehen / ihm kostliche kleyder / vil goldt / gelt und gelts wert / ketten und ring angehenckt / inn dem sich der bûb inn hohem übermût und hoffart sich selbs erhebt und gerúmpt hat / ‹Bb4v› dardurch das gantz hoffgesind ein mißfallen gewunnen hat / nach dem in aber etlich Edelleüt zû red gestellet handt / wo har im sollich gelt kumm / hatt er unverholen bekendt / wie er all nacht bey der Hertzogin schlaff / darnach solchs unbegert von ir empfahen thú. Als er nun sollicher red nit hat wöllen emperen / hab ich mit rhat der Landts herren zû im lassen greiffen / unnd selbs erfragt / ist er gegen uns allen der red gestanden. Zû letst hab ich den schandtlichen bûben lassen erhencken / und in nachgends / als er auff der leydter stûnd / gemeynt zû bewegen / das er die Hertzogin unschuldig zalen soll / aber keyns wegs an im erlangen mügen / ist also in seinem fürnemen beharret / und darauff gestorben / das gantz Vannes gesehen unnd gehört hat.» Als bald der Hertzog die red von dem Marschalck gehört hat / das hertz inn seinem leib sich umbkeret / inn grossem zorn zû dem Marschalck sprach. «Du schandtlicher zernichter mann hast du nit gedacht deiner pflicht und eyd / die du mir gethan hast / Warumb hast du das schandtlich weib nit nach irem verdienst gestrafft / wie gedarffest du mir under meine augen kummen / Die weil du die / so mir schand und laster zûgefúgt hat / also lang auffenthaltest. Warumb hast du sye nit mit dem sächer in einem feür verbrendt» / Der falsch Marschalck sprach. «Aller Gnädigster Fúrst / ich bitt ewer gnad / wöllent mir an disem ort vergeben / dann ich gehandlet hab / mit rhat der gemeynen Landts herren beschehen ist.» Der Hertzog in grossem zorn schwören thet / so bald er gon Vannes käm / wolt er die Hertzogin on alle gnad lassen verbrennen / dar für in alle die / so mit im ritten / freüntlich ‹f.100 = Cc1r› bitten warden / aber in keyn bitt erweychen mochte. «O du treüwloßes weib» / sprach der Hertzog / «hab ich mit meiner trew / so ich dir allzeit bewisen hab / ein sollichs umb dich verdient. Mich rewt / [165] das dich meine augen ye gesehen handt / Gott wolt / du von disem erdtreich getilget wärest / darmit du mir nit under mein augen kämest.» Mit disen worten / der Hertzog der statt Vannes sich nehern thett / ein solche klag fûrt / das all die / so mit im ritten / das weynen kaum verhalten mochten / groß mitleiden mit dem Hertzogen hatten.
 

      Wie der Hertzog mit
      bekümmertem hertzen
      zû Vannes inreyt / und wie
      in die Hertzogin empfacht /
      aber ir nit zû sprach.


            Das XLIIII. Capitel.

      WIewol der Hertzog mit grossen freüden an landt kummen was / und meynet auch in grossen freüden gon Vannes zû kummen / aber der Marschalck mit seiner red im alle seine freüd zerstört hat. Als nu das Landts volck des Hertzogen / seiner zû kunfft innen ward / mit grossen freüden und frolockung den Hertzogen empfiengen / Aber der Hertzog gantz keyner freüd achtet / die red des Marschalcks im hart an lag. Als nun der Hertzog zû Vannes inreyt / in alle burger mit grossen freüden empfiengen. Die Hertzogin mit sampt irem Frawen zymmer / irem Herren auch begegnet / in zû empfahen. So bald der Hertzog der Frawen gewar ward / inn grossem zorn sich von ir wendet. «O du ‹Cc1v› schandtliches Weib / wie gedarffest du mir under mein augen kummen» / Zû handt gebot / das man die Fraw wol in gefengkniß verwaren solt. Die Fraw mit weynenden augen begert sich zû begnaden / und ir unschuld zû verhören. Aber keyn gnad bey dem Hertzogen finden mocht / sye zû hand in einen kercker hart verschlossen ward / von nyemandts keyn trost noch hilff mer haben mocht. [166] Der edel Fridrich in grossem leyd und schmertzen stûnd / sich bald zû der Frawen fúget / So bald in die Fraw erblicket / im vor grossem schmertzen keyn antwurt geben mocht. Der edel und getrew Fridrich sye ‹f.101 = Cc2r› nach seinem besten vermügen trösten thet / «Gnädige Fraw» / sprach er / «Wissendt ir eüch in der sach unschuldig / so seind getröst / Gott der allmechtig würdt eüch nimmermer verlassen / wann ir meiner leer volgen wend / will ich eüch auß allem ewerem leiden helffen. Es ist hie ein Graff uß Pickardey / welcher mit dem Hertzogen zû dem Heyligen grab gewesen ist / den wil ich wol vermügen zû eüch zekummen / Meynen ir dann das eüch solche verräterey durch den Marschalck zûgericht sey / möchten ir dann an dem Graven erwerben / das eüch der Hertzog zû ließ / ein Ritter für eüch zû kämpffen / und eüch dann etlich Monat zû ließ / in den ir eüch umb einen sollichen kämpffer möchten bewerben / yhr sunder zweiffel an ewerem hoff einen finden würden / der ewer unschuld offenbar machen würd / wo aber [167] sollichs nit beschech / und ir in Britanien keynen funden / wolt ich mich personlich tag und nacht múen / biß ich zû Galmien meinem liebsten gsellen käm / den weyß ich / er eüch inn ewer letsten nodt nit lassen wolt / so weyß ich noch ein getrewen botten / dem steg und weg durch das gantz Britanien und Schotten land bekandt seind / den selben ich dazû vermügen wolt / das er die bottschafft fleissig vollenden würd.» Die Hertzogin dem edelman seines getrewen rhats freüntlich dancket / in mit weynenden augen bitten ward / wo er zûwegen bringen möcht / das der Graff auß Pickardy zû ir käm / Wolt sye nach seinem rhat mit im reden / und bitten / ob er ir an dem Hertzogen erlangen möcht / ir umb ein Ritter / so für sye kempffet / zû besehen. Friderich der Hertzogin versprach / die ding fürderlich zû vollenden / sich eilents fú‹Cc2v›get / da er den Graven wißt zû finden. Als er nun zû im kam / mit gebogenen knyen sich für in nider auff die erden ließ / Der Graff was ein fast gútiger Herr / den Edelman zû handt auff zog / in fragt / was er an in begeret? Der Edelman sprach. «Wolgeborner Herr / mich schickt zû eüch mein Gnädige Fraw / und bitt eüch das ir so demútig sein wöllen / sye in irer gefengkniß nit verschmahen / und zû ir kummen / dann sye ewer hilff und gûten rhats notdürfftig wär» / Der Graff dem Edelman züchtigklichen antwurt / und sprach. «Gott wolt / ich meinr Gnädigen Frawen erschießlich sein möcht / mir warlich kein schlaff zû lieb sein múßt / ich mich willig in irem dienst finden lassen wolt.» Von stund an / an Friderichen begeret / das er in zû der Hertzogin fúren solt / des Fridrich gantz willig was. Als nun der Graff zû der betrúbten Frawen kam / sye zum ersten inn irem leiden trösten thet / dem die Hertzogin mit allem fleiß dancket. Der Graff sprach / «Gnädige Fraw / mich hat der gût Edelman bericht / wie ewer gnad meins rhats in ewern nöten bedarff.» «Herr» / sprach die Hertzogin / «ich mir sollichs für ein sundere genad von Gott achten wolt / wann ir mich meiner bitt gewerten.» «Bittend im namen Gottes / was mir müglich zû thûn ist / ir mich willig erfinden sollen / es sey joch [168] was es wöl.» Die Hertzogin sprach / «aller liebster herr / Got wolt / eüch müglich / mein leiden zû erkennen / welchs mir allein durch ein schantlichen verrhäter zû gericht ist / ein solchs ich eüch kürtzlich anzeygen wil. Als mein aller liebster Herr und gemahel zû dem heyligen grab gezogen / hat er zûvor seinem Marschalck sein land und leüt befohlen / auch mich ‹f.102 = Cc3r› sunderlich zû bewaren / und in hût zû haben. Als aber der schandtlich unnd Eerloß mann gedacht hat / das er yetz gantz sicher vor dem Hertzogen sey / hat er mit seiner schalckheyt understanden mich zû betriegen. Als aber ich seinem bösen willen nit statt geben wolt / hat er durch seine bösen und verrhäterischen anschläg zûwegen bracht / das sich ein schantlicher bûb / so in meines Herren kuche gewesen ist / ußgeben hat / wie ich mit im mein Ee gebrochen hab / und wie ich im kostlich kleyder und gelt geb / zûletst den bûben lassen hencken / welcher dann für und für die schand auff mich gelegt hat / dardurch dann das gantz Britanien inn dem glauben ist / ich lig umb verschuldte sachen hie in diser gefengkniß. Nun wolt ich ein sollichs alles gern leiden / förcht mich auch gar nit / weder vor der marter / noch vor dem todt / alleyn / wo mir von meinem aller liebsten Herrn doch mein letste bitt zûgelassen würd / das ist / wo er mir ein monat oder zwen vergünnet / in der zeit mir zû lassen / das ich mich umb ein Ritter / oder wer der wer / bewerben möcht / so umb der warheyt und gerechtigkeyt willen / für mich kämpffen wolte / so hab ich sollich vertrewen zû Gott dem Herren / er werd mein unschuldt ansehen / und meinem kämpffer krafft und stercke geben / damit mein unschuld / unnd die groß verrhäterey / des schandtlichen mans / an tag kummen würde.» Mit disen worten der Graff von der Hertzogin inn groß mitleiden beweget ward / ir versprach / so vil mit dem Hertzogen zû verschaffen / das ir solliche bitt zû gelassen würde. [169]
 

‹Cc3v›

      Wie der Graff auß Piccardey
      zû dem Hertzogen kumpt / der
      Hertzogin zwen monat frist erlanget /
      und wie es harnach gieng.


            Das XLV. Capitel.

      DEr Edel und gútig Graff / groß mitleiden mit der betrúbten Frawen hat / sich eilendts zû dem Hertzogen fúget / etlich seiner mit brúder und gsellen / so mit einander zû Jerusalem gewesen waren / mit im nam. Als sye nun zû dem Hertzogen kamen / in in traurigen ‹f.103 = Cc4r› gedancken funden / der Graff anfieng mit dem Hertzogen zû reden / also sprach. «Aller Gnädigster lieber Herr und mitbrûder / Als mich die sach ansicht / ir eüch wol halb umb sunst bekümmern thûnd / dann ich sicherlich glaub der Edlen Frauwen sollich leyd von bösen falschen zungen zû gericht sey / und so ir mir folgen wöllen so [170] beschicken all ewer Landts herren / sunder den Marschalck / den sond ir bey solchem rhat schlag nit haben / dann er / will mich die sach beduncken / der recht sächer ist / wann dann ewer herren all für eüch kummen / sond ir wol vernemen / wie die sach geschaffen sey» / Der Hertzog in grossem zorn zû dem Graven sprach. «Was ursacht eüch mein hertz weiter zû betrúben? Was darff ich mer erfarniß? dieweil ich von mengklich vernimm / das der schandtlich bûb darauff gestorben / und solchs auff sein letst end behalten hab / deß halb ir gantz keyn red mit mir haben sollen / von des lasterlichen weibs wegen / ich will sye ee morn zûnacht schandtlich lassen verbrennen / darvor sye nyemandts gefristen mag.» Der Graff wider anfieng und sprach. «Gnädiger Fürst / mein meynung ist nit für die Hertzogin zû bitten / wo aber ir sye also unverantwurt verbrennen lassen / so sprich ich / das der Frawen gwalt und unrecht beschech. Darumb ich / wie vor an eüch beger / mir und meiner gesellschafft zû gfallen wöllendt all ewer Landts herren beschicken / on den Marschalck / so sond ir ob Gott wil etwas news erfaren» / zûhant des Graven will volbracht ward / das man in hieß uß der versamlung abtretten. Als er nun hinauß was / der Graff anfieng und sprach. «Aller Gnedigster Herr / Nun beger ich zû aller fordrest / das ir ‹Cc4v› ewere Landts herren all einander nach fragen / was sie von dem kuchen bûben gehört handt.» Als nu ein yeder in sunderheyt gefragt wurden / all gleich zû sagten / wie dann der bûb bekendt hat. Dardurch der Hertzog uff ein newes in grossen zorn bewegt ward / auffstûnd / zû dem Graffen sprach / «Was ursacht ir mich in ein neüwen zorn / dieweil ich sein vor genûg auff mir hab / dise ding seind mir all vor kunt gwesen?» Der Graff sprach / «Gnädiger Herr / ich bitt eüch / wöllendt mich weiter vernemen und hören.» Der Hertzog wider nider saß / Der Graff anfieng und sprach. «Ir Landtsherren inn gmeyn / ich bitt eüch / ir sagen wöllen / Wie lang hat sich der bûb in solchem kostlichen leben endthalten?» Die gemeynen Herren antwurt gaben / «Warlichen mer dann drey monat lang.» Der Graff [171] sprach / «Warumb hat in der Marschalck nit von stund an / so bald er in inn einem solchem stand gesehen hat / gefangen? Nun wolt ich gern wissen / ob er gleich sich der Hertzogin berúmpt het?» «Ja fürwar» / sprachen die Herren / «er nit ein monat also gangen ist / das gantz Britanien des geschreys vol gewesen ist / Dardurch dann sich groß murmeln under uns allen erhept hat / das in der Marschalck nit fahen wolt» / «lieben Herren» / sprach der Graff / «Ist er auch bey dem Marschalck uß und ein gangen oder ist der Marschalck bey weilen nit alleyn zû im kummen?» «davon» sprachen die Herren / «ist uns nit zû wissen / Dann als er in die gefengkniß kummen ist / unnd wir in eins mals gefragt handt / der bûb allweg auff einer red beliben ist / aber als wir all von im gangen waren / Der Marschalck wider zû im in den thurn gieng / lang bey im drinn blib / ‹f.104 = Dd1r› was er aber mit im geret hab / uns verborgen ist / auch den letsten tag / als man den bûben hanckt / Der Marschalck als volck von im gon hieß / er alleyn under dem galgen mit im und dem richter ein lang gesprech hielt / nyemandts aber hören mocht / was er mit im redt / dann der richter / als er nun den strick am halß hat / der richter nit mit im fürnemen wolt / lang auff bescheyd wartet / zû letst der Marschalck mit seinem stab ein wortzeychen gab / zû hant der bûb von der leyter gestossen ward / also an dem galgen erwürgen thet» / als nun die Lantsherren die red angezeygt hatten / Der Graff an der red wol abnemen mocht / wie es umb die Hertzogin ston würd / vor mengklich anfieng und sprach. «Aller Gnädigster Fürst und herr / so mich ewer Gnad nach dem hencker schickt / ich mit der Gotts hilff / der Frauwen unschuld auff den heütigen tag vor eüch allen offenbaren wolt» / Die Lantsherren all gemeyncklich groß freüd von des Graven red empfiengen / dann sye gemeyncklich einen bösen argwon auff den Marschalck gewanen / einhelligklich nach dem richter zû schicken / nit lang verzogen ward / der Hertzog nach dem richter schicket / der zû hant kam / Der Graff von stund an fraget / was der Marschalck mit dem bûben under dem galgen [172] geredt hett? Der richter anfieng und sprach. «Wann mir mein Gnädiger herr erlaubt / will ich diß und anders mer sagen.» Der Hertzog im zû handt erlaubt / «Aller Genädigster Herr sich hat begeben / als der bûb noch in gefengkniß was / Der Marschalck nach mir schickt / so bald ich nu zû im kam / er mich gantz eynig uff ein ort fûrt / anfieng mit mir zû reden / uff solche meynung / Richter / sprach ‹Dd1v› er / wiß / das ich ein bûben inn gefengkniß hab / den will ich heüt an disem tag lassen hencken / dem gedenck also nach zû kummen / nit ker dich an mein red / so ich hinach mit dir reden würde / dann ich den bûben seines lebens trösten will / so lang biß er den strick an seinem hals hab / den trost solt du im auch geben. Ich / als ein gehorsamer / dem also nachkam / Als ich nun den bûben under den galgen bracht hab / der Marschalck alls volck von uns treiben thet / wir drey alleyn under dem galgen bliben / der Marschalck mir bey meinem leib und leben verbieten thet / das ich dem bûben nit schädlichs zûfúgen solt / und wann er schon den strick an seinem halß het / so bald er mir mit seinem stab ein wortzeychen geb / solt ich in ledig herab lassen. Als ich aber den bûben yetz hinauff bracht / ich nach meiner ersten befelch fürfaren thet / zû handt den bûben erhenckt / daran ich dann dem Marschalck ein groß wol gefallen gethon hab.» Die gemeynen Landts herren ein groß wunder ab solcher red namen / ein bösen argwon auff den Marschalck gewunnen / erst groß mitleiden mit der Hertzogin hatten / der Hertzog aber in sollicher maß von dem Marschalck underricht was / das er diser red aller keyn glauben gab / von stund an meynt / die sach mit dem richter überlegt wär / Der Graff anfieng / und sprach. «Aller Gnädigister Herr / wann meyn sach stúnd gegen dem Marschalck wie ewer Gnaden / ich in nit minder / dann die Hertzogin verwaren wolt / und ist das die ursach / wie ir dann von den gemeynen Herren und auch dem hencker / gehört habt / die ding seind warlich fast argwenig / ir sond auch wissen / das ich nit on ursach nach den Herren hab lassen schi‹f.105 = Dd2r› cken / Dann ich bey meiner Genädigen [173] Frawen vor ir gewesen binn / da hab ich zûm theyl die falschheyt des Marschalcks vernummen. Ir sond wissen Gnädiger Herr / So bald ir auß disem land geschiffet seind / hat der schandtlich Marschalck / dem ir ewer Fraw befolhen hand / sye mit erst understanden zû betriegen. Als aber sye nun nit hat seines bösen willens wöllen willfaren / hat er inn sorgen mússen ston / eüch werd solichs von der Frawen gesagt / dardurch im dann groß gfor zû gestanden wer / hatt er solliche pratick mit listen zû wegen bracht / Dardurch er sich vor solchem last vermeynt zû sichern. Nun begert mein Fraw die Hertzogin kein sicherung irs lebens / allein endtschittung irer Eeren / Und das ir ewer Gnad etlich monat fristung geben wöll / inn den sye sich bewerben mög umb einen kämpffer / so durch Gott und der gerechtigkeyt willen ir unschuld offenbar / ein solchs ir ewer Gnad mit keynen fûgen abschlagen kan.» Der Hertzog dem Graven auff sein red antwurt / «Das solle von mir keyns wegs zû gelassen werden / dann ich weyß gewißlich / das mein Marschalck einß solchen und dapfferen gemúts ist / das er der ding gar nit understanden hat. Das aber der nachrichter soliche wort auß stoßt / laß ich mich gantz nit irren / Mag er nit mit schenken und gaben dahin bracht werden / das er saget / was man in heyßt. Nun höre ich von dem grossen gût / so der bûb in dreyen monaten verschwempt hat / das ich wol weyß / im der Marschalck ein sollichs nit geben hat / das aber die Fraw spricht / das sie ir unschuld durch ein kampff offenbaren wöll / Wer ist doch / mit dem sye meynet ir unschuldt zû beweisen? ‹Dd2v› fürwar sye mit dem gantzen land Britanien kämpffen múßt / das kind auff der gassen offendtlich ir schand bekennen thût» / Der Graff wider anfieng / und sprach / «Genädiger herr / dieweil die Hertzogin begert / ir ein kempffer zû vergünnen / mügend ir / ir das nimmer abschlagen / so hab ich auch gnûgsam ursach / dem Marschalck den kampff zû bieten. Dieweil er sie erst mals understanden hat / ir eer zû berauben / deßgleich auff die red / wie der nach richter offendtlich bekent hatt.» Die Landts herren gemeyncklich auff stûnden / [174] den Hertzogen fleissig baten / das er des Graven freüntlich bitt erhören wolt / und im seines rhats folgen. Zûletst den Hertzogen erweychten / anfieng und sprach. «Ir aller liebsten Herren und rhät / Nun sagend mir mit ersten / wie doch der sach zû begegnen wär / damit man den Marschalck zû dem kampff verursacht.» Der Graff sprach. «Gnädiger Herr / so land in eilendts beschicken / und mich alleyn mit im reden / will ich in dahin bringen / das er sich deß kampffs selbs erbieten mûß.» Der hertzog von stund den Marschalck beschicket / der mit grossen sorgen zû dem Hertzogen unnd seinen rhäten kummen thet / dann in wol bedaucht / die sach nit wol umb in zû gan würde. Als er sich nun gantz frölich vor dem Hertzogen erzeyget / also vor in allen stúnd / der Graff anfieng / unnd sprach. «Auff mein eyd Marschalck / mich beduncket ir mit einem argen anschlag umb gangen / auch mit der unwarheyt die frumm Hertzogin in solch leiden bracht handt / das dann / wo mans anderst verston will / gantz heyter am tag ligt / des ich eüch dann vollmechtige ursachen anzeygen will. Mit Ersten / als der Hertzog in ‹f.106 = Dd3r› seinem abwesen / land und leüt empfohlen hat / deß geleich sein aller liebsten gemahel / seind ir der erst gewesen / so die züchtig Fraw hand understanden an iren eeren zû letzen. Zûm andren / das ir den schandtlichen bûben so lang in seinem pomp hand lassen fürfaren. Zûm dritten / das ir dem nye in gegenwertigkeyt der Hertzogin hand wöllen fragen. Zû dem vierdten / das ir eüch zû im heymlich inn gefengkniß ersûcht hand / und zûm letsten / so hand ir heymlich prattick mit dem nachrichter gemacht / und hand den bûben verwent / im an seinem leben nichts wider faren sol / das dann nit die wenigst anzeygung ist / ewers argen und erdichten übels. Hierauff wissendt eüch kurtz zû bedencken / ir mússend der sach schuldig sein / oder eüch mit einem ritterlichen kampff / darvor endtschütten / ein sollichs meines Gnädigen Herren will und meynung ist / deß gleich von allen seinen rhäten erkant.» [175]
 

      Wie der falsch Marschalck grossen
      schrecken ab des Graven red empfieng /
      Unnd wie er sich endtschuldigen wolt.


            Das XLVI. Capitel.

      DEr Marschalck von des Graven red nit wenig schrecken empfangen hat / als er im solich mercklich ursachen fürwendet / mit grossen sorgen anfienge zû reden / «Wolgeborner Graff» / sprach er / «das mich ewer Gnad einer sollichen schweren sach zeihen thût / mir nit wol zû leiden ist / dann es mir mein leib / eer und gût berúret / es soll sich auch gegen mir nimmer mer erfinden / Das ‹Dd3vv› ir mich aber zûm ersten / schuldigen / Darüber ich gantz keyn antwurt geben will / Dann mir gantz nichts von dem bûben zû wissen gewesen ist / biß ich des von den Lants herren gehört hab. Das ander aber als / so ir mich [176] schuldigen / auff mich erdacht ist / soll sich auch mit keyner warheyt erfinden / ist mir auch deren keyns in mein gedancken nye kummen / die Fraw thût / als ein gefangne / was sye auß irer gefengkniß bringen möcht / sie mit fleiß erdencken würd / möcht sye sich selbs mit meinem todt endtledigen / sye warlich nit an mich sehen würd / Ich hoff auch dem Nachrichter / als einer verlimpten personen / nit glaubt werden soll / Dann er umb gunst und ‹f.107 = Dd4r› goben willen mich an todt geben möchten. Das ir mir aber fürschlahen / eüch mit dem kampff davor zû endtschuldigen / darüber antwurt ich / das mir mit keynem rechten das zû gemût werden solle / oder mag / die weil mir mein Gnädiger Herr in seinem abscheyd / mir allen gwalt übergeben hat / das unrecht zû straffen / solt mich dann ein yeder / so ich gestraffet hab / schuldigen? das im unrecht von mir beschehen / und mir gleich den kampff für wenden / Wo möchte ich da gelenden? Ich weyß aber mein Gnädigen Herren deß verstands / das er mich an dem ort wol beschirmen werd / solt ich kempffen / so múßten auch alle die / so mir in der sach geraten hand / sich des kampffs under ziehen.» Mit disen worten der Marschalck sein red endet. Der Graff von stund an wider auffstûnd auf solche meynung anfieng zû reden. «Du schantlicher ungetrewer Marschalck / in deiner ersten verantwurtung / hast du dich selbs lugendthafft bekent / als du sagtest / dir die sach mit dem bûben verborgen gewesen wär / biß du des von den Landtsherren bericht worden seyest / Darzû sag ich / das du sollichs in deinem rachen erlogen hast / dann ich dich sollichs genûgsamlich bezeügen will / das du gar nach der erst mann an dem hoff gewesen bist / so sollichs geäffert hat. Deß halben ich dann / wo du dich des kampffs widerst / schuldig und geschuldigt haben wil / das du durch dein schandtliche anschleg unnd verrhäterey die frumm Hertzogin understast umb ir eer / leib und leben fälschlich zû bringen.» Da nun der Marschalck vernam / wo die sach hinauß wolt / kunt er sich nit mer mit seinem falschen gschwatz behelffen / Er sach auch wol / das im der ‹Dd4v› Hertzog noch [177] nyemandts anderst keyn beystand thûn wolt / wol verstûnd / das sye sich mit einander underret und sein schalck zûm theyl ußgebrochen und offenbar worden was / anfieng / unnd sprach / «Dieweil sich dann ye mein sach also zû treyt / das ich mich nit anderst behelffen mag / und mich über ein / in den kampff ergeben mûß / so erbeüt ich mich gegen eüch allen / oder wer der sey / der mich mit einem ritterlichen kampff beston wil / und mich diser sach schuldigen / dem will ich mit der warheyt unnd der hilff Gottes widerstan / Deß leg ich hie mein pfand zû einer zeügniß meines erbietens.» Als nu der Marschalck diß alles vollbracht / und seine red geendet hat / er in grossem zorn und unmût von dannen gienge. Der Graff grosse freüd empfieng / zûhandt an den Hertzogen begeren thet / das er der Frawen unnd dem Marschalck ein bestimpten tag ansetzen wolt / in dem ein yegklich gerüst uff der ban erscheinen solt. Der Hertzog mit seinen rhäten der sach eins ward / das sich die Hertzogin in zweyen monaten und acht tagen mit einem kempffer bewerben solt / solichs ward ir durch einen Herolten verkündt / deßgleichen auch dem Marschalck. Als nu der Hertzogin die bottschafft verkündet ward / grosse freüd und hoffnung empfieng / zû Gott und irem Ritter / Zûhandt nach dem Edlen unnd getrewen Fridrichen schicket / im die botschafft des Ernholden verkündt / Darab er nit minder freüd / dann Galmy der Edel Ritter empfieng / als er von seiner liebsten Hertzogin in seiner kranckheyt / wie ir darvor gehört handt. Die Hertzogin zû Fridrichen sprach. «Ach mein getrewer Friderich / wie brächt ich zû wegen ein ‹f.108 = Ee1r› frummen und getrewen botten / zû welchem ich mein vertrewen setzen möcht. Der schalckhafft Marschalck ist listig / er würdt mir underston mit allem fleiß under dem weg zû ligen / damit er mein frummen hinderstellig machen müg.» [178]
 

      Wie Friderich der Hertzogin
      zwen weg anzeyget / und
      welchen sye an dhand nimpt.


            Das XLVII. Capitel.

      ‹Ee1v› FRiderich / welchem der Hertzogin leyd nit wenig anlag / anfieng und sprach. «Aller Gnädigste Fraw / Ist es eüwer gefallen / ich von stund an auff sein will / und keyn múh / rhû / noch schlaff mich irren lassen / so lang ich zû meinem aller liebsten gesellen in schotten land kum / den weyß ich / so bald ers vernimpt / er sich nit saumen würt / biß das er sich in Britanien sein weyßt / damit er eüch in ewern nöten zû hilff kum» / «Friderich» / sprach die Hertzogin / «Ich mag dein in meinem leyd nit emperen / dann ich sunst von keynem menschen keyn trost nit hab / dann alleyn von dir / ich bin in meinem trúbsal von aller welt verlassen / und wo du mich nit [179] mit deinem edlen trost heymgesûchet hettest / wer ich von meinem eynigen sinn nit so bedacht gewesen / wie du mir dann gerhaten hast. Die weil du dann mein liebster Friderich wol ander botten finden magst / bitt ich / du wöllest hie bei mir in meinem ellend beliben» / Friderich von stund an mit allem fleiß nach einem botten trachtet / urlob von der Hertzogin nam. Nit lang stûnd / ein getrewen und frummen menschen fand / mit dem er also anfieng zû reden / «Aller liebster freündt und günner / wiß / das ich ein groß vertrewen zû dir hab / unnd binn also zû dir kummen / wo du mich nun meiner bitt geweren thûst / es dir dein lebtag frummen bringen soll.» Der gût freünd Lupolt genant / dem Edelman antwurt gab / «Edler Friderich» / sprach er / «Was ich mit ehren verantwurten mag / yhr mich keyns wegs sparen solt.» Friderich sprach / «Mein lieber Lupolt / was mit eeren nit zûgieng / ich nit gern zû rhaten oder helffen wolte. Darumb / wiß / das ich dich inn ‹f.109 = Ee2r› Schotten land schicken will / zû Galmien meinem liebsten gesellen / der dir dann nit unbekant gewesen ist / und ist diß die ursach. Es hat mein Gnädiger Herr seinem gemahel zû gelassen / zwen monat und acht tag / inn denen sye sich umb einen kämpffer müg bewerben / mit dem dann der schandtlich Marschalck ein kampff beston mûß / welcher dann alleyn ein ursach ist deß trúbsals / so die züchtig und Edel Fraw leiden mûß. Nun weyß ich an disem hoff keyn mannlichern Helden / als du auch selbs erkennen mûst / dann eben Galmien den Edlen Ritter / den selben ich meiner Gnädigen Frauwen gerhaten hab zû schreiben / so bald er vernimpt den unrechten gwalt / so an sie gelegt würt / er sunder zweifel nit underlaßt / der Hertzogin zû helffen / und mit seiner ritterlichen hand für sye zû kämpffen.» «O Friderich» / sprach Lupolt / «wo ich meiner Gnädigen Frawen inn einem sollichen fal erschiessen möchte / mir warlich ein sundere freüd bringen würde / mich soll auch keyn ferre des wegs daran verhinderen.» Friderich sprach / «Dieweil Lupoldt / dein meynung ist / die bottschafft zû vollenden / So balauff mit mir / ich dich eilents zû meiner Frawen [180] fúren will» / Die beyd zû stund zû der Frauwen kamen. Friderich der Hertzogin / Lupolts gûten willen zû wissen thet / darab sie nit wenig freüd empfahen thet / «Lupolt» / sprach sye / «wo du zû wegen bringst / das der Ritter mit dir har in Britanien schiffet / du reilich begobt werden solt.» «Gnädige Fraw» / sprach Lupoldt / «an mir nichts versumpt werden soll.» «Friderich» / sprach die Fraw / «Ich bitt mir eilens ein schribzeüg zû wegen bringen wöllest / und papir» / Friderich dem gebott der Hertzogin eilens nachkam. Nu was der Marschalck ‹Ee2v› nit minder unmússig gegen denen / so an dem hoff waren / die er dann meynt / sye für die Hertzogin kämpffen würden / in die sach so gleüplich machet / das sich nyemants des kampffs underston dorfft / Wiewol die hertzogin keyns an dem hoff begeret. Es waren auch alle die / so den bûben hatten sehen hencken / gantz verzagt gegen der Hertzogin / Die weil er die ding auff sein letst end behalten hat. Als nun Friderich yetz der Hertzogin allen zeüg bracht hat / die edel Hertzogin nider saß / irem aller liebsten Ritter / zû welchem ir heyl unnd erlösung stûnd / anfieng ein brieff zû schreiben / auff solche meynung lautendt.
 

      Wie Galmy ein brieff von der
      Hertzogin geschriben ward / was er
      dem botten zû antwurt gibt.


            Das XLVIII. Capitel.

      ICh wünsch und embeüt dir Ritter vil glückes freüd und gesundtheyt. Mir aber nit müglich ist / dir etwas frölichs von mir zû schreiben / Dann mein leiden unnd trúbsal übertrifft alles leyd / so mir ye zûhanden gegangen. O Edler Ritter mein / wär dir müglich in Britanien zû sehen / und keyn gegend darinn [181] verborgen / noch möchtest du mein leiden / so mir zû handen gadt / nicht vernemen. Das gantz land Britanien yetzûmal mit mir umbgadt / die jungen unverstandnen kinder mir mit der unwarheyt grosse schand und laster zû legen. Ach / was soll ich dir schreiben / mein aller liebster Ritter? du nymmer glauben würst / in was grossen nöten mich das ‹f.110 = Ee3r› wanckelmútig glück verlassen hatt. Darmit ich aber dich mit meinem schreiben nit lang uffhalt / wil ich dir die ursach meines trúbsals zû erkennen geben. Als du Edler Ritter auß Britanien gescheyden bist / nit lang darnach mein liebster Herr über Mör gon Jerusalem mit einer loblichen gesellschafft gefaren ist. In seinem abscheyd hat er seinem Marschalck land und leüt befohlen / und mich deßgleich / Als er sich nun sicher vor dem Hertzogen gewißt / er an mich gesetzt hat / vermeynet mich meiner eeren zû berauben. Als aber ich seinem ‹Ee3v› bösen willen nit folgen wolt / hat er durch arg list ein schnöden [182] kuchen bûben mit gelt und zû sagung dahin bracht / das er fürgewendt hat / wie er mich beschlaffen hab / und ich im sollich gelt zû gestelt. Noch weiter den bûben beredt / das er sich hat lassen an den galgen fúren / und im uff des schantlichen mans zû sagung den strick an den halß gelegt / nit anderst vermeynt / dann der Marschalck werd im davon helffen / aber gantz von im verlassen worden / und an dem galgen lassen erworgen / mit disen dingen zû wegen bracht / das mich mein herr ungnädigklich in gefengkniß geworffen hatt / und ich mit grosser bitt zû wegen mússen bringen / das mir von meinem herren zû gelassen worden ist / das ich mir in zweyen monaten und acht tagen umb einen kämpffer trachten sol / so ich mein unschuld mit riterlicher hand fürbring. Nun weyß ich edler Ritter in aller welt keyn / so mich mer in trewen meynt / dann alleyn du / Ich weyß auch / dir mein unschuld nit verborgen ist / dann du mich nit minder erkennest / dann ich dich. Hierumb mein aller liebster Ritter und getrewer freündt / seyest ermanet / der eerlichen lieb / so wir in grossen trewen zûsamen getragen / und als ich hoff / noch lange zeit tragen wöllen / wo anderst dein hertz gegen mir / als ich gegen dir / stat / unwanckelbar bliben ist. Ach Edler Ritter / ich bitt / zû hertzen nemen wöllest / das mitleiden / so ich mit dir / in deiner schweren kranckheyt hat / Ich erman dich auch des schmertzens / so mein hertz umbgab / als ich dich verwundt ob meinem tisch ston sach / als du dich selbs durch deinen finger stachst / bitt dich wöllest mein groß ellendt auch zû hertzen nemmen / und mir inn meinem ‹f.111 = Ee4r› grossen leiden zû hilff kummen / als ich mich dann trewlich zû dir versich / gedenck mein aller liebster Galmy / ein trost und eynige zûflucht meines heyls. Gott gebe dir mein unschuld zû erkennen / darmit du eilents kummest mir zû helffen. Gott pfleg dein / mein aller liebster Ritter in gesuntheyt. Als nu die Hertzogin den brieff geschriben / und in mit manchen heyssen trehern übergossen hat / Friderich den selben gab / der in schnell und bald versiglet / mit seinem bitschet. Der bott mit zerung nach aller notdurfft [183] versehen ward / auch als so im zû diser reyß notdurfft was. In kurtzer zeit sichs begab / das er in ein schiff kam / welchs in gon Lunden in Engelland fúret / da selbs er ein ander schiff traff on all gefor / das in inn Schotten land biß gon Dund inn schneller eyl tragen thet gon Idenburg zû dem Edlen unnd theüren Ritter.
      Disen botten lassen wir also fürziehen / und kummen wider an die ellendt Hertzogin / die zû Vannes inn grossen sorgen stûnde. Eines tags der Edel und getreüw Friderich zû der Hertzogin kam / Die in mit einem grossen schweren seüfftzen ansach / und sprach. «O mein aller liebster Friderich / ich hab sorg / mein aller liebster Ritter mich gantz inn vergeß gestellt hab / und mein umb einer andren willen hindan gsetzt / dann mir hinacht getraumbt hat / wie er mir embotten hab / er nit kummen wöll / im auch nit müglich zû kummen sey / nit lang darnach / Galmy der Ritter für mich gieng / dermassen / als ob er mich nicht erkant / mir auch gantz keyn wort zû sprach. Diß gesicht und traum mir mein zeit und leiden erst gantz lang macht / und in grossen kummer bringt.» Fridrich gútigklich zû der Frawen sprach. ‹Ee4v› «Ach mein aller liebste Hertzogin mein / nit gedencken solchen fantasien nach / dann warlich gantz nichts darauff zû bawen ist / ir sond allen zweyffel meines gesellen halben / von eüch schlagen / dann ich weyß / er die botschafft so bald nit vernimpt / er sich von stund an harfúgen würdt / im ist sunder zweyffel noch nit vergessen / die trew und lieb / so ir im inn züchten und eeren bewisen hand / und sunderlich / als ir in von seiner schwären kranckheyt entlediget hand. Hat er / als ich nit zweiffel / anderst ein hertz inn seinem leib / er sollichs nimmer mer vergessen würdt.» «Das wöll Gott» / sprach die Hertzogin / «der wöll im nichts anderst inn seinen sinn geben / dann wie er es inn Britanien gegen mir getragen hat.» Mit disen worten die Hertzogin unnd der Edelman ein gûte zeit vertriben / Die Edel Hertzogin keyn andren trost sunst von nyemants empfahen mocht. Dann das gantz Britanien sye in dem züg hat / wie wol jung und alt groß [184] mitleiden mit ir hatten / es was auch dem gantzen Frawen zimmer verbotten / nit zû der Hertzogin zû gon / das als / ir der Hertzog zû einer schmach thet. Dann er für unnd für / dem schandtlichen Marschalck mer glauben gab / dann so im etwas von den / so bey der Hertzogin gewesen waren / gesagt ward / Er kam auch in der zeit nye zû ir.
 

‹f.112 = Ff1r›

      Wie der bott Lupoldt gon Idenburg
      kumpt / dem Ritter den brieff bringt /
      und was er im zû antwurt gibt.


            Das XLIX. Capitel.

      [185] SO bald nun Lupoldt gon Idenburg in Schotten land kam / zû hant nach Galmien dem Ritter fraget / im ward angezeygt / wie er an des künigs hoff wer. Lupoldt sich gon hoff fúget / nach dem Ritter fraget / also bald zû im gefúrt warde. Galmy mit andren Herren ‹Ff1v› und Edlen umb kurtz weyl willen den steyn stieß / So bald aber er Lupoldten den botten ersach / von stund an von im erkant ward / all kurtzweil underließ / mit grossen freüden zû Lupoldten dem botten kam / vermeynet ein fröliche botschafft von im zû vernemmen / zû hant Lupoldt von Galmyen mit grossen freüden empfangen ward / der im nach mancherley freüntlichen worten den brieff gab / Der Ritter von stund an seines liebsten gsellen bittschet erkennet / des gleich die übergschrifft / so dann Fridrich uff den brieff geschriben hat / So bald aber der Ritter des brieffs inwendig gewar ward / von stund an erkant / das in sein aller liebste Hertzogin mit eygner hand geschriben hat / von grossen freüden in allem seinem angesicht sich verkeret / lang nit wissen kunt / was er anfahen solt. Als er aber yetz Lupolten den botten gefragt / wann er zû Vannes ußgefaren sey / und wie es umb den Hertzogen und die Fraw stand / Lupolt anfieng und sprach. «Edler Ritter / ich meyn / so ir den brieff biß an das end lesen werdendt / ir warlich deß trúbsals genûgsam bricht finden werdt / Dann es warlich nit wol umb mein Genädige Fraw / die Hertzogin stat.» Der Edel Ritter von disen worten grossen schrecken empfieng / von stund an Lupoldten bey seiner hand nam / (sich) mit im an ein sicher ort fúget / da er dann nach aller notdurfft mit im reden thet / ee dann er den brieff anfieng lesen / von Lupoldt alle sach gründtlich erfûr / so bald er nu des grossen trúbsals bericht was / so seiner aller liebsten Frawen zû handen gangen was / und in was grosser sorgen sye noch stûnd / Vor grossem leyd seine augen wasser liessen / von Lupolten ein kleyn weil gan mûßt / ‹f.113 = Ff2r› sich an ein fenster satzt / den brieff von wort zû wort mit gantzem fleiß lesen thet. ‹O du unstäts glück / Wie magst du ein solche züchtige Fraw mit solchen schwären lästen beladen? Ach mein [186] aller liebste Fraw / wo bin ich in solchem ewerem leiden / das ich eüch nit trösten mag? › Als nun der edel und theür Ritter den brieff mit gantzem fleiß überlesen hat / zû Lupoldten dem botten sprach / «Mein aller liebster Lupoldt / du thaurest mich / das du ein solichen weiten und sorgklichen weg gezogen und gefaren bist / und aber gantz umb sunst / Dann ich der Frawen in eim solchen schweren handel nit zû helffen weyß. Darumb mein lieber Lupoldt du wol den nechsten wider heym magst.» Lupoldt nit wenig schrecken von des Hertzogen schnellen und kurtzem angsetzten tag (empfieng) / und das er erst von dem Ritter vernam / Das er sich der Hertzogin nichts beladen wolt. «Aller liebster Ritter» / sprach er / «Ich bitt von wegen meiner Gnädigen Frauwen / wöllendt mit mir den nächsten in Britanien reysen / unnd sye inn iren letsten nöten mit eüwerem ritterlichen kampff von dem schantlichen todt erlösen.» Der Ritter zû dem botten sprach. «Mit dir Lupoldt inn Britanien zû reysen / ich fast übel gerüst bin / habs auch noch nit in meinem synn / doch wil ich der Frauwen nichts abgeschlagen haben / Das magst du ir wol anzeygen / kumm ich / sie würt mich wol sehen.» «Edler Ritter» / sprach Lupolt / «mit einer solchen bottschafft ich nit wol heym kummen würd / ich bitt eüch mit mir zû reiten / oder mir aber ein andre bottschafft in geschrifft zû stellen / damit sich mein Fraw uff eüch vertrösten müg.» Der Ritter dem botten kein ander antwurt geben wolt / ‹Ff2v› dann wie vor. Als aber Lupoldt nit nach lassen wolt / sunder ein andren bescheydt haben / nam der Ritter ein papir / saß nider und schreib der Frauwen einen brieff / auff nachfolgende meynung. Aller Gnädigiste Fraw mein / ich hab ewern brieff wol verstanden / ein sollichs mir nit grosse freüd bringt / ich bin aber gantz ungrüst / in Britanien zû faren / doch sey eüch hyeran nichts abgeschlagen / kumm ich / ir werdent mich sehen / Hiemit bewar eüch Gott. Als nun der brieff versiglet und beschlossen was / Lupoldt den von dem Ritter empfieng / sich bald wider seins wegs zû ruck keret / groß leyd an seinem hertzen hat / das er der Frawen keyn ander bottschafft bringen solt. [187]