BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Johans, der Jansen Enikel

um 1230/40 - nach 1300

 

Weltchronik

 

Alexander der Große

Verse 18923 - 19658

 

__________________________________________________________________________________

 

 

 

Dar nâch rîchset alsus

ein künic, hiez Darius,

18925

mit hôhen êren iesâ

in dem land ze Persiâ.

der hêt ouch gerîchsent sus

mit dem künig Cirus.

Alexander het dô vernomen,

18930

wie Cirus ze velt wær komen

gegen der küniginne guot

und wie man dâ in bluot wuot

an der selben zît;

daz geschach von dem strît.

18935

daz hôrt er dô sagen,

daz Cirus wær erslagen,

und daz die sînen gevangen wâren

bî den selben jâren;

sümlîch wurden erslagen:

18940

daz hôrt Alexander sagen.

dar nâch schuof der gewær

her Alexander,

daz der künic Darius

wart von im erslagen sus.

 

18945

Dar nâch rîchsen began

ein vil gewaltiger man,

der was genant Alexander,

vil wunders begie er.

Macedonia hiez sîn lant,

18950

dar inne er herr was genant;

diutsch sô heizt ez Kriechen.

er macht dô mangen siechen.

er stiftet Alexandri[n]am,

nâch im gewan si den nam.

18955

gewaltiger künic nie wart gesehen

als er dô was, des muoz ich jehen.

er zerfuort Cyrum die stat,

wan in des sîn wille bat,

Persiâ und Porrum

18960

und den künic Ethiopum:

daz betwanc er allez gelîch,

enhalb meres alliu rîch.

er was kec unde frum,

daz er den künic Darium

18965

sluoc gar ân widerstrît.

er betwanc manigen künic sît;

den êrsten Darjum mein ich niht.

ez was ein wunderlîch geschiht,

daz er den andern dô sluoc,

18970

wan in sîn will dar zuo truoc.

er betwanc ouch gelîche

alliu künicrîche

unz an daz paradîs.

er wær junc oder grîs,

18975

er muost im wesen undertân,

swer sîn leben wolt hân.

 

Ich sag daz vil sicherlîch,

daz durch des herren künicrîch

ein wazzer ran und ein pfloum,

18980

des nam der herr wol goum.

er frâgt die liut der mære,

von wannen der pflûm wære

gerunnen, der dâ sô lûter vlôz.

des frâgens in dô niht verdrôz:

18985

er sprach: «möht ieman die mær

wizzen, von wannen er wær

gerunnen und geflozzen,

der müest des haben genozzen!»

si jâhen: «von dem paradîs.»

18990

er sprach: «wær ieman alsô wîs,

dem sîn sin dar zuo töht,

daz ich ez gesehen möht?»

dô seit man im, ez wær wâr,

ez möht nieman komen dar.

18995

er sprach: «wil sîn mîn abgot ruochen,

sô wil ich ez versuochen.»

 

Zehant hiez er bereit sîn

zwei hundert schef und galîn,

diu di spîs solden tragen.

19000

ez muosten recken unde zagen

sich berihten zwâr

wes sie lebten fünf jâr;

daz wart ûf diu schef getragen.

waz sol ich mâr dâ von sagen?

19005

daz her wart geteilt mit heil

reht endriu an diu seil.

daz dritteil muost diu schef ziehen,

des mohten si niht enphliehen,

er wær swarz oder wîz.

19010

alsô zugen si mit flîz

als lang unz si vernâmen,

daz si zuo dem pardîs kâmen.

dâ sâhen si ein venster stân.

dar inne sâhen si einen man

19015

vil tugentlîchen sitzen.

er sach daz wol mit witzen.

dô in die zieher sâhen,

von dem kiel begundens gâhen.

dô si ersâhen den alten man,

19020

zuo im begunden si schôn gân

und frâgten in der mære,

waz sîn gewerft wære.

er sprach: «daz sol ich niht sagen,

mîn meister heizt mich ez verdagen,

19025

der dâ beschuof daz paradîs,»

alsô sprach gên in der grîs.

daz wart dem künig kunt getân.

er gedâht: möht ich daz pardîs hân,

sô hiet ich alliu künicrîch

19030

und alliu herzoctuom gelîch.

 

Dô wart niht lenger gespart,

er hiez rüefen hervart

an daz paradîs,

er wolt ez hân gewunnen lîs.

19035

dô daz her ze samen quam,

einen boten gar âne scham

hiez der künic für sich komen.

der bot sîn red hêt vernomen.

er sprach: «bot, nû îl drâte,

19040

ê ez werd ze spâte.

besich, wer daz paradîse

pfleg, in welher wîse

er daz paradîs hab.

sag im, ich helf im zuo dem grab,

19045

well er mir niht sîn undertân

mit allem [dem] sô erz ie gewan.»

dâ mit der bot kom an daz tor.

dâ was ein man gesezzen vor,

der hêt sinne gar mit flîz.

19050

er was als ein tûbe wîz,

wann er was ein alt man,

als ich von im gelesen hân.

ez hêt ouch manic ros

gezogen velt unde mos

19055

kocken unde grôz kiel,

daz in daz ziehen misseviel.

 

Nû lâzen wir die red stân

und grîfen den alten man an,

der in dem pardîsvenster saz

19060

und sîner züht niht vergaz.

dô er den boten ane sach,

vil zühticlîch er wider in sprach:

«sag mir, werder bot, schier,

wer hât dich her gesant zuo mir?»

19065

der bot sprach: «daz hât getân

der gar gewaltig man,

der künic Alexander.

er giht, im sî unmâzen swær,

daz im allez ertrîch

19070

niht undertân sî gelîch.

dâ von wil er daz paradîs

zerrütten ân strît vil lîs.»

dô sprach der wundergrîs man:

«ez mac wærlîch sô niht ergân.

19075

swie gewaltic er sî über diu lant,

doch ist got der heilant

gewaltiger vil dan er sî.

daz wunder solt dû sehen dâ bî

an disem stein, den ich hie hân;

19080

ich sag dir, waz er wunders kan:

nû nim den stein in die hant

und tuo dem künig sîn kraft bekant.

heiz in legen ûf ein wâg

und sprich, daz es in niht betrâg,

19085

er leg dar ûf, swaz er well,

gegen des steines kraftgevell,

daz widerwigt diser stein,

ez sî grôz oder klein.»

wie der stein sî gevar,

19090

daz wil ich iu sagen gar,

und des steines gestalt,

diu was dô vil manicvalt.

diu red ist âne lougen:

reht als des menschen ougen

19095

was sîn varb und sîn gestalt.

dâ mit sô reit der kneht balt

von dem alten man her.

er sprach: «ich tuon dir bekant mêr:

sag im daz wortzeichen guot,

19100

daz er mit her und mit muot

daz paradîs niht gewinnen mac

unz an den jungisten tac.

daz siht er an dem stein wol,

daz niht dâ gegen wegen sol,

19105

wan in niht widerwegen mac.

daz ist dem künig ein slac.

ez ist ein zeichen sô gelîch,

swie gewaltic er sî und swie rîch,

daz er wider got niht enmac

19110

geweren einen ganzen tac.»

 

Dâ mit der bot kêrt dan

dâ er den künic sach stân.

als im wol gezam, ûf dem velt

dâ was geslagen sîn gezelt,

19115

daz was edel und rîch genuoc.

den stein er schôn für in truoc

und seit im dô die mære,

von welher natûr er wære,

reht als im der alt man

19120

von dem stein hêt kunt getân

und reht als er im hêt geseit.

daz was dem künig vil leit.

er sprach zuo sînem knehte:

«ginc und brinc mir rehte

19125

snell und niht trâge

ein vil gelîche wâge!

ich muoz bî mîner wârheit

besehen, ob er mir wâr hab geseit.»

ein wâg wart brâht drâte,

19130

daz was des âbends spâte.

dar ûf leit er den stein.

schœnes golt vil rein

leit er dar gegen ein michel teil.

doch gewan der stein daz heil,

19135

daz er für wegen began.

dô sprach der gewaltic man:

«gê, brinc mir silbers alsô vil,

dâ ich mit widerwegen wil

den vil wênigen stein;

19140

sîn kraft ist grôz und niht klein.»

dô wart zehant daz silber brâht,

als im der künic hêt gedâht.

dem stein sazt er lâg.

er leit sîn vil ûf die wâg:

19145

dâ widerwac der klein stein

daz silber allez gemein.

der künic dô ûz zorn sprach,

wan ez was im ungemach:

«der stein wirt niemêr sô stolz,

19150

ich leg gên im sô grôzez holz,

daz in wol widerwegen mac,

die wîl mir liuhtet diser tac.»

dô man vil holzk zer wâg truoc,

dannoch was der stein sô kluoc,

19155

daz er wac für ein michel teil.

daz was des küniges unheil.

daz begund maniger prîsen.

er sprach: «gewinnet mir îsen,

einen guoten zentnær!

19160

der stein ist niht sô swær,

ich leg des îsens dar zuo vil,

da mit ich in widerwegen wil.»

vil îsens man im brâht dar.

des nam daz volc vil wol war,

19165

daz der stein für zôch,

dâ von in diu sæld flôch.

nâch blî der künic sante;

zuo einem knollen man ez rante.

er sprach: «swie starc der stein sî,

19170

ich wig gên im swærez blî,

daz in gar widerwegen mac,

und wær er swærer dan ein sac,

der gar ist vol von korne

oder von starkem horne.»

19175

dô man daz blî zer wâg truoc,

dannoch was der stein sô kluoc,

daz er daz blî widerwac.

für wâr ich iu daz sagen mac,

ditz starc wunder

19180

wundert si all besunder.

flô sprach der künic hôchgemuot:

«ditz wunder mir vil leides tuot.»

und dô der bot erhôrt diu wort,

er sprach: «ich wil iuch an ein ort

19185

bescheiden ân falschen list,

wie ditz dinc ergangen ist.

der alt man ûz dem paradîs,

der sprach, ir wæret gar unwîs,

daz ir wider got welt streben

19190

und umb sîn gebot niht geben.

des nam in michel wunder.

er sprach, swie wênic besunder

den stein widerwegen möht

daz ûf dem ertrîch töht,

19195

als wênic moht nieman mit dem leben

der heiligen gotheit wider streben.

ich muoz dir, herr, reht spehen,

des er hât gên mir verjehen:

er jach, swer den starken stein

19200

fült mit erden klein,

sô möht in ein kleinz federlîn

widerwegende sîn.

daz gelîchet er, herr rîch,

gegen dir vil sicherlîch.

19205

er giht, als dich der tôt bestê

und als diu erd über dich gê,

sô sî ein kleinez keverlîn

sterker dan dû mügest gesîn.»

dô hiez der herr springen,

19210

die wâg hin wider bringen

unde hült dô den stein

mit einer erd diu was klein.

noch sach er ein wunder grôz,

des sînen lîp sêr verdrôz,

19215

daz ein kleinez federlîn

widerwac daz steinlîn.

zehant dô er daz wegen gesach,

wider sîn liut er dô sprach:

«ich sich nû wol an disem stein,

19220

daz er umb mînen gewalt klein

gît und umb mîn gebot,

der vil gewaltig got;

als mir der bot hêt geseit:

daz hân ich für ein wârheit.»

 

19225

Ich sag ouch, wie alt er was,

als ich ez an dem buoch las:

dô er rîchsen began,

der vil gewaltig man,

ich mein hern Alexander,

19230

dem der stein was ze swær,

dem hât man schôn gezalt,

er wær zwelf jâr alt.

dar nâch fuor er fünf jâr

mit her und mit breiter schar.

19235

doch hêt er friundinn genuoc.

under in ein die krôn truoc,

diu im diu liebst was under in,

der truoc er vil hôhen sin,

wan si was ein flætic wîp

19240

und wol gestalt umb iren lîp.

zuo der sprach er mit sinne:

«dû bist ein küniginne!»

vil dick er ir vor lieb swuor.

swâ der künic mit her hin fuor,

19245

dâ muost si allez mit im varn;

vor lieb kund er niht gebârn

gegen der küniginne,

sô er sie wolt minnen.

ich wæn daz ouch nie man

19250

sô liebes wîbes nie gewan.

 

Ze einen zîten der künic zuo ir sprach,

dô er sie alsô schœn sach:

«getar ich mich an dich verlân,

schœniu frou wolgetân,

19255

daz dû dîn triu, dîn êre

an mir behaltest sêre,

sô wil ich lîp und leben

in dîn hant geben.»

dô sprach si: «lieber herr mîn,

19260

solt ich ertrinken in dem Rîn

und wider lebendic werden

und gên ûf der erden,

sô wolt ich, lieber herr mîn,

dir undertænic sîn:

19265

dar umb ich lîp und leben

wil in dîn genâd geben.

ob dir geschæch kein leit,

ich wolt ê lîden arbeit

mêr dann ie kein wîp getruoc.

19270

ich hân êren genuoc

bî dir, lieber herr mîn.

wie kund mir iemer baz gesîn!

beidiu silber unde golt

hân ich von dir und rîchen solt.

19275

mir dient manic dienstman,

wan ich dich ze herren hân.

bræch ich an dir die triu mîn,

sô müest ich wol geschant sîn,

wann nie kein wîp sô lieben man

19280

von herzen alsô liep gewan.

solt ich an dir die triu mîn

zerbrechen, ich wolt in dem Rîn

mich wærlîch ê versenken

und mich selb ertrenken.

19285

ob dir ein finger swüere,

swie halt ich gefüere,

ich wolt verliesen ê mîn hant.

ich hân von dir liut und lant.

daz dir leit von mir wurd schîn:

19290

ich verlür zwâr diu ougen mîn.

ê daz dir geschæch von mir nôt,

ich wolt ê kiesen den tôt.

dû bist gar mîner ougen wunn.

den himel und die sunn

19295

næm ich niht für dîn wîs

noch daz edel paradîs.»

 

Do der herr Alexander

erhôrt von der froun die mær,

daz si im wolt getriu sîn,

19300

er sprach: «liebe frou mîn,

ich wil mich an dîn triu lân,

swie ez mir sol dar umb ergân,

wan ich nieman getrou sô wol,

als ich für wâr nû sprechen sol,

19305

wan ich bin über daz ertrîch

gewaltic hie sicherlîch.

sô ist allez mîn her

hie nâhen bî dem mer.

dâ von muoz ich sehen,

19310

wan mîn ougen wellent spehen,

waz wunders in dem mer sî;

des wil mîn herz niht wesen frî.

 

Vil wunderlîch er dô was.

er hiez bereiten ein glas

19315

vil michel und vil wît

an der selben zît;

mit îsen was ez wol beslagen.

daz hiez er an daz mer tragen.

dar în sô gie ein türlîn,

19320

daz niht kluoger moht gesîn.

ein keten lanc unde guot

gienc an des meres fluot.

dar an sô hie daz starc glas,

daz dâ sô schôn behüetet was.

19325

dar în sô saz der künic zehant.

einen hunt, ein katzen man vant

und einen hanen, als man sol,

der kræget ân mâzen wol,

dâ mit er die tagzît

19330

west von im alle zît.

spîs man dar în leit genuoc,

wan er was ân mâzen kluoc.

er sprach: «liebiu frou mîn,

ich lâz mich an die triu dîn,

19335

wan ich getrou nieman sô wol,

für wâr ich dir daz sagen sol.

dâ von ich lîp unde leben

wil in dîn genâd ergeben.

die keten nim dû in die hant,

19340

dîn triu ich hân vil wol bekant.

dâ von ich dir getrou wol,

sît dîn lîp ist êren vol.»

dô sprach diu frou alsô guot:

«dîn leben hân ich in mîner huot

19345

mit zühten und mit sinnen.

mîn hant müest mir verbrinnen,

ê ich die keten wol bekant

liez ûz mîner zesem hant.»

 

Dâ mit er sich ze tal liez.

19350

diu frou im vil wol gehiez,

daz si in schôn wolt bewarn,

unz er ûz dem mer wolt varn.

ein zeichen tet er ir bekant,

sô er wolt varn an daz lant,

19355

daz si in dann ûz fuort,

sô er mit kreften die keten ruort.

dô lobt si im stæte,

daz si daz gern tæte.

in dem mer er dô was

19360

und sach vil wunders durch daz glas,

einen visch sach er für sich gân,

daz sô grôzez nie kein man

bî sînen tagen hêt gesehen,

des muoz ich von schulden jehen.

19365

was daz niht ein grôziu aht?

der visch drî tag und drî naht

gienc hin für daz glas,

dâ er inn verslozzen was,

daz er den zagel nie gesach.

19370

der visch hêt ûf im ein dach

von holz, daz er ûf im truoc,

daz was wunderlîch genuoc.

 

In der zît dô kom ein man

zuo der frouwen gegân,

19375

der warp umb sie sêre.

er sprach: «ich wil dich mêre

êrn dann Alexander.

dû bist ein frou êrbær

und bist schœn unde junc.

19380

tuo von der keten einen sprunc

und var mit mir ze land heim,

ich mach dich frou dâ alein.

Alexander hât vil friundinn

zuo dir, edliu küniginn;

19385

des muost dû von mir haben rât

an einer ieslîchen stat.

dar zuo tuon ich dir bekant

beidiu bürg und ouch diu lant.

lâ die keten in daz mer,

19390

sô wirt zerfüert hie sîn her.»

dô sprach diu frou wol getân:

«sol ich im dienstes ab gestân?

des hât er doch verdienet niht.

swaz im leides von mir geschiht,

19395

daz muoz mich immer riuwen.

ô wê mîner triuwen,

sol ich die an im brechen!

waz sol ich an im rechen?

wan er mir dhein leit nie getet.»

19400

der heiden aber mit ir ret

und warp umb sie unz an die zît,

daz si ân allen widerstrît

die keten in daz mer lie;

den heiden si lieplîch zuo ir vie.

 

19405

Dô daz her Alexander

vernam, daz die keten swær

bî im in dem mer lac,

dô sach er einen leiden tac.

er gedâht in sînem muot:

19410

wie kum ich ûz dem fluot

mit allen mînen sinnen,

daz ich müg entrinnen?

er gedâht: mir ist oft geseit,

daz in dem mer niht unreincheit

19415

geligen müg, in des meres sant,

ez slach ez ûz an daz lant;

dâ von wil ich mit nœten

mîn katzen hie tœten.

die katzen tœtt er zehant,

19420

daz bluot streich er an die want.

dar nâch daz mer mit sinne

wart des bluotes inne,

dô sluoc ez in ûz an daz lant.

daz wart manigem dâ bekant.

19425

ûz dem glas ûf der stat

ûf den sant er dô trat.

dô seit er grôziu wunder

daz er allez besunder

hêt gesehen in dem mer;

19430

daz seit er allez sînem her.

daz her im engegen lief.

vil lût, vil vast ez allez rief:

«willikomen, edeler künic hêr,

wir vorhten dînes lebens sêr.»

19435

dâ mit kêrt er zehant

zuo der frouwen ûf den sant

und wolt die ertœtet hân.

dô hêt der heidnisch man

die frouwen schôn gefüert dan,

19440

do er in sach ûz dem glas gân.

 

Dô er der frouwen niht envant,

er sprach: «mir ist daz bekant,

daz ich in dem mer hân gesehen

vil wunders, dese muoz ich jehen.

19445

nû west ich gern die mære,

waz in dem himel wære.

daz wil ich wærlîch

versuochen,» sprach der künic rîch.

dâ mit der künic vest

19450

hiez stîgen zuo einem nest,

dâ lâgen jung grîfen an.

die brâht man dem künig dan

dâ er saz mit sîner krôn.

er sprach: «ziehet mir di grîfen schôn!

19455

ich wil ze himelrîch varn;

den lîp ich dar zuo kan bewarn.»

dô ieglîch grîf fliegend wart,

dô wart niht lenger gespart,

er hiez einen sezzel schôn

19460

bringen und mit sîner krôn

zuo dem sezzel zehant

zwô stark stang, die man vant

und an den sezzel guot

der künic dô vil wol gemuot

19465

hiez binden mit starken îsen.

er sprach: «lât iuch bewîsen:

die grîfen lât hungric sîn

drî tag, daz ist der will mîn.

gêt her und bindet mich schôn!

19470

dar umb gib ich iu ze lôn

silber und daz rôte golt

und bin iu mit triuwen holt.»

 

Dar nâch wart niht vermiten,

ein hirzîn hût wart versniten

19475

ze riemen schôn, als im gezam.

dô saz er gar ân alle scham

ûf den sezzel zehant.

mit den riemen man in bant

in den sezzel dâ ze stunt;

19480

vil wunders wart im dâ von kunt.

zwei âs man an die stangen bant.

die grîfen truoc man dar zehant,

daz was an dem morgen fruo,

und bant die ouch den stangen zuo.

19485

die grîfen wârn hungervar,

des nam der künic wol war:

die stangen er gên himel raht,

dâ von daz âs allez blaht.

dô fuorten in die grîfen schôn

19490

gên dem himelischen trôn.

si fuorten in ûf in den lüften;

dâ mit wolt er güften.

dô er sô hôch kom gevarn

zuo den himelischen scharn,

19495

dô kom zuo im ein stimme,

diu sprach zuo im mit grimme:

«Alexander, wâ wil dû hin?

dû hâst nindert rehten sin.

wil dû wider die gotheit

19500

streben, daz wirt dir leit,

dû wirst lîden arbeit

und immer werndez herzenleit.

dâ von sô sag ich dir,

daz solt dû gelouben mir,

19505

in den himel kümt nieman,

wan der ez verdienen kan.

dâ von dîn varn ist mir unmær,

vil tumber Alexander.»

 

Dô der künic erhôrt

19510

der stimm zornigiu wort,

dô sprach er vil schôn:

«vil süeziu stimm, daz lôn

wil ich haben von dir,

daz dû mir drât und schier

19515

sagest, wâ ich hin süll varn,

sît ich niht mac zuo der engel scharn.»

diu stimm sprach: «ûf daz ertrîch

solt dû varn sicherlîch

zwâr an disem tag,

19520

für wâr ich dir daz sag,

daz ist dir ân zwîfel guot.»

er sprach: «ich sich niur einen huot

sweben in dem wazzer rîch.»

diu stimm sprach: «dâst daz ertrîch,

19525

daz dû dort sihest sweben,

in dem wazzer an heben.

da solt dû varn ûf mit grôzer nôt,

wil dû niht kiesen den tôt

und vil grôzen smerzen

19530

an lîb und an herzen.

var nider ûf daz ertrîch,

daz rât ich dir sicherlîch.

des solt dû volgen mir,

tuo ez ân zwîfel schier.»

 

19535

Zehant her Alexander

begreif die stangen swær

mit angst und mit nôt.

im was vil nâhen der tôt.

er neigt si ûf di erd nider.

19540

dô fuorten in die grîfen wider

her ab ûf daz ertrîch,

daz wizzet sicherlîch.

dô er von himelrîch was komen,

als ir habt vernomen,

19545

dô was er komen von sînem her;

er hêt ez lâzen an dem mer

wol anderhalp hundert mîl,

die hêt er gevarn in einer wîl.

er was ân mâzen kluoc:

19550

die stangen er hinden ab sluoc

unde lie die grîfen varn,

dâ von maht er sich bewarn.

die riemen er dô lôst.

dâ von hêt er keinen trôst,

19555

wie er zuo sînem her bequæm

und si in alle dâ vernæm.

dô kêrt er wald unde velt,

er hêt verlorn sîn gezelt.

daz gewant zert er von dem lîb sîn.

19560

diu armuot wart an im schîn.

diu armuot vast mit im ranc.

er hêt mangen bœsen gedanc,

wan er niht an den füezen truoc,

des was sîn gên unsælic genuoc.

19565

sîniu bein bluoten über al.

sîn hût hêt streif âne zal,

wan in diu sunn hêt verbrant.

alsô gienc er durch diu lant.

der hunger tet im grôz nôt:

19570

also waser von unmaht nâhen tôt.

 

Alsô gienc er, daz ist wâr,

völliclîch ein ganzez jâr.

sîn hût was als einem môrn.

man hêt in für einen tôrn,

19575

swâ er in dem lande gie;

im geschach sô wê nie.

alsô gie er durch diu lant.

ze jungst er sîn her vant.

dô er zuo in sô nâhen gie,

19580

ir keiner in dô niht enpfie,

wan in nieman dâ erkant,

des muost er lîden grôz schant.

er sprach: «wie tuot ir herren sô,

sît ir niht mîner künft frô,

19585

daz ich her wider komen bin?»

si sprâchen: «ir sît âne sin.

gêt hin! ir sît ein tôr.

nu ist iuwer hût als ein môr.»

dô sagt er in mit grôzer swær:

19590

«erkennt ir niht Alexander,

iuwern künic den rîchen?

daz bin ich sicherlîchen.»

dâ mit ir einer in erkant.

er sprach: «mîn herr über alliu lant

19595

ist er vil sicherlîche,

der edel künic rîche.»

der selb im niuwe kleider sneit

und gap im durch sîn frümcheit

ros, pferd, harnasch guot,

19600

des wart gefreut dô sîn muot.

 

Dar nâch betwanc er alliu lant,

als ich ez geschriben vant,

und dar nâch huop er sich von dem her,

daz dâ lac bî dem mer,

19605

wan ez im gerâten wart,

daz er selb zwelft an die vart

füer und nieman mêre;

daz tet der künic hêre.

er kom zuo einem boume,

19610

des nâmen di sînen goume.

des boumes pflac diu sunne,

dâ von hêt er vil wunne.

dar ûz sô sprach ein stimme

vil lis und niht grimme:

19615

«wâ wil dû hin, künic hêr?

ze land kümst dû nimmer mêr.»

des wart er trûric und unfrô.

zuo dem andern boum kêrt er dô,

des pflac der mân alsô lieht.

19620

als er den boum an siht,

dô sprach er zuo sînem rât:

«der boum der dort ein stât,

dâ mac ein stimm wol inne sîn,

daz ist an sînen esten schîn,

19625

die sint schœn unde breit.

diu stimm ûz dem boum seit:

«kêr wider, Alexander,

dîn rîten daz wirt dir swær.

dû kümst niht wider in dîn lant,

19630

daz ist mir wærlîch wol bekant,

dû lîst ûf dem weg tôt.»

dô kêrt er wider, des gie in nôt.

er sprach ûz grôzem grimme:

«sag mir, süeziu stimme,

19635

wie daz süll an mir geschehen.»

si sprach: «daz wil ich dir verjehen:

dir wirt vergeben mit swær

von dînem næhsten kamrær.»

vil flîziclîch er sie dô bat

19640

under dem boum an der stat,

daz si im sagt die mær,

welicher man ez under in wær.

si sprach: «des ensag ich niht,

von wem dir ditz leit geschiht.»

 

19645

Dâ mit kêrt der künic guot

von dannen mit trûrigen muot

zuo dem her, dâ ez lac.

er hêt manigen leidigen tac.

mit dem her fuor er von dan.

19650

vil smerzen, siechtuom er gewan,

wan in twanc grôziu nôt.

er lac dâ ân zwîvel tôt:

sîn næhster kamrære

tet im den tôt mit swære;

19655

mit gift tet er im daz leit,

als im diu stimm hêt geseit.

dô rîchsent Alexander für wâr

gelîch vier und zweinzic jâr.