B  I  B  L  I  O  T  H  E  C  A    A  U  G  U  S  T  A  N  A
           
  Georg Wickram
um 1505 - vor 1562
     
   



V o n   g û t e n   u n n d
b ö s e n   N a c h b a u r e n .


Widmung

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‹Aijr› [5]

      Dem Ersamen Kunstliebhabenden Caspar Hanschelo /
      burger und des Goldtschmidt handtwercks zû Colmar /
      meinem lieben gevattern zûvor.


      LIeber gevatter Caspar / die gût früntschafft unnd brúderliche trew / so wir zûsamen gehabt (dieweil wir zû Colmar umb einander gewont haben) ist inn mir noch gar keins wegs aussgeloschen / binn gûter hoffnung / euwer gemút habe sich gegen mir auch nit anderst verendert / dann uns die kurtzen meilen / so wir zûsamen haben / kein ynbruch machen sollen. Damit ir aber dannocht mein günstig und genaigt gemút gegen euch in meinem abwesen spúren möchten / hab ich mich zûvil malen bedacht / durch was mittel unnd wäg ich mich gegen euch (umb vilfaltige früntschafft / so mir von euch bewisen) erzeigen wolt / damit ich nit als ein grober undanckbarer vilfaltige gûtthaten / unvergolten liess hinschleichen. Ist mir eben gleich zû gedancken kummen / das ir vil lieber sún haben / so ihr zû dem loblichen unnd kunstlichen handtwerck des Goldtschmidens abrichten. Und dieweil nun diss handtwerck sunderlichen erhaischt / das die (so das anderst nach rechter art understehn zû lernen) sich gar weit in die land / Königreich und Provintzen auff die wanderschafft begeben mússen / Hab ich sovil mir múglich / euch und eweren súnen / diss búchlin also zû gefallen zûsamengelesen. Inn welchem erst‹Aijv›lichen gar kurtz gemelt würt / wie ein hart und beschwerlich ding es ist (ja ein herb und vil mer bitterer mûss zû essen / dann karpffen gallen oder colloquint) so einer einen zenckischen / ungetrewen nachbaurn umb sich leiden mûss. Zûm andern würt angezeigt / wie sich zûvil malen begeben thût / das zwen gûter fründ unbekanter weiß zûsamenkumen / [6] und früntschafft zûsamen sûchen / sind doch nit einer lands art / haben einander nie erkant / und werden doch solche fründ miteinander / das ir fründtschafft nimermer ausgelest werden mag. Zûm dritten würt ein feine gotselige hochzeit hierinn beschriben. Item wie man die kinder / so sie anheben zû erwachsen / zûr ehr Gottes sol aufferziehen / demnach zû handtwercken anfúren / und so man die wandren schicken wil / wie man in ein underricht geben sol / damit sie sich gegen herren und frawen / kind und gesind / gebúrlich wissen zû halten. Ihr werdet auch sunderlich hierin vernemen / von einem gûten und getrewen nachbauren / wie dapffer und mannlich er sich gegen seines nachbauren feinden gehalten hat / und wie im auch der selbig sein gûtthat und früntschafft so dapfer hinwiderumb vergolten. Und das einem jungen zûm fürnemlichsten warzûnemen ist / in sunderheit denen so mit silber und gold / Edlen gestainen oder in andren grossen händlen / mit kostlichen wahren umbgond / werden sie gar fein hierinnen berichtet. Erstlich das sie sich böser geselschafft (so dem spiel / schlecken und den hüpschen frawen anhangen) entschlagen / sollen sie in irer herren heuser gewölb oder gäden / nit kummen lassen / dann offt ein solcher böser vogel / auff ungewischten bäncken findet / ehe dann das ander leut verlieren / Dardurch dann offt ‹Aiijr› mancher frumer junger verargwont würt / des so er im all seine tag nie in sein sinn nam / des ich euch wol ein frisch Exempel sagen wolt. Zûm letsten würt auch den jungen und alten fürgebildet / so einer geschäfft oder gewerb halben an fremde unerkante Nationen zeucht / das im nit nutz ist / seinem wirt oder anderen unbekanten / sein handel / geschefft oder gewerb / anzûzeigen / er habe dann die selbigen gnûgsam erfaren und erkennen lernen. Diser und derengleichen warnungen (so nit all gemeldet) werden in disem kleinen búchlin begriffen / welchs ich zûsamengelesen / sidhar ich von Colmar verruckt und gon Burckhaim gezogen bin. Bit euch hiemit lieber gevatter / wöllend diss also gûter fründtlicher mainung von mir auffnemen / wie ich das gûter meinung an tag kummen [7] lassen / Nit das wir unser freündtschafft damit erneweren wöllen (dann das soll gantz ferr von mir sein) dieweil unser freündtschafft noch nie veraltet / darff sie auch keins ernewrens nit / sunder wöllend die mit disem búchlin bevöstigt haben. Erbeut mich hiemit in allem dem / so mir müglich ist / euch mein armen dienst allzeit zû beweisen / Will also euch und die euweren Got in seinen schirm befolhen haben. Datum Burckhaim den andren Januarij / Nach unsers Herren und säligmachers gebûrt / Tausent Fünffhundert fünfftzig und sechs Jar.

      Ewer allzeit Dienstwilliger
            Georg Wickram Stattschreiber
                  zû Burckhaim.