BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Johans, der Jansen Enikel

um 1230/40 - nach 1300

 

Weltchronik

 

Davids Söhne: Samson,

Absalom, Salomon, Davids Tod

Verse 11317 - 13164

 

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Bî Bersabê gewan er schôn

den wîsen künic Salomôn.

ein ander frou bî im truoc

11320

einen andern, der was starc genuoc,

als ich die liut hœr jehen,

ez sî wâr und sî geschehen:

ez was der starc Sampsôn

und der schœn Absalôn

11325

und Salomôn der wîse

wârn all drî mit prîse

Davites sün zwâr

und wârn im liep ân mâzen gar.

sô jehent sümlîch pfaffen,

11330

ez wurd sô niht geschaffen,

ez wær Sampsôn niht sîn kint;

des muoz ich sîn an sinnen blint,

wan ich dâ von die wârheit

niht wizzen kan — daz ist mir leit —,

11335

ob er sîn sun sî gewesen.

des hân ich von im niht gelesen.

sô jehent etlîch liute,

sîn muoter wurde ze briute

neben einem mann [der] hiez Danyê.

11340

waz sol ich dâ von sagen mê?

sümlîch jehent ân nît,

er sî Davites sun ân strît.

nu enweiz ich waz ich sagen sol,

wan got weiz alliu dinc wol;

11345

der sol diser ding pflegen,

wan er læt kein guot under wegen.

doch wil ich an dem gelouben wesen,

daz man von im hab gelesen,

daz er Davites kint wær.

11350

dâ von wil ich âne swær

von im daz mærel tihten

und an daz buoch rihten.

sît mir diu menig gestêt schôn,

daz der starc Sampsôn

11355

sî des küniges Davites sun,

sô wil ich iu kunt tuon,

waz im wunders ist geschehen;

des wil ich an dem buoch verjehen.

Davites sun her Sampsôn

11360

der truoc wol der êren krôn,

wan er manic tugent begie,

dâ von diu êr in umbevie.

hern Davites drittez wîp

diu hêt einen schœnen lîp;

11365

diu was ân mâzen guot,

ir êr hêt si in grôzer huot.

diu truoc bî im schôn

den schœnen Absalôn.

 

Nû besehet ob ieman leb,

11370

dem got drî sô schœn gâb geb,

als er Daviten hât getân.

er was gên got ein sælic man,

daz er im gap schœner sün drî;

merket ob daz niht ein gâb sî!

11375

mit sinnen ich daz merken kan:

den schœnsten den ie wîp gewan,

den gap er hern Davit;

dâ was er wol gewert mit.

dar zuo gap er im schôn

11380

den starken Sampsôn.

der dritt was wîs unde karc,

den nam er für tûsent marc;

der wart genant dâ schôn

der wîs künic Salomôn.

11385

daz was der schœnsten gâb ein,

diu ûf daz ertrîch ie erschein.

got hêt an in grôz wîsheit

zwâr für alle werlt geleit.

sô wîs wart sîn sin,

11390

daz er ze Jerusalêm in

niht komen moht zuo dem bürgtor.

er sprach: «ich muoz stên hie vor,

oder man brech mir bî der zît

daz bürgtor, di mûr wît.

11395

für wâr ich iu daz sagen kan,

mîn sin [der] rüert bêdenthalben an.»

 

Diu dritt gâb was guot,

da von Davit wart hôchgemuot,

daz er im gap schôn

11400

den schœnen Absalôn,

den schœnsten den ie muoter getruoc;

diu gâb was wunniclîch genuoc.

sîn schœn zôch für die werlt hin,

er was der liebst under in.

11405

dem vater was er liep genuoc.

er sprach: «diu muoter diu dich truoc,

diu müez immer sælic sîn!

sît mir wart kunt dîn liehter schîn,

kund ich nie werden trûricvar;

11410

dû bist schœn ân mâzen gar.»

 

Daz kint wuohs, biz im wart gezalt,

er wær ahzehen jâr alt.

was daz niht ein wunder,

daz diser kneht besunder

11415

was schœner dann ie man lebt?

ist ieman der dâ wider strebt,

der frâg die korônik, daz buoch hêr,

dar an ist sîn geschriben mêr.

sîn hâr was guldîn dræt,

11420

etlîch frou dâ mit næt.

diu im kom sô nâhen gegân,

daz si in sach vor ir stân,

diu hêt wunn und êren vil.

die red ich dâ mit enden wil,

11425

wan nieman loben sol die man

an schœn, daz ist missetân.

man sol loben ir frümcheit

und ouch ir werde manheit.

der wîb schœn man loben sol

11430

und ir tugent, daz stêt in wol.

doch kan mîn zung niht verdagen,

si müez ein teil von im sagen

mit frouwen und mit megde gunst.

got selber hêt sîn rein kunst

11435

geleit vil schôn an sînen lîp;

wann in ersach ein schœn wîp,

diu muost im holdez herze tragen.

daz buoch hœr ich von im sagen,

so si ersach sînen schœnen lîp,

11440

si sprach: «wol mich sælic wîp,

daz ich dînen schœnen lîp sol sehen!

nû kan mir nimmer missgeschehen!»

 

Dô Absalôn der schœn man

sich versinnen began,

11445

daz er solt guot und wirde hân,

do begund er rîten unde gân

zuo sînen mannen, daz was reht.

er sprach: «ir ritter und ir kneht,

ir sült daz wizzen gar für vol,

11450

ich bedarf guotes alsô wol

als Davit der vater mîn,

des sült ir mir helfent sîn,

daz ich besitz daz künicrîch;

zwâr ich mach in all rîch.»

11455

ein alter ritter dô widersprach:

«ir welt iu pruoven ungemach,

welt ir wider den herren mîn

iuch setzen, des ensol niht sîn;

und wirt sîn der künic gewar,

11460

ir verliest sîn huld gar

und müezt sîn von im gescheiden.»

er sprach: «ich wolt ê bî den heiden

wesen, ê daz ich im liez

daz künicrîch, daz er mich verstiez,

11465

wan ich muoz haben êr.

her ritter, ich wil iuwer lêr

volgen niht an dirre stunt;

iur untriu ist mir worden kunt.»

ein jünglinc sprach zehant:

11470

«herr, bürg unde lant

sült ir haben, daz ist reht.

ich bin zwâr iuwer kneht,

dâ von ich iu wol guotes gan:

iur êr sült ir nieman lân.»

 

11475

Daviten wart diu red geseit,

daz was im ân mâzen leit.

er sprach: «wil mich der sun mîn

bî mînem rîch niht lâzen sîn,

sô wil ich im erzeigen,

11480

daz er ist mîn eigen.»

dar nâch hiez er gâhen,

sînen schœnen sun vâhen.

er sprach: «ir sült rehte,

beide ritter und knehte,

11485

alle balde gâhen,

mir Absalônen vâhen.

den wilich in einen turn setzen

und an freuden letzen,

sô mac er dann wol verstân,

11490

daz er wider mich hât getân.»

mit zühten ein alter ritter sprach:

«ir welt iu prüeven ungemach

unde herzensêr ân nôt.

iur herz lît vor sêr tôt,

11495

seht ir in trûric vor iu stân;

ez sol alsô niht ergân.

ir sült nâch im senden,

ob er sîn well erwenden,

sîner grôzen kintheit;

11500

ez ist im lîht nû worden leit.»

 

Der künic Davit sprach

ûz trûren und ungemach:

«dû rætest mir, ritter, reht.»

er sprach zuo sînem kneht:

11505

«kneht, ich gib dir guot lôn.

rît balde und sag Absalôn,

daz er bald kom zuo mir.

ich welle sînen willen schier

mit freuden gar volenden,

11510

sînen kumber wil ich wenden.»

der bot reit zehant

da er Absalôn vant.

er sprach: «dir enbiutet sicherlîch

Davit der edel künic rîch

11515

sînen veterlîchen gruoz.

er enwîcht dir nimmer fuoz

veterlîcher triuwen.

ez sol dich nimmer riuwen,

daz du dich wil von im scheiden

11520

und rîten zuo den heiden.

juncherr, habt einn vesten muot,

rîtet zuo dem vater guot!

der mac dînen kumber wenden

und ouch dîn trûren enden.»

 

11525

Absalôn der jung man

sprach: «rît bald von mir dan!

dû bist ein trugenær.

dâ von sô ist mir swær

dîn botschaft und dîn rîten.

11530

dû solt niht lenger bîten,

oder ich heiz dich vâhen,

an einen galgen hâhen.»

dô der bot erhôrt

sîniu zornigiu wort,

11535

dô îlt er bald von dan.

er gie für Daviten stân.

er sprach: «vil lieber herr mîn,

lâ dir niht leit noch zorn sîn

diu botschaft, die ich sagen mac.

11540

mir was vil nâhen ein leider tac

von dînem schœnen sun ergân:

er wolt mich erhangen hân.»

 

Dô Davit hêt vernomen,

daz im diu botschaft was komen,

11545

daz er sich wider setzen wolt

und zuo im niht kom als er solt,

er sprach: «wâ nû all mîn man?

ritter und swaz ich knappen hân,

die süllen balde gâhen,

11550

mir Absalônen vâhen.

swer in gevangen bringet mir,

dem gib ich bereites goldes schier

zweinzic marc rôtes golt,

daz sol wesen sîn solt.»

11555

dô si den solt vernâmen,

wie schier si all quâmen

in irem harnasch! daz was reht.

beidiu ritter und ouch kneht

begunden all gâhen,

11560

Absalônen vâhen.

ir ieslîcher hiet gern daz golt

verdient und den werden solt.

 

Si leiten sich dô in ein huot

für ein grôz stat guot;

11565

dâ lac manger knapp stolz.

bî in was ein grôz holz;

da was Absalôn în geriten.

si begunden sîn mit guoten siten

vârn, warten all gelîch,

11570

beide arm unde rîch.

si santen schier ein bötelîn,

daz ir speher solt sîn;

daz kom zuo in fruo und niht spât.

«wartet! er kumt iu drât,»

11575

sprach diu spech dâ zehant.

vil schier kom er zuo gerant.

der êrst der in dô ane sach,

der rant zuo im unde sprach:

«juncherr, ir sült niht gâhen,

11580

lât iuch mit êren vâhen.»

«nein ich zwâr!» sprach er,

«er sî dirr oder der,

der mich mit strît an grîfen wil,

vor nieman ich die red hil,

11585

er muoz mir lân daz leben mîn,

des sol er gar gewis sîn.»

von in was im unmâzen gâch,

si jagten all hinden nâch.

 

Dô kêrt er einen wilden wec

11590

ab der strâz an einen stec,

der was eng und niht wît

dô huop sich an der selben zît

ein wintgestœz daz was grôz.

sîn hâr im von dem houbt schôz

11595

und wæet verr von im hin dan.

sîn hâr was wunniclîch getân

und was lanc nâch heiden sit.

ein ast begreif in dâ mit,

wan sich daz hâr dar umb swanc;

11600

daz was schœn unde lanc.

ez zuct in ûz dem satel schier.

dâ wârn rescher knappen vier

im vil nâhen komen,

als ich dick hân vernomen,

11605

daz er an dem ast hienc,

dâ von ez im niht wol ergienc,

wan der im aller næhst reit,

der selb kneht des niht vermeit,

er stæch daz sper biz an die hant

11610

durch in, daz ez vil gar verswant.

ez geschach doch ân sîn schulde gar,

wan er daz ros enmoht zwâr

niht wider werfen an der zît,

wan der stec was niht sô wît.

 

11615

Dô der kneht daz ersach,

ze fliehen was im dô gâch.

er reit mit trûrigem muot.

er gedâht: lieber herr guot,

diu schuld ist unverdient mîn.

11620

ich wolt mich trenken in dem Rîn,

ê daz ich ez gern hiet getân.

ich bin ein unsælic man.

die andern die dâ nâch im riten,

von den wart niht vermiten,

11625

si weinten umb in sêre;

ir klag was dannoch mêre.

si sprâchen: «uns ist daz bekant,

daz der herr, Davit genant,

sich ertœtet umb daz kint.

11630

all di liut di nû sint,

die gewunnen lieber kint nie.»

den tôten einer dô gevie

und leit in ûf ein pfert schôn.

er sprach: «schœner Absalôn,

11635

wie gebârt dîn vater, der herr mîn?

sô er ersiht den tôt dîn,

sô fürht ich sîn vil grôz nôt,

er lige zehant vor leide tôt.»

 

Si fuorten in mit leide dan

11640

da si funden iren herren stân.

der herr frâgt si mære,

wâ Absalôn wære,

ob er wær gevangen.

dô sprach: «ez ist ergangen»

11645

ein knapp der sich des ûz nam.

er sprach: «in trûren und in scham

stên ich durch den sun dîn,

da von muoz mîn herz trûric sîn.

urteil mir an disem tac,

11650

herr mîn: daz nieman mac

understên, wie sol daz sîn?

die urteil lâz hiut wesen mîn,

wie ez süll dar umb ergân.»

er sprach: «daz sol man lâzen stân

11655

und sol ez allez lâzen varn,

wan got kan alliu dinc bewarn,

als sîn genâd gegen uns stât.»

der kneht sprach: «daz ist mîn rât,

ob ich dir sag iht leider mær,

11660

daz sol dir, herr, niht wesen swær,

wan dû di urteil hâst getân,

dâ von solt dû ez varn lân.

ich sag dir, lieber herr mîn,

ein mær, daz niht bœser möht sîn,

11665

daz dû, herr, solt lâzen varn,

wan got muoz alliu dinc bewarn,

als dû die urteil selb hâst getân.

gedenk, daz dû ein biderb man

bist unde künic rîch,

11670

dar an gedenk dû sicherlîch.

dîn herz sol niht haben nôt:

dîn sun Absalôn ist tôt.»

 

Dô er den tôt dâ vernam,

man gesach nie einen man

11675

werden alsô tôtvar;

sîn varb wart im erblichen gar.

sîn hend begunden im sîgen,

sîn houbt begund er nîgen

ze tal gegen den füezen sîn.

11680

der kneht sprach: «lieber herr mîn,

tuot dis starc klag hin!»

zehant wart er ân sin,

wan er en unmehten viel.

sîn herz in trûren wiel

11685

und lac gar unversunnen.

der kneht lief zuo einem brunnen

und brâht ein becher wazzers vol.

er sprach: «ich erkenn sîn herz wol,

daz er lîdet grôz nôt

11690

umb disen jæmerlîchen tôt.»

mit wazzer labt er in zehant.

er sprach: «mîn stolzer wîgant,

sich dînen starken muot an,

lâ dînen lîp niht zergân!

11695

got der dich beschaffen hât,

der mac dir an der selben stat

einen als schœnen sun geben.

verderb niht dîn selbes leben

umb ditz kint; gedenk dar an,

11700

daz sînen lîp nieman

verderbt, er sî vor got verlorn

und muoz dulden gotes zorn.»

 

Dô Davit in der unmaht

nâch des knehtes red gedâht,

11705

er blict in jæmerlîchen an.

diu unmaht im dô an gewan,

daz er niht wol gereden moht,

als doch sînen êren toht.

des muost er reden lîse.

11710

er sprach: «daz paradîse

und allez daz himelisch lôn

hiet ich niht für Absalôn

genomen hie an diser zît;

sîn tôt mir micheln jâmer gît.»

11715

er sprach: «ôwê kint mîn,

sol ich von dir gescheiden sîn,

daz bringt mir swær und ungemach.

ô wê, daz ich ie gesach

dînen schœnen lîp!

11720

dich êret manic schœn wîp

durch di schœn diu an dir lac.

für wâr ich gesprechen mac,

daz nie sô schœnez wart geborn.

ôwê, wie hân ich dich verlorn!

11725

Michol diu lieb muoter dîn

zôch dich als ir kindelîn,

daz dû nie dhein hâr

von dînem houbt, daz ist wâr,

verlure, si hiet ez schôn;

11730

daz tet si mir und dir ze lôn.

dîn hâr was goltdræte;

vil manic frou næte

dâ mit borten an der ram

und manic kleinôt wolgetân.

11735

swer ouch dîn antlütz ersach,

der hêt dheinen ungemach,

wan ez hêt engelisch gestalt;

sîn schœn was manicvalt.

des müezen mir gestân

11740

beidiu wîp unde man.»

 

Ûz grôzem jâmer er dô sprach,

sô er den tôten sun an sach:

«wær ieman der mir möht geben,

daz ich verdurb an mînem leben,

11745

daz dû, liebez kint mîn,

möhtest noch bî leben sîn,

dar umb wolt ich mit nœten

mich selben lâzen tœten.

ôwê!» sprach er aber dô,

11750

«mîn herz mac nimmer werden vrô

zwâr biz an die lesten zeît,

daz man mich tôten zuo dir leit.

ôwê sumerwunne,

daz mir dîn got niht gunne!

11755

dîn ougen wârn liehtgevar.

swâ der ein wîp wart gewar

und dich mit ougen ane sach,

sô verswant ir ungemach.

schœn wârn diu wengel dîn.

11760

dîn munt gap sô rôten schîn,

daz ich sîn niht gesagen mac.»

er tet mangen grôzen slac

mit der hant dem herzen sîn.

er sprach: «vil liebez kint mîn,

11765

und vörht ich niht mîner sêl nôt,

ich tæt mir selber den tôt.»

 

Sîn ritter giengen ze ræten,

wie si dem tôten tæten,

daz si Davit behielten dâ mit

11770

und bestatten in nâch der juden sit.

der künic wart des gewar.

dô brach er ûz sîn hâr

und gie dâ er den tôten vant.

vil schier er sich sîn underwant

11775

und kust den schœnen tôt

an sîn mündlîn rôt.

mit armen er in umbevie.

ir gesâht an einem manne nie

alsô jæmerlîch klagen;

11780

er hêt sich selben nâch erslagen.

ein alter ritter daz ersach.

wider Davit er dô sprach:

«zwiu sol dis grôz nôt?

welt ir vor leid ligen tôt?»

11785

als er daz wort volgesprach,

Daviten man dâ ligen sach

vor leid reht als einen man,

der nie dhein leben gewan.

dô man daz an dem künig sach,

11790

der alt ritter aber sprach:

«tuot den tôten von im hin dan

und bestatet in als einen man,

der von künig sî geborn.

enruocht, tuo ez dem künig zorn;

11795

ez wirt im her nâch lieb zwâr.

er verderbt sich ân mâzen gar.»

zehant wart der tôt man

getragen von dem künig dan,

und leiten in nâch juden reht.

11800

beide ritter unde kneht

klagten in vil sêre

durch des küniges êre.

 

Dô Absalôn bestatt wart,

der Davit was gewesen zart,

11805

nâch juden reht als ein man,

dem grôz êr was undertân,

dar nâch Davit bekomen was,

wan er vor leide kûm gênas,

er sprach: «ich sich wol, daz nieman

11810

dhein herzenliep gehaben kan,

dâ sî herzenleit bî;

und liezen mich gedenk frî,

sô möht mîn herz riuwen hân,

des ez sust niht gehaben kan.

11815

swie grôz sî mîns herzen slac:

daz nieman widertuon mac,

daz sol man lâzen varn.

got mac mir bî mînen jârn

einen sun gegeben, ob er wil,

11820

mit dem ich mac gewinnen vil

freude unde wunne,

der mir liuhtet sam diu sunne.»

daz erhôrt der alt ritter dô.

«wolt ir sô reden, sô wær ich frô,

11825

und liezet von dem herzen

iur leit und iuren smerzen

und gedæhtet dar an,

got hât als vil als er ie gewan.»

 

Nû lâz wir die red stân.

11830

wir süln daz buoch heben an,

dô Bersabê bî Davit was,

als ich an dem buoch las;

ich mein di schoenen, Urjas wîp,

dar umb Urjas gap den lîp.

11835

diu wart Daviten alsô zart,

als dick von im gelesen wart,

daz er sie mint für alliu wîp

durch iren minniclîchen lîp.

er hêt sie ein jâr und niht langer,

11840

eines kindes wart si swanger,

daz was in der gebær,

sam ez Absalôn wær

an schœn und an frümcheit,

daz ez der vater unverzeit

11845

sach mit den ougen an.

er sprach: «ich dir wol guotes gan.

ich hân von got wunniclîchen lôn,

er hât mich ergetzt Absalôn

an dir, des wil ich [immer] sagen danc

11850

über kurz und über lanc

got dem vil reinen trehtîn,

sîn diener wil ich immer sîn.»

dâ mit kom er von im gegân.

einen engel vant er vor im stân,

11855

der sprach: «ich sag dir daz für wâr

alsô reht offenbâr,

ez lebt niht siben tag dîn kint,

wan dîn sünde niht ensint

gebuozet, die dû hâst getân

11860

an Urjas dem getriuwen man,

wan ditz kint hât getragen

des wîp, der durch sie ist erslagen.»

 

Davit wart an mâzen leit,

sîn nôt er vil tiur kleit.

11865

ein lînen tuoch er dô bant

umb sîn houbt zehant

und viel nider ûf den estrîch

kriuzling und bât klegelîch

die almehtigen gotheit,

11870

wan im was ân mâzen leit.

dô daz ersâhen sîn ritter,

si sprâchen: «mînes herren swær

ist grôz umb daz kint,

wan got wil ez machen blint.»

11875

zehant leit ez grôz nôt

und lac vor den rittern tôt.

die ritter zehant begunden jehen:

«swer disen tôt hât gesehen,

der sol in verswîgen gar,

11880

daz sîn mîn herr iht werde gewar.»

 

Dô man den tôt nider leit,

daz was umb vesperzeît,

dannoch lac der künic rîch

allez ûf dem estrîch

11885

ungetrunken und ungezzen.

sîn herz hêt nâhen frezzen

diu leitwend umb daz lieb kint.

all die künig die nû sint,

di liten nie sô grôz nôt.

11890

dô er erhôrt des kindes tôt,

er ruoft den rittern allen dar.

er sprach: «ir sagt mir für wâr

von mînes lieben kindes nôt!

ich hôrt iuch sagen, ez wær tôt.»

11895

der alt ritter aber sprach:

«lât varn iuwern ungemach,

ez wurd iu doch ân uns geseit.

tuot furder iuwer herzenleit,

iuwer klag und iuwer nôt.

11900

iur schœnez kint daz ist tôt.»

 

Dô hiez der künic springen,

im schœniu kleider bringen.

zwên armboug guldîn

die streich er an den lîp sîn,

11905

die bouge beid und daz gewant.

er sprach: «mir ist daz wol bekant,

daz ditz klein kindelîn

nieman mac lebentic mâchent sîn.»

er hiez im geben sîn krône

11910

und sazt di ûf schône.

dô bâten in sîn ritter

in bescheiden ditz mær.

si sprâchen: «lieber herr mîn,

von welhen sachen mac daz sîn,

11915

daz ir von freuden strebt,

di wîl daz kint lebt,

und iu daz trûren ist zergân,

sît daz kint hât sîn leben lân,

daz iu sô liep ist gewesen?

11920

ir hiett doch gern sîn genesen

gesehen, daz wizz wir all wol;

dâ von uns all wundern sol,

daz iuwer freud was zergân —

des wundert hie vil manigen man —;

11925

und nû daz kint ist tôt gesehen,

sagt uns, von wiu ist daz geschehen,

daz ir nû sît vil freudenrîch?

des wundert uns gemeineclîch.»

 

Der künic sprach: «daz wil ich iu sagen

11930

und wil iu sîn niht verdagen.

die wîl daz kint sîn leben hêt

und in gotes handen stêt,

dô bat ich got, daz er schier

daz kint gesunt liez werden mir,

11935

und hêt dar zuo guoten trôst,

daz ez von siechtuom wurde erlôst.

nû ist daz kindel tôt gesehen,

nû kan sîn wærlîch niht geschehen:

nû muoz ich mich gehaben wol;

11940

daz nieman widertuon sol,

daz sol man allez lâzen varn.

got der rîch müez uns bewarn!»

 

Dar nâch truoc frou Bersabê

einen sun, daz man sît noch ê

11945

dheinen wîsern vernam;

der lebt lang und ân scham.

dô er zuo einem mann wart,

dô wart niht lenger gespart,

ez muosten jung und grîse

11950

wundern sîner wîse,

daz ein sô junger man

sölhen wîstuom ie gewan.

dar nâch in sîn herz schôn

bat, daz er fuor in Geôn.

11955

dâ vant er einen priester stân,

der im guot und êren gan,

der was genant Sadoch,

gotes priester was er doch.

dâ stuont ein wîssag bî;

11960

wie des nam genant sî,

daz wil ich iuch wizzen lân:

er was geheizen Natân.

 

Die beide wurden des enein

vil schôn zwischen in zwein,

11965

daz si den wîsen Salomôn

wolden wîhen dâ vil schôn.

si sprâchen: «dû bist des wol wert,

daz wir dir zepter, krôn und swert

wîhen und dich begiezen;

11970

daz öl sol ûf dich vliezen.

dâ mit wirst dû gewîhet schôn

under küniclîcher krôn.»

er sprach: «waz gotes will sî,

daz sol mir williclîch wesen bî.»

11975

dô wart er gewîht dâ ze reht

und gewan dâ mangen kneht,

die im dienten schôn.

daz geschach allez in Geôn.

daz volc freut sich gemein,

11980

daz Salomôn enpfie di wîch rein.

 

Salomôn vil sinnrîch wart.

ze Jerusalêm huop er ein vart,

wan si sîn ze herren gerten,

als si ir wîsheit lêrte.

11985

dô er zuo der stat quam

und ez daz volc vernam,

do enpfiengen si in gemeineclîch,

beidiu arm unde rîch.

daz bürgtor sach er offen stân.

11990

er sprach: «wâ sol ich în gân?»

si sprâchen: «herr, zem bürgtor.»

er sprach: «ich muoz stên hie vor.

daz tor ist niht sô wît,

daz ich müg ze dheiner zît

11995

vor grôzem wîstuom dar în gegên;

ich muoz zwâr hie vor stên.

mîn wîstuom mac niht bî mir in,

wan ich hân bî mir grôzen sin.

daz ist mir baz dann iu bekant,

12000

er stœzt sich an des tores want.

dâ von welt ir, daz ich hin in

kom, sô legt dar zuo den sin,

daz ir daz tor machet wît

und tuot daz schier, ez ist zît.»

 

12005

Dô di burgær heten vernomen,

daz er niht in di stat moht komen,

dô wurden si ze râte,

daz si santen drâte

nâch brechern und nâch mûrær.

12010

si sprâchen: «ringet unser swær!

lât uns nider daz bürgtor

oder unser herr belîbt dâ vor.

brecht ez wol zehen klâfter wît,

sô kumt er an der selben zît

12015

her în zuo uns, daz wizz wir wol;

niht fürbaz ich iuch manen sol.»

dô wart niht lenger gespart,

diu mûr dâ gebrochen wart

nider ûf die erde.

12020

dô reit der künic werde

ze Jerusalêm in die stat,

als in dô diu gemein bat,

junc unde alt.

sîn lop wart manicvalt

12025

von den frouwen jungen.

dâ wart umb in gedrungen,

daz [nie] dhein künic ze dheiner vart

nie schôner enpfangen wart.

der künic Salomôn zwâr

12030

rîchset dâ wol vierzic jâr.

 

Dar nâch tet im got bekant,

wan got ein engel zuo im sant,

der sagt im vil rehte;

er sprach: «nim gotes knehte

12035

zuo dir und manigen wîssagen!

der botschaft sol ich niht verdagen:

dû solt den tempel der dort stât,

den Davit erhaben hât,

den solt dû volbringen

12040

mit allen dînen dingen,

und solt dînen sin dar an

legen, daz dâ nieman

snîd ze dem tempel dheinen stein.

beide grôz noch klein

12045

mit dheinem wâfen snîden:

daz heiz die mûrer mîden.»

dô sprach Salomôn der wîs:

«wâ mit sol ich den tempel lîs,

die stein ze samen füegen?

12050

got sol sîn wol genüegen

den heiz wurken die stein.»

dô antwurt im der engel rein:

«daz hât dir got verboten gar,

du solt nemen dîner witz war.

12055

des lâ dich von got genüegen,

dîn witz süln si ze samen füegen.»

dâ mit fuor der engel von dan.

Salomôn trahten began

ein mânôt volliclîch,

12060

wie er den tempel rîch

solt ze samen füegen ein,

daz er niht snite die stein.

sîn wîsheit traht hin und her

mit willen sînes herzen ger,

12065

wie er dem tempel tæte,

daz er in ze samen bræhte.

 

Eines nahtes dô er niht entslief,

ein gedanc im in sîn herz lief,

wie er einen wurm funde,

12070

den er wol nennen kunde.

den wil ich iu nennen,

daz ir in mügt erkennen

nâch der geschrift der pfafheit,

als si mir vor habent geseit.

12075

si habent in Tantyr genant

und jehent, im sî der nam bekant.

daz widersagent di juden gar:

si sprechent, diser nam sî wâr,

wan er dan juden niht ist swær:

12080

si heizent in Zomêr.

dô Salomôn disen wurm vant

und im vil schôn wart bekant –

daz geschach von sîner wîsheit,

wan im sîn sin vil wol seit,

12085

daz im der wurm wære

nütz und êrbære

zuo den ungeworhten steinen,

und daz er mêr dheinen

dar zuo vinden mohte,

12090

der im zuo dem tempel tohte –,

er sant nâch friunden und nâch mâgen,

die wolt er râtes frâgen;

er hiez îlen drâte

nâch sînem næhsten râte.

 

12095

Dô si ze samen quâmen

und sîn red vernâmen,

er sprach: «ich getrou iu allen wol;

ich weiz, daz ir sît triuwen vol.

einen boten hât mir got gesant,

12100

der vil getriu heilant,

er well mir des wol getrouwen,

daz ich den tempel süll erbouwen,

den mîn vater hât erhaben

in sînen wunnenbernden tagen.

12105

alsô hât er enboten mir,

daz ich daz werc an grîfe schier.

alsô wil der heilant rein,

daz ich die wend, die eckstein

mit dheinem wâfen snîde,

12110

er wil daz ichz vermîde.

nu getar ich niht dâ wider streben,

als liep mir ist mîn leben.

nû râtent, mâg und friunt mîn,

wie ichz süll an grîfent sîn.»

 

12115

Si sprâchen all gelîche:

«vil edel künic rîche,

dir nieman gerâten kan.

under uns ist leider nieman,

der dich des kunne bewîsen,

12120

daz du ân meizel und ân îsen

die stein mügest ze samen füegen.

got sol des wol genüegen,

daz dû mit meizeln di stein

würkest zuo dem tempel rein.»

12125

dô im ir rât niht tohte,

ze staten niht komen mohte,

do begund er zorniger von in gên.

die rüefer hiez er ûf stên;

die ruoften, daz di liut schôn

12130

kæmen für den künic Salomôn

allsamt gemeine,

grôz unde kleine.

nâch sînem willen daz geschach.

wider si all er dô sprach:

12135

«ich leg iu für mînen sin.

sî ieman wîser dann ich bin,

der rât mir, als im gezem,

daz ich den sin ab im nem,

er sî grôz oder klein,

12140

wie ich gesnîd einen stein

ân meizel und ân îsengewât,

wan ez mir got geboten hât.»

 

Swie grôz menig für in was komen,

sô hêt er doch nieman vernomen,

12145

der im gerâten kunde

an der selben stunde;

dâ von er ez muost lâzen stân.

sîn wîsheit liez er für sich gân,

wan er sant wîten in diu lant:

12150

swâ man den wurm vant,

der dâ heizet Zomêr,

swer im der brâht ein sac swær,

dem gap er vil ring

zwelf pfunt guldîner pfenning.

12155

dô man daz von im vernam,

vil manic mensch dar kam

nâch dem wurm, dâ man in vant.

der würm brâht man zehant

vil und genuoc

12160

der würm man für in truoc.

 

Dô er der würm vil ersach,

zuo sînen knappen er sprach:

«gêt und gewinnet glasvaz,

alsô liep ist mir daz,

12165

köpf, bêcher, schüzzel vil!

vor nieman ich daz helen wil,

ich heiz di würm tœten

und heiz di knappen nœten,

daz si daz bluot gemein

12170

in glas, in köpf, in becher rein

lâzen si alle vol,

dâ mit ich mac di stein wol

von einander bringen.

ich wil dar nâch heizen ringen

12175

die mûrer, daz si gewinnen vil

vedern, daz wirt ein spil!

die süln si machen alsô guot

und süln si dunken in daz bluot

und dâ mit bestrîchen gemein

12180

die vil grôzen stein

dem gelîch sam ein schrîbær;

sô ist ir dheiner sô swær,

noch sô grôz noch sô guot,

er muoz zervarn von dem bluot

12185

und ouch enzwei gên.

ir dheiner mac niht ganz bestên

von des selben bluotes kraft,

sô grôz ist sîn meisterschaft;

enzwei gêt er niht anders wâ,

12190

wan als er ist gemâlet dâ.»

 

Dô die mûrære

vernâmen disiu mære,

dô kom ir vil gedrungen,

der alten und der jungen.

12195

daz werc er in enpfalch schôn,

der wîs künic Salomôn.

daz dûht ein grôzez wunder

di liut dâ besunder,

daz die stein von dem bluot

12200

gelîcht wurden an dem tempel guot.

dâ mit die mûrære

mûrten âne swære

den tempel hôch unde wît;

daz geschach bî des küniges zît,

12205

der da Salomôn was genant,

sîn wîsheit was vil wol erkant.

 

Nû wil ich iu ouch sagen schôn:

zwei wîp kômn für hern Salomôn

und klagten ir swære.

12210

si wârn unêrbære,

und sag iu sam mir mîn lîp,

ez wârn zwei gemeiniu wîp;

diu brâhten dar ein kindelîn,

daz niht schœner möht sîn.

12215

diu ein sprach: «her, ich klag dir,

daz dû reht rihtest mir,

wan ich und ditz wîp gemein

wârn in einem hûs alein

und wârn beid swanger

12220

und mohten getragen niht langer

unde kômen gelîch nider;

uns swuoren all unser glider.

des morgens dô ez tac wart

und detten wolt mîn kindel zart,

12225

dô erschein ez mir tôt;

mîn herz gewan grôz nôt.

dô ich daz kint reht ersach,

mîn herz mir dô verjach,

daz ditz tôt kindelîn

12230

niht ze reht solt wesen mîn.

dâ mit îlt ich zehant

dâ ich ditz wîbs wiegen vant;

dâ sach ich mîn kint inne

gebunden wol mit sinne.

12235

zehant bat ich vil stæte,

daz si ez durch got tæte

und gæb mir wider mîn kint.

si sprach: «diser red erwint,

wan ditz klein kint ist mîn,

12240

dâ von sô lâ dîn biten sîn.»

nû hâst dû, herr, wol vernomen,

wie ich in klag bin für dich komen.»

 

Diu red was der andern swær.

si sprach, ditz kindel wær

12245

ir, daz si bî ir truoc,

wan ez was schœn und frum genuoc;

dâ von truog si ez an ir arm.

si sprach: «herr, lâ dich erbarm

über mich und tuo des schîn,

12250

daz du ein rehter rihter wellest sîn.

ich sag bî mîner wârheit:

ditz kint daz disiu frou treit,

daz ist mîn ze rehte.

sît dû herren und knehte

12255

rihtest nâch der rehticheit,

sô lâ dir, herr, wesen leit,

daz ditz wîp ditz kindelîn

hât mir genomen, wan ez ist mîn.»

diu ander sprach: «nein ez zwâr!

12260

ez bestêt iuch niht umb ein hâr.

künic, dû solt durch got

hie rihten disen spot,

wan ich klag dir mîn leit:

daz dir ditz wîp hât geseit,

12265

daz ist niht wan ir spot.

nû riht mir durch den rîchen got!»

zuo der andern sprach der künic dô:

«wie ist iu geschehen sô,

daz ir frouwen beide

12270

jehet grôzer leide?»

diu ein sprach: «daz sag ich.

ich wil des vermezzen mich,

daz ich iu reht sagen wil.

wir hêten beid gemachs niht vil,

12275

wan ein kleinez kemerlîn,

dar inn muosten unsriu bett sîn.

diu frou lac an einem ort,

anderhalb ich gegen ir dort.

dâ hêt wir beid zwei kint,

12280

diu wol in aht wochen sint

beidiu wærlîch geborn.

mîn red sol dir niht wesen zorn –

unser ieglîchiu hêt ein wiegen –:

diz wîp wil mich betriegen,

12285

wan si ir kint erdruckt hât.

daz ist ein grôz missetât,

daz si gie und niht lief

dâ ich an mînem bett slief –

daz was mir ein grôz nôt –,

12290

daz si ir kint truoc alsô tôt

hin für daz bette mîn

und want mîn liebez kindelîn

ûz mîner wiegen zehant.

ir tôtez kint si dar în bant

12295

und truoc daz mîn mit ir zehant;

in ir wiegen si ez bant.

dô ich dô entwachte,

mîn lîp vor leid erkrachte,

dô ich vant daz kint tôt;

12300

mîn lîp leit vil grôz nôt,

wan ich nam mangen umbsweif,

biz ich ein kerzenlieht begreif:

dâ schouwet ich daz kindelîn,

dâ sach ich wol, daz ez mîn

12305

was, an der selben stat.

dô ich gên der wiegen trat,

mîn lîp vor leid erkrachte:

mîn kint mich schôn an lachte.

dô bat ich ditz wîp guot:

12310

frou, durch got ez tuot,

und gebt mir wider mîn kint.

si sprach: «sint iuwer ougen blint?

seht ir niht, daz ez ist mîn?

ir mügt wol trunken sîn,

12315

des swüer ich wol manigen eit.

gêt hin mit iuwerr kündicheit!» –

alsô hân ich mîn kint verlorn.

nû riht mir durch gotes zorn!»

 

Daz ander wîp sprach: «nû hœrt mich!»

12320

der künic sprach: «fröuwelîn nû sprich!»

si sprach: «der red ist niht alsô:

si vant ez tôt in dem strô,

daz in ir wiegen was geleit.

si wolt mir mit ir kündicheit

12325

ditz kint gewinnen an.»

do gedâht der wunderwîs man:

ich wil si beid versuochen.

ob sîn got wil geruochen,

ich wil mîn wîsheit kêren

12330

dar zuo mit grôzen êren,

mînen rât und mînen list,

wes ditz kint ist.

wider die einen er dô sprach:

«ir jehet, ir habt ungemach

12335

umb ditz klein kindelîn,

ez sülle iur ze reht sîn;

sô giht dis frou guot,

si hab ditz kint in ir huot

gehabt schôn und ez sî ir.

12340

nû wil ich iu den strît schier

bescheiden schôn an dirre stat.»

einen knappen er dô gên bat.

er sprach: «nim ditz kindelîn,

des muost dû teiler sîn

12345

mit dînem scharfen swert.

swelich frou des under in niht enbert,

daz dû ez teilest mitten enzwei,

umb der red gib ich niht ein ei.»

 

Dâ mit der kneht daz kint gevie.

12350

mit blôzem swert er dô gie

und wolt daz kint dô geteilt hân.

des kindes muoter ruoft in an:

«neinâ! lieber herre mîn,

lâ ditz kint lebentic sîn.

12355

ich wil mich sîn verzîhen ê,

ê ditz mort an im ergê.»

daz ander wîp sprach zehant:

«ê ir mîn kint wurde erkant,

ich wolt ez teilen lâzen gar,

12360

ê ir mîn kint wurde zwâr.»

diu muoter viel dem künig an den fuoz.

«von schulden ich des jehen muoz,

ich wil ir daz kint geben

dar umb daz si ez lâze leben.»

12365

der künic zuo der muoter sprach:

«ich sich wol, daz ir habt ungemach;

iuwer barmung diu ist grôz» –

daz wazzer ir ûz den ougen flôz –:

«dar an ich nû sihe wol,

12370

daz ez iuwer wesen sol,

ditz klein kindelîn,

wan ir sît zwâr diu muoter sîn.»

dar nâch sprach der künic rîch

zuo dem knappen sicherlîch,

12375

daz er ir gæb daz kint dô;

des was si von herzen frô.

daz kint si von dannen truoc,

da von ir herz wart frô genuoc.

 

Dannoch hêt Davit zwâr

12380

einen sun, der was ân mâzen gar

sterker dann dô ieman lebt.

ist ieman der dâ wider strebt,

der vrâge di ez habent gelesen.

die müezen mir der wârheit wesen,

12385

daz er was der sterkest man,

den ûf der erd ie wîp gewan.

ich sag iu ouch von im für wâr,

dar zuo hêt er ein langez hâr

vil gar gemischt, als man seit.

12390

er was zweir ellen breit

vorn über die brust sîn,

dar an lac sîner sterk schîn;

sîn arm grôz, sîn bein vlach:

wunders vil an im geschach.

 

12395

Eines tages er dô gie

in einen walt, dâ er nie

mit sînen füezen hin getrat.

dâ sach er ein vil starkez pfat

da ein leu gie, dem was gâch.

12400

dem volgt er allez hinden nâch,

vil reht alz ûf sînem spor;

der leu gie im allez vor.

ze jungst er in dô ergie.

der leu in mit der klô gevie,

12405

und zart im allez sîn gewant.

dar nâch er einen list vant:

mit dem knie er ûf in trat,

als in dô sîn will bat,

und greif im an der selben stunt

12410

mit sînen handen in den munt.

daz macht dô sîn grôz kraft,

daz er an im sigehaft

wart an der selben zît.

den munt zart er dem lewen wît,

12415

daz er den tôt von im nam.

von dannen gie er als im zam.

daz geschach von den kreften sîn;

daz wart an dem lewen schîn.

 

Er hêt ouch friundinn vil,

12420

die ich niht all nennen wil

noch niht all nennen kan,

under in ein wîp wolgetân

was im ân mâzen liep.

zuo der sleich er als ein diep,

12425

wan si was ein flætic wîp,

ân mâzen schœn übr al ir lîp;

dâ von er si ze konen nam,

als sînen êren wol zam.

si was im lieber dann got,

12430

vil gern behielt er ir gebot.

 

Dar nâch einem heidenischen man

wart ir schœn kunt getân.

der hiez ir tougen nemen war;

mangen brief sant er ir dar,

12435

der werden herzoginne:

er wolt si gern minnen

mit lîb und mit guote,

irn lîp hêt er in huote

vor regen und vor sunne.

12440

der herzoc het manic wunne

mit ir, der dâ Sampsôn hiez.

von dheiner drô er daz liez,

er gæb ir allez des si gert;

des was si schôn von im gewert.

 

12445

Diser heiden warp alz dar

mit briefen; des wart niht gewar

her Sampsôn der starc man,

der ir vil êrn hêt getân.

eines tages der künic sant

12450

einen brief, den si wol erkant,

der werden herzoginnen.

der brief sprach: «solt ich minnen,

frou, dînen werden lîp!

du bist gelobt über alliu wîp.

12455

dû solt mir, frou, ein gâb geben,

die dien ich gar ân widerstreben,

daz du mich, frou, an dem morgen

sehest gar verborgen;

sô leg ich dir für den kumber mîn,

12460

dîn eigen wil ich immer sîn.»

der brief sant er ir genuoc

bî einem wîbe, diu was kluoc,

biz si begund gên ir jehen,

daz si in wolt gern sehen.

 

12465

Diu botschaft wart im kunt getân.

des morgens reit er zuo ir dan.

vil wunniclîch er zuo ir sprach:

«mîn herz dir ie mit triuwen wac,

vil edliu herzoginne.

12470

wol im, der dich sol minnen!

ich gesach nie sô schœn wîp.

dîn gestalt ist über al dîn lîp

wol eines landes wert.

vil sælden ist an dir gemêrt

12475

dîn houbt ist geschaffen wol,

als einer schœnen frouwen sol.

dîn hirn ist lieht, dîn wengel klâr,

dîn mündel ist rôsenvar,

eng unde wol gestalt;

12480

dîn brâ sam si sîn gemâlt,

klein und ze mâzen hôch;

daz vel, dîn ougenüberzoch,

daz ist wîz als liljenblat.

dû treist an dir der engel wât.

12485

dîn ougen sint dir alsô lieht,

swer sich dar inn ze reht ersiht,

der muoz immer sælic sîn,

daz hab ûf den triuwen mîn.

frou, si stênt dir alsô wol,

12490

daz man dich immer loben sol.

dû treist die krôn der êren gar.

swer dîner tugent sol nemen war,

der muoz immer frœlîch sîn,

daz hab ûf den triuwen mîn.

12495

ich sag wol, wie dîn wengel was:

ez liuht als ein spiegelglas;

dâ von kan ich es niht gedagen,

ich muoz di wârheit von in sagen:

swer rôsen under milich guzz

12500

unde daz zesamen fluzz,

alsô sint dîn wengelîn,

wan si niht schœner möhten sîn.

dîn nas nâch wunsch wol gestalt,

dîn hiufel sam si sîn gemâlt;

12505

dîn hâr als di goltdræt,

biutel man wol dâ mit næt,

dar zuo lind sam di sîden.

wer möht daz vermîden:

swer dich mit ougen hât gesehen,

12510

der muoz des von schulden jehen,

daz dû sîst schœn und rein gar

und hâst niht wandels umb ein hâr.

dîn scheitel wîz und dîn nac,

der liuhtet sam der lieht tac.

12515

dîn zend sint sam ein hermelîn,

ein snê kunt niht wîzer gesîn;

dîn hals gedræt schôn,

und solt got nemen lôn,

er hiet verdienet ze solt

12520

mêr dann aller Kriechen golt.

wâ ist wîp sô schœn gesehen?

daz mac wærlîch nieman jehen.

ir kel ist lieht unde blanc,

daz man sæhe daz getranc

12525

alsô lûterlîch fliezen,

durch die kel in den lîp schiezen.

dîn ôren sint ze reht grôz.

zuo dir sich nieman genôz

an schœn und an tugent,

12530

an zuht und an jugent,

an frümcheit und an êren:

di wellent nimmer von dir kêren.

jâ bist dû schœn und ouch guot

und bist ouch wol gemuot.

12535

dû bist edel und wol gezogen,

an êren unbetrogen;

dû hâst rein kiuscheit.

got hât sîn zierd an dich geleit

an aller slaht dingen:

12540

got lâz dir wol gelingen!

swaz ein frou haben sol

reiner tugent, der bist dû vol;

der hâst dû tûsent stunt als vil,

wan dû bist aller herzen spil,

12545

die dich ane sehent

und dîn tugent reht spehent.»

 

Des antwurt diu vil guote

ûz vil frîem muote:

«swie mich got beschaffen hât,

12550

also muoz ich sîn an aller stat.

iures lobes aht ich kleine,

wan wirt mîn man al eine

iurer rede innen,

ir komet nimer von hinnen,

12555

ir wert erslagen oder gevangen.

dâ von lât iu niht gelangen

des ir werdet entwert.

hie wert ir wærlîch niht gewert.

dâ von rîtt von hinnen –

12560

ez kümt iu ze ungewinne –,

daz iu der herzoc Sampsôn

iht zerfüer iuwer krôn,

diu iu heidenischem man

ûf iurem houbt sol stân.»

12565

dâ mit reit der heiden dan.

sîn gewerft wolt er dannoch niht lân.

 

Dar nâch eins tages kom er dar

und hiez des tougen nemen war,

daz nieman bî der frouwen was

12570

in einem venster dâ si saz.

er sprach: «got grüez iuch, frou guot,

wol gezogen und hôchgemuot,

mîn dienst ist iu vil gern bereit,

wan ich lîd von iu arbeit

12575

und alsô grôzen smerzen

an lîb und an herzen

und brinn nâch iu als ein gluot.»

si sprach: «daz ist für den frost guot.

habt ir nâch mir die hitz,

12580

daz ist ein grôz unwitz.»

er sprach: «mich friuset under wîlen.»

«sô sült ir zuo dem fiur îlen,»

sprach diu herzoginne,

«ir habt niht rehter sinne.»

12585

er sprach: «frou reine,

irn merket waz ich meine:

ich mein iuwer minne.»

si sprach: «als ich sie gespinne,

sô wil ich sie teilen drât.

12590

rîtet heim, ez wirt ze spât.»

er sprach: «ir redet ze wol.»

si sprach: «ich rede als ich sol.»

er sprach: «frou vil guot,

wol gezogen und hôchgemuot,

12595

tuot mir iuwer genâde schîn;

iur eigen wil ich immer sîn.

vind ich niht genâden, so bin ich tôt.»

si sprach: «so koment uns di rôsen rôt.»

er sprach: «frou redet niht alsô,

12600

oder ich mac nimmer werden frô

und wird ouch trûric und ungemuot.»

si sprach: «sô kümt uns der vîal guot.»

dô sprach er: «frou guot,

nemet mich in iuwer huot!

12605

für wâr ich daz sprechen mac,

iuwer red ist mir ein slac,

wan mir ist zwâr

ein tac wol tûsent jâr;

die lebich mit sorgen immer mê.»

12610

si sprach: «sô kumt uns der grüen klê.»

 

Dâ mit sprach er ir an den lîp,

biz daz daz schœn wîp

zuo im lieplîch sprach:

«mir ist leit iur ungemach,

12615

iur klag und herzensêre.

sol ich durch iu mîn êre

verliesen und den lîp mîn,

wir beidiu müezen tôt sîn,

und wirt sîn Sampsôn gewar,

12620

wir beidiu sîn verloren gar

an lîb und an guot:

lât von mir iuwern muot.»

er sprach: «daz tuon ich nimmer,

iur eigen bin ich immer.

12625

sol ich, frou, durch iuch nôt

lîden, sô lig ich tôt.

ich wil von iu niht scheiden

wider zuo den heiden,

ich bring iuch, frou, mit mir dan,

12630

swie halt ez mir süll ergân.»

 

Dô sprach diu frou guot

ûz trûrigem muot:

«âwê mîner stæticheit!

sol ich di brechen, dâst mir leit,

12635

gegen mînem getriuwen man,

der mir nie leit hât getân

und mich ie hêt für alliu wîp.

sol ich den tugenthaften lîp

alsô lâzen in nœten,

12640

er solt mich billîch tœten,

des wær wol wert mîn bœser lîp,

sît ich im bin für alliu wîp.

sô hân ich anderthalben klag,

daz ich mînem lîb sag,

12645

daz ich disen heiden

von hinnen sol lân scheiden

von mînem lîb ungewert,

des er in zühten an mich gert.

sô ist mîn öbristiu nôt,

12650

wirt er sîn inn, sô bin ich tôt,

daz ich und diser heiden

wellen von im scheiden.

nû rât mir, liebez herze mîn,

waz ich tuont sülle sîn,

12655

ob ich mit dem heiden

von dem fürsten sülle scheiden,

dem ich sô liep bin gewesen,

der ân mich niht moht genesen,

oder ob ich hie bî im bestê,

12660

der heiden var, swie ez ergê.»

 

Der heiden zuhticlîchen sprach:

«ôwê ich muoz lîden ungemach

wærlîch von dir und den tôt.

ich hêt brûn, wîz, mermlîn, rôt

12665

gefüeret zuo einem palast,

den ich dir schôn hêt verglast,

vil edliu herzoginne;

dâ müest dû küniginne

mit êren în sîn gegân.

12670

zehen tûsent dienstman

müesten dîner genâden gern,

ob dû mich, frou, woldest gewern,

und zwei tûsent frouwen –

die maht dû gern schouwen –,

12675

die müesten dir sîn undertân

und dar zuo allez daz ich hân,

alliu jâr bezzer dann vert.

ich wolt geben tûsent rittern swert

allez durch den willen dîn,

12680

vêch, veder, hermelîn,

scharlach wîz unde rôt.

ich wold ouch ê den tôt

lîden, ê ich dâ von schiet,

daz ich dir gelobt hiet.

12685

frou, woldest dû mich gewern,

dîner genâden müesten gern

alle die ich indert hân,

und dich für got biten an.»

 

Do daz wîp den heiden vernam schôn,

12690

do begund ir leiden her Sampsôn,

der vil starc man.

si sprach: «swie ez mir süll ergân,

sô wil ich mit dir scheiden

von hinnen zuo den heiden.

12695

ich fürht aber sêr,

wir verliesen beidiu lîp und êr.»

dô sprach der heidenisch man:

«daz sol ich wol understân,

wan ich wil in ê tœten,

12700

sô komen wir beidiu ûz nœten.

ich wil uns râten einen list,

der uns nütz und guot ist.

wil dû, daz ich im an gesig,

so ervar, wâ sîn sterk lig,

12705

in houbt oder in gebein,

daz sagt er dir alein.»

 

Dâ mit kom diu frou gegân

hin für den herzogen stân.

si sprach: «vil lieber herr guot,

12710

woldest dû mir sagen des ich muot,

daz wolt ich dienen eigenlîch.»

dô sprach der herzoc rîch:

«sprich, liebiu frou, zuo mir,

swaz dû wil, daz sag ich dir.»

12715

dô sprach diu lieb frou guot:

«durch mînen willen ir daz tuot,

daz ir mir sagt daz mære

von wannen diu kraft waere

bekomen an iuwern schœnen lîp,»

12720

alsô sprach daz schœn wîp.

dô sprach ez Sampsôn zehant:

«daz sol dir sîn von mir bekant:

si lît mir in dem hâr,

daz sag ich dir, frou, für wâr.

12725

swann ich des hâres niht enhân,

sô bin ich als ein ander man.»

zehant gedâht si ir an der stat:

des sol werden guot rât;

ich schaff, daz dû verliust dîn hâr,

12730

sô mac ich dir entrinnen gar.

 

Die red hêt diu frou in aht.

eines tages si ir gedâht,

dô der herzoc Sampsôn slief;

diu frou nâch einer schær lief.

12735

zehant der heiden was komen,

wan er diu mær hêt vernomen.

er brâht ir schôn mit sinnen

ein lægel, da was twalm innen.

si wact den herzogen lîs:

12740

«dîn slâf macht mich grîs.

nû trinc, dû lieber herr mîn!

ditz getranc mac niht bezzer gesîn,

wan ich ez schôn behalten hân.»

do tranc Sampsôn der werde man.

12745

zehant wart er müede gar

und wart sô trunken, daz ist wâr,

daz so trunken wart nie dhein man.

dô begund er slâfen begân.

zehant sneit si im ab daz hâr.

12750

dô kom der heiden, daz ist wâr.

er sprach: «hâst dû daz hâr versniten?»

si sprach: «ich hân ez niht vermiten,

ich hân im hals unde ôrn,

sîn houbt al umb beschorn.»

12755

der heiden sprach: «dâst reht getân.

nû wil ich slahen dînen man,

wan ich hân starker kneht vier,

die helfent mir vil schier

in vil jæmerlîch zerbern,

12760

wan er kan sich mîn niht erwern,

sît er die sterk hât verlorn;

ich rich an im mînen zorn.»

 

Der froun wart leit und ungemach,

wan si ir triu an sach,

12765

daz er ir schôn hêt gepflegen.

si sprach: «ir lât daz underwegen,

daz er den tôt iht von iu dol.

mîn herr hât mich gehabt wol,

daz dhein frou ûf ertrîch

12770

gehandelt wart sô lieplîch,

als ich von disem werden man,

an dem ich mîn triu hân

zerbrochen; des sol ich vâlentinn

in einem fiur brinn.

12775

ez hât mich sêr gerouwen –

des sült ir mir getrouwen –,

sît ich disen werden man

durch iuwern lîp verkoren hân.

nû hân ich zweir hande nôt:

12780

wann er entwacht, sô bin ich tôt;

daz ander ist: und sol er vliesen

sîn leben durch mich verkiesen,

sô brich ich gar di triu mîn,

des muoz ich vil trûric sîn.»

 

12785

Zehant der heiden zuo ir sprach,

dô er erhôrt ir ungemach,

er sprach: «liebiu frou mîn,

dîn klag wil ze grôz sîn;

der mac ich dich ergetzen wol.

12790

wil dû ez haben von mir für vol,

ich hab dich zwir sô schône

und treist bî mir die krône,

die dû ê niht hâst getragen,

und ist daz er hie wirt erslagen.»

12795

do sprach si: «nein, lieber herr mîn,

zwâr ez mac alsô niht gesîn,

ich lâz in hie niht tœten.

wil du in iht anders nœten

hie, den beschorn man,

12800

der mir sô wol hât getân,

des muoz ich gunnen von reht

dir unde dînem kneht,

ob dû mir swerest einen eit,

daz im der tôt iht sî bereit.»

12805

zehant sprach der heiden:

«er sol niht sîn gescheiden

von sînem leben hie ze stet;

nû bis gewert dîner bet.»

 

Dô diu frou erhôrt

12810

sîn red und sîniu wort,

zehant entslôz si drâte

die tür und die kemnâte.

dô gie der heiden an der stet

hin în nâch der frouwen bet.

12815

er sprach: «lieben kneht mîn,

ir lât iu wol enpfolhen sîn,

daz im diu ougen iht brehen,

daz er uns nimmer müg gesehen.

nû seht! ir sült gemein

12820

im binden hend unde bein.»

zehant daz alsô geschach;

dâ von gewan er ungemach.

daz binden er allez dô verslief

von dem twalm, der dô lief

12825

in sînem houbt al umb gar;

bî im sô lac sîn trûtez hâr.

diu ougen er im ûz brach,

daz er ein stic niht ensach.

dâ wolt er sich gewert hân;

12830

des moht leider niht ergân,

wan er gebunden vor im lac;

des gewan er leiden tac,

und hêt sîn sterk dâ verlorn,

wan in diu frou hêt beschorn;

12835

dâ von muost er blint gân,

des wolt in der heiden niht erlân.

 

Dô wart niht lenger gespart,

ein wagen dô bereitt wart.

dâ saz si ûf und fuor von dan

12840

mit dem heidenischen man.

ze land er dô kêrte,

als in sîn sin dô lêrte.

er hêt verholen die frouwen

und liez die nieman schouwen,

12845

wan er hêt sie dâ verspart,

unz der palast bereit wart.

mit freuden wolt er sie zeigen.

er gap ir mangen eigen,

die ir wâren undertân,

12850

beidiu wîp unde man;

daz was vil êrbære.

glaser und mûrære

muosten grîfen dô zehant

gleser, mermel wol bekant,

12855

beidiu wîz unde rôt.

der künic den meistern gebôt

und vil mangem wercman:

er sprach: «der palast der sol stân

ûf einer siulen steinîn,

12860

sô süln die swibogen sîn

all dar în geslozzen schôn.

dar inn wil ich die werden krôn

setzen ûf daz houbt mîn,

ich und ein wîp, hât liehten schîn,

12865

diu ist der êrn vil wol wert.

ich wil ouch tûsent rittern swert

geben durch ir werdicheit,

und wurr ir iht, daz wær mir leit.

si ist schœn, des muoz ich jehen,

12870

ich hân nie schœner wîp gesehen.

ich sag iu, an dem palast

süln sîn diu venster verglast.

mit gezierd, lieber meister mîn –

des wil ich iu lônent sîn –,

12875

mit silber und mit golde,

bereit als ez solde,

sült ir den palast zieren,

mit gold die riemling visieren.

ich sag, der venster steine

12880

süllen werden gemeine

mit saphir und jôchant.

ez sol in ieslîcher want

ligen zwelf karfunkelstein,

dar umb wîz berlîn klein.

12885

ich sag iu ouch, daz gesedel

sol rîch sîn unde edel:

smaragd und rubîn

süln in dem gesedel sîn

und manic edel stein guot.

12890

daz habt, ir meister, in iurer huot,

als ich iu vor hân geseit,

daz ez schôn werde bereit.»

an dem gesedel hiez er bouwen,

daz tet er durch die frouwen,

12895

mêr dann fünf jâr;

do bereitet man si gar.

 

Dô hiez er ruofen über al

in sînem land mit grôzem schal,

daz man kœme zuo der hôchzît,

12900

die wolt er haben ân widerstrît.

dar nâch in sehs wochen

hêt er den tac gesprochen;

swer dar niht enkæme

und sîn rede niht vernæme,

12905

der muost lîp unde leben

im ze pfant dar umb geben.

dô der ruof wart getân,

dar kom manic frum man

unde manic frou guot,

12910

diu sich mit êrn hêt in huot,

fürsten, herren, grâven vil.

dar kom maniger hande spil,

rotten, singen unde sagen.

diu varnt diet wolt niht verdagen,

12915

si lobten künic und künigin schôn

da si beidiu sâzen mit der krôn.

dô diu massenî gar

kom mit der êren schar

für den künic gedrungen,

12920

den alten und den jungen

gap man allen rîchiu kleit.

den spilliuten wart geseit,

daz si diu alten næmen zuo in,

daz dûht si ein guoter gewin,

12925

und wurden dô vil freudenrîch.

si jâhen dâ, daz nie sîn gelîch

wurd von rehter milt;

er truoc der êren schilt.

 

Dô wart niht vermiten,

12930

tûsent tuoch wurden versniten

von scharlach wîz unde rôt,

als im sîn frümcheit gebôt.

geloubet mir der mære:

wol hundert schuostære

12935

muosten sîn alsô kluoc,

daz si gâben schuoch genuoc

allen [den] die dar kâmen,

wan swen si dâ vernâmen,

der muost niu schuoch tragen.

12940

ez wæren recken oder zagen,

frouwen oder armiu wîp,

si muosten brîsen iren lîp.

in gürtel und in rîsen

hiez man die frouwen brîsen

12945

iren lîp sô gar schône.

man gap in dô ze lône

hantschuoch alsô niuwe.

ir ieslîchiu gap ir triuwe,

daz man dhein altez gewant

12950

an ir stolzem lîb vant.

lât iu wol gevallen,

zweinzic hundert ballen

von lînînen tuochen

muost man her für suochen;

12955

di wurden all versniten,

daz wart dâ niht vermiten.

dannoch wart ez bezzer:

ein gürtel und ein mezzer

gap man ieslîchem zehant,

12960

sô man ez best veil vant.

 

Die spilliut wurden dâ berâten.

man sach dâ sieden unde brâten

in tûsent kuchen unde mêr.

daz schuof der künic alsô hêr,

12965

daz si giengen ûf den sal.

dâ wart ân mâzen grôzer schal

und pusûn was dâ vil,

rotten, sagen, seitenspil;

man sluoc die hersumber.

12970

nieman was sô tumber,

er gieng ûf den sal zehant,

dô im diu botschaft wart erkant.

ir freud wart dâ mit sinne.

si wartten der küniginne,

12975

beidiu wîp unde man,

wan si solt zuo in dar gân.

 

Dô diu frou wart gekleit

vil wunniclîch, als man seit,

von hermlîn, zobel, scharlach rôt,

12980

von gold und silber, als der künic gebôt,

dô gie der künic für si schôn

und sazt ir ûf von gold ein krôn

und wîst die schœnen hôchgemuot

in den edeln palast guot,

12985

an daz rîch gesedel,

daz was von stein edel.

dâ wart umb sie gedrungen

von alten und von jungen.

der sie schouwen wolt,

12990

der sach sie für allez golt,

wan schœner wîp wart nie gesehen,

des muoz ich von schulden jehen.

dô herzogen, grâven, ritter vil

und ouch manger hande spil

12995

kômen in den palast,

der dâ schôn was verglast,

der künic ieslîchem gewan

ein gesedel, daz im wol gezam

und mit êren dâ gesaz;

13000

von der wârheit weiz ich daz.

dô er si all gesidelt het,

als sînem herzen wol tet,

ze jungst er dô sitzen gie

zuo der künigin, diu in vie

13005

bî sînem houbt vil schône

und sazt im ûf die krône.

«dise krôn rîche

solt dû sicherlîche

tragen durch den willen mîn;

13010

ich wil dir holt mit triuwen sîn.»

 

Dô hiez der künic tuoch breiten

und ouch den tisch bereiten;

daz wart getân vil schône.

der künic mit der krône

13015

hiez ir aller schôn pflegen,

der frouwen und der swertdegen.

man gap in allen genuoc.

hei waz man riht für si truoc!

von trinken und von spîse

13020

heten si ein paradîse.

 

Dô was ouch ze den zîten zwâr

Sampsôn gewahsen sîn hâr,

dâ sîn sterk inn lac.

der kom dar ûf den selben tac,

13025

wan ez im vor hêt geseit

ein knapp vil gemeit.

swie er von der frouwen wær blint,

doch hêt in dar gewîst ein kint

zuo dem palast, dâ si az

13030

und in grôzen freuden saz.

do her Sampsôn daz seitenspil

vernam, des dâ was sô vil,

er sprach zuo dem knehte:

«nû wîs mich rehte

13035

dâ der künic sitz schôn

und diu künigin mit ir krôn.»

daz hôrt ein man, der gie dâ für;

der jach: «ich iuch wol füer

dâ si sitzent schône

13040

in dem palast mit ir krône.

si sitzent niht aleine.

des küniges gesleht gemeine

sitzent all bî im schône,

dâ si mit ir krône

13045

sitzent an dem tische.

hasel, hüener und vische

habent si en widerstrît.

ez wart nie dhein hôchzît

mit êrn alsô bereitet wol.

13050

die kuchen die sint alle vol:

swer die spîs suochet,

dem gît man swes er geruochet.»

 

Dô daz erhôrt her Sampsôn,

er gedâht: ich muoz in die krôn

13055

zerfüeren und ir hôchzît.

«nû wîs mich dar, des ist zît,»

sprach er zuo sînem kneht;

«brinc mich zuo der siulen reht,

diu mitten under dem palast stât.

13060

nû île und wîs mich dar drât!»

der kneht in bî dem mantel vie,

den wec er zuo der siulen gie;

die siul gap er im in die hant.

«nû fliuch mich,» sprach der wîgant,

13065

«daz dir [iht] des palastes stein

iht zerslach houbt und bein.

vil verr solt dû von mir gâhen.

lâz dir mîn rede iht versmâhen:

tuost dû sîn niht, sô muost dû sterben

13070

und under dem palast verderben.»

 

Zehant der kneht von dannen schiet,

als im her Sampsôn riet.

dô des her Sampsôn innen wart,

dô wart niht lenger gespart,

13075

er schütt die siul alein,

daz der öbrist stein

zuo dem nideristen viel.

dem künig, der frouwen manic schiel

wart von ir lîb geslagen.

13080

waz sol ich nû mêr sagen?

wan daz ir einz dô niht genas.

Sampsôn ouch dâ tôt was.

doch wil ich niht verdagen,

ê daz sich huop des tôdes klagen,

13085

dô Sampsôn alrêrst begreif

die siul und die umbesweif,

daz der rîch palast

seic, der dâ was verglast,

dô begund diu frou jehen:

13090

«ei waz wil uns hie geschehen!

der palast der wil sîgen.»

der heiden sprach: «wir süllen nîgen

unserm abgot alsô guot,

daz er uns hab in sîner huot.

13095

er wil uns zeigen an dirre stat,

daz er êr und sterk hât.

daz schînet an dem zittern wol,

daz er ist aller êren vol.»

mit diser rede sô seic ze tal

13100

der palast aller über al,

als ich iu gesagt hân,

daz dâ genas nieman.

 

Nû merket all gelîche,

ob ie dhein künic rîche

13105

wurde an schœner gâb vil –

dar nâch ich nieman frâgen wil –,

also Daviten von gotes schulden was.

er was wol geêret baz

dann ieman der in der werlt lebt.

13110

ist ieman der dâ wider strebt,

dem wil ich ez bediuten wol,

die Davites gâb, als ich sol.

drî sün gap er im zuo êren,

dâ von sich maht wol mêren

13115

sîn heil, sîn gelück ze aller frist.

der ein was der sterkist,

der ûf daz ertrîch ie getrat;

des nam ich nenne an diser stat:

er was geheizen Sampsôn.

13120

der ander der hiez Salomôn:

der was sô wîs ze aller zît,

daz er hêt von den fürsten nît,

daz im nieman moht widerstân;

dâ von moht er wol êr hân.

13125

sîn dritter sun hiez Absalôn,

der möht mit êren wol ein krôn

getragen über die werlt gar;

er was sô schœn, daz ist wâr,

daz nie ûf daz ertrîch

13130

komen was sîn gelîch.

dâ von nieman frâgen sol,

wan dis gâb was êren vol.

nû merket, ûf disem ertrîch

wart diser gâb niht gelîch,

13135

als ich iu vor gesagt hân,

swie ieslîchez end muost hân,

dâ von Daviten leit geschach,

und leit dâ von ungemach.

 

Dô Davit wart ein alter man,

13140

als ich vor mir gehœrt hân,

daz er sô alt, sô kranc was,

als ich an dem buoch las

daz sîn lîp was sô kranc getân,

daz er zwô juncfroun muost hân

13145

aller nehticlîchen,

die den künic rîchen

wermeten alsô schône;

si muosten dâ ze lône

einiu in sîner schôz ligen,

13150

die ander hêt er unverswigen

gelegt an den ruck sîn,

daz si im wirme tæten schîn,

er müest anders tôt sîn;

und hieten in niht diu megedîn

13155

gewermet ze aller stunt,

der tôt wær im worden kunt.

 

Künic Davit rîchsent gar

in Jerusalêm vierzic jâr

und sîn sun Salomôn

13160

rîchset ouch dâ schôn

ze Jerusalêm vierzic jâr.

nû hân ich iu gesaget gar

von Daviten und sînem sun guot,

die wâren ân mâzen fruot.